Stuttgart 21/Stresstest/Unrealistische Parameter

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Version vom 16. November 2011, 15:00 Uhr von Fred (Diskussion | Beiträge) (Haltezeitverkürzung am Einbruchsort)

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Unrealistische Parameter
NoGo.png Ex.png Unterdurchschnittliche Verspätungsannahmen
NoGo.png Unkorrelierte Verspätungsstatistik
NoGo.png Urverspätungen nicht im Verspätungsaufbau
NoGo.png Haltezeitverkürzung am Einbruchsort
NoGo.png Haltezeitverkürzung unrealistisch NoGo.png RailSys Modellunschärfe NoGo.png RailSys Haltezeitverkürzung


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Unterdurchschnittliche Verspätungsannahmen

Ermessensspielraum zur Auswahl der Verspätungsparameter

Richtlinie 405 schreibt vor, zu prüfen, welche Verspätungsdaten geeigneterweise der Simulation zugrundegelegt werden. Diese Prüfung hat beim Stresstest entweder nicht stattgefunden oder sie ist – ebenfalls entgegen der Richtlinie – nicht dokumentiert worden. Gewählt wurden im Stresstest die Näherungswerte aus der Richtlinie. Istwerte oder Projektionen für die Zukunft wären weit herausfordernde Vorgaben gewesen.

Zur Verwendung der Näherungswerte eröffnet die Richtlinie einen Ermessensspielraum gerade für "perspektivische Untersuchungen" (Richtlinie 405.0201 S. 6 / Bl. 138, ). Präzise gefasst wird dies an anderer Stelle:

"Die Störungsparameter werden von den Tools in der Regel als statistische Negativ-Exponentialverteilungen verarbeit und beschrieben durch: • die mittlere Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Verspätungen (pVe, pVu) und • die mittlere Verspätung der verspäteten Züge (tVein, tVu) für Zugfamilien oder Einzelzüge. Einige Tools können auch andere Verteilungen verarbeiten. Hierzu wird auf die jeweiligen Handbücher verwiesen. Die vorgegebenen Werte der Störungsparameter sollen für den betrachteten Zustand möglichst realistisch sein. Es bietet sich daher insbesondere für Untersuchungen des Istzustandes an, aus vorliegenden aktuellen Verspätungsdaten abgeleitete Parameter (vgl. Abs. (3)) zu verwenden. Bei Untersuchungen künftiger Zustände muss geprüft werden, ob die Übertragung der derzeitigen Verspätungsverhältnisse auf die Zukunft gerechtfertigt ist. Ggf. sind begründete Modifizierungen vorzunehmen. Sofern keine genaueren Angaben vorliegen wird empfohlen, die in 405.0204A03 enthaltenen Näherungswerte zu verwenden." (Richtlinie 405.0204 S. 12 / Bl. 210)

Näherungswerte veraltet und noch dazu unzulässig gekappt

Die Grundparameter der Verspätungsstatistik entsprechen den Näherungswerten aus der Richtlinie. Die im Stresstest zusätzlich eingeführten gravierenden Kappungen der hohen Verspätungswerte sind hier der Richtlinienverstoß (da auch von der Bahn undokumentiert und unbegründet) und führen zu einer der quantitativ größten Verfälschungen des Tests.

Selbst ohne Kappung geht die Richtlinie seit Anfang 2008 davon aus, dass die Näherungswerte veraltet sind, eine Aktualisierung war angekündigt worden (Richtlinie 405.0204A03 S. 2 / Bl. 226 Fußnote 1). Sie empfiehlt eindringlich die Verwendung von Istwerten:

"Für die Eichung der mit Simulationstools ermittelten Kenngrößen ist die Untersuchung des Ist-Zustandes als Vergleichsmaßstab hilfreich und deshalb zu empfehlen, da Qualitätsmaßstäbe noch nicht voll abgesichert sind bzw. sich noch in Entwicklung befinden." (Richtlinie 405.0202 S. 13 / Bl. 163)
'Für die "Ermittlung der Betriebsqualität" mit Hilfe von Simulationsmethoden ist der "Qualitätsmaßstab vorläufig." (Richtlinie 405.0202 S. 17 / Bl. 167 f)

Diese Prüfung der Realitätsnähe hat die Bahn nicht dargestellt. Auch die SMA hat nicht geprüft, ob die Einbruchsverspätungen und Haltezeitverlängerungen realistisch abgebildet sind. Sie prüfte lediglich, inwieweit Verspätungsverläufe aus den Ist-Daten denen der Simulation ähneln (Audit SI-05 S. 5 / Bl. 160 ff). Die SMA zieht hier den Schluss:

"Die Verspätungswerte aus dem aktuellen Betrieb sind verglichen mit den Simulationsergebnissen jedoch durchwegs auf einem tieferen Niveau und liegen damit auf der "sicheren" Seite: d.h. es treten in der Simulation grössere Abweichungen von der Planzeit auf, als sie im heutigen Betrieb zu beobachten sind." (Audit SI-05 S. 13 / Bl. 168)

Dass das Verspätungsniveau in der Stresstest-Simulation höher als in der Realität ist, sollte uns nicht unbedingt beruhigen. Schließlich soll der neue Bahnhof gebaut werden um eine gesteigertes Verkehrsaufkommen mit guter Betriebsqualität abzufertigen. Aber insbesondere sagt der Vergleich der Ergebnisse des Stresstests mit den realen Daten nichts darüber aus, ob die Eingangsgrößen für den Stresstest realistisch gewählt wurden. Was wäre – und es hat den Anschein, dass dies unbedingt der Fall ist – wenn zu optimistische Eingangsparameter gewählt wurden und sich dennoch eine Verschlechterung der Qualität ergibt? Die von der SMA gemachte Beobachtung beweist überhaupt nicht, dass man mit den Annahmen des Stresstests "auf der sicheren Seite" ist.

Näherungswerte selbst ohne Kappung unrealistisch

Verkehrsart Pünktlichkeits-
grenze
Pünktlich-
keitsgrad
Stresstest
Pünktlich-
keitsgrad
Realität
Quelle
(für die Realitätswerte)
Fernverkehr 11 Minuten 95 % 84 % (Geschäftsbericht DB Fernverkehr 2010)
Nahverkehr 6 Minuten 84 % 76 %, 86 % (Stiftung Warentest 02/2008, 09/2011)
S-Bahn 3 Minuten 94 % 82,3 % (2009 Qualitätsflyer Verband Region Stuttgart)
Vergleich der Pünktlichkeitsgrade im Stresstest mit der Praxis.

Selbst die ungekappte Verspätungsverteilung ist im Vergleich mit der heutigen Realität viel zu optimistisch gewählt. Solche Fehler in den Modellannahmen sind der Grund, dass nach Richtlinie 405 auch die Simulation im Vergleich von Alternativen durchgeführt werden sollte, im Stresstest bietet sich hierfür der bestehende Kopfbahnhof an. Dann betreffen sämtliche Fehlannahmen beide Alternativen, d.h. beide Simulationen sind annähernd gleich falsch und das Ergebnis der Simulation liegt dann vor allem im relativen Abstand der Alternativen.

NoGo.png Insbesondere im Fernverkehr und bei der S-Bahn sind die Verspätungsannahmen extrem optimisch. Auf diese Weise wird kein Stress abgebildet, sondern Schönwetter.

Verspätungen künftig geringer?

Es könnte argumentiert werden, dass zukünftig Verspätungen geringer ausfallen als heute. Dann müsste die Bahn aber in den Ausbau von Taktfahrplänen, in Entlastung überlasteter Strecken, etc. investieren. Mit Stuttgart 21 wird bestenfalls ein "Premium"-Bahnhof durch einen nominell "wirtschaftlich optimalen" und wie im Fazit festgestellt wird real vollkommen unfahrbaren Bahnhof ersetzt. Selbst nominell werden mit Stuttgart 21 Milliarden in eine Verschlechterung der Betriebsqualität investiert, die andernorts für Entlastungsmaßnahmen fehlen. Die Aktualisierung der Verspätungsstatistik auf heute reale Werte ist also die optimistische Variante, eine Verschlechterung müsste für "perspektivische" Untersuchungen unterstellt werden.

Am Ende doch ein Richtlinienverstoß?

Für den Stresstest zu Stuttgart 21, ohne die vergleichende Simulation des Kopfbahnhofs, trägt die zu optimistisch angenommene Verspätungsstatistik voll zur Verfälschung des Ergebnisses bei. Einmal mehr zeigt sich, welche hohe Qualität die Bahn-Richtlinien haben. Die vorgeschriebene Prüfung der geeigneten Verspätungen und die Simulation einer Alternative, der des Kopfbahnhofs, hätten sicher geholfen, diese Fehler im Stresstest zu vermeiden.

Unkorrelierte Verspätungsstatistik

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Dieser Abschnitt ist in Vorbereitung!
Häufigkeitsverteilung der Stunden-Pünktlichkeiten
Häufigkeitsverteilung der Stunden-Pünktlichkeiten

Da die stochastische (zufallsbasierte) Simulation vollkommen unabhängige Zufallsereignisse simuliert, ergibt sich beispielsweise über die Stunden einer Woche verteilt eine deutlich geringere Häufigkeit extrem ungünstiger Stunden. In der Praxis stehen Ereignisse hinter den Störungen, die oft mehrere Züge betreffen (Unwetter, Stellwerksstörung, Suizid). Auch findet in der Praxis über Folgeverspätungen eine gewisse Verstärkung des Verspätungsgeschehens statt.

Der Vergleich der Simulation mit Hilfe des Railsys-Algorithmus mit der Messung des realen Verspätungsgeschehens zeigt genau diesen Unterschied im Beispiel für 84 % Pünktlichkeitsgrad, die auch der gemessenen Pünktlichkeit entsprachen. Die Extremsituationen von Stunden, in denen auch mal nur 60 bis 70 % Pünktlichkeit erreicht werden, ist bei der stochastischen Simulation teilweise um Faktoren geringer als in der Realität. Mit zunehmender Zugzahl im Auswertezeitraum 'verschlankt' sich die Zufallsverteilung und die Untertreibung der Realität bei den Extremereignissen wird tendenziell noch größer. Dass die Zufallsverteilung auch von den sehr pünktlichen Stunden weniger produziert, fällt dabei kaum ins Gewicht, da die Leistungsfähigkeit eines Bahnhofs praktisch nur bei dem Betrieb mit vielen Verspätungen herausgefordert wird, und diese Ereignisse sind in der stochastischen Simulation extrem selten.

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Auswertung noch näher beschreiben!

Gerade das Zusammentreffen von pünktlichen und unpünktlichen Züge führt zu Trassenkonflikten. Diese Situation kommt bei der Praxisverteilung wesentlich häufiger vor, als in der Zufallsverteilung. Sind alle Züge gleichmäßig verspätet, so klappt wieder die Fahrplangemäße Koordination. Das Verspätunsniveau bleibt konstant ergibt zwar wirtschaftlich optimal, ohne daß die Infrastruktur wirklich getestet wurde.

Urverspätungen erscheinen nicht im Verspätungsaufbau

Das Hauptkapitel Richtlinienverstöße zeigt wie hoch die Qualität der Richtlinie 405 in Bezug auf die Vorgaben zur Durchführung einer regelrechten bahnbetriebswissenschaftlichen Simulation ist. Nahezu jede der unrealistischen 'Anpassungen' in der Simulation sind auch als Richtlinienverstoß zu werten. Richtlinie 405 wäre evtl. dafür zu kritisieren, dass sie bezüglich der Verwendung realistischer Verspätungswerte keine noch strengeren Vorgaben macht. Aber in einem Punkt scheint die Richtlinie 405 tatsächlich systematisch falsch zu liegen:

Wenn sie (als Behelfslösung) die Berücksichtigung von auf der Strecke entstehenden Urverspätungen in Form von Haltezeitverlängerungen zulässt, müssten eigentlich für diesen Fall Vorgaben für die Ermittlung des Verspätungsauf- oder -abbaus getroffen werden, andernfalls entsteht ein systematischer Fehler. Am Beispiel des Stresstests:

Fernverkehrszüge erhalten im Schnitt pro Halt nominell 12 Sekunden Haltezeitverlängerung, tatsächlich nur 11 Sekunden, im Regionalverkehrszüge nominell 6 Sekunden, tatsächlich 5,7 (....). Dieser Verspätungsaufbau, der überwiegend auf der Strecke entsteht, wird der Haltezeit zugeschlagen, die Züge fahren entsprechend später los. Dieser Zeitbetrag verfälscht die Auswertung, da er dem Verspätungsaufbau in den Ablaufstrecken fehlt, andererseits verringert er das Ausmaß der tatsächlichen mittleren Haltzezeitverkürzung, die dadurch harmloser erscheint.

Eine Korrektur muss für diesen Effekt vorgenommen werden. Die Haltezeitverlängerung im aktuellen Modell berücksichtigt alle Urverspätungen, sowohl die auf der Strecke wie auch die im Bahnhof entstehenden. Um diesen Effekt fair zu bewerten, muss ermittelt werden, welcher Anteil auf der Strecke entsteht. In Richtlinie 405 finden sich Daten für eine grobe Abschätzung. In der Statistik der Verpätungsursachen für 2004 ....

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Diese Lücke wird demnächst geschlossen!

Gleiches gilt im Zulauf. Dort hatte der Lenkungskreis im Fall der Einbruchs-Bahnhöfe das Problem erkannt und festgelegt, dass die Haltezeitverkürzung in der Einbruchs-Betriebsstelle nicht vom Verspätungsniveau abgezogen werden kann. Dass auch dies dennoch im Stresstest praktiziert wird, ist ein ein weiterer Richtlinienverstoß, der zwar von der SMA erkannt aber durchgewinkt wurde.

Haltezeitverkürzung am Einbruchsort

Im Lenkungskreis war beschlossen worden, dass die Einbruchsverspätungen "in vollem Umfang" zur Wirkung kommen sollen. Tatsächlich ignorierte die Bahn diese Anforderungen:

  • In der Simulation wurde im Gegensatz zu dieser Forderung ein Verspätungsabbau durch Haltezeitverkürzungen in den Einbruchsbahnhöfen zugelassen, was laut Lenkungskreisbeschluss unzulässig war (Planhaltezeiten sollen hier den Mindesthaltezeiten entsprechen).
  • In den Auswertungen (Doku. S. 67, 112, 132, Audit Bl. 183, Bl. 195) wurde dann die Verspätungsveränderung auch noch ab der Ankunft gerechnet, so dass diese in vollem Umfang um die Haltezeitverkürzung im Einbruchsbahnhof verfälschend und unzulässig reduziert wird.

Der Auditor weist auf diese Verstöße hin, jedoch ohne deshalb sein Testat zu versagen. Der signifikante Effekt wird zu relativieren versucht. Die Wirkung liegt mutmaßlich über der von SMA angegebenen Sekunde, was aber noch überprüft werden muss. Und selbst diese Sekunde entspräche schon einem Viertel Zug:

"Der Umgang mit Ur- und Einbruchsverspätungen sowie die Festlegung der Haltezeitverlängerungen als einziger Urverspätung wurde am 5. Mai 2011 im Lenkungskreis Stresstest in Karlsruhe beschlossen." (Audit SI-05 S. 1 / Bl. 156) Noch als Teil der Beschlüsse: "Die Einbruchsverspätungen sollen in vollem Umfang im System wirken können. Deswegen müssen an den Systemgrenzen die Planhaltezeiten den Mindesthaltezeiten entsprechen. Für die Auswertung der Simulationsergebnisse sind die Mittelwerte der Verspätungen bei der Abfahrt zu verwenden." (Audit SI-05 S. 3 / Bl. 158)
"Auf diesem Hintergrund ist es auch tolerabel, dass bereits in den Einbruchsorten durch die im Verhältnis zur Planhaltezeit geringere Mindesthaltezeit (trotz Forderung identischer Plan- und Mindesthaltezeiten) Verspätungen abgebaut werden. Für das Gesamtergebnis ist das von geringer Relevanz, falls – wie vorgeschlagen – die Abfahrtsverspätungen am Einbruchsort in die Auswertung eingehen." (Audit SI-05 S. 15 / Bl. 170)
"Es ist zu bemerken, dass für die Bestimmung der Betriebsqualität die Ankunft an der Einbruchsbetriebstelle herangezogen wird. Dies entspricht nicht der Forderung gemäß "Steckbrief SI-05 Ur- und Einbruchsverspätungen", dass die Abfahrt an der Einbruchsbetriebstelle zu verwenden ist (der absolute Unterschied beträgt bloss 1 Sekunde, weitere Effekte im Zulauf nach Stuttgart Hbf sind nicht abgeschätzt)." (Audit SI-07 S. 5 / Bl. 179)

NoGo.png Die Bahn hat sich über diese Maßgaben hinweggesetzt, der Fehler, der dabei gemacht wird, ist ein doppelter: (1) Indem die Haltezeitverkürzung im Einbruchsbahnhof voll zum Verspätungsabbau zugelassen wird, sinkt das Verspätungsniveau signifikant. (Gegenüber der mittleren Einbruchsverspätung aus der Verspätungsverteilung von rund 2,5 Minuten liegen viele Verspätungsniveaus im Einbruchsbereich bei ± 1,5 Minuten.) (2) Indem der Verspätungsabbau aber Ankunft Einbruchsbahnhof gemessen wird, reduziert sich der Verspätungsaufbau zusätzlich um den Betrag der Haltezeitverkürzung. Dieser Fehler entsteht auf gleiche Weise, wie der zuvor genannte bei den Urverspätungen, die nicht im Verspätungsaufbau erscheinen.

Dieser Fehler wurde offenbar weitgehend in der Sensitivitätsbetrachtung "Finaler Simulationslauf" korrigiert (Anpassungen FS S. 5). Diese ersetzt jedoch, da nur einzelne Parameter korrigiert wurden und nur 3 Tage simuliert wurden, keine Vollsimulation über 100 Tage unter gleichzeitiger Korrektur auch sämtlicher anderer Parameter auf realistische Werte.

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Überprüfung, ob die Haltezeitverkürzung in den Einbruchsbahnhöfen tatsächlich nur 1 Sekunde Wirkung hat.

Haltezeitverkürzung unrealistisch

Der Stresstest geht davon aus, dass im Verspätungsfall die Haltezeit der Züge bis auf eine Mindesthaltezeit reduziert werden kann. Diese für die Leistungsanforderungen an den Stresstest wesentliche Annahme ist nicht in der Stresstest-Dokumentation dargestellt. Ebensowenig wie die Mindesthaltezeiten selbst oder andere Annahmen zum Verspätungsabbau.

Erst in den Prämissengesprächen wurden die Bedingungen des Verspätungsabbaus offenbart, dargestellt ist das Thema Haltezeiten im Audit (Audit FP-03 S. 1 / Bl. 67 ff). So auch die folgende Tabelle:

Ort Verkehrsart Halteart Planhaltezeit Mindesthaltezeit
Stuttgart Hbf Fernverkehr Unterwegshalt / Starthalt 4 Min. 2,5 Min.
Stuttgart Hbf Fernverkehr Endhalt 5 Min. 3,5 Min.
Stuttgart Hbf Nahverkehr Unterwegshalt / Starthalt 2 Min. 1,5 Min.
Stuttgart Hbf Nahverkehr Endhalt 4 Min. 2,5 Min.
Längere Halte Nahverkehr Unterwegshalt 1 Min. 45 Sek.
Übrige Halte Fernverkehr Unterwegshalt 2 Min. 1,5 Min.
Übrige Halte Nahverkehr Unterwegshalt 45 Sek. 30 Sek.
Stuttgart Hbf S-Bahn Unterwegshalt 30 Sek. 30 Sek.
Alle Halte S-Bahn S-Bahn Unterwegshalt 30 Sek. 20 Sek.

Die Planhaltezeiten werden im Fahrplan der Grundversion noch in einigen Fällen unterschritten (Doku. Teil 1 S. 26). Angeblich sind sie in der zuletzt gerechneten Sensitivität zumindest im Hauptbahnhof beseitigt (Audit SI-08 S. 5 / Bl. 190 f). Unbekannt ist welche Pufferzeitverletzungen dadurch hinzukamen.

Hier interessieren vor allem die Mindesthaltezeiten ...

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Noch weiter ausarbeiten!

Werner Stohler, Vorstandsvorsitzender SMA, stellte im Prämissengespräch am 08.07.2011 klar, dass die tatsächliche Mindesthaltezeit sich in der Spitzenstunden durch das Fahrgastaufkommen verlängert:

"Es kommt vor allem auch auf die Anzahl der Fahrgäste an ... Die mittlere Fahrgasthaltezeit ... ist in der Spitzenstunde meistens etwas zu kurz." Folge ist "eine Verspätung in Spitzenstunden". Hierzu werden in die Simulation "Haltezeitverlängerungen eingebaut".

Haltezeitverlängerungen beispielsweise aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens zur Stoßzeit sind nicht in der Simulation berücksichtigt. Zum Verständnis dieses Themas wurden reale Verspätungsdaten mehrerer Wochen im August und September 2011 für die Hauptbahnhöfe Köln, Düsseldorf, Essen, Hannover, Mannheim, Augsburg aus der elektronischen Fahrgastinformation der Deutschen Bahn ausgewertet, insgesamt wurden über 20.000 Halte von weiterfahrenden Zügen im Fern- und Nahverkehr erfasst.

Verspätungsabbau durch Haltezeitverkürzung (Differenz zwischen Ankunfts- und Abfahrtsverspätung)
Obwohl die Anzeige der Verspätungen nur in 5-Minuten-Stufen erfolgt, sorgt das "Gesetz der großen Zahlen" zu einem guten Teil dafür, dass sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung der ausgewerteten Parameter in deutlich feinerer Abstufung zeigt. Für die Hauptverkehrszeit von 6 bis 10 Uhr wurde untersucht, in welchem Ausmaß bzw. wie häufig ein Verspätungsabbau im Bahnhof stattfindet in Abhängigkeit von der fahrplanmäßigen Haltezeit. Um eine bessere statistische Basis zu erhalten, wurden die Daten von Fern- und Nahverkehr gemeinsam ausgewertet. Die Fehlerbalken geben den statistischen Fehler der Messungen wieder, er ist besonders gering bei den häufigen fahrplanmäßigen Haltezeiten von 2 und 3 Minuten. Bei 10 Minuten Fahrplanhaltezeit gab es nur zwei Züge mit Verspätungsveränderungen, die sich gegenseitig kompensierten. Dieser Ausreißer wurde nicht in die Auswertung einbezogen.

Es wird im Einklang mit der Erwartung eine im Groben lineare Abhängigkeit gefunden. Der Schnittpunkt der Geraden mit der Null-Linie müsste nach der modellhaften Haltezeitverkürzung genau die Mindesthaltezeit liefern. Dieser Schnittpunkt liegt knapp über 2 Minuten. Aber der gemessene mittlere Verspätungsabbau liegt auch noch bei 3 Minuten Fahrplanhaltezeit unter Null. Das heißt bei kurzen fahrplanmäßigen Haltezeiten bis 3 Minuten findet in der Praxis kein Verspätungsabbau statt, sondern im Schnitt weiterer Verspätungsaufbau. Ein Blick in die Daten zeigt, dass sie stark von den längeren Verspätungsereignissen etwa durch technische Störungen am Zug mit teilweise hohem Verspätungsaufbau beeinflusst werden.

Verspätungsabbau bei den "ca. 5 Min."-Verspätungen

Verspätungsveränderung bei Zügen mit 5 Minuten Ankunftsverspätung.
Um die Frage nach dem zutreffenden Modell für den Verspätungsabbau aus Haltezeitverkürzung besser beantworten zu können, wird eine genau definierte Untersuchungssituation betrachtet. Hierfür werden allein die Züge ausgewertet, die mit 5 Minuten Ankunftsverspätung einfahren. Das sind in der Regel die harmloseren Ereignisse, die auch leichter betrieblich kompensiert werden können, im Unterschied zu technischen Störungen oder gravierenden Personenereignissen. Diese Werte zeigen eine geringe Streuung und lassen sogar gut nach Nah- und Fernverkehr getrennt auswerten. Der Übersichtlichkeit halber wurden hier die Fehlerbalken weggelassen.

Bei Fahrplanhaltezeiten deutlich über 5 Minuten kann die 5 minütige Verspätung praktisch immer abgebaut werden, bei Fahrplanhaltezeiten unter 5 Minuten nur noch ein Teil, ganz entsprechend der Erwartung. Man erkennt deutlich, dass die Kurve des Verspätungsabbaus für den Fernverkehr um rund 1 Minute zu höheren Fahrplanhaltezeiten verschoben ist. Das ist im Einklang mit der Erwartung aus der höheren Abfertigungszeit im Fernverkehr. Im wesentlichen folgen die Messwerte den Kurven für den rechnerischen Verspätungsabbau pro Halt, werden die Mindesthaltezeiten aus dem Stresstest von 1,5 Minuten im Nah- und 2,5 Minuten im Fernverkehr unterstellt (strichliert). Die Messung liegt bei kurzen Haltezeiten etwas unter der theoretischen Kurve, bei höheren etwas darüber.

Würden wir hier mit der Analyse stehen bleiben, würden wir einem systematischen Fehler unterliegen. Die Differenz aus Fahrplanhaltezeit und Mindesthaltezeit ist nicht das, was wir für den mittleren Verspätungsabbau erwarten müssen. Die Züge, für die "ca. 5 Min." Verspätung angezeigt wird, haben tatsächlich 6 bis 11 Minuten Verspätung. Entsprechend der negativen Exponentialverteilung, die bei kleineren Verspätungswerten keine schlechte Näherung an die tatsächliche Verspätungsstatistik darstellt, haben wir deutlich mehr Züge mit geringer Verspätung als Züge mit hohen Werten. Die geringer verspäteten Züge fallen dann deutlich schneller unter den 6 Minuten-Grenzwert als die höheren. In einer präzisen Simulation des "nominalen" Verspätungsabbaus, d.h. wenn gefragt wird, mit welcher Wahrscheinlichkeit verschwindet der "verspätet"-Hinweis von der Anzeigetafel, führt dies zu einem bauchigen Verlauf oberhalb der rechnerischen geraden Linie. Gegenüber dieser exakten Simulation liegt die Praxis bei mittleren Fahrplanhaltezeiten rund 0,5 bis 1 Minute zurück (rot schraffierte Flächen). In diesem Haltezeiten-Bereich ist die Modellannahme im Stresstest um diese Beträge zu optimistisch.

Wir müssen abschließend die Frage stellen, wo liegt der Fehler? Liegt der Fehler in einer falschen Annahme für die Mindesthaltezeit oder in einer falschen Annahme für die Haltezeitverkürzung? Eine niedrigere Mindesthaltezeit würde die Fehler noch vergrößern, eine höhere Mindesthaltezeit ist nicht mit den Daten an der Oberkante vereinbar. Die Differenz lässt sich auch so beschreiben: Je kleiner die Fahrplanhaltezeit umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass ein rechnerisch möglicher Verspätungsabbau realisiert werden kann, oder umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Verspätungsaufbau kommt. Nehmen wir an, dass ein guter Teil der kurzen Haltezeiten unter betrieblichen Zwängen so kurz gewählt wurde, dann ist es wahrscheinlich, dass diese Halte bevorzugt von verspätungsaufbauenden Wechselwirkungen mit dem restlichen Verkehr betroffen sind. Hier wird die Erklärung für die Diskrepanz vermutet. Weitere Bestätigung für diese These könnte aus der Beobachtung stammen, dass der verringerte Verspätungsabbau bei kurzen Haltezeiten außerhalb der Hauptverkehrszeit nicht besser wird, wie zunächst zu erwarten (hier kommt sogar hinzu, dass sogar der Verspätungsabbau bei höheren Haltezeiten nicht mehr vollständig gelingt). Trifft diese Hypothese zu, sieht man an dieser Beobachtung einmal mehr, dass ein zu eng gepackter Fahrplan zu Instabilitäten neigt. Insofern sind die vielen geringen Pufferzeiten bei Stuttgart 21 sehr kritisch zu sehen. Andererseits scheint der Einfluss der Fahrgastzahl während der Hauptverkehrszeit geringer als vermutet.

NoGo.png Die Annahme, dass im Verspätungsfall der volle Haltezeitüberschuss bis herunter auf die Mindesthaltezeit zum Verspätungsabbau genutzt werden können, erscheint unrealistisch. In der Praxis liegt bei mittleren Fahrplanhaltezeiten der tatsächlich realisierte Verspätungsabbau 0,5 bis 1 Minute unter dieser Annahme. Dies wird auf die erhöhte Verspätungsanfälligkeit eng geplanter Fahrpläne zurückgeführt.

Die Beobachtung des geringeren Verspätungsabbaus bei kleinen Haltezeiten könnte in Form einer erhöhten Haltezeitverlängerung in diesen Fällen abgebildet werden. Eine solche Korrektur ist nicht im Einzelnen von der Richtlinie 405 geregelt, sehr wohl aber die Prüfung der Parameter auf Realitätsnähe. Eine Korrektur dieses Fehlers, im Bereich von Minuten, ist im Interesse einer realistischeren Modellierung unbedingt nötig.

Haltezeiten Zielkonflikt Taktfahrplan

Im Audit auf S.71 findet sich ein Hinweis auf einen Zielkonflikt bei der Fahrpalnerstellung von Taktfahrplänen zwischen der Spitzenstunde und den Nebenverkehrszeiten:

"Grundsätzlich ist anzumerken, dass Haltezeiten im Taktverkehr immer einen Kompromiss darstellen zwischen einer längeren Standzeit in der Spitzenstunde und kürzeren Halten in der Nebenverkerhszeit. Ein Taktfahrplan gebietet einheitliche Haltezeiten über den gesamten Tag - nur so ist die Merkbarkeit des Systems sichergestellt. Somit dürfen sich die Haltezeiten nicht ausschließlich an der Spitzenstunde arientieren, sondern müssen auch in den übrigen Stunden attraktive Reisezeiten ohne überlange Standzeiten garantieren. Dar Abbau darf ggf. auch über die Spitzenstunde hinaus erfolgen"

Die bedeutet, bei einem Taktfahrplan sind die Haltezeiten für die Spitzenstunde generell zu knapp bemessen. Dadurch ist für eine Realistische Simulation notwendig in der Spitzenstunde an allen Unterwegshalten Systematisch eine Urverspätung zu genierieren. Ein Verspätungsabbau an kurzen Unterwegshalten in der Spitzenstunde ist komplett unrealistisch.

Nachvollziehbar ist das aus S 164 im Audit an der Diskrepanz von Simulation und LeiDis-Daten auf der Strecke Tübingen Stuttgart. In den LeiDisDaten ist an den Stationen mit hohem Fahrgastwechselaufkommen ein deutlicher Verspätungsaufbau zu erkennen (Nürtingen, Wendlingen, Bad Canstatt) der in der Simulation nicht vorkommt. SMA bermerkt diese Diskrepanz, geht aber darüber hinweg. Hierfür wäre eine Untersuchung notwendig, ob durch die geänderten Linien sich die Fahrgastströme wirklich entschärfen, daß diese Stationen und Züge soweit entlastet werden.

Wer auf der Strecke unterwegs ist, weiß, daß in Wendlingen selbst viele Menschen zusteigen (P&R-Parkplatz) sowie viele Reisenden der Nebenbahn von Kirchheim zusteigen. Dabei sind die Züge in der HVZ von Nürtingen kommend meist bereits so ausgelastet, daß der Zustieg erschwert ist.

Einzelnachweise

In Klammern gesetzte (Quellenangaben) ohne Fußnote beziehen sich zumeist auf wesentliche Unterlagen zum Stresstest, die im Artikel "Dokumente" beschrieben werden.

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