Stuttgart 21/Hochwasser: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | '''Stuttgart 21 erhöht die Hochwassergefahr''' für Stuttgart beträchtlich. In der deutschen <u>Großstadt mit dem größten Starkregen-Risiko</u> und in <u>Kessellage</u> verengt der Tiefbahnhof den Wasserabfluss an der engsten Stelle des Talausgangs. Die Abflussleistung der <u>Kanalisation wird reduziert</u> und auch der Überlauf des Hochwassers an der Oberfläche wird auf einen <u>Bruchteil der heutigen Kapazität</u> reduziert. Die Planer rechnen mit einem Wasseraufstau am Bahnhofsneubau. Dem soll mit <u>mobilen Schutzmaßnahmen</u> begegnet werden, für die aber bei Starkregen und Sturzfluten <u>gar keine Zeit</u> ist. Damit ist absehbar, dass früher oder später <u>die unterirdischen Verkehrsanlangen vollaufen</u> mit gigantischen Schäden und einem monatelangen Ausfall der Verkehrsinfrastruktur. | |
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{{newsitem| 08.06.2016 | <u>Kontext berichtet über die durch S21 steigende Hochwassergefahr</u>, die Verantwortlichen [[#Bahn_und_Stadt|haben nichts entgegenzusetzen]].<ref name="Kontext_Hochwasser"/>}} | {{newsitem| 08.06.2016 | <u>Kontext berichtet über die durch S21 steigende Hochwassergefahr</u>, die Verantwortlichen [[#Bahn_und_Stadt|haben nichts entgegenzusetzen]].<ref name="Kontext_Hochwasser"/>}} | ||
{{newsitem| 29.05.2016 | Das <u>Hochwasser in Schwäbisch Gmünd mit 2 Toten</u> in der [[#Schwäbisch_Gmünd|überfluteten Bahnhofsunterführung]] belegt die reale Hochwasser-Gefahr durch S21.}}}} | {{newsitem| 29.05.2016 | Das <u>Hochwasser in Schwäbisch Gmünd mit 2 Toten</u> in der [[#Schwäbisch_Gmünd|überfluteten Bahnhofsunterführung]] belegt die reale Hochwasser-Gefahr durch S21.}}}} | ||
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[[Datei: Netzplan Stuttgart Ingenhoven invertiert o Gleisfeld.png | 450px | right | thumb | '''Der Wasserabfluss aus dem Stuttgarter Kessel wird durch den Tiefbahnhof abgeriegelt.''' Netzplan der Topographie des Stuttgarter Kessels. (Vorlage: Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21".<ref>Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21" (pdf [http://www.schlichtung-s21.de/fileadmin/schlichtungs21/Redaktion/pdf/101119/Ingenhoven%20Architektur%20Tiefbahnhof%20S21%202010-11-19.pdf schlichtung-s21.de]), Folie 8. 5. Tag der Faktenschlichtung 19.11.2010, 15:40 Uhr.</ref> Invertierte Darstellung ohne Gleisvorfeld mit skizziertem Wasserabfluss und Tiefbahnhof.)]] | [[Datei: Netzplan Stuttgart Ingenhoven invertiert o Gleisfeld.png | 450px | right | thumb | '''Der Wasserabfluss aus dem Stuttgarter Kessel wird durch den Tiefbahnhof abgeriegelt.''' Netzplan der Topographie des Stuttgarter Kessels. (Vorlage: Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21".<ref>Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21" (pdf [http://www.schlichtung-s21.de/fileadmin/schlichtungs21/Redaktion/pdf/101119/Ingenhoven%20Architektur%20Tiefbahnhof%20S21%202010-11-19.pdf schlichtung-s21.de]), Folie 8. 5. Tag der Faktenschlichtung 19.11.2010, 15:40 Uhr.</ref> Invertierte Darstellung ohne Gleisvorfeld mit skizziertem Wasserabfluss und Tiefbahnhof.)]] | ||
[[Datei:Regenmengen.png | 450px | right | thumb | '''Stuttgart: Die Kanalleistung liegt weit hinter dem Regenrisiko.''' Stuttgart markiert auch beim Jahrhundertregen<ref name="Sedlbauer"/> in Deutschland eine Spitzenposition. Die Kanalleistung<ref name="Klett2000"/> ist für den Bemessungsregen und selbst für einen 5-jährigen Starkregen<ref name="Kolb"/> nicht ausreichend.]] | [[Datei:Regenmengen.png | 450px | right | thumb | '''Stuttgart: Die Kanalleistung liegt weit hinter dem Regenrisiko.''' Stuttgart markiert auch beim Jahrhundertregen<ref name="Sedlbauer"/> in Deutschland eine Spitzenposition. Die Kanalleistung<ref name="Klett2000"/> ist für den Bemessungsregen und selbst für einen 5-jährigen Starkregen<ref name="Kolb"/> nicht ausreichend.]] | ||
− | Stuttgart gilt schon ohne Stuttgart 21 als nicht sicher im Falle eines schweren Neckar-Hochwassers.<ref>03.06.2013, [http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.hochwasser-stuttgart-ist-bei-einer-extremen-flut-nicht-sicher.4997666e-7e17-427c-b4b4-4cac36b7918f.html stuttgarter-zeitung.de], "Stuttgart ist bei einer extremen Flut nicht sicher"</ref> Besonders kritisch ist aber die Entwässerung der Stadt Stuttgart selbst bei einem Starkregen-Ereignis. Dann kann über den Nesenbach ein mehrfaches an Wasser abfließen, als der gesamte Neckar etwa im Sommer führt.<ref>Peter Hörter, "Anforderungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung an die automatisierte Abfluss- und Stauzielregelung (ASR)", BAWMitteilungen Nr. 96 2012, S. 15-22 (pdf [http://vzb.baw.de/publikationen/mitteilungsblaetter/0/BAWMitteilungen_96_02_Hoerter.pdf vzb.baw.de]), S. 16</ref> Stuttgart weist laut den dafür maßgeblichen KOSTRA-Daten des Deutschen Wetterdienstes unter den deutschen Städten das '''höchste Starkregen-Risiko''' auf (Abb. rechts). Für die Bemessung der Kanalisation ist besonders der Maximalwert der Regenmenge während 15 Min. relevant, genauer das Maximum, das alle 5 Jahre gemessen wird für den Bereich von Unterführungen, für Stadtzentren und normale Wohngebiete sinb die Maxima relevant, die alle 3 bzw. alle 2 Jahre auftreten. Bei dem ersten Wert ist Stuttgart mit 235 Litern pro Sekunde und Hektar bundesweit Spitze (Abb. rechts).<ref name="Kolb"/> Und selbst der Wert für Wohngebiete, also für 15 Min. bei 2-jähriger Häufigkeit liegt bei 190 l / (s ha).<ref>Kessel AG, "Planungshandbuch Entwässerung", Berechnungsbogen Hebeanlagen, S. 180 (pdf [http://www.kessel.de/fileadmin/pdf/deutsch/Planungshandbuch/03_08_Berechnungsbogen_Hebeanlagen.pdf kessel.de])</ref> Die Stuttgarter Kanalisation ist jedoch lediglich auf eine Entwässerungsleistung von 150 l / (s ha) ausgelegt,<ref name="Klett2000">07.06.2000, Stuttgarter Zeitung (print), "Kein absoluter Schutz gegen Hochwasser in der Röhre"</ref> müsste also eigentlich ausgebaut werden. Der sogenannte <u>Jahrundertregen liegt bei 858 l / (s ha)</u>, womit Stuttgart ebenfalls den Spitzenwert in Deutschland liefert</u>, noch rund 30 % über dem Wert der zweitgefährdeten Großstadt Berlin.<ref name="Sedlbauer">Klaus Sedlbauer u.a., "Flachdach Atlas: Werkstoffe, Konstruktionen, Nutzungen", 2010, S. 114 ([https://books.google.de/books?id=nYXTAAAAQBAJ&pg=PA114#v=onepage&q&f=false books.google.de])</ref> | + | Stuttgart gilt schon ohne Stuttgart 21 als nicht sicher im Falle eines schweren Neckar-Hochwassers.<ref>03.06.2013, [http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.hochwasser-stuttgart-ist-bei-einer-extremen-flut-nicht-sicher.4997666e-7e17-427c-b4b4-4cac36b7918f.html stuttgarter-zeitung.de], "Stuttgart ist bei einer extremen Flut nicht sicher"</ref> Besonders kritisch ist aber die Entwässerung der Stadt Stuttgart selbst bei einem Starkregen-Ereignis. Dann kann über den Nesenbach ein mehrfaches an Wasser abfließen, als der gesamte Neckar etwa im Sommer führt.<ref>Peter Hörter, "Anforderungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung an die automatisierte Abfluss- und Stauzielregelung (ASR)", BAWMitteilungen Nr. 96 2012, S. 15-22 (pdf [http://vzb.baw.de/publikationen/mitteilungsblaetter/0/BAWMitteilungen_96_02_Hoerter.pdf vzb.baw.de]), S. 16</ref> Stuttgart weist laut den dafür maßgeblichen KOSTRA-Daten des Deutschen Wetterdienstes unter den deutschen Städten das '''höchste Starkregen-Risiko''' auf (Abb. rechts). Für die Bemessung der Kanalisation ist besonders der Maximalwert der Regenmenge während 15 Min. relevant, genauer das Maximum, das alle 5 Jahre gemessen wird für den Bereich von Unterführungen, für Stadtzentren und normale Wohngebiete sinb die Maxima relevant, die alle 3 bzw. alle 2 Jahre auftreten. Bei dem ersten Wert ist Stuttgart mit <u>235 Litern pro Sekunde und Hektar</u> bundesweit Spitze (Abb. rechts).<ref name="Kolb"/> Und selbst der Wert für Wohngebiete, also für 15 Min. bei 2-jähriger Häufigkeit liegt bei <u>190 l / (s ha)</u>.<ref>Kessel AG, "Planungshandbuch Entwässerung", Berechnungsbogen Hebeanlagen, S. 180 (pdf [http://www.kessel.de/fileadmin/pdf/deutsch/Planungshandbuch/03_08_Berechnungsbogen_Hebeanlagen.pdf kessel.de])</ref> Die Stuttgarter Kanalisation ist jedoch lediglich auf eine Entwässerungsleistung von <u>150 l / (s ha)</u> ausgelegt,<ref name="Klett2000">07.06.2000, Stuttgarter Zeitung (print), "Kein absoluter Schutz gegen Hochwasser in der Röhre"</ref> müsste also eigentlich ausgebaut werden. Der sogenannte <u>Jahrundertregen liegt bei 858 l / (s ha)</u>, womit Stuttgart ebenfalls den Spitzenwert in Deutschland liefert</u>, noch rund 30 % über dem Wert der zweitgefährdeten Großstadt Berlin.<ref name="Sedlbauer">Klaus Sedlbauer u.a., "Flachdach Atlas: Werkstoffe, Konstruktionen, Nutzungen", 2010, S. 114 ([https://books.google.de/books?id=nYXTAAAAQBAJ&pg=PA114#v=onepage&q&f=false books.google.de])</ref> |
Hinzu kommt die '''"hohe Reliefenergie" des Stuttgarter Kessels''',<ref>[http://www.geographie.uni-stuttgart.de/seminare/lehrpfad/hydro/content/lh_kanalisierung.html geographie.uni-stuttgart.de Kanalisierung]</ref> der wie ein Trichter das Oberflächenwasser sammelt. Verschärft wird das Hochwasserrisiko durch die hohe Flächenversiegelung der Großstadt. Stuttgart stellt damit einen <u>in Deutschland einzigartigen Fall hochpotenzierten Risikos für Starkregen-Hochwasser</u> dar. In der Bewertung des Hochwasserrisikos der Landesregierung<ref>Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, "Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg Vorläufige Risikobewertung gemäß Artikel 4 und 5 der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie" (pdf [http://www4.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/110807/_Bericht_Vorlaeufige%20Risikobewertung%20BW.pdf?command{{=}}downloadContent&filename{{=}}_Bericht_Vorlaeufige%20Risikobewertung%20BW.pdf baden-wuerttemberg.de])</ref> und der Darstellung der Hochwasservorhersagezentrale<ref>[http://www.hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de/ www.hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de]</ref> wird die Entwässerung der Stadt nicht adressiert, diese liegt in der Verantwortung der Stadt Stuttgart<ref>Hochwasserschutz auf den Internet-Seiten der Stadt Stuttgart ([http://www.stuttgart.de/item/show/197049/1 stuttgart.de])</ref>. Den Darstellungen der Stadt ist jedoch kein tragfähiges Konzept für die Bewältigung des exorbitant hohen Starkregen-Risikos zu entnehmen. | Hinzu kommt die '''"hohe Reliefenergie" des Stuttgarter Kessels''',<ref>[http://www.geographie.uni-stuttgart.de/seminare/lehrpfad/hydro/content/lh_kanalisierung.html geographie.uni-stuttgart.de Kanalisierung]</ref> der wie ein Trichter das Oberflächenwasser sammelt. Verschärft wird das Hochwasserrisiko durch die hohe Flächenversiegelung der Großstadt. Stuttgart stellt damit einen <u>in Deutschland einzigartigen Fall hochpotenzierten Risikos für Starkregen-Hochwasser</u> dar. In der Bewertung des Hochwasserrisikos der Landesregierung<ref>Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, "Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg Vorläufige Risikobewertung gemäß Artikel 4 und 5 der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie" (pdf [http://www4.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/110807/_Bericht_Vorlaeufige%20Risikobewertung%20BW.pdf?command{{=}}downloadContent&filename{{=}}_Bericht_Vorlaeufige%20Risikobewertung%20BW.pdf baden-wuerttemberg.de])</ref> und der Darstellung der Hochwasservorhersagezentrale<ref>[http://www.hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de/ www.hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de]</ref> wird die Entwässerung der Stadt nicht adressiert, diese liegt in der Verantwortung der Stadt Stuttgart<ref>Hochwasserschutz auf den Internet-Seiten der Stadt Stuttgart ([http://www.stuttgart.de/item/show/197049/1 stuttgart.de])</ref>. Den Darstellungen der Stadt ist jedoch kein tragfähiges Konzept für die Bewältigung des exorbitant hohen Starkregen-Risikos zu entnehmen. | ||
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{{id|Bahn_und_Stadt}}'''Bahn und Stadt bestätigen''', dass der neue Nesenbachdücker mit <u>100 m³ / Sek.</u> dieselbe Leistung wie der alte haben soll.<ref name="Kontext_Hochwasser">08.06.2016, [http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/271/wasser-im-kessel-3691.html kontextwochenzeitung.de], "Wasser im Kessel"</ref><ref name="Stadt_2013-11-06"/> Tatsächlich war der heutige Nesenbach-Kanal jedoch an der Stelle in den 1930er Jahren einst auf <u>128 m³ / Sek.</u> ausgelegt worden.<ref>Ulrich Guhl, "Der Nesenbach", 2002, S. 77: Der Nesenbach-Kanal war ursprünglich 105 m³/Sek. ab Paulinenstraße und auf 128 m³/Sek. in dem von S21 betroffenen Abschnitt ab der Schilllerstraße ausgelegt worden.</ref> Darüber hinaus verengt sich der Hochwasser-Überlauf an der Geländeoberfläche auf 1/9 bis 1/30 des heutigen Werts und mobile Verbauungen können bei plötzlichem Starkregen nicht rechtzeitig errichtet werden. Dem hat die offizielle Seite nichts entgegenzusetzen. '''Das Volllaufen der unterirdischen Anlagen''' am Stuttgarter Hauptbahnhof ist bei Realisierung von Stuttgart 21 damit '''lediglich eine Frage der Zeit'''. Zum Vergleich: Auf Lawinen- oder abrutschgefährdetem Gelände dürfen keine Gebäude gebaut werden. Und für Stuttgart ist bekannt, dass im Hochwasserabfluss am Talgrund keine Barriere geschaffen werden darf, aber genau das wird mit dem Tiefbahnhof des Projekts Stuttgart 21 realisiert. Der Bahnhof schafft den Aufstau, der dann die unterirdischen Anlagen flutet. | {{id|Bahn_und_Stadt}}'''Bahn und Stadt bestätigen''', dass der neue Nesenbachdücker mit <u>100 m³ / Sek.</u> dieselbe Leistung wie der alte haben soll.<ref name="Kontext_Hochwasser">08.06.2016, [http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/271/wasser-im-kessel-3691.html kontextwochenzeitung.de], "Wasser im Kessel"</ref><ref name="Stadt_2013-11-06"/> Tatsächlich war der heutige Nesenbach-Kanal jedoch an der Stelle in den 1930er Jahren einst auf <u>128 m³ / Sek.</u> ausgelegt worden.<ref>Ulrich Guhl, "Der Nesenbach", 2002, S. 77: Der Nesenbach-Kanal war ursprünglich 105 m³/Sek. ab Paulinenstraße und auf 128 m³/Sek. in dem von S21 betroffenen Abschnitt ab der Schilllerstraße ausgelegt worden.</ref> Darüber hinaus verengt sich der Hochwasser-Überlauf an der Geländeoberfläche auf 1/9 bis 1/30 des heutigen Werts und mobile Verbauungen können bei plötzlichem Starkregen nicht rechtzeitig errichtet werden. Dem hat die offizielle Seite nichts entgegenzusetzen. '''Das Volllaufen der unterirdischen Anlagen''' am Stuttgarter Hauptbahnhof ist bei Realisierung von Stuttgart 21 damit '''lediglich eine Frage der Zeit'''. Zum Vergleich: Auf Lawinen- oder abrutschgefährdetem Gelände dürfen keine Gebäude gebaut werden. Und für Stuttgart ist bekannt, dass im Hochwasserabfluss am Talgrund keine Barriere geschaffen werden darf, aber genau das wird mit dem Tiefbahnhof des Projekts Stuttgart 21 realisiert. Der Bahnhof schafft den Aufstau, der dann die unterirdischen Anlagen flutet. | ||
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+ | ==Chronologie zum Hochwasserrisiko durch Stuttgart 21== | ||
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+ | {{news| 26.08.2010 | Schon vor dem schwarzen Donnerstag und der Schlichtung von 2010 befürchtete der Co-Architekt des Tiefbahnhofs Frei Otto, der Bahnhof könne überschwemmt werden.<ref>26.08.2010, [http://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/-gefahr-fuer-leib-und-leben--stuttgart-21-architekt-fordert-den-sofortigen-baustopp-3111108.html stern.de], "Stuttgart 21-Architekt fordert den sofortigen Baustopp"</ref>}} | ||
+ | {{news| 20.11.2010 | In der Schlichtung war lediglich die Gefahr des Aufschwimmens des Bahnhofstrogs und die Gefährdung des Mineralwassers durch den Bau des Dükers besprochen worden.<ref>20.11.2010, 6. Tag der Faktenschlichtung, "Geologie und Sicherheit", Stenografisches Protokoll, S. 85 ff (pdf [http://www.schlichtung-s21.de/fileadmin/schlichtungs21/Redaktion/pdf/101120/2010-11-20_Wortprotokoll.pdf schlichtung-s21.de])</ref>}} | ||
+ | {{news| 04.03.2013 | Im Februar 2013 warnten die Ingenieure22 den Stuttgarter Gemeinderat detailliert bezüglich der sinkenden Abflussleistung bei Hochwasser aufgrund der <u>unzureichend dimensionierten Düker bei Stuttgart 21</u>, was auch zu einer Anfrage der Fraktion SÖS LINKE führte.<ref>04.03.2013, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/ae7aefac3711e63fc1257c67004d7347/4c391ee9c0b1c255c1257b24004d0180?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Fraktion SÖS und LINKE, Antrag und Anfrage, "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«"</ref> Zu der späten und schwachen Antwort der Stadt<ref>31.05.2013, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/0/62A119A652BA066DC1257B7F00478674?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Beantwortung und Stellungnahme der Stadt zu "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«"</ref> wurde nachgefragt<ref>18.06.2013, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDredsystem.nsf/01622b1049bb045641256a15005a9b56/2882d6f661ff12f3c1257b8f003173a8?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Fraktion SÖS und LINKE, Nachfragen zu Antrag und Anfrage 113/2013 "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«"</ref> und erfahren, dass der neue Nesenbachdüker mit 100 m³ / Sek. die <u>Abflussleistung nicht steigert</u><ref name="Stadt_2013-11-06">06.11.2013, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/0/B9F0AF7664139D4FC1257C1500370963?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Beantwortung und Stellungnahme der Stadt zu den Nachfragen zu Antrag und Anfrage 113/2013 "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«" (pdf [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/AlleDok/B9F0AF7664139D4FC1257C1500370963/$File/E9FD458B10082B46C1257B9400268986.pdf?OpenElement domino1.stuttgart.de])</ref>.}} | ||
+ | {{news| 18.06.2015 | Zu neuerlichen Fragen<ref>18.06.2015, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/ae7aefac3711e63fc1257c67004d7347/ffc0507fdad58079c1257e6900318677?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Fraktion SÖS und LINKE, Anfrage Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS, "Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des »Nesenbachdüker« abwenden"</ref> hieß es 2015, es würden zwar Kanäle wo erforderlich vergrößert,<ref>31.07.2015, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/0/A0D0BEFAA873ABA0C1257EA700477CC3?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Beantwortung der Stadt zur Anfrage Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS vom 18.06.2015, "Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des »Nesenbachdüker« abwenden</ref> aber die Notwendigkeit einer Vergrößerung des Nesenbach-Hauptsammlers wurde daraus überraschend nicht abgeleitet.}} | ||
+ | {{news| 11.06.2016 | im Bundestag fragte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen Matthias Gastel nach der Hochwassergefährdung durch Stuttgart 21, insbesondere der Niederschlagsmenge, die verkraftet würde. Darauf antwortete die Bundesregierung lapidar, dass die S21-"Flutrinne" ein "Abfließen des Regenwassers auch bei Starkregen" erlaube, auch bei Mengen wie in Braunsbauch bestünde "ausreichend Schutz".<ref>16.06.2016, Antwort der Bundesregierung auf die Frage von Matthias Gastel zur Hochwassergefährdung durch Stuttgart 21, Frage 33 (pdf [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/089/1808933.pdf bundestag.de])</ref> Damit steht die Bundesregierung im Widerspruch zur Aussage des EBA, das einen Aufstau erwartet und den Schutz von Klett-Passage und Tiefbahnhof durch [[#EBA_Aufstau|mobile Schutzmaßnahmen für nötig hält]].}} | ||
+ | {{news| 17.06.2016 | Auch der jüngste Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne adressiert zwar "Urbane Sturzfluten", aber – mutmaßlich wie vorausgehende ähnliche Beratungen – nicht das durch Stuttgart 21 steigende Hochwasserrisiko.<ref name="Urbane_Sturzfluten">17.06.2016, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/ae7aefac3711e63fc1257c67004d7347/7ae78ecb9447b5c2c1257fd800319097?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, "Urbane Sturzfluten"</ref>}} | ||
+ | {{news| 08.07.2016 | Die Fraktion SÖS-LINKE-PluS im Stuttgarter Gemeinderat stellt einen Antrag auf eine quantitativ nachvollziehbare Darstellung des Hochwasser-Risikos unter Berücksichtigung des Baus von Stuttgart 21.<ref name="2016-07-08_Anfrage_GR">08.07.2016, [http://www.domino1.stuttgart.de/web/ksd/KSDRedSystem.nsf/ae7aefac3711e63fc1257c67004d7347/6cd38130f8b39df9c1257fed0031793e?OpenDocument domino1.stuttgart.de], Fraktion SÖS-LINKE-PluS, Antrag und Anfrage "Hochwasserrisiken durch den Bau des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs?"</ref>}} | ||
==Dokumente== | ==Dokumente== |
Version vom 23. Juli 2016, 14:40 Uhr
Stuttgart 21 erhöht die Hochwassergefahr für Stuttgart beträchtlich. In der deutschen Großstadt mit dem größten Starkregen-Risiko und in Kessellage verengt der Tiefbahnhof den Wasserabfluss an der engsten Stelle des Talausgangs. Die Abflussleistung der Kanalisation wird reduziert und auch der Überlauf des Hochwassers an der Oberfläche wird auf einen Bruchteil der heutigen Kapazität reduziert. Die Planer rechnen mit einem Wasseraufstau am Bahnhofsneubau. Dem soll mit mobilen Schutzmaßnahmen begegnet werden, für die aber bei Starkregen und Sturzfluten gar keine Zeit ist. Damit ist absehbar, dass früher oder später die unterirdischen Verkehrsanlangen vollaufen mit gigantischen Schäden und einem monatelangen Ausfall der Verkehrsinfrastruktur.
Aktuell
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Inhaltsverzeichnis
In Stuttgart ist das Starkregen-Risiko extrem hoch
Stuttgart gilt schon ohne Stuttgart 21 als nicht sicher im Falle eines schweren Neckar-Hochwassers.[10] Besonders kritisch ist aber die Entwässerung der Stadt Stuttgart selbst bei einem Starkregen-Ereignis. Dann kann über den Nesenbach ein mehrfaches an Wasser abfließen, als der gesamte Neckar etwa im Sommer führt.[11] Stuttgart weist laut den dafür maßgeblichen KOSTRA-Daten des Deutschen Wetterdienstes unter den deutschen Städten das höchste Starkregen-Risiko auf (Abb. rechts). Für die Bemessung der Kanalisation ist besonders der Maximalwert der Regenmenge während 15 Min. relevant, genauer das Maximum, das alle 5 Jahre gemessen wird für den Bereich von Unterführungen, für Stadtzentren und normale Wohngebiete sinb die Maxima relevant, die alle 3 bzw. alle 2 Jahre auftreten. Bei dem ersten Wert ist Stuttgart mit 235 Litern pro Sekunde und Hektar bundesweit Spitze (Abb. rechts).[6] Und selbst der Wert für Wohngebiete, also für 15 Min. bei 2-jähriger Häufigkeit liegt bei 190 l / (s ha).[12] Die Stuttgarter Kanalisation ist jedoch lediglich auf eine Entwässerungsleistung von 150 l / (s ha) ausgelegt,[9] müsste also eigentlich ausgebaut werden. Der sogenannte Jahrundertregen liegt bei 858 l / (s ha), womit Stuttgart ebenfalls den Spitzenwert in Deutschland liefert</u>, noch rund 30 % über dem Wert der zweitgefährdeten Großstadt Berlin.[8]
Hinzu kommt die "hohe Reliefenergie" des Stuttgarter Kessels,[13] der wie ein Trichter das Oberflächenwasser sammelt. Verschärft wird das Hochwasserrisiko durch die hohe Flächenversiegelung der Großstadt. Stuttgart stellt damit einen in Deutschland einzigartigen Fall hochpotenzierten Risikos für Starkregen-Hochwasser dar. In der Bewertung des Hochwasserrisikos der Landesregierung[14] und der Darstellung der Hochwasservorhersagezentrale[15] wird die Entwässerung der Stadt nicht adressiert, diese liegt in der Verantwortung der Stadt Stuttgart[16]. Den Darstellungen der Stadt ist jedoch kein tragfähiges Konzept für die Bewältigung des exorbitant hohen Starkregen-Risikos zu entnehmen.
Der ohnehin knappe Hochwasser-Abfluss wird noch verschärft
Der Nesenbach entwässert das Stadtzentrum von Stuttgart. Er war entsprechend der Risikolage der Stadt in der Vergangenheit immer wieder für "verheerende Hochwasser" mit "erheblichen Schäden" verantwortlich, wenn er nach Gewittern bis auf das Tausendfache anschwoll.[17] Diese Hochwasser hatten schon viele Tote, weggeschwemmte Häuser und bis zu "mannshohes" Wasser auf dem Marktplatz verursacht (Heydemann 2014).[18] Auch Teile des alten Schlosses waren in der Folge eingestürzt.[19] Im Durchschnitt der vergangenen Jahrhunderte traten rund 4 schwere Hochwasser des Nesenbachs in 100 Jahren auf, zuletzt in den Jahren 1931, 1938, 1965, 1966, 1972 ([20], s.a. Heydemann 2014 S. 6, [21]) sowie auch in 1951[22]. Die Kessellage Stuttgarts sammelt nicht nur den Regen, sie begünstigt auch die Entstehung von Starkregen-Gewittern, wie es bei dem Unwetter von 1972 der Fall war.[23]
Trotz dieser extremen Gefährdungslage wird der Wasserabfluss an der engsten Stelle des Tales durch den Neubau des Tiefbahnhofs abgeriegelt, sowohl für das Oberflächen- als auch das Grundwasser. Beim Grundwasser schätzte die DB AG den Wasserandrang zunächst um einen Faktor 2 zu gering ein (7. Planänderung). Das Grundwasser wird zukünftig unter dem Bahnhofstrog hindurch geführt. Stuttgart 21 zerschneidet auch die großen Abwasser-Sammler der Stuttgarter Innenstadt, die deshalb umgelegt und als Düker ebenfalls unter dem Bahnhofstrog hindurch geführt werden müssen, was deren Abflussleistung verringert und die Überschwemmungsgefahr der Innenstadt vergrößert.[18] Der heutige Nesenbach-Abwasserkanal hat eine Abflussleistung von 100 m³ / s.[24] Wenn er über die Ufer tritt, kann das Wasser durch den mittleren Schlossgarten und überflutete Straßen abfließen. Für den ursprünglich geplanten Düker des Nesenbachs wurde aufgrund seiner Geometrie eine auf rund 80 m³ / s reduzierte Abflussleistung erwartet (Heydemann 2014 S. 6). Auch für den umgeplanten sogenannten verkürzten Düker wird dessen geringfügig vergrößerter Querschnitt durch die Verzweigungen auf drei Teilquerschnitte, Sturzbauwerke und unzählige Treppenstufen am Grund des Wasserkanals kompensiert. Es wurde bisher keine erhöhte Abflussleistung dieser Düker-Planung gegenüber dem bestehenden Nesenbachkanal nachgewiesen.
Die bisherige Geländeoberkante für einen Hochwasserüberlauf liegt an der tiefsten Stelle der Schillerstraße bei 241,2 m über N.N., der Arnulf-Klett-Platz und der Abgang zur Klett-Passage liegen entsprechend der Höhe der nächstgelegenen Kanaldeckel bei 242,2 m NN[25] und der zukünftige S21-Eingang beim Bahnhofsturm liegt bei 242,8 m NN.[26] Im Falle eines schweren Hochwassers kommt es also vor dem Tiefbahnhofswall zu einer Aufstauung, die die Klett-Passage und den Tiefbahnhof überschwemmen kann, worauf zuerst Hans Heydemann 2013 hinwies.[18] Die Höhe der Aufstauung fällt entsprechend den neuesten Plänen der 14. Planänderung aufgrund von Geländeaufschüttungen geringer aus als zunächst ermittelt, so dass auch praktisch keine Rückhaltekapazität für das Hochwasser vorhanden ist und der Pegel des Oberflächenwassers entsprechend schneller steigt.
Die zu erwartende Höhe des Tiefpunkts des S21-Bahnhofswalls wurde zuletzt von der DB AG mit 241,35 m NN in den Plänen des Bahnhofsrückens in der 14. Planänderung angegeben[28]. Hier wird jedoch auch für den Zwischeneinstieg zum Nesenbach-Düker am Südrand des Bahnhofstrogs im Bereich des Geländetiefpunkts eine Geländeoberkante von 242 m NN angegeben. Es besteht also Unklarheit über den tatsächlichen Geländetiefpunkt. In jedem Fall verengt der Wall des Bahnhofsdachs die frühere Überlaufbreite von zuvor rund 230 m auf diesem Niveau auf nur noch rund 30 Meter, bei einer von 1 Meter auf nur noch 85 cm oder gar 20 cm verringerten Tiefe. Je nach Höhe des Geländetiefpunkts ist somit der Überlaufquerschnitt bis auf Höhe des Abgangs zur Klett-Passage auf 3 % bis 11 %, also auf 1/30 bis 1/9 des bisherigen Querschnitts reduziert. Bei einem Hochwasserereignis, das die Abflussleistung der Düker übersteigt, besteht somit eine erhebliche Gefahr für die Flutung der Klett-Passage, speziell, wenn sich der Überlauf am Bahnhofswall durch Treibgut verlegt. Über Klett-Passage läuft das Wasser dann zunächst in Stadtbahn-Haltestelle und –Tunnel[3] sowie in S-Bahnhof und –Tunnel. In der Folge könnte dann auch der Tiefbahnhof überschwemmt werden. Wahrscheinlich läuft aber schon vorher ein guter Teil des von der Königstraße mit Schwung anströmenden Wassers direkt in den Haupteingang am Turm, sofern er nicht auch über den hinteren Eingang in die Klett-Passage strömt.
Der Tiefbahnhof bildet die Barriere, die vermieden werden sollte. Mit Stuttgart 21 wird genau das realisiert, was laut Darstellung des Vorhabenträgers im Erläuterungsbericht vermieden werden sollte (PFA 1.1 Erl. III S. 86):
- "Der mittlere Schlossgarten ist aus gestalterischen Gründen vom neuen Hauptbahnhof zu unterqueren. Eine oberirdische Bahnstation in diesem sensiblen innerstädtischen Grüngürtel wäre nicht durchsetzbar. Im Bereich des mittleren Schlossgartens liegt das Taltiefste des Stuttgarter Nesenbachtales. Zur Gewährleistung des Hochwasserabflusses bei einem 100-jährlichen Regenereignis darf hier, auch durch einen neue Eisenbahnstation, keine künstliche Barriere errichtet werden, da hier ein erhebliches Risiko besteht, dass ein großer Teil der Stuttgarter Innenstadt mit ihren zahlreichen Infrastruktureinrichtungen (unterirdische SBahn, unterirdische Stadtbahn, unterirdische Straßen, unterirdische Arnulf-Klett-Passage, Schulen, Museen, Theater, Landtag, Tiefgaragen u. v. a.) überflutet werden wird."
Das EBA nahm den Bau der Barriere dennoch hin. Von den Ausführungen im Erläuterungsbericht ungerührt nahm das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) im Planfeststellungsbeschluss zu Stuttgart 21 dann sehr wohl an, dass ein Aufstau am Bahnhofswall eintritt und bestätigte ausdrücklich das Risiko für eine Flutung von Klett-Passage und Tiefbahnhof (PFB 1.1 S. 350):
- "Sollte bei stärkeren Niederschlagsereignissen das Abwasserkanalsystem überlastet sein, erfolgt ein Einstau vor dem Trogbauwerk und der Ablauf in den Mittleren Schlossgarten über die Engstelle zwischen dem südlichen Bahnhofshallendachende und dem Zugang Staatsgalerie. Das Wasser folgt der Topographie und fließt am Planetarium vorbei durch den Schlossgarten in den Neckar. Eine Flutung des Bahnhofs muss in einem solchen Katastrophenfall durch mobile Hochwasserschutzmaßnahmen verhindert werden."
Die vom EBA geforderten mobilen Verbauungen können nicht rechtzeitig aufgebaut werden. Diese Schutzmaßnahmen sind bei dem zu erwartenden Starkregen-Ereignis nicht realisierbar. Lediglich bei einem Neckar-Hochwasser wäre die Vorwarnzeit ausreichend für derartige Maßnahmen. Der Aufbau von mobilen Verbauungen benötigt in der Regel Tage, mindestens jedoch mehrere Stunden.[30] Vor Sturzfluten verbleibt bestenfalls 1 Stunde Vorwarnzeit, vor Starkregen gegebenenfalls nur Minuten.[31] Das EBA hat somit eine untaugliche Empfehlung abgegeben, die geforderte Sicherheit kann tatsächlich nicht gewährleistet werden.
Hohe Wahrscheinlichkeit für Hochwasser
Stuttgart 21 wird zum "größten Gully" Europas, wenn nicht der Welt. Die unterirdischen Verkehrsanlagen wären nach einem extremen Starkregen für Monate nicht mehr benutzbar, so wie die Prager U-Bahn im Jahr 2002,[33] abgesehen von der Gefahr für die Reisenden bei einem solchen Ereignis. Vor diesem Hintergrund ist es bedenklich, dass die DB AG den Archäologen keine Möglichkeit gab, historische Überschwemmungen auf dem Gelände der Bauarbeiten zu untersuchen.[34]
Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Hochwasser ist hoch, das zeigen die vielen bisherigen verheerenden Nesenbach-Hochwasserereignisse. Aufgrund der Klimaerwärmung ist mit einer Zunahme von Extremwetterereignissen zu rechnen. Die Auswertung vergangener Starkregen-Ereignisse zeigt das hohe Risiko in den Monaten Mai/Juni und August (rechts). Einzelne Gewitterschauer überspülten auch in den vergangenen Jahren die Schillerstraße,[29] was zeigt, dass das Abwassersystem in einem solchen Fall versagt. Auch zuletzt, am 08.06.2016, versagten die Abwasserkanäle nahe dem mittleren Schlossgarten bei einem Gewitterschauer mit 25 Liter Regen pro Quadratmeter.[4] Auch die Klett-Passage wurde im Jahr 2000 schon "geflutet"[9]. Das bestätigt, dass bei Starkregenereignissen in Stuttgart eine ausreichende Vorwarnzeit für Abwehrmaßnahmen nicht gegeben ist. Schon die heutige Anlage der Klett-Passage erscheint als riskant und fragwürdig.
Der jüngste Starkregen in der Region vom 29.05.2016 erbrachte bis zu 87 Liter[35] bzw. 120 Liter Regen pro Quadratmeter[36] und kostete 2 Männern in einer gefluteten Bahnhofsunterführung in Schwäbisch Gmünd das Leben,[37] wo es 60 Liter pro Quadratmeter geregnet hatte. Der verheerende Hagelsturm in Stuttgart vom 15.08.1972 verursachte bei 50 Litern Niederschlag pro Quadratmeter 6 Tote.[38][23] Damals gab es noch keine Klett-Passage. Zuletzt lief in Frankfurt die U-Bahn unter dem Südbahnhof voll Wasser, als es 19 Liter pro Quadratmeter geregnet hatte (Video rechts).[39]
Fazit
Bahn und Stadt bestätigen, dass der neue Nesenbachdücker mit 100 m³ / Sek. dieselbe Leistung wie der alte haben soll.[5][40] Tatsächlich war der heutige Nesenbach-Kanal jedoch an der Stelle in den 1930er Jahren einst auf 128 m³ / Sek. ausgelegt worden.[41] Darüber hinaus verengt sich der Hochwasser-Überlauf an der Geländeoberfläche auf 1/9 bis 1/30 des heutigen Werts und mobile Verbauungen können bei plötzlichem Starkregen nicht rechtzeitig errichtet werden. Dem hat die offizielle Seite nichts entgegenzusetzen. Das Volllaufen der unterirdischen Anlagen am Stuttgarter Hauptbahnhof ist bei Realisierung von Stuttgart 21 damit lediglich eine Frage der Zeit. Zum Vergleich: Auf Lawinen- oder abrutschgefährdetem Gelände dürfen keine Gebäude gebaut werden. Und für Stuttgart ist bekannt, dass im Hochwasserabfluss am Talgrund keine Barriere geschaffen werden darf, aber genau das wird mit dem Tiefbahnhof des Projekts Stuttgart 21 realisiert. Der Bahnhof schafft den Aufstau, der dann die unterirdischen Anlagen flutet.
Chronologie zum Hochwasserrisiko durch Stuttgart 21
26.08.2010 | Schon vor dem schwarzen Donnerstag und der Schlichtung von 2010 befürchtete der Co-Architekt des Tiefbahnhofs Frei Otto, der Bahnhof könne überschwemmt werden.[42] |
20.11.2010 | In der Schlichtung war lediglich die Gefahr des Aufschwimmens des Bahnhofstrogs und die Gefährdung des Mineralwassers durch den Bau des Dükers besprochen worden.[43] |
04.03.2013 | Im Februar 2013 warnten die Ingenieure22 den Stuttgarter Gemeinderat detailliert bezüglich der sinkenden Abflussleistung bei Hochwasser aufgrund der unzureichend dimensionierten Düker bei Stuttgart 21, was auch zu einer Anfrage der Fraktion SÖS LINKE führte.[44] Zu der späten und schwachen Antwort der Stadt[45] wurde nachgefragt[46] und erfahren, dass der neue Nesenbachdüker mit 100 m³ / Sek. die Abflussleistung nicht steigert[40]. |
18.06.2015 | Zu neuerlichen Fragen[47] hieß es 2015, es würden zwar Kanäle wo erforderlich vergrößert,[48] aber die Notwendigkeit einer Vergrößerung des Nesenbach-Hauptsammlers wurde daraus überraschend nicht abgeleitet. |
11.06.2016 | im Bundestag fragte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen Matthias Gastel nach der Hochwassergefährdung durch Stuttgart 21, insbesondere der Niederschlagsmenge, die verkraftet würde. Darauf antwortete die Bundesregierung lapidar, dass die S21-"Flutrinne" ein "Abfließen des Regenwassers auch bei Starkregen" erlaube, auch bei Mengen wie in Braunsbauch bestünde "ausreichend Schutz".[49] Damit steht die Bundesregierung im Widerspruch zur Aussage des EBA, das einen Aufstau erwartet und den Schutz von Klett-Passage und Tiefbahnhof durch mobile Schutzmaßnahmen für nötig hält. |
17.06.2016 | Auch der jüngste Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne adressiert zwar "Urbane Sturzfluten", aber – mutmaßlich wie vorausgehende ähnliche Beratungen – nicht das durch Stuttgart 21 steigende Hochwasserrisiko.[2] |
08.07.2016 | Die Fraktion SÖS-LINKE-PluS im Stuttgarter Gemeinderat stellt einen Antrag auf eine quantitativ nachvollziehbare Darstellung des Hochwasser-Risikos unter Berücksichtigung des Baus von Stuttgart 21.[1] |
Dokumente
Referenzen der zuvor in Klammern zitierten Dokumente, chronologisch absteigend sortiert.
Heydemann 2014 | Dipl. Ing. Hans Heydemann, "Bahnvorhaben Stuttgart 21, Dükerung Abwasser-Hauptsammler für den Tiefbahnhofstrog S-21, Fachgutachtliche Bewertung", 15.02.2014 (pdf wikireal.org) | |
PFB 1.1 | Planfeststellungsbeschluss, "Projekt Stuttgart 21" Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) (Az.: 59160 Pap-PS 21-PFA 1.1 Talquerung), 28.01.2005 (bahnprojekt-stuttgart-ulm.de) | |
PFA 1.1 Erl. III | DBProjekt GmbH, "PFA 1.1 Erläuterungsbericht Teil III", 09.02.2004 (pdf bahnprojekt-stuttgart-ulm.de) |
Einzelnachweise
- ↑ a b 08.07.2016, domino1.stuttgart.de, Fraktion SÖS-LINKE-PluS, Antrag und Anfrage "Hochwasserrisiken durch den Bau des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs?"
- ↑ a b 17.06.2016, domino1.stuttgart.de, Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, "Urbane Sturzfluten"
- ↑ a b 25.06.2016, stuttgarter-zeitung.de, "Bei Starkregen läuft der Kessel voll"
- ↑ a b 08.06.2016, stuttgarter-zeitung.de, "Starkregen bremst Feierabendverkehr aus": "Die Stuttgarter Innenstadt [...] bekam mehr Niederschlag, als die Abwasserkanäle verkraften konnten." An der nahegelegenen Hochschule für Technik wurden in einer Stunde 25 l / m² registriert (Grafik fht-stuttgart.de).
- ↑ a b 08.06.2016, kontextwochenzeitung.de, "Wasser im Kessel"
- ↑ a b c Walter Kolb, „Wasser sparen im Garten – Regenwasser optimal nutzen – Kosten senken“, 2010, S. 69
- ↑ Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21" (pdf schlichtung-s21.de), Folie 8. 5. Tag der Faktenschlichtung 19.11.2010, 15:40 Uhr.
- ↑ a b Klaus Sedlbauer u.a., "Flachdach Atlas: Werkstoffe, Konstruktionen, Nutzungen", 2010, S. 114 (books.google.de)
- ↑ a b c d 07.06.2000, Stuttgarter Zeitung (print), "Kein absoluter Schutz gegen Hochwasser in der Röhre"
- ↑ 03.06.2013, stuttgarter-zeitung.de, "Stuttgart ist bei einer extremen Flut nicht sicher"
- ↑ Peter Hörter, "Anforderungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung an die automatisierte Abfluss- und Stauzielregelung (ASR)", BAWMitteilungen Nr. 96 2012, S. 15-22 (pdf vzb.baw.de), S. 16
- ↑ Kessel AG, "Planungshandbuch Entwässerung", Berechnungsbogen Hebeanlagen, S. 180 (pdf kessel.de)
- ↑ geographie.uni-stuttgart.de Kanalisierung
- ↑ Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, "Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg Vorläufige Risikobewertung gemäß Artikel 4 und 5 der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie" (pdf baden-wuerttemberg.de)
- ↑ www.hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de
- ↑ Hochwasserschutz auf den Internet-Seiten der Stadt Stuttgart (stuttgart.de)
- ↑ de.wikipedia.org Nesenbach, abgerufen am 20.04.2014
- ↑ a b c 17.06.2013, bei-abriss-aufstand.de, Rede Hans Heydemann auf der Montagsdemo, "S-21 und das Hochwasser"
- ↑ 02.09.2012, stuttgarter-nachrichten.de, "Versunken im Nesenbach"
- ↑ Ulrich Gohl, "Der Nesenbach", Silberburg-Verlag, 2002
- ↑ 18.06.2015, domino1.stuttgart.de, Anfrage Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS, "Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des »Nesenbachdüker« abwenden" (pdf kopfbahnhof-21.de)
- ↑ Ulrich Gohl, "Kurze Geschichte von Berg" (muse-o.de)
- ↑ a b A. Cappel, P. Emmrich, Berichte des Deutschen Wetterdienstes 135, "Zwei Wetterkatastrophen des Jahres 1972: Der Niedersachsen-Orkan und das Gewitterunwetter von Stuttgart", 1975 (pdf dwd.de)
- ↑ Ausstellung am Neckartor
- ↑ Landeshauptstadt Stuttgart, Tiefbauamt, "Bestandsplan mit Kanal, Stuttgart-Mitte, Klett-Passage, Arnulf-Klett-Platz", 12.05.2015
- ↑ 6. Planänderung, Anlage 7.1.5.34, Blatt 3 von 6, Stand 16.05.2011
- ↑ a b vonzeitzuzeit.de, "Hagelunwetter in Stuttgart am 15. August 1972"
- ↑ PFA 1.1, 14. Planänderung, Anlage 7.1.4.2 vom 19.06.2015
- ↑ a b 06.06.2011, stuttgarter-nachrichten.de, "Starkregen und Hagel über Stuttgart"
- ↑ 04.06.2013, diepresse.com, "Mobiler Schutz: Wie dünne Aluplanken mächtige Flüsse zähmen"
- ↑ 02.06.2016, spiegel.de, "Katastrophenschäden: Die Unwetterwarnung in Deutschland funktioniert nicht richtig"
- ↑ Auswertung C. Engelhardt: 23 Starkregen-Ereignisse seit 1965 mit zweistelligen Werten für den Regen pro Quadratmeter oder Berichten zu Überflutungen. Für 1985 bis 1998 fehlen bisher Informationen zu Starkregen-Ereignissen. In der Zeit traten wiederholt 2 Ereignisse am selben Tag des Jahres auf. Farbig wiedergegeben ist die aus den Daten mit einer Unschärfe von 7 Tagen gemittelte Wahrscheinlichkeit.
- ↑ de.wikipedia.org Metro Prag
- ↑ 25.02.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Schwierige Spurensuche im Untergrund"
- ↑ 30.05.2016, welt.de, "Örtlich schlimmstes Hochwasser seit zwei Jahrzehnten"
- ↑ 30.05.2016, stuttgarter-nachrichten.de, "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen"
- ↑ 30.05.2016, badische-zeitung.de, "Tief «Elvira» bringt Tod und Verwüstung"
- ↑ 15.08.2006, SWR BW, Bericht über den heftigen Hagelsturm vom 15. August 1972 (Video youtube).
S.a.: 30.07.2013, stuttgarter-zeitung.de, "Das Unglück kam aus dem Nichts".
Martin Hohnecker, "Furchtbares Unwetter über Stuttgart" (vonzeitzuzeit.de). - ↑ 14.06.2015, fr-online.de, "Ausnahmezustand nach Unwetter in Frankfurt"
- ↑ a b 06.11.2013, domino1.stuttgart.de, Beantwortung und Stellungnahme der Stadt zu den Nachfragen zu Antrag und Anfrage 113/2013 "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«" (pdf domino1.stuttgart.de)
- ↑ Ulrich Guhl, "Der Nesenbach", 2002, S. 77: Der Nesenbach-Kanal war ursprünglich 105 m³/Sek. ab Paulinenstraße und auf 128 m³/Sek. in dem von S21 betroffenen Abschnitt ab der Schilllerstraße ausgelegt worden.
- ↑ 26.08.2010, stern.de, "Stuttgart 21-Architekt fordert den sofortigen Baustopp"
- ↑ 20.11.2010, 6. Tag der Faktenschlichtung, "Geologie und Sicherheit", Stenografisches Protokoll, S. 85 ff (pdf schlichtung-s21.de)
- ↑ 04.03.2013, domino1.stuttgart.de, Fraktion SÖS und LINKE, Antrag und Anfrage, "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«"
- ↑ 31.05.2013, domino1.stuttgart.de, Beantwortung und Stellungnahme der Stadt zu "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«"
- ↑ 18.06.2013, domino1.stuttgart.de, Fraktion SÖS und LINKE, Nachfragen zu Antrag und Anfrage 113/2013 "Umverlegen der Abwasser-Sammler für den geplanten »Tiefbahnhof Stuttgart 21«"
- ↑ 18.06.2015, domino1.stuttgart.de, Fraktion SÖS und LINKE, Anfrage Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS, "Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des »Nesenbachdüker« abwenden"
- ↑ 31.07.2015, domino1.stuttgart.de, Beantwortung der Stadt zur Anfrage Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS vom 18.06.2015, "Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des »Nesenbachdüker« abwenden
- ↑ 16.06.2016, Antwort der Bundesregierung auf die Frage von Matthias Gastel zur Hochwassergefährdung durch Stuttgart 21, Frage 33 (pdf bundestag.de)