Stuttgart 21/ITF Detailkritik Heimerl 1997: Unterschied zwischen den Versionen
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Heimerl et al. übertragen dennoch die Effekte dieser unflexiblen Beispiel-Infrastruktur ohne weitere Überlegung und ohne dies überhaupt deutlich zu machen auf den zu betrachtenden Kopfbahnhof, obwohl dieser eine hinreichende Flexibilität aufweist, um Bahnsteigwenden zu erlauben. Ein solcher grober Fehler darf einem Gutachter, wenn er nicht ausdrücklich gewünscht ist, nicht unterlaufen. | Heimerl et al. übertragen dennoch die Effekte dieser unflexiblen Beispiel-Infrastruktur ohne weitere Überlegung und ohne dies überhaupt deutlich zu machen auf den zu betrachtenden Kopfbahnhof, obwohl dieser eine hinreichende Flexibilität aufweist, um Bahnsteigwenden zu erlauben. Ein solcher grober Fehler darf einem Gutachter, wenn er nicht ausdrücklich gewünscht ist, nicht unterlaufen. | ||
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+ | Fast beiläufig kommt zum Ausdruck, daß Abstell- und Bereitstellungsfahrten im bestehenden Stuttgarter Knotenbahnhof über fünf von den Zufahrten nahezu unabhängige Gleise möglich sind, so daß ggf. wirklich notwendige Abstellung und Bereitstellung von Zuggarnituren den übrigen Bahnverkehr nicht stört. Dies wird allerdings weder weiter beachtet noch hervorgehoben. | ||
==== Optimierte Konstruktion eines ITF-Knotens ohne Durchbindungen ==== | ==== Optimierte Konstruktion eines ITF-Knotens ohne Durchbindungen ==== |
Version vom 10. Oktober 2018, 07:54 Uhr
Hier entsteht derzeit eine Ausarbeitung der Kritik am ersten Teil des Gutachtens Heimerl/Dobeschinsky (VWI Stuttgart GmbH, 1997) zur Praktikabilität des ITF in Großknoten.
Anhand der Seitenangabe wird die Detailkritik unmittelbar in Bezug zum Inhalt des Gutachtens gesetzt. Es empfiehlt sich daher, das Gutachten beim Lesen dieser Anmerkungen griffbereit zu halten. Die betreffenden Kritikstellen werden darüber hinaus auszugsweise zitiert und durch kursive Schrift in Verbindung mit der Angabe der Seitenzahl kenntlich gemacht.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Kritikpunkte nach aufsteigender Seitenangabe
- 2 Der Integrale Taktfahrplan (ITF)
- 3 ITF Baden-Württemberg
- 4 Sinnfälligkeit des ITF
- 4.1 ITF in Kleinknoten
- 4.2 Anwendung des ITF in Großknoten
- 4.2.1 Beispiel Großknoten 1
- 4.2.2 Künstliches Aufblähen der Infrastruktur
- 4.3 Zur Kritik am sogenannten Stolpertakt in den Bündelungsabschnitten
- 4.4 Möglichkeiten des ITF am Stuttgarter Hauptbahnhof
Kritikpunkte nach aufsteigender Seitenangabe
Aufgabenstellung
Zur Aufklärung der verschiedentlich in der Öffentlichkeit geäußerten Sorgen bezüglich der Zukunftsfähigkeit der Planungen für den Durchgangsbahnhof, bei denen das Schlagwort des "Integralen Taktfahrplans" vielfach im Vordergrund steht, werden zunächst die Möglichkeiten und sinnvollen Grenzen des integralen Taktfahrplans {ITF) generell dargestellt und kritisch analysiert. Sodann werden die Folgerungen auf die Stuttgarter Situation sowohl für den bestehenden Kopfbahnhof als auch den geplanten Durchgangsbahnhof übertragen und ein Vergleich des für Stuttgart 21 zugrundegelegten Betriebsprogramms mit dem "ITF nördliches BadenWürttemberg" vorgenommen.
Zielsetzung der Ausarbeitung ist es also nach Angaben der Ausfertigenden, die Möglichkeiten und sinnvollen Grenzen eines Systems mit Integralem Taktfahrplan darzustellen und kritisch zu analysieren. Die Schlußfolgerungen sollen sodann auf die Fragestellung Stuttgart21 und den geplanten Tiefbahnhof im Vergleich zur Bestands-Infrastruktur übertragen werden.
Kritik 1
Im weiteren Verlauf dieser Analyse liefert das Dokument keine Darsellung objektiver Kriterien, wie die Möglichkeiten und die sinvollen Grenzen eines Integrierten Zaktsystems (im weiteren als ITF abgekürzt) aussehen sollen und wie diese anzuwenden sind. Über die Rahmenbedingungen die hier zu gelten haben, findet keine weitere Betrachtung statt. Im Verlauf wird sich zeigen, daß die später angelegten Kriterien ad hoc angenommen werden und keine Hinterfragung erfolgt, ob diese den vorliegenden Fall und das allgemeine Problemfeld überhaupt vollständig beschreiben.
Kritik 2
Kritik am Vergleich mit einem Betriebskonzept "ITF nördliches Baden-Würrtemberg": Ein solches Programm legt zunächst nahe, daß es sich um einen ITF-Teilknoten handelt, in dem für den nördlichen Landesteil ein ITF-Vollknoten konstruiert wird, der den Süden unbeachtet läßt. Dabei handelt es sich um ein gänzlich anderes Betriebs-Grundkonzept als bei einem ITF-Vollknoten, dessen kritische Betrachtung doch angeblich die Aufgabenstellung des Gutachtens sein soll. Die Ergebnisse des Vergleichs mit einem Teilknoten sind daher in keiner Weise auf einen direkten Vergleich mit einem Vollknoten übertragbar.
Beispiel
Es existiere neben dem Vollknoten für den Norden ein analoger Vollknoten für den Süden, es handle sich also sozusagen um ein Grundkeonzept eines Betriebes mit zweigeteiltem ITF-Knoten. Dies hätte folgenden Auswirkungen:
- Alle Anschlüsse innerhalb des Teilknotens werden erreicht. Um alle anschlüsse zu sichern, müssen die am System beteiligten Züge Standzeiten in Kauf nehmen, die sich in ähnlicher Höhe darstellen wie in einem ITF-Vollknoten. Der Nachteil langer Standzeiten, der im weiteren Verlauf des Heimerl-Gutachtens artikuliert werden wird, besteht also für jeden der beiden Teilknoten trotzdem
- Alle Anschlüsse zwischen Zügen des Nordknotens zu Zügen des Südknotens werden verpaßt. In der Summe müssen Fahrgäste, die einmal von Zug A im Nordknoten auf Zug 1 im Südknnoten umsteigen wollen und bei ihrer Rückreise umgekehrt von Zug 1 in Zug A, immer eine volle Taktperiode zusätzlich warten.
Es wird offensichtlich, daß das zum Vergleich herangezogene System die Nachteile mehrerer grundlegender Betriebssysteme in sich vereinigt: Zum ersten müssen von den am jeweiligen ITF-Teilknoten beteiligten Zügen ähnlich lange Wartezeiten in Kauf genommen werden wie bei einem ITF-Vollknoten, zum zweiten entstehen die eigentlichen Vorteile des ITF-Vollknotens nicht, da es eine ganze Reihe verpaßter Anschlüsse gibt, die bei einem Vollknoten nicht vorhanden wären.
Zahlenbeispiel
Angenommen, ein Knotenbahnhof hätte acht Richtungen, aus denen Nahverkehrszüge eintreffen. Die Bedienfrequenz aller Linien betrage in diesem Zahlenbeispiel 60 Minuten. Im Knotenfall A (ITF Nord/Süd) bilden jeweils vier Richtungen (entspricht vier Züge) einen Teilknoten für Nord und vier Züge einen Teilknoten für Süd. Die durchschnittliche Standzeit aller Züge betrage fünf Minuten. Dies ist zu vergleichen mit einem ITF-Vollknoten, in dem alle acht Züge gleichzeitig im Bahnhof sind. Die durchschnittliche Wartezeit aller Züge hierzu betrage beispielsweise neun Minuten, um die Möglichkeit einer Wegeoptimierung bei einem kleineren Knoten in die Grobbetrachtungen einzubeziehen. Die Betrachtung ist nun wie folgt vorzunehmen:
- Bei 8 Zielrichtungen gibt es 7 Möglichkeiten der Weiterreise. Damit gibt es 8*7 = 56 Möglichkeiten des Umstieges. Gleichzeitig ist für jede betrachtete Hinfahrt sofort die denkbare Rückfahrt enthalten, so daß am Ende 8*7/2 = 28 Zugpaare für den Vergleich relevant sind. Die durchschnittliche Aufenthaltszeit aller Reisenden, die in einem ITF-Vollknoten ihre Fahrt weder beginnen noch beenden, ist genau gleich der durchschnittlichen Standzeit der am Knoten beteiligten Züge. Im Fall unseres ITF-Vollknotens wären dies also 9 Minuten.
- Bei einem Teilknoten von vier Zügen gibt es in Analogie 4*3/2 = 6 Zugpaare. Für den Nordknoten und für den Südknoten erhält man also 12 Zugpaare, bei denen ein unmittelbarer Anschluß gemäß den Bedingungen eines ITF-Knotens besteht. Auf der anderen Seite bedeutet dies, daß für 16 von 28 Zugpaaren ein Anschluß systematisch verpaßt wird und daß für jedes dieser Zugpaare bei Hin- und Rückfahrt in der Summe einmal die volle Taktfolgezeit als Wartezeit eines Reisenden zusätzlich zu veranschlagen ist.
- Zur Bestimmung der durchschnittlichen Aufenthaltszeit der Fahrgäste über alle möglichen Umsteigebeziehungen ist also ein Zusatzterm zu den durchschnittlichen Standzeiten aller Züge zu addieren: Es gibt 16 verpaßte Anschlüsse, hin und zurück wartet also ein Fahrgast 16*60 Minuten = 960 Minuten. Diese 960 Minuten verteilen sich bei der Durchschnittsbildung auf 56 mögliche Fahrten: 960 / 56 = 17,14 Minuten (auf 2 Stellen gerundet). Fazit: Der Anteil der Wartezeiten aufgrund verpaßter Anschlüsse in einem geteilten Nord-/Südknoten bringt mit über 17 Minuten einen um ein Vielfaches höheren Beitrag zum Durchschnitt der Aufenthaltsdauer durchreisender Fahrgäste als die mittlere Standzeit der Züge. Bei der Betrachtung der Schlußfolgerungen, die das Gutachten vornimmt, wird sich später zeigen, daß dieser Anteil von einer Gesamtbetrachtung unerfaßt bleibt, daß also die Schlußfolgerungen dieses Gutachtens auf einer unvollständigen Betrachtung der zugrundegelegten Szenarien beruhen.
- Ergebnis: Die durchschnittliche Wartezeit eines Umsteigers, der in einem wie oben konstruierten Vollknoten zufällig von einem Ort A nach einem Ort B fährt, beträgt in unserem Beispiel mit 8 Zielen und 5 Minuten durchschnittlicher Standzeit der Züge ist: 5 Minuten plus 17,14 Minuten gleich 22,14 Minuten.
- Vergleich mit dem ITF-Vollknoten: Im Vollknoten gibt es keinen Zuschlag auf den Durchschnitt der Wartezeiten, da keine Anschlüsse verpaßt werden. Dort entspricht die durchschnittliche Verweildauer der Durchreisenden genau der mittleren Standzeit aller Züge, die am Vollknoten teilnehmen. Diese beträgt in unserem Beispiel genau 9 Minuten.
- Gedankenspiel: Die durchschnittlichen Wartezeiten der Durchreisenden durch diesen Beispielknoten wären selbst dann noch um ein Drittel kürzer, wenn die durchschnittliche Standzeit aller beteiligten Züge um 14,5 Minuten läge.
Fazit Kritik 2
Der von Heimerl et al vorgeoommene Vergleich mit einem Nord-/Südknoten verfälscht den eigentlich zu betrachtenden Sachverhalt von vornherein bereits ganz wesentlich. Es wird keine vergleichende Betrachtung des für Stuttgart21 geplanten Betriebskonzeptes mit dem im Rahmen der Aufgabenstellung eigentlich genannten ITF-Vollknoten gezogen, der von Kritikern des Projektes Stuttgart21 als das bessere Konzept genannt wird, sondern man vergleicht das später geplante Konzept von Stuttgart21 statt dessen mit einem gegenüber dem ITF viel schlechteren betrieblichen Grundkonzept. Hingegen suggeriert die Begriffsbildung "ITF-Teilknoten", daß die grundlegenden ITF-Vorteile in den Vergleich und die weiter hinten im Gutachten vorgenommenen Schlußfolgerungen mit eingehen.
Aus diesem Grund sind die von Heimerl et al am Ende gezogenen Folgerungen, die auf dem Vergleich mit dem Teilsystem "ITF Nord" beruhen, von vornherein unbrauchbar.
Der Integrale Taktfahrplan (ITF)
Auf den Seiten 5 bis 7 findet sich eine allgemeine Darstellung zum Zweck und zu den Zielen des ITF. Diese enthält im wesentlichen die wichtigen Punkte, die für ein schnelles Grundverständnis und einen groben Überblick nützlich sind. Auf der anderen Seite enthält die Darstellung jedoch kleinere Auslassungen und über die Grundzüge des ITF hinaus Anforderungen, die für das Funktionieren eines ITF gar nicht unbedingt erforderlich sind, auf der anderen Seite jedoch die Konstruktion eines ITF erschweren, ohne daß dem ein zusätzlicher Nutzen gegenübersteht. Im einzelnen:
- Ausgelassen ist die Information, daß Grundüberlegungen zur Konstruktion eines ITF bereits aus dem 19.Jh stammen und daß dieses Konzept bereits in der Vergangenheit bis hinein in die Gegenwart von einzelnen Bahnen mit Erfolg angewendet wird.
- Es wird eine Begriffsbildung vorgenommen, die sich als wichtiges Unterscheidungsmerkmal herausstellen soll, dies wird jedoch für Außenstehende nicht in der erforderlichen Deutlichkeit herausgehobe: Der sogenannte Taktfahrplan ist ein Betriebskonzept, das an die Abfahrtszeiten gleichartiger Züge die Forderung stellt, während der gesamten Verkehrszeit in genau festgelegten, festen Zeitabständen von einem Bahnhof oder Haltepunkt abzufahren (beispielsweise jede Stunde zur gleichen Minuten). Ein sogenannter Taktfahrplan liegt also auch dann vor, wenn drei Züge mit verschiedenem Ziel in einem festen Abstand von 20 Minuten von einem Bahnhof abfahren. Dann fährt jeder dieser drei Züge jede Stunde zur gleichen Minute. Ein Integraler Taktfahrplan liegt allerdings nicht vor. Dieser wird erst erreicht, wenn die Züge dieser dei Linien sich alle zu einer gemeinsamen Knotenzeit im Gahnhof befinden und ein wahlfreier Umstieg von jedem Zug in jeden Zug möglich ist. Erst dann entfallen alle Zusatzwartezeiten aufgrund gerade verpaßter Anschlüsse systematisch. Auf diesen feinen Unterschied in der Begriffsbildung ist genau zu achten.
- Je mehr Züge miteinander zu verknüpfen sind und je mehr Züge unterschiedlicher Zugkategorien auf denselben Zu- und Ablaufstrecken fahren müssen, desto aufwendiger wird die Realisierung diese Ziels und desto länger werden zwangsläufig auch die Aufenthaltszeiten eines Teils der Züge in den Knoten. Anmerkung: Diese Feststellung ist im Prinzip richtig, es hängt allerdings vom Einzelfall der zu betrachteten Infrastruktur ab, wie sicht dieser Effekt auswirkt. Hierzu muß man im Auge behalten, daß die durchschnittliche Verweildauer aller Durchreisemöglichkeiten genau gleich ist wie die durchschnittliche Standzeit der Züge, die an dem Knoten teilnehmen. Es dürfen also nicht einfach die Wartezeiten der Züge betrachtet werden, sondern beim Vergleich kommt es darauf an, ob die durchschnittlichen Standzeiten der Züge noch in einem vernünftigen Verhältnis zum Mittelwert der Zeiten stehen, die aufgrund verpaßter Anschlußbeziehungen entstehen, wenn kein ITF vorgesehen wird.
- Damit tritt ein Zielkonflikt auf: Die in den Zügen sitzenden Fahrgäste, die an dem betreffenden Knoten nicht umsteigen sondern im gleichen Zug weiterlahren wollen, sind an kürzestmöglichen Stationshaltezeiten interessiert; dieser Wunsch der Nicht-Umsteiger kollidiert mit den Anschlußwünschen der Umsteiger. Anmerkung: Diese Aussage impliziert ohne weitere Diskussion, daß ein Linienkonzept für einen ITF nach den gleichen Kriterien zu finden sei wie ein Linienkonzept ohne Integration der Anschlüsse bei einem herkömmlichen Taktzugkonzept. Bei einem ITF hängt aber die durchschnittliche Verweildauer Durchreisender nicht vom Linienkonzept ab. Vielmehr ist es egal, ob eingefahrene Züge wieder zum Ausgangspunkt zurückfahren oder nicht, es kommt immer genau dieselbe Verweildauer als Mittelwert über alle möglichen Richtungsbeziehungen heraus. Dieser in diesem Abschnitt deutlich hervorgehobene Zielkonflickt zwischen Reisenden, die umsteigen wollen und reisenden, die weiterfahren wollen, läßt sich also in der Praxis dadurch vermeiden, daß in Großknotenbahnhöfen die Linien des Nahverkehrs beginnen und enden. Eine Durchbindung von Linien bringt rein mathematisch keinen Vorteil und ist deshalb nur für überregionale Anschlüsse erforderlich. Für diese kann eine geplante Aufenthaltszeit entsprechend optimiert werden. Dies wird in der heutigen Betriebspraxis bereits so gemacht (vgl. z.B. Knoten Mannheim oder Nahverkehrsknoten Bamberg). Eine darüber hinausgehende Optimierung kann durch das Kriterium der durchschnittlichen Standzeit der Züge erfolgen und ist dadurch gleichzeitig quantitativ meßbar.
- Es ist evident, daß die Abstimmung des Anschlusses umso mehr Bedeutung erhält, je größer die Taktfolge der Züge ist. Seine besondere Stärke entwickelt der ITF in polyzentrischen, ländlichen Gebieten, da es dort besonders wichtig ist, bei einem bezüglich der Bedienungshäufigkeit eher beschränkten Angebot des ÖPNV die Anschlußbindungen in den Knoten herzustellen. Anmerkung: Ein Teil der Aussage ist völlig richtig: Je länger die Taktintervalle werden, umso wichtiger wird es, zu diesen selteneren Zeiten verkehrende Züge optimal zu verknüpfen, um nicht die Attraktivität des Angebotes durch unverhältnismäßig lange Warte- und Aufenthaltszeiten an den Umsteigepunkten zunichte zu machen. Die Schlußfolgerung, dadurch entwickle der ITF besonders in polyzentrischen ländlichen Regionen seine Stärken, ist jedoch (obwohl im Grundsatz richtig) nur die halbe Wahrheit. Sie läßt vollkommen außer acht, daß die Stärke eines ITF gerade darin liegt, daß im gesamten Knoten kein einziger Anschluß verpaßt wird. Mit wachsender Zahl beteiligter Züge in einem Knoten entfaltet ein ITF damit eine zweite Stärke: Während die Beiträge von Wartezeiten auf verpaßter Anschlüsse bei einem einfachen Taktfahrplan proportional zu den Binomialkoeffizienten zunimmt, bleibt es beim ITF im Durchschnitt immer bei der Standzeit der beteiligten Züge und hängt nur davon ab, ob die Infrastruktur ein Ein- und Ausfahren der Züge in einem angepaßten Zeitrahmen zuläßt. Ist dieses Kriterium erfüllbar, entwickelt der ITF besonders bei Großknoten eine weitere Stärke, die im vorliegenden Gutachten nicht aufgegriffen wird.
Essentielle Randbedingungen
Ab Seite 6 werden als essentiell bezeichnete Randbedingungen angeführt, die im folgenden zu hinterfragen sind.
- Im ersten Punkt (erstes Bullet) wird eine Symmetrieforderung aufgestellt, der gemäß Ankunft eines Zuges und Abfahrt der Gegenrichtung symmetrisch zur Knotenzeit zu erfolgen haben: Das heißt, kommt ein Zug aus der einen Richtung zur Minute 56 an, so muß der Zug der Gegenrichtung zur folgenden Minute 04 abfahren. Anmerkung: Es ist evident, daß eine solche Symmetrie für das Funktionieren eines ITF grundsätzlich nicht erforderlich ist. Heimerl et al. zeigen einen solchen Fall selbst in Abb. 3-3 auf Seite 31. In der Praxis erschwert eine solche Symmetrieforderung ggf. lediglich die Konstruktion des ITF-Knotens, ohne daß dieser ein merklicher Nutzen gegenübersteht.
- Zweites Bullet: Hier wird problematisiert, daß in Zeiten geringer Nachfrage Überkapazitäten durch einen ITF erzeugt würden. Zwar könne man Züge schwächen und mit wenigeer Wagen fahren, allerdings müßten alle Zugfahrten stattfinden. Wolle man den Takt ausdünnen, so müsse man dies für den gesamten Knoten tun,, sonst gingen die guten Anschlüsse im Knoten verloren, und es entstünden Wartezeiten von über einer Stunde. Anmerkung: In einem ITF ist es nicht zwingend erforderlich, wirklich auch jede Linie immer im Knoten mitzunehmen. Falls wirklich eine besonders nachfrageschwache Linie existiert, kann diese sehr wohl bei Stundentakt nur alle zwei Stunden angeboten werden. Fahrgäste werden dies bei der Verbindungssuche mit ihrer Fahrplan-App mühelos feststellen, in welchen Knoten sie hineinfahren müssen, um diesen gewünschten Anschluß zu erreichen. Insofern sind die von Heimerl et al. dargestellten Wartezeiten von über einer Stunde in der Praxis leicht vermeidbar. Im übrigen ergibt sich bei anderen Betriebskonzepten dieselbe Problematik, es ist also kein spezielles Merkmal des ITF, sondern aller festen Taktsysteme.
- Das dritte Bullet beschäftigt sich mit der Frage von Zeitverlusten, falls Züge ggf. künstlich verlangsamt werden, um in das Taktgefüge zu passen. Dieser Fall ist allerdings aequivalent zu einem bereits zuvor diskutierten früheren Ankommen, was die Standzeit der Züge im Knotenbahnhof betrifft. In einem sauber konstruierten ITF wird man also keine Züge künstlich verlangsamen, damit sie in den Knoten passen, man wird es vielmehr ausnutzen, daß diese ggf. früh genug ankommen, um so die Einfahrsituation in den Knoten eher zu entflechten. Dadurch, daß diese Standzeit damit in den Durchschnitt eingeht, ist gleichzeitig eine quantitative Bewertung sichergestellt. Das von Heimerl et al. hier aufgeworfene Problem stellt also eine künstliche Doppelnennung dar, die an anderer Stelle bereits bewertet wird.
- Viertes Bullet: Die gegenseitige Abstimmung verschiedener Produkte ist natürlich zum Gelingen eines ITF erforderlich. In der Regel sollte daher bei der Optimierung ebenfalls hierarchisch vorgegangen werden. Zunächst optimiert man die überregionalen Angebote, dann die regionalen von den langen Distanzen zu den kurzen Distanzen. Andere Bahnen haben einen solchen Findungsprozeß mit Erfolg durchlaufen und hierzu Investitionen in das Netz gezielt eingesetzt, um Probleme bei der Konstruktion weiterer ITF-Knoten zu lösen.
ITF Baden-Württemberg
In diesem Abschnitt 2.3 stellen Heimerl et al. dar, wie im Bundesland Baden-Württemberg konsequent eine Angebotsverbesserung im Rahmen eines ITF umzusetzen war, was zum späteren "Drei-Löwen-Takt" führte (in den späteren 200er-Jahren bis ins Jahr 2017) und in der Öffentlichkeit offensiv beworben wurde. Bei genauem Hinsehen wird sich zeigen, daß diese auf einem möglichst landesweiten ITF basierende Angebotsstruktur tatsächlich zur Verbesserung des Angebotes und zur signifikanten Zunahme an Fahrgästen führte. Insofern scheint man mit diesem auf dem ITF basierenden Angebot auf dem richtigen Weg gewesen zu sein.
Sinnfälligkeit des ITF
(Abschnitt 2.4 der Publikation von Heimerl et al. teilt sich in eine Betrachtung des ITF in kleinen ländlichen Knoten und in großen Knoten. Entsprechend dieser Aufteilungläßt sich auch eine kritische Betrachtung vornehmen.
ITF in Kleinknoten
Hier führen Heimerl et al. ITF-Beispiele mit vier oder sechs möglichen Zielen an, deren Zuläufe sich in einem Knotenbahnhof mit vier oder sechs Gleisen treffen. Anhand der Abbildungen werden nun die Beispiele kritisch betrachtet und kommentiert.
Beispiel-Knoten 1
Dieses Beispiel folgt Abbildung 2-1: Ein viergleisiger Bahnhof ist Zentrum eines Knotens mit vier öglichen Zielrichtungen. Aufgrund bestehender Überwerfungsbauten kann auf den Relationen, A-B und C-D gleichzeitig jeweils kreuzungsfrei ain- bzw. ausgefahren werden. Ein solcher Gleisplan ist für einen ITF mit Liniendurchbindung ideal. Ginge man davon aus, daß eine Wegezeit im Bahnhof von einem Bahnsteig zum andern in der Größenordnung zwei Minuten läge, so könnten zwei Minuten vor der Knotenzeit alle vier Züge gleichzeitig einfahren und zwei Minuten nach der Knotenzeit alle gleichzeitig weiterfahren (Abbildungen 2-2 bis 2-4). Die durchschnittliche Standzeit aller Züge läge hierbei bei vier Minuten, also sogar zwei Minuten über dem absolut notwendigen Minimum, was ggf. der Verbesserung der Anschlußsicherheit oder auch langsameren Fahrgästen zugute kommen könnte.
Beim ITF ist die durchschnittliche Durchreisezeit von Fahrgästen durch den Knoten immer genau gleich wie die durchschnittliche Standzeit der Züge, die am Knoten teilnehmen. Diese beträgt in diesem Beispiel also ebenfalls genau diese vier Minuten.
Dieses Beispiel nehmen nun Heimerl et al. zum Anlaß darauf hinzuweisen, daß man für diesen Idealzustand des ITF bereits aufwendigere Infrastrukturbauten benötige (in diesem Fall zwei Überwerfungsbauten), dies also bereits für Kleinknoten einen besonderen Investitionsaufwand erfordere.
Dieses Argument trägt nicht unbedingt weit. Wie bereits mehrfach erwähnt, hängt die mittlere Verweilzeit Durchreisender im ITF-Knoten alleine von der mittleren Standzeit der beteiligten Züge ab und sonst von keinem anderen Parameter. Insofern führt eine Änderung des Betriebskonzeptes wie folgt nicht zu einer Verlängerung der mittleren Verweilzeit Reisender im Knoten: Man lasse die aus C und D kommenden Linien im Bahnhof enden und wenden. Die Züge fahren daraufhin wieder an ihren Ausgangspunkt zurück, während die Linien aus A und B jeweils durch den Bahnhof weiterfahren. Bei Unterstellung dieses Szenarios ist weder die Überwerfung in den beiden Weichenbereichen unbedingt erforderlich, noch verlängern sich die durchschnittlichen Reisezeiten.
Im Beispiel-Knoten 2 wird eine weitere Alternative gezeigt, die die These von Heimerl et al. zur Notwendigkeit dieser Überwerfungen in Frage stellen kann, in Beispiel-Knoten 3 wird ein quantitativer Vergleich angeführt, wie weit die These von Heimerl et al. trägt, wenn man die Überwerfungen nicht zur Verfügung hat, jedoch auf der Durchbindung aller Linien besteht.
Beispiel-Knoten 2
Dieses Beispiel folgt den Abbildungen 2-5 und 2-6. Gegenüber dem Beispiel-Knoten 1 haben Heimerl et al. die Überwerfungsbauten entfernt und lassen weiterhin vier Züge aus vier unterschiedlichen Richtungen im Knotenbahnhof gemäß den Maßgaben eines ITF fahren und halten. Richtigerweise wird dargestellt, daß aufgrund der Kreuzung bei Ausfahren der Züge ein Fahrstraßen-Konflikt auftreten (kann), der ggf. abzuwarten sei.
Unnötig und daher irreführend ist die Forderung nach einer Symmetrien des Taktknotens, der suggeriert, daß der wegen des abzuwartenden Konfliktes später ausfahrende Zug um dieselbe Zeitspanne auch früher einzufahren habe, sich also die Standzeit dieses Zuges erheblich verlängere. Die auf Seite 11 im letzten Abschnitt angeführte Symmetrieforderung ist völlig obsolet und stellt nur eine künstliche Verlängerung der Haltezeiten dar.
In Anlehnung an Beispiel-Knoten 1 sei die Auswirkung des Kreuzungs-Konfliktes beim Ausfahren wie folgt abgeschätzt:
- Alle Züge können zwei Minuten vor der Knoten-Zeit kreuzungsfrei in den Bahnhof einfahren.
- Die Züge aus A und B fahren zwei Minuten nach der Knotenzeit aus. Da die Ausfahrt im durchgehenden Hauptgleis erfolgt, kann davon ausgegangen werden, daß nach einer weiteren Minuten der anschließende Weichenbereich geräumt ist. Aufgrund von Teilfahrstraßen-Auflösung und weil die Züge den anderen nicht nachfahren, sondern einem gänlich anderen Fahrweg folgen, brauchen keine Mindestabstände zu ggf. vorausfahrenden Zügen eingehalten zu werden. Die Züge nach C und D können also eine Minute nach den Zügen nach A und B abfahren. Damit ergibt sich folgende Aufenthaltssumme: 2 Züge zu je 4 Minuten und zwei Züge zu je 5 Minuten: 18 Minuten. Zur Durchschnittsbildung teilen wir durch vier Züge und erhalten eine durchschnittliche Durchreisezeit für die Fahrgäste von 4,5 Minuten. Der Wegfall der Überwerfungsbauwerke schlägt also im Schnitt mit einer durchschnittlichen Verlängerung der Durchreisezeit von einer halben Minute zu Buche.
Nehmen wir nun einmal den Fall an, im Beispiel-Knoten 2 würde kein ITF angeboten, sondern lediglich ein Taktfahrplan mit einer Bedienfrequenz von 60 Minuten. Ankommende Züge fahren nach einer Minute Aufenthalt weiter. Damit ist die mittlere Standzeit der Züge mit einer Minute un 3,5 Minuten kürzer als beim ITF für den Beispiel-Knoten 2.
Nachdem jedoch kein ITF vorliegt, sind nun die Beiträge zur durchschnittlichen Durchreisezeit für die Fahrgäste zu bestimmen, die ihren Anschluß verpassen. Bei einer Hin- und einer Rückreise mit dem gleichen Zugpaar addiert sich dies stets auf die Zeit einer vollen Bedienfrequenz, in unserem Fall also auf 60 Minuten je Zugpaar, zu dem umgestiegen werden muß:
- Bei vier Zügen gibt es 12 mögliche Fahrtbeziehungen, das entspricht 6 Richtungspaaren. Bei mindestens drei Richtungspaaren werden Anschlüsse verpaßt (max. 4, zu berechnen aus 12 minus 4 möglichen Durchbindungen).
- Eine Abschätzung zum Minimum ergibt eine Summe zusätzlicher Wartezeit aus verpaßren Anschlüssen von 180 Minuten. Zur Bildung des Durchschnittes teile man durch die 12 möglichen Fahrstrecken und erhält 15 Minuten im Durchschnitt.
Fazit: Ein Aufgeben der Überwerfungsbauwerke hätte eine Erhöhung der mittleren Durchreisezeit durch den ITF-Knoten um eine halbe Minute (von vie auf 4,5 Minuten) zur Folge. Eine Aufgabe des ITF würde die mittlere Durchreisezeit der Fahrgäste von 4,5 Minuten auf 16 Minuten erhöhen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die leicht verlängerten Standzeiten der Züge wegen der beiden Kreuzungskonflickte bei der Ausfahrt als eher vernachlässigbar.
Entgegen des hier dargestellten quantitativen Ergebnisses betonen Heimerl et al. die "wesentlich längeren Aufenthaltszeiten" der Züge der Linie 2 und die Reisezeitverluste, die angeblich jeden treffen, also auch die Umsteiger zur Linie 2. Diese Reisezeitverluste betragen quantitativ gesehen eine Minute, während bei Aufgabe des ITF auf alle umsteigenden Fahrgäste bei Hin- und Rückfahrt Reisezeitverluste von 60 Minuten (bei einem zugrundeliegenden Stundentakt) zukommen, sobald sie ihre Strecke einmal hin und einmal zurückfahren. Hier setzen Heimerl et al. offensichtlich die falschen Schwerpunkte bei der Betrachtung der Reisezeiten.
Der Vollständigkeit halber ist übrigens anzumerken, daß selbst bei Wegfall der Überwerfungsbauwerke gegenüber dem Szenario Beispiel-Knoten 1 keine Verlängerung der durchschnittlichen Durchreisezeiten notwedig ist. Im Fall 1 eines Tangentiallinien-Konzept, wie Heimerl es selbst ergänzend vorschlagen und im bereits erwähnten Fall, daß die aus C und D kommenden Züge enden und wenden, also jeweils nach C bzw. D zurückfahren. Im Gegensatz zu einem reinen Taktzugkonzept bedeutet das Enden einer Linie im ITF-Knoten keinen Nachteil gegenüber einer Durchbindung an ein anderes Ende.
Beispiel-Knoten 3
Dieser folgt den Abbildungen 2-7 und 2-8. Zunächst ist anzumerken, daß Heimerl et al. sich nicht die Mühe machen, die Ankunftszeiten der Züge und die späteren Abfahrtn in Hinblick auf die durchschnittlichen Standzeiten der Züge zu optimieren. Die Reihenfolge der Einfahrten wird völlig willkürlich festgelegt, was durch das beiläufig eingefügte "z.B." im erläuternden Text seine Belegung findet. Vor Tabelle 2-1 stellen Heimerl et al. das Ergebnis für diesen Beispiel-Knoten dar: Die durchschnittliche Standzeit der Züge beträgt in diesem Knoten 7,3 Minuten.
Nicht angemerkt wird wiederum, daß für das von Heimerl et al. dargestellte Beispiel die durchschnittliche Durchreisezeit der Fahrgäste (ungewichtet) bei eben diesen 7,3 Minuten liegt. Ebensowenig erfolgt ein quantitativer Vergleich mit einem Szenario, bei dem der ITF im vorliegenden Beispielknoten aufgegeben würde. Beides soll an dieser Stelle nachgereicht werden:
Verschenktes Optimierungs-Potential
Die von Heimerl et al. wiederum unterstellte Symmetrie des Taktknotens ist für die Funktion des ITF -- wie bereits gesehen -- keineswegs erforderlich. Im unterstellten Beispiel bläht sie die durchschnittliche Standzeit der Züge lediglich ohne Gegenwert auf. Verzichtet man auf diese Symmetrie, so funktioniert der ITF-Knoten auch dann noch reibungslos, wenn die Züge der Linie 2 gleichzeitig mit dem Zügen der Linie 3 einfahren. Linie 1 fährt hingegen 3 Minuten vorher ein, was der Einhaltung der konservativ anznehmenden Zugfolgeabstände entspricht und allgemein anerkannt ist. Des weiteren könnten die Züge der Linie 2 bereits ausfahren, sobald die ausfahrenden Züge der Linie 3 die Fahrstraßen im anschließenden Weichenbereich hinreichend aufgelöst haben, also spätestens eine Minute nach Abfahrt der Züge der Linie 3. Weitere 2 Minuten später könnten die Züge der Linie 1 ausfahren, was durch die Fahrstraßenauflösung durch die Züge der Linie 2 mit zwei Minuten Spielraum sicherlich gegeben ist. Der konventionelle Zugfolgeabstand von 3 Minuten auf die nun vorausfahrenden Züge der Linie 3 wird ebenfalls eingehalten.
Folgende durchschnittliche Standzeit ergibt sich:
- Linie 1 trägt 8 Minuten bei
- Linie 2 trägt 3 Minuten bei
- Linie 3 trägt 2 Minuten bei
- Die Summe von 13 Minuten ist durch 3 zu teilen, wodurch sich also eine durchschnittliche Standzeit von nur 4,3 Minuten ergibt. Dies wäre weiter reduzierbar auf lediglich 4 Minuten im Schnitt, würde man die Züge der Linie 2 auf den Außengleisen enden und wenden lassen.
Es wird deutlich, wie groß das Optimierungspotential ist, das von Heimerl et al. bei der Konstruktion des ITF-Beispiels in Knoten 3 verschenkt wird, ohne dies dem Leser des Gutachtens vor Augen zu führen. Dagegen nehmen Heimerl et al. das von ihnen selbst verschenkte Optimierungspotential zum Anlaß, auf Seite 14 zu behaupten, daß bei einem ITF bereits bei sehr kleinen Knoten bereits beachtliche Verlustzeiten aufträten (was in Wirklichkeit zu einem wesentlichen Teil ihrem nachteilig konstruierten Knoten stärker anzulasten ist als dem grundsätzlichen System des ITF).
Vergleichszenario: Aufgabe des ITF
Weiterhin geißeln Heimerl et al. die hohen Standzeiten der Züge als hohe Verlustzeiten im ITF-Knoten freilich ohne darzustellen, wie denn die durchschnittliche Durchreisezeit der Reisenden wäre, wenn anstatt dessen der ITF-Knoten aufgegeben würde. Dies sei an dieser Stelle quantitativ nachgereicht:
Heimerl et al. konstruieren einen ITF-Knoten mit einer durchschnittlichen Standzeit der beteiligten Züge von 7,3 Minuten (optimierbar auf ca. 4 bis 4,3 Minuten). Bei einem ITF entspricht dies genau der Durchreisezeit aller Fahrgäste im Schnitt. Würde nun der ITF aufgegeben, so ergäbe sich eine durchschnittliche Durchreisezeit wie folgt (unter der Annahme, daß die durchschnittliche Standzeit der Züge aller linien bei einer Minute liegt):
- Es gibt 6 verschiedene Destinationen (eine Destination mit zwei verschiedenen Produkten wird als zwei verschiedene Destinationen angesehen). Damit gibt es 30 verschiedene Kombinationen moglicher Reiserouten bzw. 15 Routenpaare. Bei mindestens 10 (max. 12) Routenpaaren werden Anschlüsse verpaßt, so daß es bei Hin- und Rückreise zu einer zusätzlichen Wartezeit von 60 Minuten kommt. Die Summe von 600 Minuten ist durch 30 zu teilen, was 20 Minuten Verlängerung im Schnitt ergibt.
Fazit: Würde der ITF in diesem von Heimerl et al. aufgegeben, so läge die durchschnittliche Durchreisezeit für die Fahrgäste bei 21 Minuten statt bei den angeblich sehr schlechten 7,3 Minuten (für den nicht optimierten von Heimerl et al. konstruierten ITF-Knoten).
Folgerung: Trotz der von Heimerl et al. schlecht optimierten Konstruktion des Knotens schneidet der ITF bei der Betrachtung der durchschnittlichen Durchreisezeiten für die Fahrgäste erheblich besser ab als ein reines Taktkonzept ohne ITF. Dies wird in der Ausarbeitung durch Heimerl et al. nicht tematisiert, sondern einfach ausgelassen.
Anwendung des ITF in Großknoten
Diese Betrachtung folgt Abschnitt 2.4.2 des Gutachtens von Heimerl et al. Als Beispiel für einen Großknoten wird eine Infrastruktur betrachtet, die im Basisfall Nahverkehrslinien aus acht verschiedenen Richtungen aufnehmen soll. Danach ist zu diskutieren, welche Auswirkungen die Hinzunahme von Zügen aus dem Produktbereich Fernverkehr besitzen.
Auch hierzu konstruieren die Gutachter wiederum Beispielszenarien analog denen zur Betrachtung von Kleinknoten. Es wird dabei davon ausgegangen, daß die acht Zuglinien symmetrisch auf einen gedachten Hauptbahnhof zufahren (aus jeder von vier Richtungen zwei. Kurz vor dem Hauptbahnhof verzweigen diese vier Strecken. Hier nun die kritische Betrachtung der Beispielszenarien:
Beispiel Großknoten 1
Dieses Beispiel folgt den Abbildungen 2-9 bis 2-11. Eine zeitliche Darstellung wird in Abbildung 2-12 gezeigt.
Im Text wird das Beispiel ab Seite 15 wie folgt erläutert: Zwei Züge, die aus derselben Richtung einfahren, müssen einen Zugfolgeabstand von mindestens drei Minuten einhalten. Dieser Zugfolgeabstand ist klassisch gerechnet und allgemein anerkannt. Diese Einfahrbedingung hat für beide Einfahrrichtungen des unterstellten Durchgangsbahnhofes Anwendung zu finden. Insofern bestehen keine Diskrepanzen.
Nun aber erläutert der Text folgendes:
Weitere Abhängigkeiten entstehen durch parallele Ein- und Ausfahrten von Linien in den Hauptbahnhof im Gleisvorfeld, wenn nicht alle Richtungsgleise von allen Zulaufstrecken ohne Kreuzen von Fahrstraßen anderer Züge erreichbar sind, also nicht jedes Gleis niveaufrei von allen Zulaufstrecken erreichbar ist.
Schaut man sich den gewählten (vorgegebenen) Linienverlauf an, so ist zu erkennen, daß es tatsächlich aufgrund der Linienführung entweder bei der Einfahrt in den Bahnhof oder bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof zu Kreuzungen kommen muß. Tatsächlich soll der Zug der Linie 3, von Südosten kommend, nach Nordosten durchfahren. Im Gegenzug fährt die Linie 1 von Südosten kommend nach Nordwesten durch. Die Züge dieser beiden Linien müssen ihre Fahrwege daher entweder bei der Einfahrt oder bei der Ausfahrt kreuzen, wodurch entweder eine gleichzeitige Einfahrt oder eine gleichzeitige Ausfahrt ausgeschlossen ist. Dagegen sind die Züge der Linien 2 und 4 nicht betroffen, ihre Fahrwege kreuzen sich an keiner Stelle. Im Prinzip könnten also Züge der Linien 2 und 4 sowohl geichzeitig in den Bahnhof einfahren als auch gleichzeitig aus ihm wieder ausfahren.
Dieser der dargestellten Situation und dem abgebildeten Gleisplan möglichst angepaßte Zugfolge wird aber in der Beschreibung des Gutachtens nicht unterstellt. Es wird völlig ohne Begründung davon ausgegangen, daß im Zulauf zuerst die Züge 1 und 3 eintreffen, dann erst die Züge 2 und 4. Dies führt dann dazu, daß sich die Ankunft aller vier Züge bis zum maximal Möglichen Aufspreizen muß, was in Abbildung 2-12 zu sehen ist. Von den vier aus Richtung Ost bzw. West einfahrenden Züge muß wirklich jede Zugfahrt einzeln in den Bahnhof einfahren, was dem denkbar schlechteesten Szenario entspricht, das man überhaupt in diesem Fall konstruieren kann. Ein neutrales Gutachten hätte nun zur Aufgabe, dies dem Leser kenntlich zu machen und mögliche Optimierungen zu diskutierne. Dies geschieht in dieser Vorlage allerdings nicht. Dies führt zu einer mitunter recht einseitigen Schlußfolgerung.
Die im Gutachten von Heimerl et al. ausgelassenen Schritte sollen nun im folgenden nachgeholt werden. Dabei wird zunächst unter Beibehaltung des vorliegenden Szenarios dargestellt, welche Auswirkungen es auf die Fahrgäste hätte, wenn aufgrund der von Heimerl et al. hervorgehobenen nachteiligen Situation ein ITF aufgegeben würde und statt dessen ein reiner Taktfahrplan ohne gegenseitige Abstimmung der Anschlüsse gefahren würde. Zwei weitere Szenarien beschäftigen sich mit möglichen Optimierungsstufen.
Szenario 1: ITF wird aufgegeben
Auf Seite 20 des Gutachtens berechnen Heimerl et al. die mittlere Standzeit der Züge unter Zugrundelegung der Einfahr-Reihenfolge aus Abbildung 2-12. Sie ergibt sich zu 11,0 Minuten. Wie bereits erwähnt, entspricht bei einem ITF-Vollknoten die mittlere Standzeit der Züge genau der mittleren Durchreisezeit der Fahrgäste durch den ITF-Knoten. Das heißt, alle Fahrgäste, egal aus welcher Richtung und egal in welche Richtung halten sich im Durchschnitt 11 Minuten in diesem Knotenbahnhof auf.
Die mittlere Aufenthaltsdauer der Durchreisenden ist hierbei die signifikante Meßgröße für die Gesamrqualität des Verkehrsknotens und somit die zentrale Meßgröße für die Qualität des Angebotes. Wir testen nun die Qualität des von Heimerl et al. als schlecht dargestellten ITF, indem wir in Gedanken den ITF aufgeben und statt dessen einen Taktfahrplan unterstellen, in dem keine gegenseitige Abstimmung von Anschlüssen vorgenommen wird und bei dem Züge im Durchschnitt 3 Minuten halten, was für einen Großknoten mindestens angemessen erscheint.
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer Durchreisender setzt sich nun zusammen aus der durchschnittlichen Standzeit der beteiligten Züge plus der durchschnittlichen zusätzlichen Wartezeit, die aus dem Verpassen nicht abgestimmter Anschlüsse resultiert. Dies errechnet sich wie folgt:
- Bei acht Linien ergeben sich 56 Fahrmöglichkeiten bzw. 28 Richtungspaare für eine Hin- und Rückfahrt.
- 21 Richtungspaare enthalten in der Summe einen verpaßten Anschluß, so daß bei einem Stundentakt in der Summe 21*60=1260 Minuten an zusätzlicher Wartezeit durch verpaßte Anschlüsse in das System einzubeziehen sind.
- Diese 1260 Minuten sind zur Durchschnittsbildung durch alle 56 Fahrmöglichkeiten zu dividieren. Dadurch ergibt sich ein Durchschnitt von 22,5 Minuten an zusätzlicher Wartezeit pro möglicher Fahrt.
- Hierzu addiert sich die durchschnittliche Standzeit der Züge von 3 Minuten
- Ergebnis: Die durchschnittliche Verweilzeit Durchreisender in dem von Heimerl et al. zugrundegelegten Beispielszenario beträgt bei einem Taktzugsystem ohne gegenseitige Abstimmung der Anschlüsse 25,5 Minuten.
Zum Vergleich: Im Fall eines zugrundegelgten ITF betrug die durchschnittliche Verweilzeit der Durchreisenden nur 11,0 Minuten.
Fazit
Selbst in diesem von Heimerl et al. möglichst umständlich gestalteten ITF-Beispiel ohne Anwendung möglicher Optimierungsstufen wird die mittlere Aufenthaltszeit durchreisender Fahrgäste mehr als verdoppelt, wenn ein unterstellter ITF aufgegeben und durch einen Taktfahrplan ohne gegenseitige Abstimmung von Anschlüssen ersetzt wird.
Dieser Sachverhalt wird von den Gutachtern Heimerl et al. komplett unterschlagen, was den Wert der späteren Schlußfolgerungen fragwürdig erscheinen läßt.
Szenario 2: Erste Optimierungsstufe
In diesem Szenario wird der Zustand der Infrastruktur beibehalten. Optimierungen werden ausschließlich anhand der fahrenden Züge vorgenommen. Ausführlich beschrieben wird die Fahrt der Zugpaare von Ost nach West, analog dazu kann auch von West nach Ost vorgegangen werden.
Zum ersten erkennt man anhand der Abbildungen 2-9 und 2-10, daß das im Zulauf ankommende Zugpaar 2-4 bei der Einfahrt in den Bahnhof keinerlei Fahrstraßenkonflikten unterliegt. Züge der Linien 1 und 3 müssen sich dagegen kreuzen. Heimerl et al. lassen diese Fahrstraßenkreuzung bei der Einfahrt auftreten, so daß der Zug der Linie 3 das zweite Gleis von oben belegt, der Zug der Linie 1 das dritte Gleis von oben. Dies ist für die optimale Betriebsführung hinderlich. Wir vertrauschen daher die Einfahrtsgleise und lösen den Fahrstraßenkonflikt bei der ausfahrt der Züge. Dadurch können beide Zugpaare 1-3 und 2-4 ohne Konflikt jeweils gleichzeitig einfahren:
- 1 fährt gleichzeitig mit 3 ein
- 2 fährt gleichzeitig mit 4 ein, Zugfolgeabstand 3 Minuten zu den Zügen 1 und 3
Der Systematik von Abbildung 2-12 folgend wäre also das Zugpaar 2-4 eine Minute vor der Knotenzeit im Bahnhof. Drei Minuten zuvor wäre das Zugpaar 1-3 eingefahren. Die Summe der Sandzeiten bis zur Knotenzeit beträgt damit 2x1 Minute plus 2x 4 Minuten gleich 10 Minuten.
Nach der Knotenzeit fahren die Züge nach Westen hin aus. Dabei ist zu beachten, daß die Züge der Linien 1 und 3 sich kreuzen müssen, eine gleichzeitige Ausfahrt also nicht möglich ist. Als optimierte Lösung dieses Konfliktes bietet sich an:
- Man läßt zunächst die Züge der Linien 2 und 4 gleichzeitig ausfahren. Diese stehen miteinander nicht in Konflikt.
- Im klassischen Zugfolgeabstand von 3 Minuten läßt man einen der beiden Züge (Linie 1 oder 3) ausfahren. Dadurch wird der Mindestabstand zum jeweils vorausfahrenden Zug eingehalten.
- Den letzten der vier Züge kann man sofort ausfahren lassen, sobald der kreuzende Zug die Teilfahrstraßen im anschließenden Weichenbereich so weit aufgelöst hat, daß eine neue Ausfahrstraße gebildet werden kann. Ein erneuter Zugfolgeabstand braucht hier nicht abgewartet zu werden, da der letzte Zug ja in eine andere Richtung fährt.
- Legt man eine Ausfahrzeit von 1 Minute zugrunde, kann also der letzte noch verbleibende Zug (Linie 3 oder 1) bereits eine Minuten nach Ausfahrt des kreuzenden Zuges der Linie 1 oder 3 abgelassen werden. Der Zugfolgeabstand zu dessen vorausfahrenden Zug beträgt damit vier Minuten.
Damit ergeben sich folgende Standzeiten der Züge nach der Knotenzeit in Anlehnung an Abbildung 2-12 des Gutachtens:
- Züge der Linien 2 und 4: 1 Minute
- Einer der Züge der Linie 1 oder 3: 4 Minuten
- Der andere Zug der Linien 3 oder 1: 5 Minuten
Summe der Standzeiten aller Linien nach der Knotenzeit: 11 Minuten. Summe der Standzeiten aller Züge vor und nach der Knotenzeit: 21 Minuten. Diese Summe ist zur Bildung des Durchschnittes durch vier zu dividieren:
Ergebnis: Der Mittelwert der Aufenthaltszeiten der Züge ergibt sich in dieser optimierungsstufe zu 5,25 Minuten, also zu weniger als die Hälfte dessen, was von Heimerl et al. unterstellt wurde.
Anmerkung 1: Die Bewältigung des Fahrstraßenkonfliktes wurde in die Ausfahrstraße gelegt. Dadurch können Nachteile vermieden werden (z.B. frühes Bremsen von Zugeinfahrten, wenn Fahrwege nicht rechtzeitig frei sind, längere Belegungszeiten von Weichenbereichen bei langsamer Einfahrt gegen kürzere Belegungszeiten bei der Ausfahrt, wenn Züge beschleunigen können) und Eigenschaften moderner Stellwerke (wie z.B. die der Teilfahrstraßenauflösung) besser zur Optimierung genutzt werden als bei der Bewältigung der Konflikte bei der Einfahrt. Diese wäre nachteilig, da die Züge fahren und nicht bereits am Bahnsteig stehen.
Anmerkung 2: In dieser Optimierungsstufe wurde die von Heimerl et al. aufgestellte Symmetrieforderung an die Standzeiten der Züge bezüglich der Knotenzeit minimal aufgegeben. Die Symmetrie der Standzeiten ist für die Funktion des ITF jedoch keinesfalls erforderlich und auch an keiner Stelle so definiert. Die Anwendung dieser Symmetrieforderung führt in der Theorie lediglich zu einer unnötigen Aufblähung der ITF-Knoten und der damit verbundenen Standzeit der Züge. Es erscheint fragwürdig, ob dies von Heimerl et al. so gewollt ist.
Fazit
Im vorstehenden Szenario wurde gezeigt, auf welche einfache Weise sich ein möglicher ITF auf Basis der von Heimerl et al. vorgegebenen Reginalzuglinien optimieren ließe. Es wird deutlich, daß Heimerl et al. kein optimales Szenario konstruiert haben, sondern ein gegenüber einem betrieblichen Optimum stark gespreiztes Szenario vorführen, dessen durchschnittliche Standzeit der beteiligten Züge mehr als doppelt so lange ist als das erforderliche betriebliche Minimum.
Aufgabe eines neutralen Gutachtens wäre es gewesen, dies anhand der vorhandenen Gleispläne und Linienführungen zu diskutieren und dem Leser dieses Gutachtens gegenüber nachvollziehbar darzustellen. Das Ergebnis dieser Diskussion müßte Eingang in die Schlußfolgerungen finden. Dies erfolgt in diesem Gutachten nicht.
Aus diesem Grund erscheinen die von Heimerl et al. daraus gezogenen Schlußfolgerungen äußerst fragwürdig.
Szenario 3: 2. Optimierungstufe
Im Rahmen dieser Optimierungsstufe wird anhand des Bahnhofsgleisplanes untersucht, ob bezüglich der Infrastruktur Änderungen möglich erscheinen, die eine weitere Optimierung des zugrundegelegten ITF möglich erscheinen lassen.
In Optimierungsstufe 1 wurde der Gleisplan und die Einfahrreihenfolge der Züge von Heimerl et al. als gegeben hingenommen. Der bestehende Fahrstraßenkonflikt wurde in der Ausfahrt der Züge belassen und dort entsprechend gelöst. Hier wird nun gezeigt, daß man mit sehr kleinen Änderungen am Gleisplan den Fahrstraßenkonflikt bereits bei der Einfahrt lösen könnte, ohne dabei Zeitverluste in Kauf nehmen zu müssen. Hierzu wird folgendes unterstellt 8siehe Abbildung ...):
- Die Zulaufreihenfolge aus Südosten wird derart vertauscht, daß gemäß Abbildung 2-9 zuerst der Zug der Linie 4 und danach der Zug der Linie 1 zur Einfahrt ansteht.
- Es wird eine zusätzliche Direktverbindung in den Gleisplan eingesetzt, so daß der zur Einfahrt anstehende Zug der Linie 4 aus Abbildung 2-9 direkt in das oberste Gleis (z.B. Gleis 8) des Knotenbahnhofes einfahren kann, ohne gleichzeitig eine Einfahrt des Zuges der Linie 3 in das darunter liegende Gleis 7 zu behindern.
- Analog wird eine zusätzliche Direktverbindung in den Gleisplan eingesetzt, so daß der aus Süden kommende Zug der Linie 2 direkt in Gleis 5 des Bahnhofs einfahren kann, ohne eine gleichzeitige Einfahrt des Zuges der Linie 1 in das Gleis 6 zu behindern
Analog verfährt man im westlichen Zufahrtsbereich.
Unterstellt man diese beiden zusätzlichen Einfahrten, so kann der Kreuzungskonflikt der Zuglinien 1 und 3 durch eine Optimierung der Einfahrtsreihenfolge ohne weitere Behinderung der Fahrstraßen aufgelöst werden. Damit können Züge der Linien 3-4, dann die Züge der Linien 1-2 jeweils paarweise ausfahren. Nach der Knotenzeit können dann Züge der Linien z.B. 1-3, 2-4 jeweils paarweise ohne Konflikte ausfahren.
Die durchschnittliche Standzeit der Züge im Knotenbahnhof ergibt sich dadurch zu 2x 2 Minuten plus 2x 8 Minuten = 20 Minuten in der Summe, dividiert durch 4 für den Durchschnitt. Ergebnis: 5 Minuten.
Fazit A
Anhand dieser einfachen Erweiterung des Gleisplanes kann gezeigt werden, daß die Infrastruktur sich leicht für einen ITF optimieren ließe. Gleichzeitig werden auf diese Weise Engpässe in der unterstellten Infrastruktur aufgedeckt, die sich auch bei Störungen der Fahrwegeinrichtung als hinderlich erweisen. Der von Heimerl et al. hier zugrunde gelegte Bahnhof offenbart durch das Planspiel dieser kleinen Ergänzungen eine sehr eingeschränkte Flexibilität bezüglich der Zuläufe und der gegenseitigen Erreichbarkeit der Gleise.
Gleichzeitig ist die betriebliche Optimierung des ITF durch Verkürzung der mittleren Standzeiten der Züge im Knotenbahnhof durch die bauliche Änderung der Zuläufe nicht wesentlich höher als die Optimierung, die sich bereits durch die betriebliche Optimierung hätte erreichen lassen. Das Argument, für einen optimalen ITF müsse man systematisch hohen Aufwand in der Infrastruktur in Kauf nehmen, trägt in diesem Fall nicht sehr weit.
Fazit B
Auf Seite 16 oben konstatieren Heimerl et al.:
Weitere Abhängigkeiten entstehen durch parallele Ein- und Ausfahrten von Linien in den Hauptbahnhof im Gleisvorfeld, wenn nicht alle Richtungsgleise von allen Zulaufstrecken ohne Kreuzen von Fahrstraßen anderer Züge erreichbar sind, also nicht jedes Gleis niveaufrei von allen Zulaufstrecken erreichbar ist.
Hier in diesem Beispiel spielt dieser Fall keine Rolle, da aufgrund der Abhängigkeiten der Linien durch den Zulauf parallele Ein- bzw. Ausfahrten an einem Bahnhofskopf nicht gegeben sind.
Im Rahmen der beiden vorausgegangenen Optimierungsszenarien wurde vorgeführt, daß diese letztere Aussage unzutreffend ist. Vielmehr stellt die niveauleiche Ein- oder Ausfahrt des Bahnhofes Hindernisse dar, die einer Anpassung der Betriebsführung an diese Infrastruktur erfordern und der Optimierbarkeit bereits Grenzen setzen.
Szenario 4: Zusätzliche Linien
Dieses Szenario wird von Heimerl et al. auf Setie 20 unterhalb von Tabelle 2-2 ins Spiel gebracht. Dort heißt es:
Werden zusätzliche Linienführungen z.B. von AlB nach C/D oder von ElF nach G/H über den Knotenbahnhof unterstellt, so ergibt sich eine nochmalige Veränderung dieser Zeitspanne je weiterer Linie um zwei mal drei Minuten - entsprechende Zahl zusätzlicher Bahnsteiggleise vorausgesetzt.
Hierzu sind folgende Anmerkungen erforderlich:
- Zusätzliche Direktverbindungen tragen nicht zur Verbesserung Situation im ITF-Knoten bei. Da aus jeder vorhandenen Richtung in jede andere Richtung umgestiegen werden kann und es keine verpaßten Anschlüsse gibt, ist das Angebot eines zweiten Zuges in eine bereits im Grundangebot des ITF enthaltene Richtung überflüssig.
- Das Angebot zusätzlicher Direktverbindungen in einem ITF-Knoten führt daher in erster Linie zu einer künstlichen Aufspreizung des Betriebsablaufes im ITF-Knoten, ohne daß dem ein als vernünftig zu bezeichnender Nutzen gegenübersteht.
- Einzig Reisende können profitieren, die genau entlang dieser durch diese Linie angebotene Direkt-Relation unterwegs sind. Sie würden sich genau diesen Umstieg ersparen und wären ggf. um einige Minuten schneller am Ziel. Die Sinnhaftigkeit einer solchen zusätzlichen Linie hängt nun davon ab, ob es genug Reisende gibt, die auf genau dieser Relation unterwegs sind und die dieses Angebot nutzen wollen, denn schließlich muß der zusätzliche Aufwand dieses Mehrangebotes auch wirtschaftlich darstellbar sein.
- Wurde die Wirtschaftlichkeit dieses Mehrangebotes hinreichend dargestellt, so besteht durchaus die Möglichkeit, diese zusätzlicge Fahrt außerhalb des ITF anzubieten. Dies hat gegenüber weiterer Aufsprezung des ITF folgende Vorteile:
- Keine negativen Auswirkungen auf die durchschnittlichen Aufenthaltszeiten anderer Fahrgäste, die nicht von diesem Zusatzangebot profitieren.
- Außerhalb der Knotenzeiten ist die Infrastruktur des Bahnhofes nur sehr gering ausgelastet. Dies bietet einen höheren Freiheitsgrad bezüglich der Betriebsführung.
- Das Angebot des ITF-Knotens wird dabei nicht negativ beeinträchtigt, da ja zur Knotenzeit Anschlüsse aus allen Richtungen in alle Richtungen bereits bestehen. Es führt also nicht zu Nachteilen, wenn die angebotene Zusatzrelation nicht am ITF-Knoten teilnimmt.
- Fahrgäste der zusätzlichen Direktrelation -- soweit sie zahlreich genug vorhanden sind -- können dennoch profitieren. Des weiteren kann dieses Zusatzangebit von Fahrgästen genutzt werden, die von den Außenästen kommend in Richtung des ITF-Knotens fahren, ohne dort umsteigen zu wollen. Dies ist besonders wahrscheinlich, wenn der ITF-Knoten ein Großknoten ist und in einem Oberzentrum liegt.
- Das Zusatzangebot kann in Spitzenzeiten zur Verdichtung von Bedienhäufigkeiten besser genutzt werden, wenn es nicht Teil des ITF-Knotens ist. Auf diese Weise ließe sich ein stündliches Angebot auf Stecken mit hohem Fahrgastaufkommen auf ein halbstündliches verdichten. Zur weiteren Verdichtung von Takten siehe später.
Zusatzüberlegung: Wann verbessern zusätzliche Linienangebote die Umsteigesituation?
In der vorangegangenen Beschreibung des Szenario 4 wurde gezeigt, daß zusätzliche Linienführungen, wie sie Heimerl et al. in die Diskussion gebracht haben, in einem ITF-Knoten für die Situation der Umsteiger keinen Vorteil bringen, sondern lediglich störend wirken. Verbesserungen für Fahrgäste, die sich genau entlang der angebotenen Zusatzrelation bewegen, kommen besser zur Geltung, wenn das Zusatzangebot außerhalb des ITF-Knotens plaziert wird und wenn dadurch die Standzeit des betreffenden Zuges kurz gehalten werden kann. Voraussetzung hierfür ist grundsätzlich der Bedarf an einer solchen Zusatzlinie.
Wenn jedoch das Angebot zusätzlicher Direktverbindungen die Umsteigesituation in einem ITF-Knoten nicht grundsätzlich verbessert, warum dann die Diskussion dieses Szenarios in einem solchen Gutachten? Diese Frage kann man dahingehend beantworten,, welche Schlüsse der Gutachter daraus zieht. Heimerl et al. verwenden dieses Szenario nicht, um eine Möglichkeit der Optimierung eines ITF-Knotens bezüglich der Fahrgastströme darzustellen, wie es in dieser Kritik aufgezeigt wurde, sie verwenden dieses Szenario dazu, Nachteile in die Struktur eines ITF-Knotens einzubringen und diese dann im Rahmen ihrer Schlußfolgerung zu überspitzen. Ein neutrales Gutachten müßte dann aber auch alternative Varianten aufzeigen -- ähnlich der hier diskutierten Möglichkeit, das Zusatzangebot außerhalb des ITF zu plazieren -- und in ähnlicher Weise zur Schlußfolgerung kommen, daß Zusatzlinien in einem ITF störend sind, da sie nicht zur Verkürzung, sondern zur Verlängerung der Verweilzeiten Durchreisender im ITF-Knoten führen. Insofern wird durch Heimerl et al. an dieser Stelle fast unmerklich vom Gebot gutachterlicher Neutralität abgewichen, indem eine Thematik angerissen, nicht jedoch zu Ende diskutiert wird.
Um nun festzustellen, wo der Nutzen zusätzlicher Linienführungen abseits eines ITF liegt, noch einmal zurück zu Szenario 1 in diesem Abschnitt, dem Vergleich mit dem Taktzugkonzept ohne gegenseitiges Abwarten von Anschlüssen. Das Ergebnis dieser Betrachtung war folgendes:
- Die durchschnittliche Verweilzeit von Durchreisenden bei einem (von Heimerl et al. ungünstig konstruierten) ITF-Knoten betrug 11,0 Minuten. Dem stand eine Verweilzeit von 22,5 Minuten gegenüber, wenn der ITF-Knoten aufgegeben würde und statt dessen ein Angebot mit vertakteten Zügen gälte.
- Die im Vergleich zum ITF mehr als doppelt so lange Verweilzeit entstand durch die Beiträre aus verpaßten Anschlüssen. So gibt es bei 8 Zügen 28 mögliche Zugpaare, von denen bei 21 Zugpaaren verpaßte Anschlüsse auftreten.
- Das von Heimerl et al ins Spiel gebrachte zusätzliche Angebot einer durchgebundenen Linie mit kurzen Aufenthaltszeiten im Knotenbahnhöf würde es nun ermöglichen, die Anzahl der Zugpaare mit verpaßten Anschlüssen um eins zu reduzieren. Dies hätte die folgende Auswirkung:
- Reduktion der Wartezeitsumme von 21*60 auf 20*60 Minuten.
- Die Summe von 1200 Minuten ist durch 56 Fahrtmöglichkeiten zu dividieren und führt zu einem durchschnittlichen Beitrag von 21,43 Minuten. Dem sind noch 3 Minuten für die durchschnittliche Standzeit der Züge im Großknoten hinzuzurechnen.
Ergebnis der Überlegung: In einem Betriebskonzept mit vertrakteten Zügen, wenn keine gegenseitigen Anschlüsse abgewartet werden, trägt das Angebot zusätzlicher Linienführungen zu einer Verkürzung der durchschnittlichen Verweilzeit Durchreisender bei. Mit jeder neuen Linienführung, die in das System eingebracht wird, kann die Summe der Wartezeiten aus verpaßten Anschlüssen um einmal die Taktfolgezeit reduziert werden. Bei einem Stundentakt und einem Dividenten von 56 führt also jede neue Linienkombination zur Reduzierung um etwas mehr als einer Minute.
Um die Verweilzeiten der durchreisenden Fahrgäste nun im Durchschnitt in dieselbe Größenordnung zu rücken, die ein ITF-Knoten bietet, wären also zusätzlich zur vorstehend ausführlich betrachteten Zusatzlinie 9 weitere Zusatzlinien erforderlich.
Fazit:
- Zusätzliche Linienführungen bringen in einem ITF-Knoten keinen Vorteil, sie wirken im Gegenteil störend und führen die Eigenschaften des ITF aus dem Optimum heraus.
- Zusätzliche Linienführungen können in Verbindung mit einem ITF-Konzept positive Wirkungen entfalten, wenn die entsprechende Nachfrage gegeben ist und sie außerhalb der Knotenzeit verkehren. Von dieser Wirkung profitieren Fahrgäste, die auf genau dieser angebotenen Zusatzrelation unterwegs sind. Des weiteren können sie Fahrgästen nützlich sein, deren Fahrt von einem der Außenäste in den Knoten führt und dort endet.
- Zusätzliche Linienführungen verbessern die Umsteigesituation in einem System von Taktzügen linear mit der Reduktion der Zahl verpaßter Anschlüsse.
Es ist evident, daß man jedes System von Taktzügen mit kurzen Haltezeiten durch das Angebot zusätzlicher Linienführungen so weit verbessern kann, daß die durchschnittliche Verweilzeit Durchreisender im Knotenbahnhof in die Größenordnung der durchschnittlichen Verweildauer im ITF-Knoten gebracht werden kann, allerdings mit erhöhtem betrieblichen Aufwand.
Im von Heimerl et al. gewählten Beispiel mit 8 Destinationen und 4 Nahverkehrslinien wären nach mathematischer Rechnung 10 zusätzliche Linienführungen erforderlich, um die durchschnittliche Verweilzeit durchreisender zu erreichen, die ein ITF im von Heimerl et al. konstruierten -- betrieblich wenig optimierten -- Szenario gezeigt hat.
Bei genauerem Hinsehen erweist sich also viel mehr, daß ein ITF-Knoten bezüglich der durchschnittlichen Verweilzeit Durchreisender nicht nur ein mathematisches, sondern auch ein betriebliches Optimum darstellt, das seine Wirkung entfaltet, je mehr Züge in einen Knoten eingebunden sind (denn die Wirkung verpaßter Anschlüsse nimmt schnell zu) und je länger die Wartezeiten auf den jewels nächsten Zug sind.
Im Gegenzug nimmt die Bedeutung des ITF ab, wenn die Bedienfrequenz steigt und entweder die Zugzahl zu gering wird oder die Infrastruktur einen ITF nicht mehr zuläßt. Es ist durchaus denkbar, daß sich ein ITF-Knoten in einem Bahnhof lohnt, wenn die Zugfolgen bei 60 oder 30 Minuten liegen, während er bei Zugfolgen von 15 Minuten gänzlich sinnlos ist. Dies gilt es im Einzelfall anhand sinnvoller Überlegungen und einer gut optimierten Konstruktion des Knotens zu ermitteln.
Von einem Gutachten, das die Sinnhaftigkeit eines ITF gegenüber der Sinnhaftigkeit eines Taktzugkonzeptes ohne das Abwarten gegenseitiger Anschlüsse untersuchen soll, könnte man eine solche Überlegung eigentlich erwarten. Das Fehlen derartiger Überlegungen mindert dagegen den Wert der von Heimerl et al. vorgelegten Ausarbeitung erhebnlich.
Kombiniert man nun noch dieses Fazit mit den Faziten aus den Szenario 2 und Szenario 3, so erweist sich die Aussage von Heimerl et al. auf Seite 20 unten/Seite 21 oben als falsch:
Dies heißt, daß bereits bei zwei weiteren Linien (entspricht 2 x 2 x 3 = 12 zusätzliche Minuten Aufenthaltszeit) bei der Linie mit der längsten Aufenthaltszeit der Zug des ersten Taktes beim 30-Minuten-Takt noch im Bahnhof ist, wenn der nachfolgende Zug der gleichen Linie bereits in den Bahnhof einfährt. Dabei wurde immer noch von nur einem Produkt (z.B. RE) ausgegangen.
Diese Aussage trifft lediglich zu, sofern der von Heimerl et al. selbst -- betrieblich äußerst ungünstig -- konstruierte ITF-Knoten unterstellt wird. Durch einfache Optimierung des Betribsablaufes wurde allerdings gezeigt, daß die Summe der Aufenthaltszeiten der Züge um mehr als die Hälfte reduzierbar wäre. Dies macht deutlich, daß der von Heimerl et al. als Beispiel gewählte ITF-Knoten -- eine hinreichende Anzahl von Gleisen im Knotenbahnhof vorausgesetzt -- noch wesentlich freie Kapazität hätte.
Szenario 5: Erweiterung des Beispielknotens um die Anbindung zum Fernverkehr
Dieses Szenario folgt Abbildung 2-13 auf Seite 21. Heimerl et al. wollen mit diesem Szenario zeigen, daß eine Erweiterung des vorstehend betrachteten ITF mit vier Nahverkerslinien um drei Fernverkehrslinien für einzelne Züge bereits Standzeiten von über 30 Minuten zur Folge hätten (16 Minuten vor Knotenzeit und 16 Minuten nach Knotenzeit). Anders als in den bisherigen Beispielen zu klieneren Knoten wird nun plötzlich ein Halbstundentakt unterstellt und gezeigt, daß dies ja Wartezeiten der Züge zur Folge hätte, die über die Bedienfrequenz des Angebotes reichen.
Richtig ist dabei, daß für Konzepte mit hohen Bedienfrequenzen ggf. eine mathematische Grenze überschritten wird, ab der es ratsam erscheint, einen ITF aufzugeben und statt dessen ein Taktzugkonzept mit kurzen Zughalten und kurzen Bedienfrequenzen zu fahren. Es wäre nun Aufgabe eines objektiven Gutachtens, dieser Frage nachzugehen und diese Grenze ggf. anhand des bereits eingeführten Beispieles zu bestimmen und die Resultate gegenüberzustellen. Heimerl et al. versäumen dies in ihrer Ausarbeitung, was den Wert ihrer Schlußfolgerungen ein weiteres Mal deutlich mindert. Im Rahmen dieser Ausarbeitung wird ein eigenes Szenario der Frage nachgehen, welche Auswirkungen sich durch eine Verdichtung des Bedientaktes ergeben.
Im den Szenarien 2 und 3 zum Beispiel von Heimerl et al. wurden Möglichkeiten der Optimierung durch einfache betriebliche Maßnahmen oder durch geringfügige infrastrukturelle Maßnahmen aufgezeigt, die zu erhebnlichen Verkürzung von Zugaufenthalten geführt haben. Die Summe der Standzeiten aller vier Züge in eine Richtung betrug hierbei 21 Minuten. Um drei Fernverkehrszüge einzubinden, müßte man diese Standzeiten um 2x3 Minuten vor dem Knoten und 2x3 Minuten nach dem Knoten erhöhen. Die Summe der Standzeiten würde sich um 24 Minuten erhöhen und sich damit auf 45 Minuten mehr als verdoppeln. Die früheste Ankunftszeit läge entgegen der Darstellung Heimerls et al. bei 10 Minuten vor der Knotenzeit, die späteste Abfahrt 11 Minuten nach der Knotenzeit, so daß sich selbst bei einem unterstellten Halbstundentakt keine Überschneidung von Zügen aus verschiedenen Knoten ergäbe.
Hinzu käme nun die Standzeit der Fernverkehrslinien: 2 Minuten für den ICE, jeweils 8 Minuten für die beiden IC, also weitere 18 Minuten. Summe der Standzeiten: 63 Minuten. Diese sind nun durch 7 Züge zu dividieren. Ergebnis: Die mittlere Standzeit der Züge und damit die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Durchreisenden ergibt sich zu genau 9 Minuten.
Optimierung
Ausgerechnet der ICE mit der kürzesten Aufenthaltsdauer kommt als einziger Zug alleine in den Knotenbahnhof. Würde man diese Lücke schließen (z.B. indem einer der beiden IC zusammen mit dem ICE einfahren würde), könnte man auch andere Einfahrten um jeweils 3 Minuten vorverlegen. Auf diese Weise ließen sich 18 Minuten aus der Wartezeitensumme eliminieren. Damit verbleiben 45 Minuten, die zur Durchschnittsbildung durch 7 Züge zu dividieren sind. Ergebnis: 6,43 Minuten.
Es zeigt sich, daß in diesem optimierten ITF-Knoten die durchschnittlichen Standzeiten der Züge selbst mit Hinzunahme von Fernverkehrsprodukten noch um 41,5% kürzer sind als beim von Heimerl et al. konstruierten Grundknoten mit vier Nahverkehrszügen und ohne Fernverkehrsprodukte.
Würde man nun den ITF aufgeben und statt dessen ein Taktzugkonzept ohne Abwarten gegenseitiger Anschlüsse bieten, so würe die Rechnung wie folgt:
- 3 Minuten Haltezeit der Züge im Durchschnitt
- Es gibt 10 verschiedene Destinationen (8 Nahverkehr, 4 IC, 2 ICE, gleiche Destinationen mit verschiedenen Produkten zählen als unterschiedliche Destination)
- Es gibt 10*9=90 sinnvolle Fahrtkombinationen
- Es gibt 9*8/2=36 Zugpaare mit verpaßten Anschlüssen
- In einem Stundentakt ergibt sich ein Beitrag von Wartezeiten aufgrund verpaßter Anschlüsse zu 36*60=2160 Minuten
- Die 2160 Minuten sind für denSchnitt durch 90 Möglichkeiten zu dividieren: 2160/90 = 24
- Die durchschnittliche Standzeit der Züge von 3 Minuten ist zu addieren: 24+3 = 27
Ergebnis: Bei einem unterstellten Taktzugkonzept mit durchgehenden Linien, kurzen Aufenthaltszeiten (3 Minuten) und ohne Abwarten gegenseitiger Anschlüsse müßten Durchreisende im Durchschnitt 27 Minuten im Knotenbahnhof verbringen, während bei einem optimierten ITF lediglich 6,5 Minuten (aufgerundet) anfallen.
Szenario 6: Erhöhte Bedienfrequenzen
Wie bereits festgestellt, entfaltet ein ITF-Knoten seine günstige Wirkung zunehmend mit der Anzahl der beteiligten Züge und der Abnahme der Bedienhäufigkeit. Es wurde zuvor kritisiert, daß Heimerl et al. bei der Anwendung des ITF auf große Knoten einfach kommentarlos von einem unterstellten Stundentakt auf einen Halbstundentakt wechseln, ohne die Unterschiede darzustellen. Genau dies soll im Rahmen dieses Szenarios angedeutet werden.
Die Struktur eines ITF-Knotens ist wesentlich durch die Ein- und Ausfahrten aus dem Knoten geprägt, die durchschnittlichen Standzeiten Der Züge entsprechen dabei stets der durchschnittlichen Aufenthaltszeit Durchreisender im Knoten. Insofern spielt es für einen ITF keine Rolle, wie häufig die Bedienung der einzelnen Destinationen erfolgt. Vielmehr ist für die korrekte Disposition eines optimierten ITF-Knotens immer dieselbe Zeit erforderlich. Bei zu kurzen Intervallen kommt es daher vor, daß Züge in einen ITF-Knoten bereits einfahren müßten, bevor alle Züge aus dem vorangegangenen Knoten bereits ausgefahren sind. Ab diesem Moment wäre eine Grenze erreicht ab der die Infrastruktur einen störungsfreien Betriebsablauf nicht mehr zuläßt und der ITF an eine Grenze stößt.
Eine andere Grenze wäre erreicht, wenn aufgrund häufiger Bedienung der Destinationen die durchschnittliche Verweilzeit Durchreisender aufgrund der längeren Standzeiten der Züge größer würde als bei einem Taktzugkonzept ohne Abwarten gegenseitiger Anschlüsse. Auch dann wäre es sinnvoller, ein ITF-Konzept aufzugeben und statt dessen ein Taktzugkonzept zu konstruieren. Dies wird nun anhand des zuletzt betrachteten Beispieles (Großknoten mit 4 Nahverkehrslinien und 3 Fernverkehrslinien) demonstriert.
Halbstundentakt
Die Rechnung läuft analog zu Szenario 5. Wegen der gegenüber dem Stundentakt halbierten Bedienfraquenz halbiert sich auch der Beitrag zur Gesamtwartezeiten, der aus verpaßten Anschlüssen resultiert:
- 3 Minuten Haltezeit der Züge im Durchschnitt
- Es gibt 10 verschiedene Destinationen (8 Nahverkehr, 4 IC, 2 ICE, gleiche Destinationen mit verschiedenen Produkten zählen als unterschiedliche Destination)
- Es gibt 10*9=90 sinnvolle Fahrtkombinationen
- Es gibt 9*8/2=36 Zugpaare mit verpaßten Anschlüssen
- In einem Stundentakt ergibt sich ein Beitrag von Wartezeiten aufgrund verpaßter Anschlüsse zu 36*30=1080 Minuten
- Die 1080 Minuten sind für denSchnitt durch 90 Möglichkeiten zu dividieren: 1080/90 = 12
- Die durchschnittliche Standzeit der Züge von 3 Minuten ist zu addieren: 12+3 = 15
Ergebnis: Trotz des unterstellten Halbstundentaktes ist die durchschnittliche Verweilzeit von Durchreisenden noch immer um mehr als die Hälfte kürzer, wenn statt des einfachen Taktzugkonzeptes ein ITF-Knoten unterstellt wird und fahrbar ist.
Viertelstundentakt
Analog zur vorigen Rechnung ist zu sehen, daß sich der Beitrag zur durchschnittlichen Verweilzeit der Durchreisenden von 12 auf 6 Minuten nochmals halbieren würde. Durch Addition der 3 Minuten Zugstandzeit erreicht man insgesamt 9 Minuten.
Allerdings wäre der ITF-Knoten bei der diesem Beispiel unterstellten Infrastruktur nicht mehr fahrbar. Wir sind also durch Erhöhung der Bedienhäufigkeit in einen Bereich gekommen, in dem die durchschnittliche Verweilzeit Durchreisender in etwa gleich lang wird, egal ob ein ITF-Knoten oder ein reines Taktzugkonzept vorliegt. Der ITF-Knoten böte zwar im Hinblick auf die durchschnittliche Verweilzeit der Durchreisenden immer noch Vorteile, stößt aber an die Grenzen der Fahrbarkeit und damit an die Grenzen der Infrastruktur.
Fazit
Selbst wenn ein Halbstundentakt unterstellt wird, ist ein optimiertes ITF-Konzept entgegen der Aussagen von Heimerl et al. auf Seite 21 oben selbst unter Hinzunahme von Fernverkehrsprodukten möglich und sogar geeignet, die durchschnittliche Verweilzeit Durchreisender erheblich zu reduzieren. Erst bei Verdichtung des Taktes auf unter 30 Minuten stößt der ITF an infrastrukturelle Grenzen. Die abschlägige Schlußfolgerung von Heimerl et al. auf den Seiten 20/21 sind im wesentlichen auf deren nachteilige Grundkonstruktion eines ITF zurückzuführen und ließen sich durch einfache betriebliche Maßnahmen leicht wegoptimieren.
Die Schlußfolgerung, es ergäben sich Standzeiten einzelner Züge von 32 Minuten, und dies sei nicht merktgerecht, resultiert also im wesentlichen aus einem von Heimerl et al. selbst denkbar schlecht gewählten ITF-Knotenkonzept, das sich in den vergangenen Beispielen auf recht einfache Weise optimieren ließ. Die hier gezogene Schlußfolgerung erweist sich für den besser optimierten ITF-Knoten als falsch.
Künstliches Aufblähen der Infrastruktur
Dieses Verfahren wird von Heimerl et al. auf Seite 22 (2. Absatz) angewandt. Als erstes wird dargestellt, für einen ITF mit vier Linien würden 8 Bahnsteigkanten benötigt, wenn diese Linien durch den Bahnhof durchgebunden sind. Dies ist uneingeschränkt richtig, sofern keine Doppelbelegungen zum Einsatz kommen.
Falsch hingegen ist die Behauptung, durch im Bahnhof gebrochene Linien entstünde ein Mehrbedarf an Bahnsteigkanten. Hier wird von Heimerl et al. einfach davon ausgegangen, daß Züge eienr endenden Linie zunächst in einen Abstellbahnhof zu fahren hätten. Die Züge für die Rückfahrt müßten zunächst aus dem Abstellbahnhof kommen und an einer zweiten Bahnsteigkante bereitgestellt werden.
Dieses Vorgehen verkennt/ignoriert die einfache und plausible Möglichkeit einer Bahnsteigwende. Das heißt, ein aus einer Richtung angekommener Zug wechselt einfach am Bahnsteig die Fahrtrichtung und fährt wieder an seinen Ausgangspunkt zurück. Dieses Vorgehen entspricht dem gegenwärtigen Stand der Betriebsführung unt ist überdies in bezug auf die Betriebskosten, den Betriebsaufwand und den Bedarf an Rollmaterial erheblich günstiger als das von Heimerl et al. unterstellte Vorgehen. Zur Entstehungszeit des Gutachtens waren Wendezüge im Nahverkehr bereits üblich.
Als Quelle für diese in der Praxis unübliche Forderung wird hier der unflexible Gleisplan des Beispiel-Knotens vermutet, der von vornherein so gewählt erscheint, daß er ausschließlich für ein Betriebskonzept mit durchgebundenen Linien optimal ist. Andere Betriebskonzepte sind durch einen stark eingeschränkten Gleisplan ebenfalls eingeschränkt bzw. gar unmöglich. Vorliegend handelt es sich also um einen Spezialfall, daß Bahnsteigwenden aufgrund fehlender Überleitmöglichkeiten in den Weichenbereichen des Bahnhofs nicht vorgesehen werden können. Hierauf wird allerdings im Text nicht hingewiesen, vielmehr erfolgt die Darstellung auf eine Art und Weise, die eine Verallgemeinerung der Behauptung nahelegt, bei beginnenden/endenden Zügen müsse stets zuerst in den Abstellbahnhof gefahren werden.
Bei der Untersuchung der Sinnhaftigkeit eines ITF für Stuttgart wird dann diese scheinbare Verallgemeinerung stillschweigend und ohne weiteren Beleg auf einen anderen Knoten (den bestehenden Kopfbahnhof in Stuttgart) übertragen, ohne zu beachten, daß dieser Knoten ganz andere Eigenschaften besitzt und aufgrund des Gleisplanes sehr wohl Zugwenden am Bahnsteig, also ohne zusätzliche Abstellfahrten, ermöglicht.
Als zweites wird einer Forderung des reinen ITF nachgegangen. Man konstruiert einen Knoten, in dem alle 4 Züge einer Richtung gleichzeitig in den Bahnhof einfahren können (Abb. 2-14 bis 2-16). Es ist evident, daß dies zu einer Extremforderung an die Infrastruktur führen muß, weswegen in der Praxis auf solche über-idealisierten Knoten verzichtet wird. Die Auswertung der mittleren Durchreisezeiten von Fahrgästen mit einem etwas weniger optimierten ITF im Vergleich zu einem Taktzugkonzept ohne das Abwarten gegenseitiger Anschlüsse sprechen hier eine deutliche Sprache: Auch ohne die von Heimerl et al. mit zahlreichen Kunstbauwerken künstliche aufgeblähte Infrastruktur kann ein ITF-Konzept in dem von Heimerl et al. dargestellten Beispiel-Knoten angeboten werden, das einem reinen Taktzugkeonzept ohne Abwarten gegenseitiger Anschlüsse deutlich überlegen ist.
Faktisch bauen die Gutachter ein Phantasie-Szenario eines vollkommenen ITF auf, um dann darzustellen, daß man für ein solches Betriebskonzept eine völlig überdimensionierte Infrastruktur bräuchte, die von den Gutachtern dann als zu aufwendig abgelehnt wird. In der Realität erzielen allerdings gut auf die vorhandene Infrastruktur abgestimmte ITF-Knoten bereits erhebliche Reisezeitersparnisse für Durchreisende gegenüber einem Taktkonzept ohne Abwarten von Anschlüssen. Dies verschweigen Heimerl et al. Ihr Vorgehen entbehrt damit der erforderlichen gutachterliche Sorgfalt oder ist an dieser Stelle zielgerichtet.
Zur Kritik am sogenannten Stolpertakt in den Bündelungsabschnitten
Auf Seite 22 kritisieren Heimerl et al. die angeblich kritisch zu beurteilende Situation in den Bündelungsabschnitten des Knotenbahnhofes wie folgt:
Außerdem ist die Situation auf den Bündelungsabschnitten von den Außenknoten zum Hauptbahnhof als kritisch zu beurteilen, da durch die Minimierung der Aufenthaltszeiten am Knotenbahnhof die jeweils zwei Linien, die diese Abschnitte bedienen, sehr kurz hintereinander folgen müssen und damit auf diesen Streckenabschnitten ein sogenannter "Steipertakt" (z.B. 06- und 24-Takt) folgt, der zwar das doppelte Angebot gegenüber den Außenästen bietet, verkehrlieh aber wenig attraktiv ist und eigentlich auch gegen das Prinzip des ITF verstößt, alle Strecken in einem möglichst gleichmäßigen Taktschema zu bedienen.
Mit dieser Kritik ist gemeint, daß Züge, die sich aus dem Umland dem ITF-Knoten nähern, ab dem ersten Bahnhof, an dem verschiedene Linien zusammentreffen, natürlich dieselbe Wegstrecke zum ITF-Knoten haben und ab diesem Bahnhof im Einfahrabstand zum ITF-Knoten verkehren. Dies erhöhe zwar das Zugangebot, führe aber nicht zu einer sinnvollen Verdichtung des Taktes auf den Bündelungsabschnitten.
Diese Kritik ist zwar teilweise nachvollziebar, jedoch im Kern als irreführend zu bezeichnen:
- Sinn eines ITF ist es, alle Stecken im System zu festen Taktzeiten und in festen intervallen zu bedienen. Am zentralten Umsteigeknoten gibt es dabei keine verpaßten Anschlüsse. Bei einem unterstellten Stunden- oder Halbstundentakt beträgt also das Taktintervall 60 bzw. 30 Minuten. Damit ist in dem von Heimerl et al. der Vorwurf eines "Stolpertaktes" irreführend. Tatsächlich handelt es sich um einen korrekten 60- bzw. 30-Minuten-Takt, innerhalb dem mehrere Linien verkehren.
- Eine wesentliche Rolle spielt die Frage, auf welcher Linienlänge diese Bündelungseffekte auftreten, und welcher Anteil der Linienführung überhaupt von Bündelungseffekten betroffen ist. Als große ITF-Knoten kommen in der Regel die Bahnhöfe großer Oberzentren in Betracht, die mit langen Linienästen vom Umland her erreichbar sind. Die Linienäste verfügen über zwischen 10 und 20 Halte, wovon lediglich die ersten 2 oder 3 einem von Heimerl et al. hier genannten Bündelungseffekt unterliegen.
- Innerhalb dieser 2-3 Halte der Naverkehrslinien werden bei großen Oberzentren in der Regel S-Bahnen betrieben, die für den Nahbereich um die Oberzentren einen regelmäßigen Takt (z.B. 30- oder 15-Minuten-Takt). Da Heimerl et al. in späteren Beispielen den Verkehrsknoten Stuttgart untersuchen, hier ein Beispiel aus der Region:
- Das S-Bahn-Angebot der Region Stuttgart reicht zum Norden hin bis Bietigheim-Bissingen (S5). Die Taktferquenz liegt bei 30 Minuten (Grundtakt) und 15 Minuten (ausgedehnte HVZ, wird werktags ganztägig angestrebt)
- Für den Nahverkehr ist Bietigheim-Bissingen nach der Abfahrt in Stuttgart der zweite Halt. Die verkehrenden Zuglinien fahren dabei bis Karlsruhe (16 Halte), Würzburg (9 Halte, über 2 Stunden Fahrdauer)
- Der Ballungsraum ist also bereits über ein anderes Nahverkehrssystem mit gleichbleibendem Takt entsprechend den Kritikpunkten Heimerls et al. an das Oberzentrum angebunden. Der zu untersuchende Gegenstand beinhaltet jedoch die Erschließung des weiträumigen Nahverkehrsbereiches und die Oprimierung des Angebotes, das über die Grenzen des Ballungsraumes und auch die Grenzen der Bündelungsabschnitte weit hinausgeht. Dieser Fakt wird von Heimerl et al. nicht berücksichtigt, wodurch sie gerade für solche Fälle die falschen Schwerpunkte in den Vordergrund rücken, während sie die Punkte ausblenden, die nicht in das von ihnen verfolgte Schema passen.
- Die Kritik Heimerls et al. wäre in folgenden Spezialfällen zulässig: Falls zwei Nahverkehrslinien mit z.B. 12 Halten auf einer langen Strecke von z.B. 8-10 Halten gemeinsam verkehrten, hätte der Bündelungseffekt einen wesentlichen Anteil am Linienverlauf. In einem solchen Fall wären die Vor- und Nachteile der Bündelung gegen die Vor- und Nachteile des ITF im Einzelfall abzuwägen.
Heimerl et al. thematisieren also den Zielkonflikt zwischen zwei Standpunkten:
- Gute Anbindung aller Bahnhöfe im gesamten Einzugsgebiet des ITF-Knotens in einem festen Takt und gute Anschlußbeziehungen bei einer Weiterreise durch den ITF-Knoten für alle
- Möglichst ideale Bündelungseffekte der auf den ITF zufahrenden Linien
Worin liegt nun der Nutzen der oben genannten Ziele?
- Die gute Anbindung der Außenbereiche und Herstellung guter Anschlußbeziehungen kommt allen Fahrgästen im Einzugsbereich des ITF-Knotens gleichermaßen zugute. Regionen fern vom Oberzentrum werden nicht benachteiligt
- Für ideale Bündelung mehrerer Linien müssen ggf. gute Anschlußbeziehungen im zentralen Knoten geopfert werden. Dies geht zu Lasten aller Fahrgäste, die in den Außenästen der Linie auf gerade diesen einen Zug angewiesen sind, wel kein anderer verkehrt. Re weiter dieser Zug also über den Ballungsraum hinausgeht, umso stärkere Auswirkung entfaltet dieser Nachteil.
- Im Gegenzug profitieren Fahrgäste, die im Nahbereich zum ITF-Knnoten unterwegs sind. Diese verfügen jedoch in der Regel bereits über alternative und enger getaktete Angebote, um den zentralen Knoten zu erreichen. Allerdings verdichtet man hier ein ohnehin aufgrund der Zentrumsnähe bereits dichtes Angebot.
Im Ergebnis ist also der Nutzen einer strengen regelmäßig getakten Bündelung im Nahbereich (sofern sie sich überhaupt realisieren ließe) bei weitem geringer (Nutzen für wenige Bahnhöfe) als der Schaden, der für das weitere Umland dadurch entstehen kann (schlechte Anschlüsse und hohe durchschnittliche Wartezeiten im zentralen Knoten).
Beispiel: Stolpertakt S-Bahn Stuttgart
Anhand der S-Bahn Stuttgart wird gezeigt, daß Stolpertakte in Bündelungsabschnitten niemals generell vermeidbar sind. Dies tritt nämlich zwangsweise auf, wenn sich im Verlauf einer Linie vom Außenast zum Zentrum eine ungerade Zahl von Angeboten im Zulauf bündeln. Beispielsweise verkehren die Linien S4, S5, S6 vom Hauptbahnhof in den Nordwesten an den ersten 3 Halten gemeinsam (Nordbahnhof, Feuerbach, Zuffenhausen). Dann zweigt die Linie S6 in den Westen ab, so daß an den folgenden 2 Halten Kornwestheim und Ludwigsburg nur noch die S4 und S5 verkehren. Während sich im Grundangebot von 30 Minuten die 3 Linien also zunächst zu einem reinen 10-Minutentakt bündeln, entsteht an den Halten Kornwestheim und Ludwigsburg ein Stolpertakt von 10/20, der aufgrund der gegebenen Bahnstruktur nicht zu vermeiden ist.
Dagegen verkehrt die S-Bahn Stuttgart nicht in einem ITF-Schema, vielmehr wird ein Taktzugkonzept gefahren, wobei lediglich die wichtigsten Relationen aufeinander abgestimmt werden können. Hieraus folgt, daß die Anwendung eines Taktzugkonzeptes ohne ITF keine Garantie dafür bietet, daß auf Bündelungsabschnitten keine Stolpertakte entstehen.
Ausweg Teilknoten?
Als mögliche Lösung des Zielkonfliktes zwischen idealer Bündelung der Nahverkehrslinien im Zulauf des ITF-Knotens schlagen Heimerl et al. die Aufteilung des ITF-Knotens in zwei Teilknoten mit alternierender Bedienung vor (siehe hierzu Seite 26):
Eine sinnvolle Lösung der aufgezeigten Problematik stellt eine Teilumsetzung des ITF mit Verknüpfung der verkehrlich wichtigen Relationen in sinnvollen Kombinationen dar. So können in dem gewählten Beispiel jeweils 2 der Linien 1 bis 4 gemäß ITF eine Anschlußbindung untereinander und eventuell zu 2 Fernverkehrsprodukten, die dem Linienweg der jeweils nicht betroffenen Linien folgen, herstellen. Alternierend dazu stellen die verbleibenden Linien in der zur Verfügung stehenden Zeitspanne zwischen den ersten Linienbündeln die Anschlüsse untereinander her. ...
Heimerl et al schlagen also vor, acht Nahverkehrsrichtungen und zwei Fernverkehrsprodukte (mit Hin- und Rückweg) -- insgesamt also 12 Destinationen in einem aufgeteilten ITF zu kombinieren. Dabei sollen in einem Teilknoten 4 Nah- und 4 Fernverkehre teilnehmen, an einem versetzten Knoten die verbleibenden 4 Nahverkehre. Dieses Szenario wird als "sinnvolle Lösung" bezeichnet.
Genauere Betrachtungen hierzu unterbleiben, lediglich bleibt die reine Behauptung ohne nähere Überprüfung im Raum stehen. Zur Prüfung der Behauptung seien die Auswirkungen dieses Szenarios mit denen des ITF-Vollknotens und denen eines reinen Taktzugkonzeptes ohne Abwarten der Anschlüsse mathematisch verglichen. Für die Fahrgäste ist alleine interesant, wie lange sie im Umsteigeknoten auf die Weiterreise im Durchschnitt zu warten haben.
ITF-Vollknoten
In vorangegangenen Abschnitten wurde gezeigt, daß sich für den von Heimerl et al. dargestellten Beispielknoten ITF-Knoten mit einer durchschnittlichen Standzeit der Züge von 5 Minuten realisieren lassen. Schätzen wir nun pessimistisch undgehen wir von einer durchschnittlichen Standzeit von 9 Minuten aus, so daß über das reine Umsteigen der Reisenden hinaus sogar noch zusätzliche Pufferzeiten für den Abbau von Verspätungen bleiben. Dann beträgt die durchschnittliche Verweildauer Durchreisender genau dies 9 Minuten (9 Minuten).
Taktzugkonzept
Da es 12 relevante Destinationen gibt, sind 12*11 = 132 Umstiege denkbar, entspricht 66 Zugpaaren. Da keine gegenseitige Anschlüsse abgewartet werden müssen, können Züge nach durchschnittlich 3 Minuten weiterfahren. Gemäß den Ausführungen im Gutachten von Heimerl et al. sei ein Halbstundentakt unterstellt. Stundentakt im Vergleich in Klammern.
- Es gibt von 132 möglichen Umstiegen (66 Paare) bei konsequenter Liniendurchbindung 72 verpaßte Anschlüsse (36 Paare).
- Zusätzliche Wartezeit der Reisenden (Summe der verpaßten Anschlüsse): 36*30 Minuten = 1080 Minuten (2160 Minuten)
- Nach Division durch 132 Fahrmöglichkeiten bleibt ein durchschnittlicher Beitrag von 8,2 Minuten (16,4 Minuten)
Ergebnis: Unterstellt man ein Taktzugkonzept, beträgt die durchschnittliche Verweilzeit Durchreisender im Umsteigeknoten 11,2 Minuten (19,4 Minuten)
ITF-Teilknoten nach Heimerl et al.
Da der Teilknoten kleiner dimensionierbar ist als der Vollknoten, gehen wir hier von einer auf 6 Minuten reduzierbaren mittleren Standzeit der Züge aus, so daß auch wirklich alle Züge im Bahnhof gegenseitig erreichbar sind. Dadurch ergibt sich sofort die durchshcnittliche Verweilzeit Durchreisender, die sich innerhalb der beiden Knoten bewegen. Zu berücksichtigen sind nun die Beiträge der verpaßten Anschlüsse, die auf die 132 vorhandenen Fahrmöglichkeiten zu gewichten sind:
- Es gibt in einem Teilknoten vier Fahrtmöglichkeiten, im anderen Teilknoten acht. Damit gibt es 64 verpaßte Anschlüsse (32 Zugpaare)
- Zusätzliche Wartezeit der Reisenden (aus der Summe verpaßter Anschlüsse): 32*30 Minuten = 960 Minuten (1920 Minuten)
- Nach Division durch 132 beträgt der Beitrag zum Durchschnitt: 7,3 Minuten (14,6 Minuten)
Ergebnis: Unterstellt man einen Fahrplen mit zwei asymmetrischen Teilknoten gemäß Beispiel von Heimerl et al., so betragen die durchschnittlichen Wartezeiten Durchreisender im Knotenbahnhof 13,3 Minuten (20,3 Minuten)
Ergebnis
Die Anschlußqualität des von Heimerl et al. unterstellten Teilknotens erscheint im 30-Minuten-Takt sogar noch schlechter als die des einfachen Taktknotens ohne Abwarten von Anschlüssen. Grund hierfür ist, daß dieser alternierende Knoten die Nachteile zweier Grundkonzepte (ITF und Taktzüge) in sich vereinigt, und dies bei eine Bedienfrequenz von 30 Minuten bereits negativ zu Buche schlägt. Hinzu kommt die Asymmetrie der Teilknoten, die für eine hohe Zahl an verbleibenden verpaßten Anschlüssen sorgt. Selbst bei unterstelltem Stundentakt wäre der Vorschlag von Heimerl et al. mit 20,3 Minuten durchschnittlicher Durchreisezeit gegenüber 19,4 Minuten im Taktzugkonzept noch schlechter.
Hierzu muß man nun die durchschnittlichen 9 Minuten des ITF-Vollknotens in Bezug setzen, die wie vorstehend dargestellt, sogar noch großzügig erhöht worden waren. Es zeigt sich, daß der ITF-Vollknoten für das von Heimerl et al. vorgeschlagenen selbst bei unterstelltem Halbstundentakt und bei großzügiger Bemessung der Zugstandzeiten noch immer geeignet ist, um die durchschnittlicher Verweilzeit Durchreisender im Knotenbahnhof um mehr als die Hälfte zu reduzieren.
Grundsätzlich zeigt sich weiterhin, daß trotz einer generellen Aufspreizung der durchschnittlichen Standzeiten der Züge um mehr als drei Minuten gegenüber dem praktikablen Optimum das System ITF-Vollknoten beiden anderen Grundkonzepten selbst bei einem Halbstundentakt noch derart deutliche Vorteile bietet, daß eine Diskussion über längere Haltezeiten um eine bis drei Minuten, wie sie von den Gutachtern immer wieder angestoßen wird, um den Nachweis zu untermauern, ein ITF sei in Großknoten sinnlos, vorkommen muß wie Schattenboxen.
Von einer "sinnvollen" Lösung durch den Ansatz des ITF-Teilknotens, wie ihn Heimerl et al. favorisieren, kann also vielmehr keine Rede sein. Sie stellt hingegen mathematisch sogar die schlechteste Alternative dar.
Möglichkeiten des ITF am Stuttgarter Hauptbahnhof
Ab Seite 27 gehen Heimerl et al. der Frage nach, ob und auf welche Weise ein ITF am Stuttgarter Hauptbahnhof durchführbar und sinnvoll sei. Zunächst werden die Rahmenbedingungen anhand des Gleisplanes und damit die Zulaufmöglichkeiten geklärt. In diesem Rahmen erfolgt die Darstellung, welche Gleise des Bestandsbahnhofes von welchen Einfahrten her erreichbar sind.
Immerhin wird in einem späteren Abschnitt eingeräumt, daß auch die teilweise Mitbenutzung von S-Bahn-Gleisen als praktikabel erscheint. Dies ist selbst bei einem Takt von 5 Minuten möglich, denn die Strecke der gemeinsamen Nutzung von Gleisen ist unter 3km lang, es wird im Halbregelabstand gefahren, und es gibt keine Halte auf dieser Strecke. Ein Beobachter, der sich die Mühe macht, im Bahnhof Bad Cannstatt einmal in der Hauptverkehrszeit die Zugfolge in Richtung Hauptbahnhof zu verfolgen, wird feststellen, daß nach Ausfahrt eines Regionalzuges und Löschen des Ausfahrsignals das Ausfahrsignal des Folgezuges in der Regel nach 90-100 Sekunden wieder auf Fahrt gestellt wird. Dies erscheint hinreichend, um eine Zugfolge von 2,5 Minuten aufrecht zu halten. Bei der Konstruktion eines ITF lassen sich ggf. denkbare Fahrzeitverluste des Regionalzuges dadurch quantitativ erfassen, daß man diesem Zug am Vorortbahnhof eine Pufferzeit zubilligt, die man in die Standzeit des Zuges im ITF-Knnoten mit einberechnet. Hierdurch lassen sich Fahrplanabweichungen vermeiden, während die Fahrzeitverluste ordnungsgemäß in die Berechnungen mit eingehen. Ein solches oder ähnliches Konzept wird von Heimerl et al. jedoch nicht vorgeschlagen.
In zwei unterabschnitten wird untersucht, wie das Betriebsprogramm eines ITF im Bestandsbahnhof (Kopfbahnhof) Stuttgart aussehen müßte, wenn einmal beginnende und endende Linien und ein andermal Durchmesserlinien unterstellt werden.
ITF ohne durchgebundene Linien
Das Vorgehen von Heimerl et al. in diesem Unterkapitel ist reichlich bemerkenswert. Zunächst wird ein Szenario mit acht vom Hauptbahnhof abgehende Linien konstruiert und der Übersicht wegen graphisch dargestellt. Der Leser könnte nun auf den Gedanken kommen, daß aus acht Richtungen denn auch acht Züge in den Kopfbahnhof einfahren, der ja 17 Gleise besitzt, wie man in der allgemeinen Einleitung über die Möglichkeiten eines ITF am Hauptbahnhof Stuttgart erfahren durfte. Aber weit gefehlt: Auf der Folgeseite des Gutachtens (Seite 30) erfährt man, daß während dieses Knotens aus acht Destinationen plötzlich der Bahnhof (fast) voll ist, denn es seien 16 Gleise belegt (Tabelle 3-2).
Dies mag überraschend erscheinen, doch Heimerl et al. klären umgehend auf: Da die Zuglinien nicht durchgebunden sind, müssen die angekommenen Züge in den Abstellbahnhof fahren, während beginnende Züge aus dem Abstellbahnhof zunächst bereitzustellen sind. Diese Schlußfolgerung fördert verständnisloses Erstaunen, wäre es doch am einfachsten, einen angekommenen Zug einfach nach Fahrtrichtungswechsel wieder zum Ausgangspunkt zurückfahren zu lassen, was dem System 16 Rangierfahrten, dem Betreiber einen Umlauf an Rollmaterial und eine ganze Menge Personal einsparen ließe. Mit anderen Worten: Ein Verkehrsunternehmen, das seine Betriebsabläufe nach der Vorlage von Heimerl et al. planen würde, wäre am Markt wohl kaum konkurrenzfähig.
Mit einer ad-hoc-Herleitung von Einfahrzeiten, einem graphischen Belegungsplan für den Bahnhof (Abbildung 3-3), der die völlige Belegung der Bahnsteigkanten demonstrieren soll und dem Hinweis, daß ja nun kein Einbezug von Fernverkehrsprodukten mehr möglich sei, ist für Heimerl et al. dieses mögliche Konzept erledigt. Beiläufig erfährt man noch über eine Ankunfts- und Abfahrtszeitenmatrix (Tabelle 3-3), daß die mittlere Standzeit der Züge in dem von den Gutachtern konstruierten reinen Nahverkehrsknoten bei 12,5 Minuten gelegen hätte.
Bei der Betrachtung eines ITF für einen von Heimerl et al. als Beispiel angeführten Durchgangsbahnhof wurde die Notwendigkeit von Abstellfahrten bei endenden Linien von den Gutachtern ohne weitere Begründung unterstellt. An dortiger Stelle ist das Vorgehen der Gutachter begründet, denn der Gleisplan des Beispielknotens sieht keinerlei Gleiswechsel vor, die Züge nach einer Bahnsteigwende nehmen könnten, um wieder auf das Regelgleis zurückzufinden. Dem dort exemplarisch gezeigten achtgleisigen Durchgangsbahnhof mangelt es in dieser Richtung eklatant an betrieblicher Flexibilität, was Betriebskonzepte mit beginnenden und endenden Linien erheblich erschwert. Dadurch entsteht geradezu ein Zwang zur Liniendurchbindung. Die Übertragung des Zwanges von Abstellfahrten auf die Infrastruktur des bestehenden Stuttgarter Knotenbahnhofes ist dagegen unzulässig und entbehrt jeder fachlichen Grundlage.
Heimerl et al. übertragen dennoch die Effekte dieser unflexiblen Beispiel-Infrastruktur ohne weitere Überlegung und ohne dies überhaupt deutlich zu machen auf den zu betrachtenden Kopfbahnhof, obwohl dieser eine hinreichende Flexibilität aufweist, um Bahnsteigwenden zu erlauben. Ein solcher grober Fehler darf einem Gutachter, wenn er nicht ausdrücklich gewünscht ist, nicht unterlaufen.
Fast beiläufig kommt zum Ausdruck, daß Abstell- und Bereitstellungsfahrten im bestehenden Stuttgarter Knotenbahnhof über fünf von den Zufahrten nahezu unabhängige Gleise möglich sind, so daß ggf. wirklich notwendige Abstellung und Bereitstellung von Zuggarnituren den übrigen Bahnverkehr nicht stört. Dies wird allerdings weder weiter beachtet noch hervorgehoben.