Stuttgart 21/Wasser

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Stuttgart 21 (Expertenrat) ► Wasser (S.a. → Deutsche Bahn)   //   [ Vollbild  |  aus  (Hilfe) ]

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Mit dem Unterwasserbahnhof Stuttgart 21 verbinden sich zugleich mehrere Risiken in Bezug auf das Wasser. Der Bahnhof wird wie ein Riegel quer zum Grundwasserstrom gebaut und die Bahn hat sich im Grundwasserandrang um einen Faktor 2 verschätzt. Die Bauarbeiten kommen den Schutzschichten zum Mineralwasser gefährlich nahe und bei Hochwasser besteht die Gefahr, dass Klettpassage und Tiefbahnhof volllaufen.

Aktuell

29.05.2016 Das Hochwasser in Schwäbisch Gmünd mit 2 Toten in der überfluteten Bahnhofsunterführung belegt die reale Hochwasser-Gefahr durch S21.
08.2014 Das bei einem Unfall austretende Wasser hat eine bräunliche Färbung, die Kritiker erstatten Anzeige, aber das EBA findet keine kritischen Werte.[1][2][3]
23.05.2014 Proben der Kritiker zeigen hohe Mengen Rost im abgepumpten Grundwasser, das Umweltamt sieht aber auf Fotos der Bahn "keine Trübung".[4][5]
05.02.2014 Die Bauarbeiten für den Nesenbachdüker kommen dem Mineralwasser gefährlich nahe, die Schutzschicht ist nur noch 1 m stark.[6]

Inhalt


Zusammenfassung

Insbesondere die Lage und der Bau des Tiefbahnhofs ist in Bezug auf das Mineralwasser, das Grundwasser und die Hochwassergefahr problematisch. Der Tiefbahnhof ist ein Unterwasser-Bahnhof, da die Bahnsteige unter dem Grundwasser-Niveau liegen. Daher wurde auch schon befürchtet, der Bahnhof könne aufschwimmen.[7][8] Stuttgart 21 wird wie ein Riegel vor dem Grundwasserstrom im Stuttgarter Tal gebaut.[9] Das erschwert den Bau erheblich, da das Grundwasser vor dem Bautrog abgepumpt und umgeleitet werden muss. Hierfür verwendet die Bahn entgegen der Planfeststellung ungeschützte Eisenrohre, die offenbar das Wasser stark mit Rost belasten.

Den Grundwasserandrang hatte die Bahn zunächst um einen Faktor 2 zu niedrig eingeschätzt und musste in einer Planänderung erhöhte Mengen für das Grundwassermanagement beantragen. An mehreren Stellen kommen die Bauarbeiten den Schutzschichten des Mineralwassers gefährlich nahe, die Gefahr besteht, dass diese Schichten verletzt und das Mineralwasser dauerhaft verunreinigt wird. Im Fall eines der regelmäßig wiederkehrenden schweren Nesenbach-Hochwasser staut sich das Wasser an dem Bahnhof. Es besteht die Gefahr, dass dann Stuttgart 21 zu einem gigantischen Gully wird, vollläuft, und für Monate unbenutzbar wird.

Die Bahn hat das Grundwasser nicht im Griff

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Nach einem Unfall strömte braunes Wasser aus den GWM-Rohren (Bild St.Z.)[3]
Wasserproben im Mai 2014 ergaben stark erhöhte Rostkonzentrationen (Bild St.Z.)[5]

Beim Grundwasserandrang verschätzt sich die Deutsche Bahn AG um den Faktor 2 und muss in einer Planänderung die doppelte Grundwassermenge für das Grundwassermanagement beantragen (7. Planänderung). [... Ausarbeiten, Belege ...]

Die "blauen Rohre" für das Grundwassermanagement wurden nicht wie in der Planfeststellung festgelegt (PFB 1.1 S. 60) grundwasserverträglich ausgeführt, sondern mit unbehandelter Eisenoberfläche, wie schon im Juni 2011 zu beobachten war.[10] Obwohl noch am 27. Mai 2011 der Bahn-Konzernbevollmächtigte für Baden-Württemberg, Herr Fricke, im Rathaus erklärt hatte, ein innerer Korrosionsschutz für die Rohre sei selbstverständlich vorgesehen.

Nach Inbetriebnahme geben diese Rohre offenbar tatsächlich viel Rost an das Wasser ab, wie Proben mit brauner Brühe und hohen Eisenkonzentrationen ausweisen. Das Amt für Umweltschutz sieht jedoch auf den Fotos der Bahn "keine Trübung" und daher "keinen Handlungsbedarf".[4][5][11] Es besteht die Gefahr der Verunreinigung des Grundwassers und die mögliche Schädigung des Ökosystems im Neckar.

Nachdem bei einem Unfall die Rohre aufgerissen wurden, floss aus einem der Rohre tatsächlich braunes Wasser ab, die Ingenieure22 erstatteten Anzeige wegen eines vermuteten Umweltdelikts.[1] Daraufhin wurden vom Eisenbahnbundesamt (EBA) doch genauere Prüfungen gefordert.[2] "Erste" Ergebnisse halten aber laut EBA die Eisen-Grenzwerte ein und die Ergebnisse für absetzbare Stoffe seien ebenfalls unauffällig.[3] Unklar ist dabei aber die Behandlung des Eisens in den absetzbaren Stoffen.

[... Darstellung ist noch zu vertiefen ...]

Das Mineralwasser ist akut gefährdet

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Ministerin Gönner im Mineralbad, sie "will" das Mineralwasser erhalten, dazu wird es beobachtet.
04.02.2014, Kontext, Die Bauarbeiten am Nesenbachdüker kommen dem Mineralwasser gefährlich nahe.

In Stuttgart befindet sich das zweitgrößte Mineralwasservorkommen Europas nach Budapest. Der damalige OB Wolfgang Schuster äußerte dazu im Vorfeld der Schlichtung zu Stuttgart 21: "Für mich wäre die konkrete Gefährdung unseres Mineralwassers ein absolutes K.O.-Kriterium für Stuttgart 21."[12]

Im Lauf der Schlichtung zu Stuttgart 21 wurde am 19.[13] und am 20.11.2010[14] die Gefährdung des Mineralwassers thematisiert. Dem begegnete die damalige Landesministerin für Umwelt und Verkehr Tanja Gönner am 25.11.2010 mit einem Bad mit der BILD und der Aussage:[15] "Nein. Das Mineralwasser ist einer der Stuttgarter Schätze, den wollen wir erhalten. Dafür treffen wir die nötigen Vorsorgemaßnahmen z.B. durch ständige Überwachung der Quellen, um sofort Veränderung feststellen zu können." Es heißt nur, man "wolle" das Mineralwasser erhalten, nicht man "werde". Es gibt keine Garantien. Es gibt nur eine Beobachtung, Vorsorge und Sicherungsmaßnahmen werden nicht beschrieben, vielmehr wurden unzählige Ausnahmegenehmigungen entgegen solcher Vorsorgeregelungen erteilt.

Das Risiken für das Mineralwasser wurden dann ausführlich in der Schlichtung vom 27.11.2010[16] thematisiert (Morlock 2010):

  1. Das hohe Risiko zeigt sich schon in den 10 Ausnahmegenehmigungen zum Thema
  2. Gefahr durch noch nicht bekannte Dolinen, die bei den Verwerfungen zu erwarten sind
  3. Die Kernzone des Mineralwasserschutzes spart das Baugebiet merkwürdigerweise aus
  4. Risiken bestehen schon durch vorhandene Wasserwegsamkeiten, zusätzlich:
  5. Einrammen von Gründungspfählen kann die Schutzschicht undicht machen
  6. Die Grundwasserabsenkung bewirkt einen unbeabsichtigten Mineralwasseraufstieg
  7. Das Notfallkonzept mit der Einleitung von Trinkwasser beeinträchtigt das Mineralwasser

Insbesondere bei den Bauarbeiten zum Nesenbach-Düker (Video rechts) kommt man dem Mineralwasser gefährlich nahe. Die schützende Grundgips-Schicht ist nur noch einen Meter stark und eine Verunreinigung des Mineralwassers sehr wahrscheinlich.[6]

Mit Stuttgart 21 steigt die Hochwassergefahr

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Stuttgart hat das höchste Risiko für Starkregen in Deutschland. Daten vereinfacht nach KOSTRA 2005 (Bildquelle: Walter Kolb, „Wasser sparen im Garten“[17], Einfärbung: WikiReal).
Der Wasserabfluss aus dem Stuttgarter Kessel wird durch den Tiefbahnhof abgeriegelt. Netzplan der Topographie des Stuttgarter Kessels. (Vorlage: Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21".[18] Invertierte Darstellung ohne Gleisvorfeld mit skizziertem Wasserabfluss und Tiefbahnhof.)

Stuttgart gilt schon ohne Stuttgart 21 als nicht sicher im Falle eines schweren Neckar-Hochwassers.[19] Besonders kritisch ist aber die Entwässerung der Stadt Stuttgart selbst bei einem Starkregen-Ereignis. Dann kann über den Nesenbach ein mehrfaches an Wasser abfließen, als der gesamte Neckar etwa im Sommer führt.[20] Stuttgart weist laut den dafür maßgeblichen KOSTRA-Daten des Deutschen Wetterdienstes unter den deutschen Städten das höchste Starkregen-Risiko auf (Abb. rechts). Alle 5 Jahre ist ein Starkregenereignis mit 235 Liter pro Sekunde und Hektar zu erwarten. Die Stuttgarter Kanalisation ist ausgelegt auf 150 l / (s ha).[21] Hinzu kommt die "hohe Reliefenergie" des Stuttgarter Kessels,[22] der wie ein Trichter das Oberflächenwasser sammelt. Verschärft wird das Hochwasserrisiko durch die hohe Flächenversiegelung der Großstadt. Stuttgart stellt damit einen einzigartigen Fall hochpotenzierten Risikos für Starkregen-Hochwasser dar. Auffälligerweise wird die Entwässerung der Stadt in der Bewertung des Hochwasserrisikos der Landesregierung praktisch nicht adressiert.[23] Auch wird der Raum Stuttgart überraschend weitläufig ausgespart in der Darstellung der Hochwasservorhersagezentrale.[24]

Der Nesenbach entwässert das Stadtzentrum von Stuttgart. Er war entsprechend der Risikolage der Stadt in der Vergangenheit immer wieder für "verheerende Hochwasser" mit "erheblichen Schäden" verantwortlich, wenn er nach Gewittern bis auf das Tausendfache anschwoll.[25] Diese Hochwasser hatten schon viele Tote, weggeschwemmte Häuser und bis zu "mannshohes" Wasser auf dem Marktplatz verursacht (Heydemann 2014).[26] Auch Teile des alten Schlosses waren in der Folge eingestürzt.[27] Es treten im Schnitt 4 schwere Hochwasser des Nesenbachs im Jahrhundert auf, zuletzt in den Jahren 1931, 1938, 1965, 1966, 1972 (Heydemann 2014 S. 6).

Trotz dieser extremen Gefährdungslage wird der Wasserabfluss an der engsten Stelle des Tales durch den Neubau des Tiefbahnhofs abgeriegelt, sowohl für das Oberflächen- als auch das Grundwasser. Beim Grundwasser schätzte die DB AG den Wasserandrang zunächst um einen Faktor 2 zu gering ein (7. Planänderung). Das Grundwasser wird zukünftig unter dem Bahnhofstrog hindurch geführt. Stuttgart 21 zerschneidet auch die großen Abwasser-Sammler der Stuttgarter Innenstadt, die deshalb umgelegt und als Düker ebenfalls unter dem Bahnhofstrog hindurch geführt werden müssen, was deren Abflussleistung verringert und die Überschwemmungsgefahr der Innenstadt vergrößert.[26] Der heutige Nesenbach-Abwasserkanal hat eine Abflussleistung von 100 m³ / s.[28] Wenn er über die Ufer tritt, kann das Wasser durch den mittleren Schlossgarten und überflutete Straßen abfließen. Für den ursprünglich geplanten Düker des Nesenbachs wurde aufgrund seiner Geometrie eine auf rund 80 m³ / s reduzierte Abflussleistung erwartet (Heydemann 2014 S. 6). Auch für den umgeplanten sogenannten verkürzten Düker wird dessen geringfügig vergrößerter Querschnitt durch die Verzweigungen auf drei Teilquerschnitte, Sturzbauwerke und unzählige Treppenstufen am Grund des Wasserkanals kompensiert. Es wurde bisher keine erhöhte Abflussleistung dieser Düker-Planung gegenüber dem bestehenden Nesenbachkanal nachgewiesen.

Stuttgart 21 verengt den Hochwasserabfluss im Stuttgarter Tal erheblich. Was der Nesenbach-Düker nicht mehr verarbeitet, kann die Klett-Passage und den Tiefbahnhof fluten. Skizze der relevanten Höhenangaben, Details siehe Text (Grafik Peter Gierhardt/C. Engelhardt nach Zeichnung von Hans Heydemann, Längenmaßstab verkürzt).

Die bisherige Geländeoberkante für einen Hochwasserüberlauf liegt an der tiefsten Stelle der Schillerstraße bei 241,2 m über N.N., der Arnulf-Klett-Platz und der Abgang zur Klettpassage liegen entsprechend der Höhe der nächstgelegenen Kanaldeckel bei 242,2 m NN[29] und der zukünftige S21-Eingang beim Bahnhofsturm liegt bei 242,8 m NN.[30] Im Falle eines schweren Hochwassers kommt es also vor dem Tiefbahnhofswall zu einer Aufstauung, die die Klettpassage und den Tiefbahnhof fluten kann, worauf zuerst Hans Heydemann 2013 hinwies.[26] Die Höhe der Aufstauung fällt entsprechend den neuesten Plänen der 14. Planänderung aufgrund von Geländeaufschüttungen geringer aus als zunächst ermittelt, so dass auch praktisch keine Rückhaltekapazität für das Hochwasser vorhanden ist und der Pegel des Oberflächenwassers entsprechend schneller steigt.

15.08.1972, Stuttgart Frauenstr., kein Durchkommen für Rettungskräfte (Foto: Erhard Flakowski, St.Z.).[31]
15.08.1972, Stuttgart, vollgelaufene Unterführung (Foto: St.Z.).[31]
Extremes Hagelunwetter in Stuttgart am 15.08.1972 (Video youtube)

Die zu erwartende Höhe des Tiefpunkts des S21-Bahnhofswalls wurde zuletzt von der DB AG mit 241,35 m NN in den Plänen des Bahnhofsrückens in der 14. Planänderung angegeben[32]. Hier wird jedoch auch für den Zwischeneinstieg zum Nesenbach-Düker am Südrand des Bahnhofstrogs im Bereich des Geländetiefpunkts eine Geländeoberkante von 242 m NN angegeben. Es besteht also Unklarheit über den tatsächlichen Geländetiefpunkt. In jedem Fall verengt der Wall des Bahnhofsdachs die frühere Überlaufbreite von zuvor rund 230 m auf diesem Niveau auf nur noch rund 30 Meter, bei einer von 1 Meter auf nur noch 85 cm oder gar 20 cm verringerten Tiefe. Je nach Höhe des Geländetiefpunkts ist somit der Überlaufquerschnitt bis auf Höhe des Abgangs zur Klettpassage auf 3 % bis 11 %, also auf 1/30 bis 1/9 des bisherigen Querschnitts reduziert. Bei einem Hochwasserereignis, das die Abflussleistung der Düker übersteigt, besteht somit eine erhebliche Gefahr für die Flutung der Klettpassage, speziell, wenn sich der Überlauf am Bahnhofswall durch Treibgut verlegt. Über Klett-Passage, Stadtbahn- Haltestelle und S-Bahnhof kann dann auch der Tiefbahnhof geflutet werden. Wahrscheinlich läuft aber schon eine guter Teil des von der Königstraße mit Schwung anströmenden Wassers direkt in den Haupteingang am Turm, sofern er nicht auch über den hinteren Eingang in die Klettpassage strömt.

05.06.2000, bei einem Hagelschauer wird die Klett-Passage "geflutet" (St.Z. 06.06.2000).[21]
05.06.2011, bei einem Gewitterschauer wird die Schillerstraße überspült (Foto: Fotoagentur Stuttgart, St.N. 06.06.2011).[33]

Der Tiefbahnhof bildet die Barriere, die vermieden werden sollte. Mit Stuttgart 21 wird genau das realisiert, was laut Darstellung des Vorhabenträgers im Erläuterungsbericht vermieden werden sollte (PFA 1.1 Erl. III S. 86):

"Der mittlere Schlossgarten ist aus gestalterischen Gründen vom neuen Hauptbahnhof zu unterqueren. Eine oberirdische Bahnstation in diesem sensiblen innerstädtischen Grüngürtel wäre nicht durchsetzbar. Im Bereich des mittleren Schlossgartens liegt das Taltiefste des Stuttgarter Nesenbachtales. Zur Gewährleistung des Hochwasserabflusses bei einem 100-jährlichen Regenereignis darf hier, auch durch einen neue Eisenbahnstation, keine künstliche Barriere errichtet werden, da hier ein erhebliches Risiko besteht, dass ein großer Teil der Stuttgarter Innenstadt mit ihren zahlreichen Infrastruktureinrichtungen (unterirdische SBahn, unterirdische Stadtbahn, unterirdische Straßen, unterirdische Arnulf-Klett-Passage, Schulen, Museen, Theater, Landtag, Tiefgaragen u. v. a.) überflutet werden wird."

Das EBA nahm den Bau der Barriere dennoch hin. Von den Ausführungen im Erläuterungsbericht ungerührt nahm das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) im Planfeststellungsbeschluss zu Stuttgart 21 dann sehr wohl an, dass ein Aufstau am Bahnhofswall eintritt und bestätigte ausdrücklich das Risiko für eine Flutung von Klettpassage und Tiefbahnhof (PFB 1.1 S. 350):

"Sollte bei stärkeren Niederschlagsereignissen das Abwasserkanalsystem überlastet sein, erfolgt ein Einstau vor dem Trogbauwerk und der Ablauf in den Mittleren Schlossgarten über die Engstelle zwischen dem südlichen Bahnhofshallendachende und dem Zugang Staatsgalerie. Das Wasser folgt der Topographie und fließt am Planetarium vorbei durch den Schlossgarten in den Neckar. Eine Flutung des Bahnhofs muss in einem solchen Katastrophenfall durch mobile Hochwasserschutzmaßnahmen verhindert werden."

Die vom EBA geforderten mobilen Verbauungen können nicht rechtzeitig aufgebaut werden. Diese Schutzmaßnahmen sind bei dem zu erwartenden Starkregen-Ereignis nicht realisierbar. Lediglich bei einem Neckar-Hochwasser wäre die Vorwarnzeit ausreichend für derartige Maßnahmen. Der Aufbau von mobilen Verbauungen benötigt in der Regel Tage, mindestens jedoch mehrere Stunden.[34] Vor Sturzfluten verbleibt bestenfalls 1 Stunde Vorwarnzeit, vor Starkregen gegebenenfalls nur Minuten.[35] Das EBA hat somit eine untaugliche Empfehlung abgegeben, die geforderte Sicherheit kann tatsächlich nicht gewährleistet werden.

Eine der überfluteten Bahnhofsunterführungen in Schwäbisch Gmünd, 29.05.2016: Keine Chance für "mobile Verbauungen", 2 Tote (Foto swr.de, Bild 14).

Stuttgart 21 wird zum "größten Gully" Europas, wenn nicht der Welt. Die unterirdischen Verkehrsanlagen wären nach einem extremen Starkregen für Monate nicht mehr benutzbar, so wie die Prager U-Bahn im Jahr 2002,[36] abgesehen von der Gefahr für die Reisenden bei einem solchen Ereignis. Vor diesem Hintergrund ist es bedenklich, dass die DB AG den Archäologen keine Möglichkeit gab, historische Überschwemmungen auf dem Gelände der Bauarbeiten zu untersuchen.[37]

Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Hochwasser ist hoch, das zeigen die vielen bisherigen verheerenden Nesenbach-Hochwasserereignisse. Aufgrund der Klimaerwärmung ist mit einer Zunahme von Extremwetterereignissen zu rechnen. Einzelne Gewitterschauer überspülten auch zuletzt die Schillerstraße,[33] was zeigt, dass das Abwassersystem in einem solchen Fall versagt. Auch die Klett-Passage wurde schon "geflutet"[21]. Das bestätigt, dass bei Starkregenereignissen in Stuttgart eine ausreichende Vorwarnzeit für Abwehrmaßnahmen nicht gegeben ist. Schon die heutige Anlage der Klett-Passage erscheint als riskant und fragwürdig.

Der jüngste Starkregen in der Region vom 29.05.2016 erbrachte bis zu 87 Liter[38] bzw. 120 Liter Regen pro Quadratmeter[39] und kostete 2 Männern in einer gefluteten Bahnhofsunterführung in Schwäbisch Gmünd das Leben,[40] wo es 60 Liter pro Quadratmenter geregnet hatte. Das verheerende Stark-Gewitter in Stuttgart vom 15.08.1972 verursachte bei 50 Litern Niederschlag pro Quadratmeter 6 Tote.[41] Damals gab es noch keine Klett-Passage.

Stuttgart 21 verengt den Hochwasser-Überlauf im Gelände auf 1/9 bis 1/30 des heutigen Werts. Bei Starkregen-Ereignissen ist keine Zeit mehr für das Errichten von mobilen Verbauungen. Das Volllaufen der unterirdischen Anlagen am Stuttgarter Hauptbahnhof ist bei Realisierung von Stuttgart 21 damit lediglich eine Frage der Zeit.

Dokumente

Referenzen der zuvor in Klammern zitierten Dokumente, chronologisch absteigend sortiert.

Heydemann 2014   Dipl. Ing. Hans Heydemann, "Bahnvorhaben Stuttgart 21, Dükerung Abwasser-Hauptsammler für den Tiefbahnhofstrog S-21, Fachgutachtliche Bewertung", 15.02.2014 (pdf wikireal.org)
Laternser 2013   Ralf Laternser, Vortrag "Verbohrt, verrohrt, verantwortungslos", 18.04.2013 (pdf geologie21.de)
Lächler 2010   Prof. Dr.-Ing. Walter Lächler, Smoltczyk & Partner GmbH, "Heilquellenschutzzonen in Stuttgart", 27.11.2010 (pdf schlichtung-s21.de)
Morlock 2010   Roland Morlock, Ralf Laternser, "Heilwasser 21", 27.11.2010 (pdf schlichtung-s21.de)
PFB 1.1   Planfeststellungsbeschluss, "Projekt Stuttgart 21" Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof) (Az.: 59160 Pap-PS 21-PFA 1.1 Talquerung), 28.01.2005 (bahnprojekt-stuttgart-ulm.de)
PFA 1.1 Erl. III   DBProjekt GmbH, "PFA 1.1 Erläuterungsbericht Teil III", 09.02.2004 (pdf bahnprojekt-stuttgart-ulm.de)

Links

geologie21.de            Geologische Informationen zu Stuttgart 21, insbesondere auch zum Mineralwasser
hundert-wasser.org Mineralwasser beim Stuttgarter Wasserforum

Einzelnachweise

  1. a b 19.08.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Stuttgart-21-Kritiker erstatten Anzeige"
  2. a b 22.08.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Bahn muss Wasser genauer prüfen"
  3. a b c 27.08.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Untersuchung des Grundwassers unauffällig"
  4. a b 20.05.2014, ingenieure22.de, "Rostwasser sickert in das Heilquellenschutzgebiet"
  5. a b c 23.05.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Streit über Rost in S-21-Wasserrohren"
  6. a b 05.02.2014, kontextwochenzeitung.de, Mineralwasser, "Hohes Risiko"
  7. 19.08.2010, stuttgarter-zeitung.de, "Mitschöpfer des Bahnhofs zweifelt"
  8. 09.2010, bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, "Hier sind doch keine Stümper am Werk – Tragwerksplaner Werner Sobek zu Vorwürfen über mögliche Risiken von Stuttgart 21"
  9. 23.11.2010, sueddeutsche.de, "Schwankende Neubauten"
  10. 26.06.2011, bei-abriss-aufstand.de, "Presseerklärung Ingenieure22: Erneuter Verstoß gegen Planfeststellungsbeschluss"
  11. 04.06.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Streit um Rostwasser geht weiter"
  12. 09.10.2010, fr-online.de, "Nicht um jeden Preis"
  13. 19.11.2010, 5. Tag der Faktenschlichtung, "Ökologie und Stadtplanung", (Protokoll stuttgart21.wikiwam.de)
  14. 20.11.2010, 6. Tag der Faktenschlichtung, "Geologie und Sicherheit", (Protokoll stuttgart21.wikiwam.de)
  15. 25.11.2010, bild.de, "Ministerin Gönner badet mit BILD"
  16. 27.11.2010, 8. Tag der Faktenschlichtung, "Leistung und offene Fragen", (Protokoll stuttgart21.wikiwam.de)
  17. Walter Kolb, „Wasser sparen im Garten – Regenwasser optimal nutzen – Kosten senken“, 2010, S. 69
  18. Christoph Ingenhoven, Vortrag, "Architektur Tiefbahnhof S21" (pdf schlichtung-s21.de), Folie 8. 5. Tag der Faktenschlichtung 19.11.2010, 15:40 Uhr.
  19. 03.06.2013, stuttgarter-zeitung.de, "Stuttgart ist bei einer extremen Flut nicht sicher"
  20. Peter Hörter, "Anforderungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung an die automatisierte Abfluss- und Stauzielregelung (ASR)", BAWMitteilungen Nr. 96 2012, S. 15-22 (pdf vzb.baw.de), S. 16
  21. a b c 07.06.2000, Stuttgarter Zeitung (print), "Kein absoluter Schutz gegen Hochwasser in der Röhre"
  22. geographie.uni-stuttgart.de Kanalisierung
  23. Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, "Bewertung des Hochwasserrisikos und Bestimmung der Gebiete mit signifikantem Hochwasserrisiko in Baden-Württemberg Vorläufige Risikobewertung gemäß Artikel 4 und 5 der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie" (pdf baden-wuerttemberg.de)
  24. www.hvz.lubw.baden-wuerttemberg.de
  25. de.wikipedia.org Nesenbach, abgerufen am 20.04.2014
  26. a b c 17.06.2013, bei-abriss-aufstand.de, Rede Hans Heydemann auf der Montagsdemo, "S-21 und das Hochwasser"
  27. 02.09.2012, stuttgarter-nachrichten.de, "Versunken im Nesenbach"
  28. Ausstellung am Neckartor
  29. Landeshauptstadt Stuttgart, Tiefbauamt, "Bestandsplan mit Kanal, Stuttgart-Mitte, Klett-Passage, Arnulf-Klett-Platz", 12.05.2015
  30. 6. Planänderung, Anlage 7.1.5.34, Blatt 3 von 6, Stand 16.05.2011
  31. a b vonzeitzuzeit.de, "Hagelunwetter in Stuttgart am 15. August 1972"
  32. PFA 1.1, 14. Planänderung, Anlage 7.1.4.2 vom 19.06.2015
  33. a b 06.06.2011, stuttgarter-nachrichten.de, "Starkregen und Hagel über Stuttgart"
  34. 04.06.2013, diepresse.com, "Mobiler Schutz: Wie dünne Aluplanken mächtige Flüsse zähmen"
  35. 02.06.2016, spiegel.de, "Katastrophenschäden: Die Unwetterwarnung in Deutschland funktioniert nicht richtig"
  36. de.wikipedia.org Metro Prag
  37. 25.02.2014, stuttgarter-zeitung.de, "Schwierige Spurensuche im Untergrund"
  38. 30.05.2016, welt.de, "Örtlich schlimmstes Hochwasser seit zwei Jahrzehnten"
  39. 30.05.2016, stuttgarter-nachrichten.de, "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen"
  40. 30.05.2016, badische-zeitung.de, "Tief «Elvira» bringt Tod und Verwüstung"
  41. 15.08.2006, SWR BW, Bericht über den heftigen Hagelsturm vom 15. August 1972 (Video youtube).
    S.a.: 30.07.2013, stuttgarter-zeitung.de, "Das Unglück kam aus dem Nichts".
    Martin Hohnecker, "Furchtbares Unwetter über Stuttgart" (vonzeitzuzeit.de).