Stuttgart 21/Stresstest
Der Stresstest zu Stuttgart 21
erscheint aus mehreren Gründen gescheitert ():
Stresstest-Prämissen
Auditierung durch die SMA
Unzureichende Aufgabenstellung
Nach Aufgabenstellung Testat nur über Simulation,
nicht über zukünftige Leistungsfähigkeit möglich
Keine Plausibilisierung aller Eingangsgrößen
Testat erteilt trotz fehlender Grundlage
Testat erteilt trotz erkannter großer Mängel:
Testat erteilt ohne nachvollziehbare Dokumentation
Testat erteilt ohne vollständige Simulation
Testat erteilt trotz vieler Richtlinienverstöße
Testat erteilt ohne Abschluss der Analyse
Handwerkliche Mängel zugunsten der Bahn
Schönreden gravierender Mängel
Viele Mängel übersehen / nicht angesprochen
Entscheidende Aussagen ohne Quellenangaben
Verfahren
Vorbereitung
Nicht-Beteiligung der Kritiker an den Prämissen
Basis sowie 30% Leistungssteigerung unzureichend
Interpretation
Auditor testierte keinen "Stresstest"
Auditor testierte kein "Premium"
Hilfsargumentationen für "Premium" tragen nicht
Plausibilisierung
Stresstest-Leistung nach wie vor unplausibel
Finaler Simulationslauf
Keine vollst. Simulation (alle Parameter realistisch)
Glaubwürdigkeit
Informationsvorenthaltungen zu Prämissen
Unaufrichtigkeiten in der Stresstest-Darstellung
Medienmanipulation für "Bestanden"-Prädikat
Schauspiel um Geißlers Kompromissvorschlag
Der Stresstest zum Projekt Stuttgart 21 wird im folgenden untersucht. Schon im Verfahren der Erstellung des Stresstests bestehen gravierende Mängel wie die unpräzise Aufgabenstellung, die die Beteiligung der Projekt-Kritiker an der Ausformulierung der Vorgaben erforderlich gemacht hatte, welche jedoch trotz Zusage unterblieb. Tatsächlich wurde eine große Zahl der Prämissen also der Eingangsgrößen weit außerhalb realistischer Parameterbereiche gewählt und zahlreiche Grundannahmen entgegen den Vorgaben des Landes und entgegen den bahn-eigenen Richtlinien getroffen. Die Auditierung des Stresstests durch die Schweizer Beratungsfirma SMA weist selbst auf derart zahlreiche gravierende Mängel hin, dass wenig nachvollziehbar ist, dass dennoch ein Testat erteilt wurde. Darüberhinaus übersieht das Audit viele weitere Mängel und ist selbst von zahlreichen handwerklichen Fehlern betroffen. Die von der Befürworterseite vorgenommene Interpretation als Beweis der Leistungsfähigkeit, insbesondere auch in der öffentlichen Stresstest-Präsentation am 29.07.2011, beruht auf zahlreichen Falsch-Annahmen. Ein zweifelhaftes Licht auf die Seriosität des Projektes werfen die Manipulationen der Öffentlichkeit im Zuge der frühen Medienverbreitung des "Bestanden"-Prädikats und die Täuschungen im Zusammenhang mit dem Kompromissvorschlag des Schlichters Heiner Geißler und der SMA. Die zahlreichen Fehler und Versäumnisse könnten allein durch eine vollständig neue Durchführung des Stresstests unter Berücksichtigung sämtlicher Korrekturen geheilt werden, die vorgesehene einzelne Nachsimulation ist methodisch dazu nicht in der Lage und entspräche abermals nicht den Richtlinien der Bahn. Im Fazit muss der Stresstest für Stuttgart 21 nach gründlicher Prüfung als mehrfach gescheitert bzw. aus mehreren Gründen als nicht bestanden angesehen werden. Die Tatsache, dass im Stresstest nur mit einer großen Zahl unrealistischer Annahmen sehr knapp die Abfertigung der geforderten 49 Züge simuliert werden konnte, macht einmal mehr deutlich, dass eine Plausibilisierung des enormen Leistungssprunges bei S21 gegenüber bisherigen deutschen Großbahnhöfen und anderen Bahnhofsneubauten nicht möglich erscheint.
Unterartikel zum Thema
Beteiligung
Nachweis durch Audit
Richtlinienverstöße
Prämissen
Infrastruktur-Verspätungsaufbau
Haltezeitverkürzung
SMA-Fehler
Übersichtsseiten zum Thema
Unsauberkeiten
Gescheitert
Inhaltsverzeichnis
- 1 Übersicht anhand des Schlichterspruchs
- 2 Erstellung des Stresstests
- 3 Prämissen
- 3.1 Kein Stress im Test
- 3.2 Test des Fahrplans oder der Infrastruktur?
- 3.3 Anerkannte Standards?
- 3.4 Verstöße gegen Bahn-Richtlinien
- 3.5 Nicht geplante Infrastrukturelemente
- 3.6 Nicht genehmigte Nutzung
- 3.7 Mindesthaltezeiten
- 3.8 Verspätungsabbau durch Haltezeitverkürzung
- 3.9 Zugabstände
- 3.10 Haltezeitverlängerungen
- 3.11 Keine Unterwegsverspätungen
- 4 Kritik der SMA am Stresstest
- 5 Kritik an der Arbeit der SMA
- 5.1 Beschränkungen der Aufgabenstellung
- 5.2 Testat obwohl Voraussetzungen nicht erfüllt
- 5.3 Auslassungen und übersehene Punkte
- 5.4 Schein-Argumentationen zugunsten der Bahn
- 5.5 Mangelnde bzw. freihändige Begründungen
- 5.6 Handwerkliche Fehler
- 5.7 Unklare oder wertlose Aussagen
- 5.8 Unpräzise Quellenangaben
- 6 Stresstest-Interpretation
- 7 Stresstest-Nachsimulation
- 8 Fazit
- 9 Quellen
Quellverweise, die nicht als Fußnoten ausgeführt wurden, beziehen sich auf die Dokumentliste am Ende der Seite. Oftmals werden zusätzlich zu den Kapiteln und Seitenzahlen auch Blattnummern angegeben, diese beziehen sich auf das Blatt der entsprechenden PDF-Datei.
Übersicht anhand des Schlichterspruchs
Dr. Heiner Geißler formulierte am 30.11.2010 die Forderung nach einem Stresstest zum Projekt Stuttgart 21 mit den folgenden Worten:
- "Die Deutsche Bahn AG verpflichtet sich, einen Stresstest für den geplanten Bahnknoten Stuttgart 21 anhand einer Simulation durchzuführen. Sie muss dabei den Nachweis führen, dass ein Fahrplan mit 30 Prozent Leistungszuwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität möglich ist. Dabei müssen anerkannte Standards des Bahnverkehrs für Zugfolgen, Haltezeiten und Fahrzeiten zur Anwendung kommen."
Inwieweit diese Forderung des Schlichterspruchs mit dem von der Bahn vorgestellten Stresstest erfüllt wurde, soll zunächst anhand der Stichworte dieser Formulierung kritisch beleuchtet werden.
Stresstest
→ siehe auch Abschnitt [#Kein Stress im Test|Keine Stress im Test]]
Obwohl im Schlichterspruch ausdrücklich ein Stresstest gefordert worden war, wurde nur 'Schönwetterbetrieb' simuliert und übliche Situationen erhöhter Belastung nicht geprüft. Selbst der Auditor SMA mochte die Simulation nicht als Stresstest bezeichnen.
Nachweis durch Audit?
→ Hauptartikel: Nachweis durch Audit
- Nachweis heißt, dass ein Beweis zu führen ist, dieser hätte aber nur durch die umfassende Prüfung eines Gutachtens erbracht werden können, das insbesondere auch auf internationale Standards zurückgegriffen hätte und die Eingangsgröße auf Realitätsnähe geprüft hätte.
- Während die Absprache mit den Kritikern nach der Faktenschlichtung im Herbst 2010 noch ein Gutachten betraf (.... Beleg ergänzen), hat die Bahn bei der SMA lediglich ein "Audit" beauftragt. Dieses prüft nur eine Verfahrenseinhaltung oder die Nachvollziehbarkeit einer erbrachten Leistung. Aber immer nur auf Basis der Informationen, die von dem untersuchten Unternehmen stammen. Eine Prüfung anhand unabhängiger Informationen außerhalb des Unternehmens ist hierbei nicht vorgesehen.
- So ist auch das Testat der SMA, dass die geforderten 49 Züge abgewickelt werden können, in dieser Generalität gar nicht vom Audit gedeckt. Allenfalls hätte ausgesagt werden können, dass die Simulation der 49 Ankünfte unter den getroffenen Annahmen nachvollzogen werden konnte.
- Abgesehen davon, dass das Audit nach seiner Aufgabenstellung gar nicht das Testat über eine zukünftige Leistungsfähigkeit in der Realität erlaubt, ist das Audit in einem so großen Umfang fehlerbehaftet, dass es als Gefälligkeitsgutachten erscheinen könnte und das Testat allein aufgrund der fachlichen Mängel keinen Bestand haben kann.
Fahrplan
30 Prozent Leistungszuwachs
→ Hauptartikel: 30 Prozent Leistungsplus
- Die Ausgangsbasis, die 37 Züge der heutigen Fahrplanleistung von K20 entsprechen nicht der Kapazität des heutigen Kopfbahnhofs, diese wäre deutlich höher anzusetzen.[1]
- Der Zielwert, das Plus von 30% ggü. heutigem Fahrplan, die 49 Züge sind bei weitem nicht zukunftssicher. Alle wichtigen Prognosen (z.B. EU-Weißbuch) sehen für die kommenden Jahrzehnte weit höhere Steigerungen des Personenverkehrs voraus.[2]
Spitzenstunde
Anerkannte Standards des Bahnverkehrs
Zugfolgen, Haltezeiten, etc.
Erstellung des Stresstests
Schlichterspruch unpräzise
Der Stresstest zum Projekt Stuttgart 21 war zum Abschluss der Faktenschlichtung am 30.11.2010 im Schlichterspruch von Dr. Heiner Geißler festgelegt worden. Die Simulation sollte nachweisen, dass der neue Stuttgarter Hauptbahnhof 30 % mehr Züge in der Spitzenstunde abfertigt, als der heutige Kopfbahnhof laut aktuellem Fahrplan. Die Formulierungen zum Stresstest im Schlichterspruch waren ungenau, dafür war abgesprochen worden, die Prämissenformulierung unter Beteiligung der Projektkritiker vorzunehmen (siehe Folgeabschnitt), um die Akzeptanz der Ergebnisse sicherzustellen.
Ohne versprochene Beteiligung der Kritiker
Die Beteiligung der Kritiker an der Formulierung der Prämissen für den Stresstest wurde von der Deutschen Bahn AG nicht umgesetzt, trotz mehrfacher Anmahnung durch die Kritiker per Brief und in der Öffentlichkeit, auch an den Schlichter gerichtet. Damit war der Stresstest eigentlich schon das erste Mal gescheitert, da so eine Akzeptanz der Ergebnisse nicht hergestellt werden kann.
Der "produktionsorientierte" Fahrplan
Die Bahn hatte offenbar zu einem frühen Zeitpunkt kein Vertrauen in die
Intervention der neuen Landesregierung
Kurzfristige Information der Öffentlichkeit
Prämissengespräche
Nachdem die Bahn ihre Ergebnisse an den Auditor, die schweizer Firma SMA, übergeben hatte, sollten die Projektkritiker im nachhinein über die Prämissen informiert werden, nachdem diese aus der Dokumentation der Stresstest-Ergebnisse größtenteils nicht hervorgingen. In drei nichtöffentlichen "Prämissengesprächen" beantwortete die Bahn teilweise die Fragen der Kritiker, angefragte Grunddaten wurden aber verweigert, der zunächst zugesagte direkte Kontakt zum Auditor wurde wieder unterbunden.
Prämissen
Kein Stress im Test
- Ein Stresstest prüft erhöhte Belastungssituationen. Die von der Bahn vorgenommene Simulation berücksichtigt aber nur eine Zufallsverteilung von Verspätungen, mit wenig anspruchsvollen Verspätungswerten (siehe unten). Darüber hinaus gehende Stör- und Notfälle in Form von Signal- und Weichenstörungen, technischen Problemen von Zügen, Personenunfällen wurden nicht berücksichtigt. Insbesondere wurde nicht die durchaus häufiger zu erwartende Blockade eines Bahnsteiggleises (oder bei Personenunfällen häufig auch zwei) in dem nur acht Gleise umfassenden Tiefbahnhof simuliert.
- Die simulierten stochastischen Verspätungen der Züge liegen im Unterschied zur Darstellung in der Stresstest-Dokumentation nicht auf einem "anspruchsvollen" (Doku. Teil 1 S. 21) Niveau.
- Der Auditor des Stresstests, die Schweizer Firma SMA distanzierte sich ausdrücklich davon, die "betriebswissenschaftliche Simulation" als "Stresstest" zu bezeichnen[3]. Insofern stellt der Auditor klar, dass er lediglich eine Simulation und keinen Stresstest bewertet hat.
Test des Fahrplans oder der Infrastruktur?
- Die Bahn verfuhr nach dem Prozess zur Fahrplanrobustheitsprüfung ....
- Die Vorschriften der RiLi 405 für Infrastrukturprüfungen sind nicht erfüllt ....
Anerkannte Standards?
Sowohl in der Dokumentation des Stresstests durch die Deutsche Bahn AG wie auch im Audit durch die SMA wurde nicht der Versuch unternommen, "anerkannte Standards" für die eisenbahnbetriebswissenschaftliche Simulation heranzuziehen.
Die SMA stellt dies im Schlussbericht des Audits noch in Aussicht: "Jeder Steckbrief beinhaltet eine Diskussion des Objektes bezüglich vorhandener Regeln, Verordnungen (soweit vorhanden) oder eine eigene (eventuell durch Literatur oder benchmarking-gestützte) Beurteilung" (Audit Schlussber. S. 4 / Bl. 10). Solche Bezüge finden sich jedoch nur höchst vereinzelt und nur in Fällen, in denen die Position der Bahn damit gestützt werden kann.
Die wenigen Beispiele von Referenzen im Audit auf Quellen außerhalb der Deutschen Bahn AG:
- Anforderung von 100 oder weniger Simulationsläufen in anderen europäischen Ländern (Audit SI-03 S. 2 / Bl. 148)
- ....
Benchmarking wurde lediglich in Bezug auf die ... unternommen
- ....
Die SMA unternimmt keinen Versuch, sämtliche entscheidenden und leistungsbestimmenden Eingangsgrößen der von ihr angekündigten Plausibilisierung zu unterziehen. Dies ist ein schwerwiegendes Versäumnis ....
Verstöße gegen Bahn-Richtlinien
→ Hauptartikel: Richtlinienverstöße
Im Schlichterspruch zum Stresstest war die Anwendung "anerkannter Standards des Bahnverkehrs" gefordert worden. Eine solche weiter gefasste Prüfung der Prämissen des Stresstests auch im Vergleich zu internationalen Standards fand nicht statt. Es wiegt deshalb besonders schwer, dass sich in den Details der Durchführung des Stresstests zu Stuttgart 21 sogar eine Reihe von Verstößen gegen Bahn-interne Richtlinien finden.
- Die Abschlussdokumentation des Stresstests entspricht nicht den Anforderungen der Richtlinie 405 auf Nachvollziehbarkeit (Richtlinie 405.0205 S. 1 / Bl. 227) (Audit SI-07 S. 10 / Bl. 184). Es ist nicht nachvollziehbar, wie die SMA auf der Basis einer solchen Ausgangsdatenlage überhaupt in der Lage war zu testieren.
- Bauzuschläge dürfen nicht zum Verspätungsabbau verwendet werden. [...]
- Fahrzeitüberschüsse dürfen nicht zu 100 % zum Verspätungsabbau verwendet werden. [...]
- ... etc.
- Der Stresstest wurde nach einer noch nicht gültigen Richtlinie durchgeführt und müsste demnach wiederholt werden. Die SMA übersah diesen Mangel.
Nicht geplante Infrastrukturelemente
Eine ganze Reihe von Infrastrukturelementen werden für die Leistungserreichung im Stresstest unterstellt, sind jedoch noch nicht in der Planung und im Kostenrahmen enthalten.
- Signalausstattung S-Bahn-Stammstrecke
- Bahnhöfe Murr-Bahn
- Einzelne Blockteilungen ...
Nicht genehmigte Nutzung
- Wahlfreie Nutzung auch des für den Regionalverkehr reservierten Bahnsteigs am Flughafen Regionalbahnhof durch die S-Bahn
Mindesthaltezeiten
Verspätungsabbau durch Haltezeitverkürzung
→ Hauptartikel: Haltezeitverkürzung
Zugabstände
Haltezeitverlängerungen
Keine Unterwegsverspätungen
Die Verspätungen, die im Zugverkehr auftreten gliedern sich grob in zwei Typen. Erstens in Haltezeitverlängerungen, wo durch betriebliche Zwänge (z.B. keine Ausfahrstraße frei) oder durch Fahrgasteinkommen (Ein- Ausstieg noch nicht abgeschlossen) oder technische Probleme (am Zug) etc. ein Zug länger im Bahnhof stehen bleibt, als fahrplanmäßig vorgesehen. Zweitens in Unterwegsverspätungen oder im Fachjargon sogenannten "Urverspätungen", die ein Zug auf der Strecke erleidet. Etwa durch Signalstörungen, Weichenstörungen, verspätete kreuzende Züge, etc. Es sagt dazu das Regelwerk der Bahn:
- "Liegen vor einem Knoten lange Streckenabschnitte, so führt der Abbau ggf. zu einem zu günstigen Verspätungsniveau beim Einbruch in den Knoten. Um diesen Nachteil zu vermeiden, muss von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, Urverspätungen einzugeben." (Richtlinie 405.0202 S. 11 / Bl. 161)
- "Bei Simulationen ist zu berücksichtigen, dass bei großem Betrachtungsraum und ohne Einspielen zusätzlicher Urverspätungen durch Verspätungsabbau im Betriebsablauf u.U. ein unrealistisch niedriges Verspätungsniveau bei der Einfahrt in den Auswerteraum entstehen kann. In diesen Fällen ist der Betrachtungsraum zu reduzieren oder es sind Urverspätungen einzuspielen." (Richtlinie 405.0203 S. 5 / Bl. 195)
Tatsächlich wurden von der Bahn keine Unterwegsverspätungen in der Simulation berücksichtigt, sondern allein die Haltezeitverlängerungen, die schon zu gering angesetzt sind, um den typischen Verspätungsaufbau in den Bahnhöfen abzubilden (.... Link).
"Die Abbildung der Urverspätungen über Verlängerung der Haltezeiten ist ein übliches und international anerkanntes Verfahren, das auch hier angewendet werden kann" (Audit SI-05 14 / Bl. 169). Mit dieser vollkommen unbelegten Aussage verteidigt die SMA in freihändiger Argumentation einen entscheidenden systematischen Fehler in der Stresstest-Simulation der Bahn. Die SMA unternimmt nicht einmal ansatzweise den Versuch zu überprüfen, ob die Urverspätungen bei ersatzweiser Berücksichtigung in den Haltezeitverlängerungen in korrekter Weise und in ausreichendem Umfang abgebildet wurden. Es ist vollkommen unzureichend, es bei dieser Aussage, das wäre schon anderswo gemacht worden, zu belassen.
Die ersatzweise Berücksichtigung der Urverspätungen in Form von Haltezeitverlängerungen wäre im Falle von Stuttgart 21 besonders anspruchsvoll, da der nur achtgleisige Tiefbahnhof empfindlich reagieren würde, wenn (unsachgemäßerweise) ausgerechnet die Standzeiten im Bahnhof über Gebühr verlängert werden würden.
Sollte aber doch ein Teil der Haltezeitverlängerung die Urverspätungen abbilden, so fehlt es zunächst an jedweder Dokumentation, in welchem Umfang das erfolgt sein soll. Insbesondere die SMA hat dies in keiner Weise nachvollzogen. Die Zahlenwerte der Haltezeitverlängerungen von ...... können das unmöglich wiedergeben .....
Kritik der SMA am Stresstest
Kritik an der Arbeit der SMA
→ Hauptartikel: Kritik an SMA
Die Kritik an der Arbeit der SMA ist nahezu so umfangreich, wie die Kritik am Stresstest selbst. Dies ist eine notwendige Konsequenz, wenn ein fehlerhafter Prozess durch den Auditor positiv testiert wurde.
Beschränkungen der Aufgabenstellung
- Da die SMA von der Bahn nicht mit einem "Gutachten", sondern nur einem "Audit" beauftragt wurde, ist keine Aussage über die tatsächliche zukünftige Leistungsfähigkeit von S21 möglich. Das Audit würde allenfalls die Bewertung erlauben , ob der Stresstest regelkonform durchgeführt wurde.
- Angebot ohne Prüfung der Eingangsgrößen ...
- In der Aufgabenstellung des Audits (Audit Schlussber. S. 4 / Bl. 10) fehlen die über Infrastruktur- und Fahrplandaten hinausgehenden Eingangsgrößen wie die unterstellten Mindesthaltezeiten oder simulierten Verspätungen. Auch fehlt die Überprüfung der im Schlichterspruch geforderten Einhaltung der anerkannten Standards.
Testat obwohl Voraussetzungen nicht erfüllt
Es ist nicht nachvollziehbar, wie die SMA ein Testat erteilen konnte, obwohl nach den Feststellungen der SMA selbst die Voraussetzungen unmöglich erfüllt sein können.
- Die Dokumentation erfüllt nicht annähernd die Ansprüche aus der Richtlinie sowie die Ansprüche an eine Grundlage einer Testierung.
- Es lag bis zuletzt keine vollständige Simulation (100 Betriebstage) eines korrekten Eingangsdatensatzes vor.
- Im Minimum hätten die Bahn-Richtlinien eingehalten werden müssen, was selbst nach SMA-Feststellungen nicht der Fall ist.
Auslassungen und übersehene Punkte
- Die SMA übersah, dass die Bahn den Stresstest nach einer ungültigen Prozessbeschreibung erstellt hat. Allein dieser Punkt würde ein Testat ausschließen.
- ....
Schein-Argumentationen zugunsten der Bahn
- "Die Abbildung der Urverspätungen über Verlängerung der Haltezeiten ist ein übliches und international anerkanntes Verfahren, das auch hier angewendet werden kann" (Audit SI-05 S. 14 / Bl. 169). Diese darüber hinaus vollkommen unbelegte Aussage geht überhaupt nicht darauf ein, ob die Urverspätungen in korrekter Weise und in ausreichendem Umfang übernommen wurden, was tatsächlich nicht der Fall ist.
- Beschönigende Formulierung in Bezug auf die Verwendung von Bauzuschlägen zum Verspätungsabbau.
- Statt Hinweis auf die Unzulässigkeit der Verwendung von 100% der Reserven zum Verspätungsabbau wird verharmlosend formuliert (Audit FP-05 S. 1 ff / Bl. 80 ff): "Die Reserven, die zum Verspätungsabbau genutzt werden können, sind eher hoch."
- Die SMA argumentiert zugunsten der Bahn, für schwere Störfälle wäre ....
Mangelnde bzw. freihändige Begründungen
Handwerkliche Fehler
Unklare oder wertlose Aussagen
Unpräzise Quellenangaben
Folgende durchaus wichtige Aussagen haben ohne jeden Beleg also ohne Quellenangabe nur den Gehalt einer reinen Behauptung. Dies entspricht nicht einem wissenschaftlichen Vorgehen, bzw. dem Anspruch eines Audits an Nachvollziehbarkeit und Geschlossenheit der Argumentation.
- "Unter einem korrekten Einbrechen versteht man: [...]" (Audit IN-01 S. 3 / Bl. 22)
- "Die Abbildung der Urverspätungen über Verlängerung der Haltezeiten ist ein übliches und international anerkanntes Verfahren, das auch hier angewendet werden kann." (Audit SI-05 S. 14 / Bl. 169, Schein-Argumentation, tatsächlich wurden die Urverspätungen nicht adäquat abgebildet)
- Z.B. Mindesthaltezeiten (überprüfen) ....
- Etc. ...
Stresstest-Interpretation
Bahn normiert Bewertung "Stresstest bestanden"
Noch bevor die Bahn den Abschlussbericht an die SMA übergibt und im Internet veröffentlicht, also noch bevor die SMA überhaupt sich ihr abschließendes Urteil bilden kann, lädt Bahnvorstand Dr. Volker Kefer
Bewertung in der Stresstest-Präsentation
Wirtschaftlich optimal ist nicht gut
Verspätungsabbau im Bahnhof nicht hineinrechenbar
Verspätungsaufbau durch S21-Infrastruktur
→ Hauptartikel: Verspätungsaufbau durch S21-Infrastruktur
Schauspiel um Kompromissvorschlag
Kefer ist völlig überrascht
Kefer ist aber seit 2 Tagen eingeweiht
Geißler spielt mit
Verkehrsminister Ramsauer spielt mit
Stresstest-Nachsimulation
Nicht alle Fehler beseitigt
Nur ein abschließender Simulationslauf
Die SMA beendet ihren Schlussbericht mit der folgenden Empfehlung:
- "Weiter empfehlen wir, die in den Steckbriefen beschriebenen Unstimmigkeiten und kleineren Fehler zu beheben und zur Bestätigung des Gesamtresultates einen weiteren Simulationslauf durchzuführen und zu veröffentlichen." (Audit Schlussber. S. 10 / Bl. 16)
Dr. Kefer sagte einen solchen zusätzlichen Simulationslauf zu, aber nur für die von SMA benannten verbliebenen Fehler. Die Ergebnisse sollen im Internet veröffentlicht werden.[4]
Die Richtlinie 405 schreibt "möglichst" 100 Simulationsläufe vor, um mittels einer "ausreichend großen Grundgesamtheit" ein Minimum an statistischer Signifikanz der Ergebnisse sicherzustellen (Richtlinie 405.0205 S. 3 / Bl. 229). Ein einzelner Simulationslauf, wie er für die Sensitivitätsbetrachtungen durchgeführt wird, kann höchstens eine Indikation liefern über die Größenordnung der Auswirkung einzelner Parameter-Veränderungen. Um einen Nachweis zu erbringen, müssen alle Parameter auf realistische Werte gesetzt werden und im Minimum die vollen 100 Tage simuliert werden.
Sämtliche Zufallsparameter der 100 zu simulierenden Tage wurden mit ihren Verspätungsverteilungen an den Einbruchstellen und den Haltezeitverlängerungen zu Beginn des Stresstests festgelegt (Audit SI-03 S. 1 Fußnote 2 / Bl. 147). SMA-Chef Stohler stellte in der Stresstest-Präsentation klar, dass es bei den 100 Simulationsläufen "gute und schlechte Tage" gibt.[5] Es braucht also nur ein "guter Tag" gewählt zu werden und so lassen sich auch erschwerte Bedingungen verkraften.
Es bleibt abzuwarten, ob die Bahn zur Nachsimulation so viele Informationen gibt, dass bewertet werden kann, ob nicht ein abermals ein günstiger Parametersatz gewählt wurde. Ohnehin ist ein einzelner Simulationslauf überhaupt nicht hinreichend, um die Leistungsfähigkeit von S21 auch unter verschärften Parametern zu demonstieren. Auch wäre aufgrund des Problems der Nichtlinearität, da sich die Verschlechterung mehrerer Parameter gegenseitig verstärkt, es überhaupt nicht hinreichend allein eine erneute Sensitivität für die bisher unberücksichtigten Fehler zu rechnen. Es müssten alle Parameter gleichzeitig auf realistische Werte gesetzt werden.
Fazit
Stresstest mehrfach gescheitert
→ Hauptartikel: Gescheitert
[...]
Leistungsfähigkeit S21 und Glaubwürdigkeit
(wie schon in der Faktenschlichtung [6])
Stresstest-Leistungsfähigkeit bleibt unerreichbar
Der Stresstest, für den sämtliche Parameter auf unrealistische Extremwerte festgelegt werden mussten und wesentliche Grundannahmen entgegen der Beauftragung durch das Land Baden-Württemberg getroffen werden mussten, bestätigt, dass die geforderte S21-Leistungsfähigkeit realistisch nicht erreicht werden kann.
Leistungssprung in Zügen / Gleis / h unplausiblel
Die Gegenüberstellung mit Leistungswerten deutscher Großbahnhöfe zeigt, dass Stuttgart 21 40 bis 80 % über den heute erreichten Maximalwerten operieren würde[6]. Die Bahn begründete daraufhin die Leistungssteigerung durch die neue Signaltechnik ETCS L2 (die jedoch in der Stresstest-Simulation nicht mehr unterstellt ist) sowie der Behauptung, dass der einzigartige Ringverkehr die Zuläufe "entzerrt"[7][8]. Vielmehr verknotet der Ringverkehr die Zuläufe und führt zu gegenseitigen Blockaden von Fahrplantrassen, inbesondere auch durch den eingelagerten Abstellbahnhof.[9] Auch haben sich Ringverkehre international noch nicht als Mittel zur Halbierung der Bahnhofsinstallationen durchgesetzt. Die Leistungslücke bleibt bestehen auch gegenüber dem gleich groß geplanten Bahnhofsneubau des Wiener Hauptbahnhofs, der jedoch nur halb so viel Verkehr abfertigen soll.[6]
Belegungsgrad katastrophal
Die Plausibilitätslücke der im Stresstest für Stuttgart 21 geforderten Leistungsfähigkeit bleibt bestehen. Die Realitätsferne der Leistungsplanung für Stuttgart 21 wird auch auf anderen Wegen deutlich. In der Veröffentlichung eines bekennenden Stuttgart 21-Befürworters[10] wird ausgeführt, dass der internationale Richtwert für überlastete Bahnhöfe bei einem Belegungsgrad von 75 bis 85 % liegt. Für S21 wurde in der Arbeit ein tolerierbarer Wert von 72 % errechnet, allerdings mit mittleren Haltezeiten der Züge von 3 Minuten. Mit Veröffentlichung der Stresstest-Dokumentation steht fest, dass die mittlere Haltezeit der Züge im Stresstest-Fahrplan bei 5,33 Minuten liegt. Damit ergibt sich ein Belegungsgrad von 95 %. Selbst wenn die Zeiten für die Ein- und Ausfahrt der Züge auf sportliche 1,5 Minuten heruntergekürzt werden, ergibt sich ein Belegungsgrad von 85 %. Laut dem Autor ein "katastrophaler" Wert für einen Großbahnhof. Der Belegungsgrad ist eine der wichtigsten Kenngrößen in der Kapazitätsplanung, wurde aber im Stresstest von der Bahn nicht berechnet und von der SMA nicht diskutiert.
Resümee
Der Stresstest zu Stuttgart 21 wurde durchgeführt unter Bruch der Vereinbarung zur Beteiligung der Kritiker an der Formulierung der Prämissen, unter Einsatz von realitätsfernen Extremwerten und Missachtung der Anforderungen des Landes Baden-Württemberg. Er wurde begutachtet von einem Auditor, der zugunsten seines Auftraggebers und Großkunden nicht die Konsequenzen zog aus den von ihm selbst dargestellten gravierenden Richtlinienverstößen, der in vielen Fällen Mängel im Stresstest schönredete, statt Nachbesserung einzufordern. Die Mängel und Verstöße im Stresstest liegen klar zu Tage und sind einwandfrei belegt. Nach grundlegenden Maßstäben müsste der Stresstest als vielfach gescheitert bzw. nicht bestanden bewertet werden.
In der Faktenschlichtung im Herbst 2010 waren die Zweifel an der Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 der Auslöser für die Forderung des Stresstests im Schlichterspruch. Die unrealistische Zielsetzung wurde zwischenzeitlich deutlich anhand des Vergleichs mit den Maximalwerten der Leistung deutscher Großbahnhöfe.[6] Der Stresstest schließlich liefert den Beweis, dass die geforderte Leistung nur auf dem Papier und unter Einsatz von unrealistischen Parametern erreichbar ist. Bei einer Transparenz der Fakten wie in keinem Großprojekt zuvor, geht die Mehrheitsmeinung sehenden Auges in die Umsetzung eines Milliardenprojekts, das desaströse Folgen für den Bahnverkehr in Südwestdeutschland haben wird. Die Medienarbeit der Befürworterseite sticht dabei die sachlichen Argumente der Projektkritiker aus. Der solchermaßen manipulierten Mehrheit der Bevölkerung ist es in der Folge unmöglich, sich eine fundierte Meinung in der Sache zu bilden. Angesichts solcher Kräfteverhältnisse bei einem derart deutlich nachteiligen Projekt stellt sich die Frage nach der Demokratiefähigkeit unserer Gesellschaft.
Der Stresstest zu Stuttgart 21 wie auch schon die Faktenschlichtung im Herbst 2010 oder der Umgang der Deutschen Bahn AG mit der Zurückhaltung der wahren Projektkosten stellen die Frage, inwieweit bei Großprojekten die üblichen Ansprüche an Wahrhaftigkeit unter Vertragspartnern und gegenüber Geldgebern (hier die Steuerzahler) noch gelten. Wenn unrealistische Rechenübungen und fortgesetzte Täuschungen der Öffentlichkeit ein Milliardenprojekt rechtfertigen sollen, erscheint die Seriosität des Standorts Deutschland gefährdet.
Quellen
===Dokumente=== * 30.11.2010, schlichtung-s21.de, Schlichterspruch Dr. Heiner Geißler
- 30.03.2011, Leistungsumfang der SMA im Rahmen des Stresstests Stuttgart 21, Angebot, Version 1-04. (In den Referenzen kurz "Angebot". Nachdem schon im ersten Prämissengespräch am 07.07.2011 von dem Aktionsbündnis eingefordert, wurde dieses Dokument erst am 28.07.2011 um 21:12 Uhr zur Verfügung gestellt.)*
- 30.06.2011, bei-abriss-aufstand.de, Stresstest-Dokumentation der Deutschen Bahn AG (in den Referenzen kurz "Doku."), (Teil 2, Netzgrafik)
- 08.07.2011, Schriftliche Antwort der DB-Netz auf Fragen aus den Prämissengesprächen (kurz "Antwort DB-Netz")*
- 21.07.2011, phoenix.de, Audit des Stresstests durch die SMA
- 29.07.2011, Stresstest-Präsentation: Videos (gegen Ende der Auflistung zum Datum 29.07.2011), Folien, Protokoll, Kompromissvorschlag SK 2.2 "Frieden in Stuttgart" von Dr. Heiner Geißler und der SMA
- Richtlinie 405 "Fahrwegkapazität" der Deutschen Bahn AG*
- Richtlinien LN34-05-07 "Fahrplanstabilitätsprüfung durchführen" (gültig ab 16.02.2009) und LN34-07-01-03 "Fahrplanrobustheitsprüfung durchführen" (gültig ab 10.07.2011)*
* Nicht veröffentlichte Dokumente, teilweise dem Copyright unterliegend. Nur dem Expertenrat und teilweise auch dort nur berechtigten Mitgliedern zugänglich.
Quellennachweise
- ↑ 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 11:20 Uhr, Egon Hopfenzitz. "Präsentation Egon Hopfenzitz", Bl. 1-3
- ↑ 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 17:39 Uhr, Karl-Peter Naumann. Foliensatz Naumann in Datei "Präsentation Egon Hopfenzitz", Bl. 4-10
- ↑ 29.07.2011, Stresstest-Präsentation 13:51 Uhr, Werner Stohler, CEO von SMA
- ↑ 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 16:40 Uhr, Dr. Volker Kefer
- ↑ 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 13:54 Uhr, Werner Stohler: "[...] das Modell kennt gute Tage und schlechte Tage [...]"
- ↑ a b c d C. M. Engelhardt, "Stuttgart 21: Leistung von Durchgangs- und Kopfbahnhöfen", in "Eisenbahn-Revue International", Heft 6/2011, S. 306-309, Minirex-Verlag, Luzern 2011 (siehe auch offene Briefe 1, 2 und 3)
- ↑ 28.06.2011, Antwort von Wolfgang Dietrich, Pressesprecher Bahnprojekt Stuttgart-Ulm, auf offenen Brief von C. Engelhardt
- ↑ 09.06.2011, SWR Fernsehen, "Zur Sache Baden-Württemberg", 17. Minute, Dr. Volker Kefer
- ↑ 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, Foliensatz Boris Palmer, "Auswertung des Stresstests", Folie 99 (Backup-Folie)
- ↑ Peter Reinhart, "Zwischen technischer Machbarkeit, Transparenz und Kundennutzen – Der ‚Stresstest’ für das Projekt ‚Stuttgart 21’ ", Eisenbahn-Revue International 07/2011