Stuttgart 21/ITF
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Zusammenfassung
Voraussetzung für die Realisierung eines ITF-Vollknotens in Stuttgart Hbf sind 14 Bahnsteiggleise, so dass dieser nur im Kopfbahnhof mit 16 bzw. 17[1] Bahnsteiggleisen realisiert werden kann bei kurzen Haltezeiten für durchgebundene Züge. Stuttgart 21 mit seinen lediglich 8 Bahnsteiggleisen schließt einen ITF Vollknoten aus. Die von S21-Betreiberseite angeführten Begründungen, dass ein Vollknoten nicht sinnvoll wäre, halten der Überprüfung nicht stand. Zürich Hbf ist das funktionierende Gegenbeispiel. In der Diskussion zum Deutschlandtakt wird die schädliche Wirkung von S21 verschwiegen.
Realisierung eines ITF-Vollknotens im Kopfbahnhof
Die Machbarkeit eines ITF-Vollknotens in Stuttgart Hbf im Kopfbahnhof, mit der vertakteten Verknüpfung sämtlicher Linien, wurde mit Fahrplanstudien schon 2007 gezeigt (Hesse 2007). Die Realisierung eines Vollknotens setzt 14 Bahnsteiggleise voraus, um die 14 vorhandenen Linien im Takt zu verknüpfen. Im Fern-Verkehr ergeben sich dabei für die durchgebundenen Züge maximal 12 Min. und im Regionalverkehr maximal 19 Min. Haltezeit. Für Stuttgart 21 mit nur 8 Bahnsteiggleisen ist damit ein ITF-Vollknoten nicht möglich.
ITF angeblich für Stuttgart Hbf nicht geeignet
Zur Begründung, dass Stuttgart 21 einen ITF nicht behindere, argumentierte 1996 bspw. die Bundesregierung 1996, dass ein Vollknoten für "große Knotenbahnhöfe in Ballungsräumen" keinen Sinn mache und zu "unverhältnismäßig langen Aufenthaltszeiten führen" würde.[2] Das Gegenbeispiel dazu ist Zürich Hauptbahnhof mit 16 Bahnsteiggleisen in der Kopfbahnhofshalle, wo ein ITF-Vollknoten realisiert ist.
Der Stuttgart 21-Gutachter Prof. Gerhard Heimerl setzte 1997 in seinem Gutachten (Heimerl 1997 I+II) lediglich den "ITF nördliches Baden-Württemberg" an, das Einpassen in den "ITF Südwest" hätte noch gesondert überprüft werden müssen (S. 51). Es wurden Aufenthaltszeiten von bis zu 30 Minuten ermittelt (S. 37). Am Ende wird weitgehend freihändig geurteilt, man habe mit dem S21-Angebotskonzept das "verkehrlich sinnvollste" und "ausreichende Optimum" gefunden. Dies entbehrt der sachlichen Grundlage, wie eindrucksvoll die bessere Lösung im Kopfbahnhof (voriger Abschnitt) und das Beispiel Zürich Hbf demonstriert.
Stuttgart 21 behindert den Deutschlandtakt
Schon im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2009 war die Prüfung eines Deutschlandtaktes vereinbart worden.[3] In der Schlichtung zu Stuttgart 21 von 2010 sagte dann jedoch DB Technik-Vorstand Dr. Volker Kefer am 22.10.2010, das Schweizer Planungs- und Taktmodell ließe sich nicht in Deutschland anwenden.[4] Vier Wochen später musste dann Boris Palmer Vorstand Kefer daran erinnern, dass schon vor zwei Monaten das Gegenteil auf einer Strategiefolie der DB zu der "Planungsmethodik netzweiter Taktfahrplan" zu lesen war.[5]
Es brauchte überraschend lange, bis die vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Studie zum Deutschlandtakt (Deutschlandtakt 2015) jüngst veröffentlicht wurde. Hier wird dem Konzept eine durchgehend positive Wirkung sowohl im Fern- und Regionalverkehr bescheinigt, es heißt, dass mit ihm eine "erhebliche Fahrzeitverringerung und ein deutlicher Nachfragezuwachs" erzielt werden kann (Blatt 5). Zu Stuttgart 21 werden zahlreiche nötige "Anpassungen" aber insbesondere keine Vorteile des Bahnhof-Neubaus genannt. Dafür wird auch die schädliche Wirkung des Projekts auf den Deutschlandtakt nicht angesprochen. Insbesondere wird aber der zweigleisige Ausbau der Wendlinger Kurve gefordert, der schon lange ein Kritikpunkt an dem neuen Stuttgart 21-Bahnknoten ist.[6]
Das ganze Ausmaß der Schädigung des Deutschlandtaktes durch Stuttgart 21 wird jedoch im Gutachten für die Bundesregierung unverantwortlicherweise übergangen.
Dokumente
Deutschlandtakt 2015 | ARGE IGES Institut/Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und ‐betrieb, "Machbarkeitsstudie Deutschland-Takt im Schienenverkehr", Gutachten im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums, 30.03.2015 (veröffentlicht unter bmvi.de: Bericht, Anlagen) | |
Hesse 2011 | Wolfgang Hesse, "Stuttgart: Nullknoten ist möglich - Betriebskonzepte und Integraler Taktfahrplan in der Diskussion", Eisenbahn-Revue International 3/2011 (pdf bahn-fuer-alle.de) | |
Hesse 2007 | Wolfgang Hesse, "Stellungnahme (Kurzgutachten) zu den Planungen für einen Durchgangsbahnhof Stuttgart Hbf (S21) bzw. Beibehaltung und Ausbau des bestehenden Kopfbahnhofs (K21) – Fahrplanperspektiven" (pdf archiv.kopfbahnhof-21.de) | |
Hesse 2006 | Wolfgang Hesse, "Deutsche Spinne oder Schweizer Netz?", ERI 2/2006, (pdf bahn-fuer-alle.de) | |
Heimerl 1997 I+II | Gerhard Heimerl et al., "Stuttgart 21, Ergänzende betriebliche Untersuchungen Teil I: Integraler Taktfahrplan (ITF), Betriebsprogramm für Stuttgart 21, Teil II: Kapazität des geplanten Stuttgarter Hauptbahnhofs und seiner Zulaufstrecken", 1997, 126 Seiten mit Anlage 1 bis 40 (pdf bahnprojekt-stuttgart-ulm.de). Ungekürzte Fassung.[7] |
Einzelnachweise
- ↑ Gleisplan 2009
- ↑ Antwort der Bundesregierung auf KA der Grünen, "Finanzierung des geplanten Projektes "Stuttgart 21" und Verwendung von Erlösen aus dem Grundstücksverkauf", 22.04.1996, (pdf dip21.bundestag.de), S. 9 Antwort auf Frage 18
- ↑ "Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Der Koalitionsvertrag Zwischen CDU, CSU Und FDP", 26.10.2009, S. 38
- ↑ Stenografisches Protokoll, 8. Tag der Faktenschlichtung "Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21" (pdf schlichtung-s21.de, S. 11 Mitte
- ↑ Stenografisches Protokoll, 8. Tag der Faktenschlichtung "Leistungsfähigkeit und offene Frage" (pdf schlichtung-s21.de), S. 56 unten
- ↑ 12.10.2015, vcd-bw.de, "VCD fordert zweigleisigen Ausbau der Wendlinger Kurve"
13.10.2015, swp.de, "Wendlinger Kurve: VCD für große Lösung"
13.10.2015, stuttgarter-nachrichten.de, "Neue Initiative für zweites Gleis bei Wendlinger Kurve" - ↑ Diese Fassung des Heimerl-Gutachtens wurde von der DB Netz AG erst am 22.07.2014 veröffentlicht. Sie weicht deutlich von der in der Planfeststellung eingereichten Fassung ab. Insbesondere in Teil II gibt es deutliche Abweichungen in den Formulierungen, der Umfang ist um 50 % größer als in die in der Planfeststellung eingereichte Fassung, in der die Zugzahl des Auslegungsbetriebsprogramms noch schlechter feststellbar ist. Es stellt sich die Frage, zu welchem Zweck das Gutachten für die Planfeststellung derart deutlich gekürzt worden war (Engelh. 09.2014 S. 31 f).