Stuttgart 21/Stresstest/Nachweis durch Audit?

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→ Dies ist die Detaildarstellung des entsprechenden Abschnitts im Hauptartikel Stuttgart 21/Stresstest (wichtige Quellen dort unter Dokumente).

Im Schlichterspruch zu Stuttgart 21 war für den Stresstest gefordert worden, es sei der "Nachweis" zu erbringen, dass 30 Prozent mehr Leistung durch den neuen Bahnhof erbracht würden. Nachweis heißt, dass ein Beweis zu führen ist. Nichts geringeres kann hinreichen, da in der Schlichtung begründete Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Milliardeninvestition Stuttgart 21 aufgekommen waren.

Im üblichen Wirtschaftsgeschehen werden Nachweise durch Gutachten von Experten erbracht. Vielfach war insofern auch im Vorfeld des Stresstests von "Begutachtung" und den "Gutachtern" aus der Schweiz die Rede. Tatsächlich hat die Bahn bei der SMA jedoch nur ein "Audit" beauftragt. Audits prüfen je nach Gegenstand, ob zu untersuchende Prozesse den geltenden Anforderungen und Richtlinien entsprechen oder ob eine bestimmte Leistung erbracht wurde. Während Gutachten zur Urteilsfindung alle verfügbaren Informationen auch außerhalb des zu betrachtenden Unternehmens heranziehen, prüft ein Audit in der Regel nur Informationen, die von dem auditierten Unternehmen selbst stammen.

Tatsächlich lautet dann aber das Testat der SMA (Audit Schlussber. S. 7 / Bl. 13):

"Unsere Prüfung der Simulationsergebnisse hat gezeigt, dass die geforderten 49 Ankünfte im Hauptbahnhof Stuttgart in der am meisten belasteten Stunde und mit dem der Simulation unterstellten Fahrplan mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität abgewickelt werden können."

Eine solche Tatsachenfeststellung über eine in der Realität in der Zukunft erbrachte Leistungsfähigkeit des Bahnhofs ist gar nicht von der Aufgabenstellung des Audits (Audit Schlussber. S. 4 / Bl. 10) gedeckt, nach der es um die "Prüfung einer eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Simulation" ging, um die Korrektheit der Infrastruktur- und Fahrplandaten, sowie der Methodik. Allenfalls hätte eine Aussage getroffen werden können in der Art: 'Die Simulation wurde mit weitgehend korrekten Infrastruktur- sowie Fahrplandaten und der richtigen Methodik durchgeführt. Unter den getroffenen Annahmen kann vom Auditor nachvollzogen werden, dass in der Simulation 49 Ankünfte pro Stunde mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität verarbeitet werden.'

Für eine Aussage über die zukünftige in der Realität erreichbare Leistungsfähigkeit fehlt der umfassende Ansatz eines Gutachtens, aber auch wichtige Aspekte, die das Audit gar nicht hinreichend überprüfte. So fehlt in der Aufgabenbeschreibung des Audits die Prüfung der Eingangsgrößen über Infrastruktur- und Fahrplandaten hinaus (wie die unterstellten Mindesthaltezeiten oder simulierten Verspätungen). Auch fehlt die Forderung aus dem Schlichterspruch nach der Einhaltung der anerkannten Standards. Diese Forderung würde schon aus dem Bezugsrahmen Deutsche Bahn AG hinausführen. Es ist aber besonders kritisch zu sehen, dass sogar zahlreiche Richtlinien der DB nicht eingehalten wurden. Das bemerkt in einigen Fällen selbst die SMA, zieht aber nicht die notwendigen Konsequenzen.

Zu diesen formalen Schwächen des Audits kommt hinzu, dass das Audit zahlreiche Falschannahmen der DB im Stresstest nicht identifiziert oder schönredet oder nicht konsequent bewertet. Tatsächlich lassen sich mit realistischen Annahmen, unter Erfüllung der Fahrplanvorgaben des Landes und unter Einhaltung der Richtlinien etc. die 49 Züge pro Stunde im Bahnhof Stuttgart 21 nicht erreichen.