Stuttgart 21/Stresstest/Plausibilisierung

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→ Dies ist die Detaildarstellung des entsprechenden Abschnitts im Hauptartikel Stuttgart 21/Stresstest (wichtige Quellen dort unter Dokumente).


Plausibilisierung der Stresstest-Leistung
(Skalierung ab 25 Züge / h) Züge / h
Stresstest
  
49
Praxisvergleich, Überlast
  
35
Praxis, noch gute Qualität
  
32
Planung Wien Hbf neu
  
30
Belegungsgrad, Überlast
  
36
Beleg.grad, noch gute Qualität
  
31
Stresstest-Fehler korrigiert
  
32
Erst die korrigierte Stresstest-Leistung ist im Bereich der plausiblen Leistungswerte.

Auf verschiedenen Wegen kann das Ergebnis des Stresstests plausibilisiert werden. Sowohl der Vergleich mit Leistungsdaten aus der Praxis anderer Großbahnhöfe, als auch der Vergleich mit der Planung des gleich groß gebauten neuen Hauptbahnhofs in Wien, als auch der Vergleich mit den internationalen Richtwerten für den Belegungsgrad von Bahnhöfen liefert, dass die Stresstest-Leistungsfähigkeit von 49 Zügen pro Stunde unerreichbar ist. Die über die Korrekturen der Fehler im Stresstest abgeschätzte Leistungsfähigkeit von Zügen, liegt näher an dem Bereich von 30-32 Zügen pro Stunden, die nachvollziehbar mit guter Qualität abgefertigt werden könnten.

Eine Plausibilisierung ist auch möglich für das Ergebnis der im Stresstest erreichten "wirtschaftlich optimalen" Betriebsqualität. Hier ergeben sowohl die Auswertung der 'Stressfaktoren' als auch der notwendigen Korrekturen am Modell, dass die bei 49 Zügen pro Stunde zu erwartende Qualität eher bei mangelhaft bis unfahrbar anzusiedeln wäre.


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Stresstest

Stresstest liefert Obergrenze von 49 Zügen

Dass in der Stresstest-Simulation unter vielfachen Richtlinien-Verstößen, unter Verstoß gegen die Anforderungen des Schlichters und des Landes, unter Verwendung realitätsferner Parameter, unter grober Manipulation der Verspätungsstatistik, etc. die 49 Züge pro Stunde nur mit Mühe erreicht werden, liefert eine Obergrenze für die Kapazität von Stuttgart 21. Jede leistungsrelevante Korrektur der Stresstest-Fehler führt zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit. So dass eigentlich nur eine der in der Quantifizierung der Stresstest-Fehler aufgeführten wirksamen Korrekturen (aktuell sind das Stück) sich bestätigen müsste und der Stresstest wäre als nicht bestanden zu werten.

Korrigierter Stresstest: ca. Züge

Die Quantifizierung der Stresstest-Fehler, d.h. die grobe Abschätzung, um wieviel sich die Leistung von Stuttgart 21 reduziert, sobald die Fehler in der Stresstest-Simulation beseitigt werden, ergibt einen korrigierten Wert

Leistungssprung im Praxisvergleich

Der Stresstest, für den sämtliche Parameter auf unrealistische Extremwerte festgelegt werden mussten und wesentliche Grundannahmen entgegen der Beauftragung durch das Land Baden-Württemberg getroffen werden mussten, bestätigt, dass die geforderte S21-Leistungsfähigkeit realistisch nicht erreicht werden kann. Da die unter solchen Extremannahmen erreichten 49 Züge pro Stunde damit eine Obergrenze darstellen, führt jede Korrektur

49 Züge weit über Maximalwerten aus der Praxis

Die Gegenüberstellung mit Leistungswerten deutscher Großbahnhöfe zeigt, dass Stuttgart 21 40 % bis 80 % über den heute erreichten Maximalwerten operieren würde[1]. Die Maximalwerte werden von den Hauptbahnhöfen von Hamburg und Köln erreicht, beide leiden anerkanntermaßen unter Überlastung und finden sich regelmäßig unter den unpünktlichsten Großbahnhöfen Deutschlands wieder.

Realistische Belegungsrate: 32 Züge / Stunde

Bahnhöfe mit noch vertretbaren Verspätungswerten erreichen nicht über 4 Züge pro Bahnsteiggleis und Stunde, das entspräche für Stuttgart 21 einem realistisch nachvollziehbaren Leistungswert von 32 Zügen in der Spitzenstunde.

Vergleich Wien Hauptbahnhof neu

Der im Vergleich zu Stuttgart 21 gleich groß (ebenfalls mit 8 Bahnsteiggleisen) geplante neue Wiener Hauptbahnhof wurde nur für etwa 60 % der Leistung des Stuttgarter Bahnhofs ausgelegt, in der Spitze für rund 30 Züge pro Stunde.[1] Es stellt sich die Frage, was macht man in Stuttgart so viel besser als in Wien oder ist die Wiener Planung nur schlicht realitätsnäher als die Planung für Stuttgart 21?

Leistungsturbo für Stuttgart 21?

Die Veröffentlichung von Engelhardt fragte nach dem einzigartigen "Leistungsturbo", der S21 einen Leistungssprung weit über die Möglichkeiten herkömmlicher Bahnhöfe ermöglicht. Nur mit einer solchen Erklärung wären die Praxisvergleiche ohne Relevanz.

  1. Die Bahn begründete den Leistungsturbo durch Effizienzgewinne aufgrund der neuen Signaltechnik ETCS L2 (die jedoch in der Stresstest-Simulation nicht mehr unterstellt ist) sowie der Behauptung, dass der einzigartige Ringverkehr die Zuläufe "entzerrt".[2]
    • ETCS L2 wird jedoch auch in der Stresstest-Simulation gar nicht mehr für die Funktion des Bahnhofs unterstellt, konventionelle Signalisierung kommt zum Einsatz. Hierüber wurde offenbar das Büro des Projektsprechers gar nicht informiert, so dass dort mit Potemkinschen Dörfern argumentiert wurde.
    • Weiterer Hintergrund ist sicherlich, dass auch die Bundesregierung von der ETCS-Einführung bis 2020 abrückte.
    • Hintergrund für den Verzicht auf ETCS könnte auch sein, dass nach Aussage von Fachleuten in einem Großbahnhof kaum Effizienzgewinne bringen würde.
    • Auch könnte ein neues Signalsystem kaum ein Argument für den Bahnhofsneubau sein, da dieses auch für den alten Kopfbahnhof weitgehend ähnliche
  2. Noch eine zweite Begründung brachte die Bahn, der Ringverkehr von S21 würde die "Zuläufe entflechten". Auch Vorstand Volker Kefer verwies im SWR-Fernsehen als Erklärung für den Leistungssprung auf den Ringverkehr.[3]
    • Zweifellos ermöglicht der Ringverkehr über die alternativen Bahnhofszugänge über Bad Cannstatt und Wangen eine höhere Flexibilität im Störungsfall.
    • Dieser Fall einer Streckensperrung kommt relativ selten vor und wurde auch im Stresstest nicht simuliert.
    • Diese Flexibilisierung kompensiert kaum die Beschränkungen im Betrieb, die das Wendeverbot im Tiefbahnhof aufgrund der Neigung der Bahnsteiggleise bewirkt. Das Wendeverbot erzwingt die Wende im Ring
    • Gegenüber den selten Fällen einer Flexibilisierung im Störungsfall führt die als Vorteil angepriesene Wende im Ringverkehr im Fahrplanbetrieb zu zusätzlichen Blockaden von Fahrplantrassen.[4]
    • Auch betrifft die Ringverkehr in Stuttgart nur die Bahnhofshälfte mit den Zuläufen aus Wangen/Bad Cannstatt, für die andere Hälfte Zuffenhausen/Fildertunnel existiert der Ringverkehr praktisch nicht.
    • Erschwerend kommt hinzu, dass der Abstellbahnhof in die Verbindungsstrecke der beiden Bahnhofszugänge eingelagert ist mit zusätzlichem Verkehr und Blockaden von Fahrplantrassen.
    • Ein zusätzlicher Engpass ergibt sich dadurch, dass der Abstellbahnhof nur eingleisig passierbar ist.
    • Köln besitzt einen ähnlich dimensionierten Ringverkehr, der dem ganzen Bahnhof zugute kommen könnte und der sogar in der Lage wäre, die belastete Hohenzollernbrücke zu entlasten, der aber dennoch nicht zu diesem Zweck genutzt wird.
    • Ringverkehre haben sich offensichtlich international noch nicht als Mittel zur Halbierung der Bahnhofsinstallationen durchgesetzt. Es ist keine Fachveröffentlichung bekannt, die diese vermeintliche, bemerkenswerte und wirtschaftlich hoch bedeutende Errungenschaft der Bahntechnik beschreibt.

Angesichts dieser Einbussen sind die Argumentationen der Bahn wohl nicht in der Lage ein Leistungsplus von 40 % bis 80 % zu rechtfertigen. Der bekennende Befürworter von Stuttgart 21 Peter Reinhart argumentiert, dass es in Stuttgart gelänge, einen ....[5]

  1. S-Bahn-artiger Verkehr aber Mischung Fern- und Regionalverkehr, kreuzende Verkehre
  2. Spanische Lösung
  3. Betrieb als Haltepunkt

Belegungsgrad

Stresstest-Belegungsgrad unfahrbar

Die Realitätsferne der Leistungsplanung für Stuttgart 21 wird auch auf anderen Wegen deutlich. In der Veröffentlichung des bekennenden Stuttgart 21-Befürworters Peter Reinhart[5] wird ausgeführt, dass der internationale Richtwert für überlastete Bahnhöfe bei einem Belegungsgrad von 75 % bis 85 % liegt. Für S21 wurde in der Arbeit ein noch tolerierbarer Wert von 72 % errechnet, allerdings mit einer mittleren Haltezeit der Züge von 3 Minuten und einer Ein- und Ausfahrzeit von je 2 Minuten.

Tatsächlich gibt der Internationale Eisenbahnverband (UIC) aus Gründen der Stabilität des Betriebs 75 % Belegungsgrad für einen Großbahnhof mit Regional- und Fernverkehr als Grenzwert an, der nicht überschritten werden darf.[6] Auch wenn die Richtlinie der UIC darauf hinweist, dass dieser Wert nicht exakt ermittelbar ist, so sprechen die angegebenen Einflussparameter dafür, dass bei Stuttgart 21 der Grenzwert sogar eher niedriger angesetzt werden müsste.

Mit Veröffentlichung der Stresstest-Dokumentation steht fest, dass die mittlere Haltezeit der Züge im Stresstest-Fahrplan bei 5,33 Minuten liegt. Damit ergibt sich ein Belegungsgrad von 95 % (unter gleichbleibenden Annahmen für die Ein- und Ausfahrzeiten). Laut Reinhart wären schon 85 % ein "katastrophaler" Wert für einen Großbahnhof. Der Belegungsgrad ist eine der wichtigsten Kenngrößen in der Kapazitätsplanung, wurde aber bemerkenswerterweise im Stresstest von der Bahn nicht berechnet und auch vom Auditor SMA nicht diskutiert, trotz der Forderung im Schlichterspruch nach "anerkannten Standards".

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Nach Möglichkeit sollte versucht werden, den exakten Belegungsgrad für Stuttgart 21 nach den Stresstest-Daten zu ermitteln. Sind 2 Minuten mittlere Zeit für Ein- und Ausfahrt korrekt?

Realistischer Belegungsgrad: 31 Züge / Stunde

Wenn 75 % Belegungsgrad für einen Großbahnhof als überlastet gelten, kann dieser Wert nicht als Auslegungswert herangezogen werden. Werden 70 % Belegungsgrad als hinnehmbar angesehen (auch dann gibt es praktisch keine Zukunftsreserven mehr) errechnet sich gegenüber den 95 % der aktuellen Planung, dass die Zugleistung um 26 % reduziert werden müsste, das ergäbe 36 Züge pro Stunde für einen Bahnhof nahe an der Überlastung. Wollten wir sicher gehen, dass eine "gute Betriebsqualität" erreicht werden kann, erscheinen 60 % Belegungsgrad realistischer (dies ist in Schweden die Obergrenze für eine gute Betriebsqualität, ab hier beginnt der problematische Bereich[7]) entsprechend 31 Zügen pro Stunde.

Diese Ableitung erfolgt nach einem "internationalen Richtwert". Auch in der zitierten Arbeit wurde keine grundlegende technische Einzigartigkeit von Stuttgart 21 herausgearbeitet, die erlauben würde, diesen Bahnhof nach anderen Maßstäben zu messen.

Stressfaktoren

Die Betrachtung der Stressfaktoren zeigt, es ist nicht plausibel, dass Stuttgart 21 mit 49 Zügen pro Stunde eine auch nur annähernd gute Betriebsqualität erreicht. Der Stresstest erscheint als unrealistische Rechenübung, die allein auf dem Papier funktioniert.

....

Auch über die Stressfaktoren ließe sich eine noch fahrbare Zugzahl abschätzen ....

Fazit: Stresstest-Leistungsfähigkeit unplausibel

Einzelnachweise

  1. a b C. M. Engelhardt, "Stuttgart 21: Leistung von Durchgangs- und Kopfbahnhöfen", in "Eisenbahn-Revue International", Heft 6/2011, S. 306-309, Minirex-Verlag, Luzern 2011 (kopfbahnhof-21.de)
  2. Christoph Engelhardt, offene Briefe: 07.06., 11.07. und 31.07.2011. Antworten des Projektsprechers: 28.06., 21.07.2011
  3. 09.06.2011, SWR Fernsehen, "Zur Sache Baden-Württemberg", 17. Minute, Dr. Volker Kefer
  4. 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, Foliensatz Boris Palmer, "Auswertung des Stresstests", Folie 99 (Backup-Folie) (phoenix.de)
  5. a b Peter Reinhart, "Zwischen technischer Machbarkeit, Transparenz und Kundennutzen – Der »Stresstest« für das Projekt »Stuttgart 21«", Eisenbahn-Revue International 07/2011 (spdnet.sozi.info)
  6. Internationaler Eisenbahnverband UIC (Hrsg.), "Capacity", UIC Code 406, 1st edition, 2004, S. 18 / Bl. 22 f (banportalen.banverket.se)
  7. Banverket: 1) Capacity for railway lines, August 6th 2007. 2) Banverket guidance for calculation – Appliance for socio-economic calculations in the railway sector, BVH 706, 2007 (schwedisch). Zitiert in: Alex Landex, "Capacity Statement for Railways", Annual Transport Conference at Aalborg University 2007, S. 6 (trafikdage.dk)