Stuttgart 21/Zitate/Satire: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 13. Dezember 2015, 18:52 Uhr

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Inhalt

Till-Simplizius

Fundstücke von dem Parkschützer-Satiriker "Till-Simplizius" mit besonderer Relevanz für die auf WikiReal.org zusammengetragene Kritik.

Bürgerentscheid

26.05.2015, Till-Simplizius auf parkschuetzer.de:

Bürgerentscheid
Letzte Woche war in der Zeitung zu lesen, dass der Stuttgarter Gemeinderat den Bürgerentscheid zum Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21 nicht zulassen wird. Die Verwaltung ist der Ansicht, die Verhältnisse hätten sich trotz der Steigerung auf aktuell 6,8 Milliarden Euro weder grundlegend noch unzumutbar geändert. Das ist eine sehr relative Sichtweise. Sicher, Kostenexplosionen sind schon lange bei S21 keine grundlegende Änderung mehr. Waren sie eigentlich von Beginn an nicht, weil solche Explosionen immer wieder und mit größter Zuverlässigkeit aufgetreten sind und vermutlich auch weiterhin auftreten werden. Eine Zumutung sind sie meines Erachtens dennoch, ebenso wie das gesamt Projekt.
Doch empfinden dies offensichtlich nicht alle Menschen so. Für Alexander Kotz (CDU) zum Beispiel, steht bei S21 die Umsetzung im Vordergrund. Er meint, man könne nicht ernsthaft über die Beendigung des Projekts nachdenken, wenn man die Baustelle so sehe. Und Herr Stopper von den Grünen sekundierte, dass ein Bürgerentscheid zur etwaigen Übernahme weiterer Mehrkosten überflüssig sei, da die Stadt in Anbetracht des Baufortschritts gezwungen würde, das „Desaster“ einer ewigen Baustelle zu verhindern. Eine merkwürdige Meinung angesichts der Beispiele BER und Elbphilharmonie. Hier haben jegliche Übernahmen von Mehrkosten nicht verhindern können, dass diese beiden Projekte zum Desaster ewiger Baustellen wurden. Und bei S21 überwiegt der Eindruck, dass dieses Projekt bereits als Desaster geplant wurde.
Das alles gab mir zu denken. Ist es wirklich vernünftig, ein völlig verpeiltes Projekt weiter zu betreiben, nur weil man es blöderweise schon begonnen hat? Heute sage ich mit den Worten unseres Altbundeskanzlers Helmut Kohl: „Ich bejahe die Frage rundherum mit ja!“ Dabei spielt es auch gar keine Rolle, ob das Projekt nur mit Lüge und Betrug oder einfach nur aus reiner Dummheit vorangetrieben wurde.
Ausschlaggebend für meine Meinung waren Parallelen, die ich mit verschiedenen Situationen aus dem Alltag gezogen habe. Wer einen Einbrecher bei sich zu Hause erwischt wird ihn doch auch nicht auffordern, sein Diebesgut wieder zurückzustellen und zu verschwinden. Nein. Jeder normale Mensch würde einsehen, dass der Einbrecher jetzt, da er nun mal sein Werk begonnen hat, dieses unbedingt auch beenden muss. Ja, vielleicht hilft er ihm sogar dabei, damit das Projekt schnell und zügig beendet werden kann. Z.B. könnte man dem Dieb sachdienliche Hinweise auf den Aufbewahrungsort von Wertgegenständen geben oder die Kombination des Tresors verraten. Das erspart zudem Kollateralschäden durch aufschweißen oder sprengen desselben.
Oder stellen sie sich vor, ein Assistenzarzt hat irrtümlich statt Operation Obduktion verstanden. Würde der Chefarzt nun darauf bestehen, die Arbeit unverzüglich zu beenden? Jetzt, wo der erste Schnitt schon gesetzt ist? Wohl kaum. Ähnlich wie Herr Kotz würde ein guter Chefarzt eher sagen, dass man nicht ernsthaft über die Beendigung des Projekts nachdenken könne, wenn man den offenen Torso so sehe.
Auch wenn man auf der Fahrt von Stuttgart nach Hamburg feststellen sollte, dass man irrtümlich Richtung Süden statt gen Norden unterwegs ist, wird man nie auf die Idee kommen, umzukehren. Warum auch? Nur weil man damit einen Umweg von rund 40.000 Km auf sich nehmen muss? Sicher nicht. Auch die Tatsache, dass man unnötigerweise Meere über- und Wüsten durchqueren sowie Süd- und Nordpol passieren muss, kann kein Grund zur Umkehr sein. Nein! Egal, ob der einmal eingeschlagene Weg durch Betrug, durch Korruption oder auch nur durch unfassbare Dummheit gewählt wurde, für standhafte und verantwortungsbewusste Menschen kommt eine Umkehr niemals in Frage. Koste es, was es wolle. Und sei es auch das Leben.

Befreiung

10.10.2015, Till-Simplizius auf parkschuetzer.de:

Befreiung!
Es ist Herbst und im ganzen Land fallen mal wieder die Blätter von den Bäumen. Nur nicht in Stuttgart. Hier fallen nicht nur die Blätter, sondern gleich ganze Bäume. Seit S21 ist das in Stuttgart schöne Tradition. In diesem Jahr müssen unbedingt rund 20 Bäume und einiges Buschwerk auf dem Mittelstreifen der Schillerstraße gerodet werden. Sagt zumindest die Bahn. Und die Stuttgarter Zeitung sekundiert, dass eine bis zu neun Meter breite und 200 Meter lange Verkehrsinsel „von der Vegetation befreit“ werden müsse.
Das ist eine schöne Formulierung. Auch mir ist aufgefallen, dass quasi die gesamte Innenstadt mit Grünzeug regelrecht überwuchert. Ohne Buschmesser komme ich kaum noch in die Innenstadt. Da ist es wirklich dringend erforderlich, die Stadt von der vegetativen Übermöblierung, wie es mal ein FDP-Stadtrat bezeichnete, zu befreien.
Überhaupt wirkt S21 überaus befreiend. So hat uns dieses Projekt schon von so vielen Plagen befreit. Zum Beispiel von fließendem Straßenverkehr, von funktionierendem Schienen-Nahverkehr, von einem der leistungsfähigsten Bahnhöfe Europas, vom mittleren Schloßgarten sowie von frischer Luft und Nachtruhe. Weitere Befreiungsaktionen laufen bereits oder werden sicher bald noch kommen. Ich vermute, dass wir bald von unseren Mineralquellen befreit sein werden. Außerdem wird die Bahn über Jahrzehnte hinweg Stadt, Land und Bund von ihren Steuereinnahmen befreien.
Vor diesem Hintergrund wirkt es doch sehr befremdlich, dass sich noch immer so viele Menschen gegen S21 wehren und sich am liebsten von diesem Zukunftsprojekt sowie von dessen Protagonisten befreien würden. Dabei ist es doch so einfach, für S21 zu sein. Dazu muss man sich lediglich von seinem Verstand befreien.

Fahrt gegen die Wand

23.08.2014, Till-Simplizius (kontextwochenzeitung.de):

Ich saß mit Winfried Kretschman, Gisela Erler und Boris Palmer in einem 25 Jahre alten Kleinwagen und raste auf eine solide Betonwand zu. Vor Angst laut schreiend forderte ich, sofort den Wagen zu stoppen und umzukehren.
Kretschmann saß lächelnd am Steuer und beschied mir, dass dies leider nicht gehe. Eine Mehrheit aus Schrotthändlern und Betonsanierern habe beschlossen, dass er die Betonwand mit diesem Wagen zu durchbrechen habe. Außerdem müsse ich auch gar keine Angst haben. Ein Gutachter besagter Mehrheit habe für viel Geld detailliert und kompetent dargelegt, dass der Wagen das schaffe. Meinem Einwand, dass dies entweder eine glatte Lüge oder der Gutachter ein kompletter Versager sei entgegnete er: „Vermutlich beides. Aber dieses Projekt ist über eine klare Mehrheit demokratisch legitimiert. Und in einer Demokratie zählen eben Mehrheiten und keine Wahrheiten.“ Und Boris Palmer sekundierte:“ Diesen Fehler müssen wir jetzt eben machen.“
„Müssen wir nicht!“, schrie ich panisch und versuchte, Kretschmann ins Steuer zu greifen. Aber Gisela Erler hielt mich zurück und nannte mich einen egoistischen Undemokraten. Schließlich habe sogar eine Mehrheit der Bevölkerung dafür gestimmt, dass wir die Betonwand rammen. Mein Argument, dass die Mehrheit dieser Leute offensichtlich auf Lügen hereingefallen sei und zudem auch nicht in diesem Auto säße verwarf sie abschätzig. Die Argumente im Vorfeld der Abstimmung seien so eindeutig gelogen gewesen, dass selbst dem dümmsten Wähler habe auffallen müssen, dass es sich um Lügen handelte. Der Wähler wolle also belogen werden. Kretschmann und er hätten lediglich diesen Willen erfüllt. Das sei gelebte Demokratie. Ungläubig fragte ich in die Runde, ob die drei tatsächlich bereit seien, ihr Leben für ein verlogenes Betrugsprojekt zum Nutzen weniger Profiteure zu opfern. Milde lächelnd ob meiner Naivität beschieden mir alle drei unisono: „Natürlich nicht!“ Und Winfried ergänzte: „Wir werden in Kürze mit dem Schleudersitz in ein wesentlich komfortableres Fahrzeug befördert, das in eine deutlich rosigere Zukunft fährt. Ihnen aber wünschen wir weiterhin eine gute Fahrt und viel Glück.“ Dann schossen sie sich nach oben aus dem Fahrzeug heraus und ich wachte schweißgebadet auf. Tiefe Erleichterung durchströmte meinen Körper. „Was für ein Albtraum“, dachte ich und mein Blick fiel auf einen Zeitungsartikel über Stuttgart21. „Was für ein Albtraum!“


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