Stuttgart 21/Personenzugänge/Bahnsteigvergleich: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 28. Dezember 2020, 23:25 Uhr
Ergebnis des Faktenchecks: Die Bahnsteige des neu gebauten Tiefbahnhofs Stuttgart 21 sind die engsten Bahnsteige im Vergleich mit neu gebauten internationalen großen Bahnhöfen. Obwohl am Stuttgarter Hauptbahnhof mit dem im Vergleich höchsten Fahrgastaufkommen zu rechnen ist, ist die Bahnsteigbreite sehr schmal, vor allem aber sind die Durchgänge neben den Treppenblöcken extrem eng. Unter weniger kritischen Bedingungen sind Menschen schon ins Gleis gestürzt. Der bloße Vergleich mit internationalen Bahnhofsprojekten bestätigt auch für Laien leicht erkennbar die über Jahre im Detail an den schöngerechneten Personenstromgutachten zu S21 geübte Kritik.
→ Diese Recherche wird laufend fortgesetzt, dafür ist jede Mithilfe willkommen!
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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Schon früh waren die Engpässe auf den Bahnsteigen neben den Treppenblöcken des S21-Tiefbahnhofs kritisiert worden. Stuttgart 21 war trotz dieses schweren Mangels aufgrund von Verfahrensmängeln durch die Genehmigungsverfahren gekommen. Auch als die Projektkritiker die schöngerechneten bzw. schöngeredeten Personenstromgutachten von Durth Roos und PTV im Detail entkräfteten, wurde dies von verantwortlicher Seite wie auch von der Öffentlichkeit zumeist übergangen.
Der bloße Vergleich der Bahnsteigparameter mit internationalen Bahnhofsprojekten in der unten aufgeführten Tabelle bestätigt die Kritik auch für Laien leicht erkennbar: Bei der Genehmigung konnte es gar nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, so groß ist der Abstand in den Stuttgart 21-Parametern zu der Auslegung anderer großer Bahnhöfe. Dort wird entsprechend dem zu erwartenden Personenaufkommen weit über die Mindestanforderungen der Regelwerke hinausgegangen. Im Ergebnis sind bei Stuttgart 21 um Faktoren höhere Personendichten zu erwarten, als sie sich bei den Referenzbahnhöfen ergeben. Stuttgart 21 könnte in der Mehrzahl der Länder überhaupt nicht genehmigt werden, weil bspw. die Durchgangsbreiten dort die Mindestanforderungen der Richtlinien unterschreiten.
Mittelbahnsteige im Vergleich
Tabelle Referenzbahnhöfe
Die Parameter eines Bahnsteigs und der dort haltenden Züge haben Bedeutung für Sicherheit und Leistungsfähigkeit im täglichen Betrieb, wie auch für eine sichere Evakuierung im Katastrophenfall. Die Darstellung beschränkt sich bisher auf die für große Bahnhöfe besonders wichtigen Mittelbahnsteige. Seitenbahnsteige werden noch nicht betrachtet.
Die Bahnhöfe werden zunächst grob charakterisiert mit den Daten zu Bau- und Betriebsbeginn, den zulässigen Geschwindigkeiten im Bahnhof, der Bahnsteiglänge und baulichen Besonderheiten, wie der Angabe, ob es sich um einen Tiefbahnhof handelt. Es folgen die beiden entscheidenden geometrischen Parameter, die Bahnsteigbreite]] und die Breite der Durchgänge]] neben den Treppenauf- oder abgängen, danach die Angaben zum Fahrgastaufkommen auf den Bahnsteigen. Ausgegangen wird von dem in dem Bahnhof verkehrenden Zugtyp mit der größten Kapazität pro Länge. Außerdem wird über eine geschätzte Fahrgastwechselquote nach Weidmann berücksichtigt, wie groß der typische Fahrgastwechsel an diesem Halt ist. Es werden drei Ausprägungen mit Quoten von 25 %, 50 % und 75 % der vollen Zugkapazität angesetzt. Die Zahl der Personen pro Meter gibt die Höhe des Fahrgastaufkommens pro Meter des Bahnsteigs an für den Fall, dass an beiden Bahnsteigkanten gleichzeitig derartige Züge halten. Die Dichte der Personen pro Quadratmeter des Bahnsteigs wird aus der vorausgehenden Zahl und der Bahnsteigbreite minus 10 % für Einbauten auf dem Bahnsteig ermittelt. Die Dichte im Engpass wird aus den Fahrgästen nur für eine Bahnsteigkante und der Engpassbreite ermittelt. In den hinteren Spalten der Tabelle sollen noch Daten zum Umfang der Treppenanlagen gesammelt werden. Damit könnte in einem späteren Schritt auch die Evakuierung der verschiedenen Bahnhöfe bewertet werden.
Dunkel hinterlegte Felder geben wichtige noch fehlende oder zu überprüfende Daten an bzw. Datenrubriken, die noch relativ unvollständig gefüllt sind, wie die Daten zu den Treppenanlagen. Oder es werden wichtige Referenzbahnhöfe in dieser Weise gekennzeichnet, deren Parameter noch einer unabhängigen Prüfung unterzogen werden sollten. Rot hinterlegt sind besonders kritische Parameter. Zur Erklärung von Abkürzungen, Klammern und * (Fußnoten) siehe unten die Legende.
Mittelbahn- steige neuer Großbahnhöfe |
Beginn Bau/ Betrieb |
Entw ges. km/h |
Bahn- steig- länge |
baul. Beson -derh. |
Maxim. Bahnst. breite |
Eng- pass- breite |
Eng- pass- länge |
Zug-/ Wagg.- typ |
Kapaz Sitz-& Stehpl |
Länge ohne Lok |
mittl. Md.hz Min |
Fahrg. wechs. -quote |
Bahn steig P/m |
Bahn steig P/m² |
Eng- pass P/m² |
Roll- trep. m |
Fest- trep. m |
Anz. Auf- züge |
Entfl -zeit Min |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Antwerpen Centraal (NL) |
1998/07 [1] |
90 [1] |
400 m [2] |
TB [1] |
10 m* [3] |
3,5 m [4] |
VIRM VI [5] |
602 [5] |
162 m [5] |
2,0 [6] |
50 % | 3,7 | 0,41 | 0,53 | |||||
Australien HSR (AU) |
(Kon- zept) |
– | 315 m [7] |
– | 13,6 m [7] |
3,5 m [7] |
– | HSR Ph 2[7] |
780 [7] |
300 m [7] |
– | (75 %) | 3,9 | 0,32 | 0,56 | ||||
Berlin Hbf (DE) |
1995/06 | 60/ 100 |
457 m | (TB) | 10 m | 2,05 m | – | BR 753/ 756 |
1.755 | 188 m | 2,0 | 50 % | 9,3 | 1,0 | 2,3 | ||||
Bern RBS (CH) |
2017/25 | 50 | 190 m | TB | 12 m | 3,3 m | – | Planans. |
750 | 180 m | 3,0 | 75 % | 6,3 | 0,6 | 0,9 | ||||
Delft Central (NL) |
2009/15 | 350 m | TB | 13,6 m | 3,5 m | 5 m | VIRM VI |
602 | 162 m | 0,4 | 25 % | 1,9 | 0,2 | 0,3 | |||||
Doha Metro Phase 1 (QA) |
2013/19 | 100 | 120 m | TB, BT | 14,4 m | 3,3 m | 1 m | MMHKT |
436 | 120 m | – | 75 % | 5,5 | 0,4 | 0,8 | ||||
Frankfurt Flug- hf. Fern (DE) |
1995/99 | 430 m | TB | 13 m | 2,85 m | ICE 3 |
929 | 402 m | 2,0 | 50 % | 2,3 | 0,2 | 0,4 | ||||||
Luzern Tief- bahnhof (CH) |
2030/40 | – | 420 m | TB | 12 m | HSR Ph 2 |
50 % | ||||||||||||
Kassel Wilh.- höhe (DE) |
1986/91 | 80/ 100 |
440 m | 17,6 m* | 2,4 m* | 5 m | Flirt BR 429 |
660 | 91 m | 0,5 | 25 % | 3,6 | 0,2 | 0,8 | |||||
Malmö Trian geln (SE) |
2005/10 | 100 | 250 m | TB | 14,5 m | 3,5 m | 12,5 | X61 |
965 | 297 m | 0 [8] |
75 % [8] |
4,9 | 0,4 | 0,7 | ||||
Mekka-Medina HGV (SA) |
2009/18 | 470 m [9] |
– | 19,7 m [9] |
6,8 m* [10] |
(10) | Talgo 350 |
417 | 200 m | – | 75 % | 3,1 | 0,2 | 0,2 | |||||
München Hbf 2. SBSS (DE) |
2017/32 [11] |
80 | 210 m | SL, EH, TB |
14,7 m | 4 m* | BR 423 | 1.632 | 202 m | 0,5 | 75 % | 12,1 | 0,9 | 1,5 | |||||
Madrid-Sevilla HGV (ES) |
2002/07 | 300 | 430 m | – | 16 m | 16 m [12] |
– | AVES 112 |
715 | 400 m | 3,0 | 75 % | 2,7 | 0,2 | 0,1 | ||||
Stockholm City (SE) |
2009/17 | 90 | 255 m | TB, BT, EH |
14,5 m* | 3,5 m* | SJ X60 B |
554 | 107 m | 2,0 | 75 % | 7,8 | 0,6 | 1,1 | |||||
Stuttgart 21 (DE) |
2014/25 | 100 | 420 m | TB, QV! |
10 m | 2,05 m | 10 m | BR 753/ 756 |
1.755 | 188 m | 3,0 | 75 % | 14,0 | 1,6 | 3,4 | ||||
Warszawa Centralna (PL) |
1972/76 | 80 | 400 m | TB | 12,5 m | 3,5 m | 10,9 | B9mno puz |
70 | 26,4 m | 75 % | 4,0 | 0,4 | 0,6 | |||||
Wien Hbf (AT) |
2009/14 | 60 | 450 m | QV! | 12,5 m | 2,85/ 3,5* |
1,25/ 11 |
R (Tale nt) |
451 | 66,9 m | 3,0 | 75 % | 10,1 | 0,9 | 1,8 | ||||
Zürich Löwen- str. (CH)[13] |
2007/14 | 80 | 420 m | TB, QV! |
13,5 m | 3,5 m* | – | FV-Do- sto |
1.373 | 401 m | 3,0 | 75 % | 5,1 | 0,4 | 0,7 |
Legende
Verwendete Abkürzungen und Notationen:
Bauliche Besonderheiten bzw. Betriebsbedingungen | |
BT | Bahnsteigtüren |
EH | Einhausung (meist verglaste Gehäuse von Treppenanlagen zur Rauchabtrennung) |
GP | Gepäckbahnsteig |
QV! | Querverkehr an Engpässen, d.h. viele Reisende sind zur Passage der Engstelle gezwungen |
SL | Spanische Lösung (Einstieg von einer, gleichzeitig Ausstieg zur anderen Seite) |
TB | Tunnel- bzw. Tiefbahnhof |
Parameterwerte | |
(x) | Geklammerter Wert: Grobe Schätzung |
* | aus Plänen oder Fotos ausgemessene Werte |
Leer: Noch fehlender Wert | |
– | Gedankenstrich: Wert fehlt, ist aber auch nicht zu erwarten bzw. grundsätzlich nicht zu bekommen |
Richtlinienvorgaben
Nachfolgend werden internationale Richtlinienvorgaben für die Bahnsteigbreite von Mittelbahnsteigen zusammengetragen. Mindestdurchgangsbreiten die über die Europäische Richtlinie (TSI PRM) hinausgehen werden grün hinterlegt. In dieser Mehrzahl der Länder wären die 2,05 m Durchgangsbreite von Stuttgart 21 nicht zulässig, nicht einmal am Bahnsteigende eines Kleinbahnhofs.
Dunkel hinterlegte Felder markieren wichtige noch fehlende oder zu überprüfende Daten bzw. Datenrubriken, die noch relativ unvollständig gefüllt sind. Insbesondere die Richtlinien-Anforderungen zur Ermittlung der Mittelbahnsteigbreite sind noch sehr unvollständig, hier könnten zuerst die vorhanden Richtlinien vertieft ausgewertet werden.
Richtlinie | Minimale Durchgangsbreite |
Maßgebliche Personenzahl |
Formel für Mittelbahnsteigbreite |
---|---|---|---|
AT Österreich | 1,9 m (?) | ||
AT Österreich EisBBW | 1,35 m (?) | ||
AU High Speed Rail | 3,5 m | ||
AU New South Wales | empf. 3,3 m (min. 2,7 m) |
Fruin Level C 1,4 - 2,3 m²/p | |
AU South Australia | 3 m | ||
BG Bangladesch | 2 m | ||
CH BAV Empfehlung | 2,05 m | ||
DE Richtlinie 813.0201 | 2,05 m[14] | ||
EU COST 335 | 2,5 m | ||
EU TSI PRM | 2,05 m[14] | ||
GB Crossrail | 4,5 m | ||
GB Railway Group Standard GI/RT7016 |
2,5 m (≤ 160 km/h) |
||
IE Irland | 2 m | ||
IN Indien | 2,64 m | ||
IN Neu Delhi | 2,64 m | ||
IT Italien | |||
NL Niederlande | |||
NL Regeling hoofdsp.- weginfrastrukt. (-03.12) |
2,25 m | ||
SE Stationshandbok | 2,6 m | ||
SG Singapur[15] | 2,5 m | ||
US ADA | 1,524 m | ||
US ITE Inst.Transp.Eng. | 2,44 m | ||
US Metrocouncil LRT | 2,44 m | ||
US Metrocouncil Metro | 2,92 m | ||
US NFPA ROPA | 2,5 m | ||
ZA Südafrika[16] | 3 m | Wartende + Aussteiger + Wart. Folgezug (peak) |
> 9 m, mind. 0,5 - 0,8 m²/p |
Todos
Tragen Sie zu dieser Übersicht bei! Helfen Sie mit, die Daten zu ergänzen und zu belegen! Gerne auch ohne komplizierte Formatierungs-Syntax auf der Diskussionsseite. Gleich oben rechts anmelden/registrieren! Oder Hinweise einfach an: info@wikireal.org
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Die Ergänzung weiterer Mittelbahnsteigparameter neuer Bahnhöfe oder von Richtlinien ist sehr willkommen. Die Abstimmung gemeinschaftlicher Arbeit dazu und die Dokumentation des Fortschritts kann auf der Diskussionsseite erfolgen.
Einzelnachweise
Sollten Links mit der Zeit veralten, hilft oft eine Suche unter web.archive.org.[17] Entsprechend korrigierte Links können gerne hier nachgetragen werden.
- ↑ a b c de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Antwerpen-Centraal#Nord-Süd-Verbindung
- ↑ nl.wikipedia.org/wiki/Station_Antwerpen-Centraal#Noord-zuidverbinding
- ↑ Ausgemessen aus Foto: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e8/Antwerp_Central_station_-_level_-2_%283%29.jpg
- ↑ Ausgemessen aus Foto: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/62/Antwerp_Central_station_-_level_-2_%284%29.jpg
- ↑ a b c de.wikipedia.org/wiki/NS-Baureihe_DD-IRM#Wagenkonfiguration
- ↑ Fahrplan 2019
- ↑ a b c d e f High Speed. Rail Study. Phase 2 Report, Appendix Group 2, Preferred HSR system" (pdf infrastructure.gov.au), S. 61 / Bl. 79: 13,6 m Bahnsteigbreite und 3,5 m Durchgangsbreite, letzt. s.a. S. 31 / Bl. 49 f, S. 12 / Bl. 30: 520 Sitze bei 200 m oder 780 Sitze bei 300 m
- ↑ a b Der Widerspruch zwischen 0 Minuten fahrplanmäßiger Haltezeit und Beschreibungen von hohem Fahrgastaufkommen ist noch unaufgelöst. Womöglich sind die 0 Min. Haltezeit ein Artefakt des Fahrplans?
- ↑ a b Yapi Merkezi, "Nature inspires for solutions", 2018 (pdf yapimerkezi.com.tr), S. 64 / Bl. 34
- ↑ Aus Bild ausgemessen: areen.com/work/aviation/king-abdulaziz-international-airport-railway-station
- ↑ de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Stammstrecke
- ↑ Der Bahnhof Segovia-Guiomar hat Zugänge nur an den Bahnsteigenden, so dass es keine nennenswerten Engpässe auf dem Bahnsteig gibt.
- ↑ Ohne S-Bahn.
- ↑ a b 2,05 m = 1,20 m + Gefahrenbereich (typ. 0,85 m)
- ↑ Singapore Civil Defence Force, "Code of Practice for Fire Precautions in Rapid Transit Systems", 2017 (pdf scdf.gov.sg), S. 29 Punkt 2.5.4: Mind.-Durchgangsbreite
- ↑ Jochen Schmidt von Wühlisch, Dissertation "(Re)-Programming Typologies of Public Infrastructure to serve as a Tool for Cultural Evolution. A Re-imagination of the Cape Town Station", 03.11.2016 (pdf open.uct.ac.za), S. 119, 121
- ↑ Die nicht mehr erreichbare Url einfach vollständig in die Suche eingeben.