Benutzer:Kalle53

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Fernbahntunnel Frankfurt

Zusammenfassende Bewertung (Stand 13.12.2021)

Offizielle Homepage der DB: [1]

Wikipedia-Eintrag [2] [[3]]


Aus heutiger Sicht ergeben sich folgende wesentliche Kritikpunkte an dem Projekt des Fernbahntunnels am Frankfurter Hauptbahnhof:

1. Keine Transparenz in der Projektentwicklung

Die regionale Planung der Schienen-Infrastruktur wurde mit dem Konzept Rhein-Main plus aus dem Jahr 2003, dessen Fortschreibung im Jahr 2009 sowie dem Gesamtkonzept für die Schienen-Infrastruktur in Hessen aus dem Jahr 2017 vorbildlich transparent dargestellt. Darin wird ein Fernbahntunnel (als Option) ebenso nicht erwähnt wie in dem 2016 vom BMVI erstellten BVWP 2030. Die Ankündigung des Fernbahntunnels durch das BMVI im Nov. 2018 erfolgte konträr zu der im genannten Konzept von 2017 noch betonten transparenten Beteiligung von Bürgern, Organisationen und Institutionen.

2. Widersprüchliche Verfahrensweise bezüglich des Deutschlandtakts

In dem Arbeitsstand von 2017 zu dem von SMA konzipierten und vom BMVI herausgegebenen Zielfahrplan 2030 zum Fernverkehr ist lediglich der existierende S-Tiefbahnhof am Hbf aufgeführt. Im Abschlussbericht 2020 wird jedoch ein neuer Fernbahnhof in dem für 2030 geplanten Deutschlandtakt zugrunde gelegt, obwohl dieser gemäß der im Juni 2021 vorgelegten Machbarkeitsstudie erst nach 2040 zur Verfügung stünde.

3. Keine Kosten-Nutzen-Untersuchung

Bei schienengebundenen ÖPNV-Projekten erfolgt eine standardisierte Bewertung mit dem Ziel einer Kosten-Nutzen-Analyse unter Einbeziehung der Betriebskosten. Bei Großprojekten der Deutschen Bahn kommt dieses, wie auch im vorliegenden Fall, nur begrenzt zum Einsatz. Bemängelt werden muss deshalb auch eine fehlende Klimabilanz, die hierbei mit einfließen müsste. Bedingt durch den hohen Ressourceneinsatz in der Bauphase ist eine langfristig positive Klimabilanz durch Umrechnung in CO2-Äquivalente fragwürdig. Den aufgrund vorliegender Erfahrungswerte zu veranschlagenden CO2-Emissionen durch Stahl und Betonherstellung müssten vermiedene CO2-Emissionen gegenüber gestellt werden, die sich aufgrund zusätzlicher Inanspruchnahme der Bahn und vermiedene Pkw-Kilometer ergeben. Letzteres ist aber mit belastbaren Zahlen kaum möglich. Hierzu muss auch auf das vom BUND erstellte Rechtsgutachten zum BVWP 2030 verwiesen werden.

4. Keine Transparenz zum Ausbau der Zulaufstrecken

Zugrunde gelegt wird, dass fast der gesamte Fernverkehr im Fern-Tiefbahnhof abgewickelt werden soll, d.h. dass Ausnahmen eingeplant sind. Die Main-Weser-Linie kann ebenso wenig eingefädelt werden wie der Zulauf über die Main-Neckar-Brücke. Letzterer würde ersetzt durch die zukünftige Niederräder Brücke. Unklar ist, warum der prinzipiell seit 2003 geplante vierspurige Ausbau vom Südbahnhof über die Main-Neckar-Brücke noch nicht begonnen wurde. Dieser würde bereits vor 2030 eine deutliche Entlastung bringen, wäre aber theoretisch nach Fertigstellung des Fernbahntunnels (nach 2040) obsolet. Keinerlei Prüfung erfolgte bisher, ob durch einen Ausbau der Zulaufstrecken in der Region auch eine Verlagerung von Umstiegen im Fernverkehr erfolgen könnte, die derzeit über den Hauptbahnhof erfolgen. Dem ist zugrunde zu legen, dass bereits jetzt mit dem Fernbahnhof am Flughafen ein Umstieg von Fahrgästen mit Start-Ziel Frankfurt Stadtmitte erfolgen kann, sowohl direkt am Fernbahnhof wie auch über den fußläufig zu erreichenden Regionalbahnhof oder eine Busverbindung.

5. Keine Szenarien für Frequentierung, Verkehrsflüsse und Umstiegszeiten

Umsteigezeiten inkl. Verkehrswege: Bei einer Tiefe der Bahnsteige im Fernbahntunnel von ca. 40 m unterhalb der Haupthalle ergeben sich für die Fahrgäste mit Start und Ziel Frankfurt größere Wegezeiten als dieses derzeit bei Umstieg auf S- und U-Bahn in ca. 20 m Tiefe der Fall ist. Szenarien für künftige Pendlerströme und Umstiege: Abhängig vom Ausbau der Zulaufstrecken und anderer Regionalbahnhöfe können sich evtl. erhebliche Verschiebungen der Verkehrsströme ergeben, wofür Simulationsrechnungen erfolgen müssten. Hinzu kommen auch wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Einflussfaktoren, die als Alternativ-Szenarien betrachtet werden müssten.

6. Keine Gesamtbewertung von Umweltbelastungen und Risiken in der Bauphase

In der Zusatzstudie zu den Umweltauswirkungen werden erhebliche Umweltbelastungen aufgeführt. Diese betreffen sowohl das Grundwasser wie auch Luft-Schadstoffbelastungen und Rückwirkungen auf das Mikroklima. Einschränkungen der Verkehrs-Infrastruktur an der Ost- und Südseite des Hbf: Während die Ostseite derzeit zum zentralen Straßenbahnknoten der Stadt Frankfurt ausgebaut wird, wurde an der Südseite das Fernbusterminal errichtet. Der Bau eines Tiefbahnhofs an der Südseite würde gravierende Einschränkungen für die Verkehrs-Infrastruktur bedeuten, die in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden müssten.

7. Bindung von begrenzten Ressourcen durch ein einziges Großprojekt

Die Bereitstellung von Investitionsmitteln durch das BMVI ist kein Geschenk. Voraussetzung für deren Nutzung ist die Verfügbarkeit von Ingenieuren und Technikern für Planung und Baubegleitung, was bei den Vorzugsvarianten jeweils mit knapp 0,5 Mrd. € veranschlagt werden kann. Diese fachlichen Ressourcen fehlen bei einer Vielzahl von kleineren Projekten, die nur einen Bruchteil an Kosten verursachen (siehe Anlage 5).

8. Keine Prüfung von Kriterien und Alternativen

Letztlich hängt die Bewertung des Fernbahntunnels davon ab, welche Kriterien und Alternativ-Szenarien zugrunde gelegt werden. Die Darstellung der DB Netz („Nutzen und Chancen“) ist sehr selektiv auf rechnerische Geschwindigkeits- und Zeitgewinne ausgerichtet. Vorhandene Alternativen zeigen hingegen auf, dass mit einem Bruchteil der anvisierten Kosten des Fernbahntunnels effiziente Verbesserungen der Schienen-Infrastruktur möglich wären. Mit dem vorliegenden Konzept „Mit Takt vor Tempo“ (siehe Anlage 2) ist sogar eine Verdreifachung des Schienenverkehrs bis 2030 statt der bisher propagierten Verdoppelung möglich.


2. Hintergrund zum regionalen und bundesweiten Ausbau des Schienenverkehrs

2.1 Chronologie regionaler Konzepte zur Bahn-Infrastruktur

2003 - 2009: Schienen-Verkehrskonzept Frankfurt Rhein-Main-Plus Das ursprüngliche Konzept ist nicht mehr im Netz verfügbar.1 Darin sind oberirdische Ausbaumaßnahmen beschrieben, die wohl im wesentlichen auch im 2009 erstellten Statusbericht enthalten sind.2 Unter anderen sind dort auf Seite 13 benannt: Ausbaumaßnahmen Südbahnhof und Anbindung 4-spurig an Hauptbahnhof 2016: Bundesverkehrswegeplan 2030 Die vom BMVI beauftragte Machbarkeitsstudie zum Deutschland-Takt (durchgeführt von IGES in Braunschweig 2015) hat gezeigt, dass ein integrierter Taktfahrplan für den Personenverkehr auf dem deutschen Schienennetz betrieblich, technisch und rechtlich realisierbar ist. Zu dessen Umsetzung schlägt die Studie eine fahrplanbasierte Infrastrukturentwicklung mit fokussierten Aus- und Neubaumaßnahmen mit dem Ziel einer bestmöglichen Lösung für den Taktverkehr vor. (Seite 41) Benannte Maßnahmen Schienenverkehr sind im BVWP 2030:3

   • Lfd. Nr. 2 ABS/NBS Hanau – Würzburg/Fulda – Erfurt 

→ ca. 4 Mrd. Euro abhängig von Alternativentscheid Gelnhausen – Mottgers

   • Lfd. Nr. 24 Großknoten (Frankfurt, Hamburg, Köln, Mannheim, München)

→ ca. 2,5 Mrd. Euro

   • Lfd. Nr. 25 Projekte des Potenziellen Bedarfs, u.a. Maßnahmen für Deutschland-Takt

→ ca. 750 Mio. Euro Als nicht monetär bewertetes Projekt ist dabei als Knoten Frankfurt aufgeführt: 4 2 zusätzl. Gleise f. Fernverkehr zw. F/M Stadion u. Abzw Gutleuthof (einschl. 3. Niederräder Brücke), niveaufreie Ein- bzw. Ausfädelung der Vbk Frankfurt-Niederrad - Abzw Forsthaus, 2-gleisiger Ausbau Homburger Damm, Frankfurt (Main) Hbf: Umgestaltung des Vorfeldes und der Bahnsteiganlagen des Hauptbahnhofs einschl. Zulaufstrecken, Anpassung Gleise 1-5, Verlängerung Bahnsteige, Linksbetrieb Frankfurt Hbf - Frankfurt Süd, Umgestaltung Bahnhof Frankfurt Süd auf Richtungsbetrieb, 4-gleisiger Ausbau Abzw Frankfurt Main-Neckar-Brücke - Frankfurt Süd, 4-gleisiger Ausbau Bad Vilbel - Friedberg (Hess) (separate S-Bahn-Gleise), 2 zusätzl. Gleise für S-Bahn F/M Ost - Hanau inkl. Einbindung in den Knoten Hanau (Nordmainische Strecke) Mai 2017: Konzept für Ausbau der Schienen-Infrastruktur in Hessen Ausbaupläne für die Netz-Infrastruktur in Hessen unter besonderer Berücksichtigung des Güterverkehrs erfolgten 2017. Darin sind auch die früheren Ausbaupläne des Konzeptes Rhein-Main-Plus enthalten.5 Auf Folie 9 der Präsentation heißt es: „Neu- und Ausbauvorhaben werden von Beginn an digital und mit Beteiligung der Bürger geplant und umweltgerecht umgesetzt“ Auf Folie 4 ist von Neu- und Ausbau-Projekten mit einem Gesamtvolumen von 12 Mrd. EUR die Rede. Bezüglich des Hbf Frankfurt werden explizit genannt: „Knoten Frankfurt Hbf/Süd und Homburger Damm“. Status im Dezember 2021 ist: Das zweite Gleis auf dem Homburger Damm wurde vor kurzem fertig gestellt und ist jetzt verfügbar. Inwieweit eine 4-gleisige Anbindung des Südbahnhofs voran getrieben wird, ist derzeit unklar. (Siehe dazu Anlage 4). Auf der Homepage der DB Netz zum Fernbahntunnel ist dieses aktuell nicht ersichtlich.6 Nov. 2018: BMVI nimmt Fernbahntunnel in vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 auf Aufgrund der voran gestellten Dokumentation zur Planung der regionalen Netzentwicklung von 2003 bis 2017 ist unklar, auf welcher Basis im Nov. 2018 der Fernbahntunnel als Projekt vorgestellt wurde. Juli – August 2020: Konzept Deutschlandtakt auf Basis Fernbahntunnel Siehe dazu die Ausführungen im nächsten Abschnitt 2.2. 28.6.2021: DB Netz stellt Machbarkeitsstudie zum Fernbahntunnel vor Siehe dazu die Ausführungen im Abschnitt 3. Die komplette Machbarkeitsstudie wurde Mitte Oktober 2021 auf der Homepage der DB Netz zum Fernbahntunnel veröffentlicht. August 2021: BMVI stellt Abschlussbericht zum Deutschlandtakt vor Siehe dazu auch den Auszug von Projekten in Hessen für potenziellen Bedarf (Anlage 5) November 2021: Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung Siehe dazu auch den verkehrspolitischen Auszug als Anlage 3

2.2 Deutschlandtakt

In einer Vorstellung des Konzeptes vom Dez. 2017 heißt es auf der Homepage des BMVI: „Basis für einen Deutschland-Takt ist vielmehr ein erweiterter „Fahrplan 2030plus“, der auf den Zielfahrplan 2030 und das Zielnetz des BVWP 2030 aufsetzt und diese um weitere aus dem Fahrplan abgeleitete Maßnahmen (z. B. Maßnahmen des Potenziellen Bedarfs des BVWP, Maßnahmen zur Verbesserung des Nahverkehrs) ergänzt. Das BMVI hat im April 2016 ein Konsortium unter Führung der Fahrplanexperten von SMA und Partner AG mit der Erstellung dieser netzweiten Fahrplankonzepte beauftragt. Damit wird die fahrplanbasierte Infrastrukturentwicklung weiter umgesetzt. Insgesamt haben die Maßnahmen im BVWP 2030 für den Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur - und damit auch für den Deutschland-Takt - ein Investitionsvolumen von über 42 Milliarden Euro.“ Im dritten und abschließenden Gutachterentwurf zum Deutschlandtakt7 heißt es auf Seite 57: „Der 3. Entwurf enthält zudem auf Wunsch der Branche zusätzliche Linien mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 230 km/h. Sie wurden für den Zielfahrplan Deutschlandtakt im Rahmen des Zukunftsbündnis Schiene auf ausgewählten Hauptrelationen angemeldet. Ziel war es, mit günstigem Fahrzeugmaterial SPFV-Angebote für eine preisbewusste Kundschaft am Markt platzieren zu können. Die Trassen gehen über das Mengengerüst des BVWP deutlich hinaus.“ auf Seite 62: „Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h sind in großer Zahl in Deutschland vorhanden bzw. bestellt, im Deutschlandtakt aber in geringerem Maße erforderlich. Ein Einsatz dieser Fahrzeuge auf Linien mit einer Anforderung von 230 km/h bzw. 200 km/h drängt sich auf und erlaubt die Deckung der Bedürfnisse in diesen Geschwindigkeitsbereichen. Die Flotte an Fahrzeugen mit 160 km/h Höchstgeschwindigkeit in Deutschland erscheint bei dieser groben Abschätzung als auskömmlich.“ Damit wird zumindest indirekt eingeräumt, dass die Fixierung auf Hochgeschwindigkeitstrassen nicht bedarfsgerecht ist. Seite 73: „Die Angebotsstruktur des Nahverkehrs im Land Hessen ist im Rahmen des Deutschlandtaktes sehr intensiv ausgeplant und diskutiert worden. … Konkrete Zielsetzungen der Aufgabenträger sind mehrheitlich umgesetzt, u.a.: - Stündliche Durchbindung des Hessen-Express Wiesbaden – Frankfurt (Fernbahntunnel) – Offenbach – Hanau – Fulda – Bebra - Angebotsanpassung auf der Main-Weser-Bahn und der Strecke Gießen – Siegen mit besseren Knoteneinbindungen und Flügelzugkonzepten“ In der Präsentation des Deutschlandtaktes vom 15.7.2020 heißt es auf Seite 140 zu „Eckpunkte des FV-Entwurfes für Hessen“: „Führung nahezu des gesamten FV durch den neuen Fernbahnhoftunnel Frankfurt Hbf, der eine infrastrukturelle Ergänzung zum derzeit bestehenden Hbf darstellt “ sowie in der grundsätzlichen Darstellung auf Seite 146: Grundsätzliche Idee:

   • Neubau des Fernbahntunnels ergänzend zu den oberirdischen Anlagen
   • Führung des Durchgangsverkehrs durch den neuen Fernbahntunnel
   • Kapazitätsgewinn auf den bestehenden Strecken zugunsten des Regionalverkehrs

Auswirkungen auf den Fernverkehr:

   • Entfall des Fahrtrichtungswechsels
   • Fahrzeitkürzung für durchfahrende Reisende von etwa 7 Minuten
   • Geringere Abhängigkeiten mit dem Regionalverkehr
   • Schaffung neuer Verbindungen durch Fv-interne kürzere Anschlüsse im Tiefbahnhof (z.B. halbstündliche Verbindungen von Hamburg und Berlin/Erfurt nach Mannheim)

Nutzung des Fernbahntunnels durch den Regionalverkehr:

   • Nutzung des Fernbahntunnels vom HeEx 5 Wiesbaden – Frankfurt Flughafen – Frankfurt Hbf (Tunnel) – Offenbach – Hanau – Fulda – Bebra als neue schnelle Ost-West-Verbindung im Ballungsgebiet Rhein-Main und damit Entlastung von Frankfurt-Stadion
   • Höhere Kapazitäten für den Regionalverkehr im oberirdischen Bahnhofsteil

Ähnlich wird es im dritten und abschließenden Gutachterentwurf vom 31.8.2021 formuliert. Zusätzlich heißt es dort noch unter Bezug auf die vorliegende Machbarkeitsstudie: „Der aktuelle Stand der vertieften Machbarkeitsstudie zum Fernbahntunnel Frankfurt bevorzugt eine beidseitige Anbindung an die nordmainische und südmainische Strecke nach Hanau, so dass zusätzliche Ausbauten zwischen Offenbach und Hanau vermieden werden können. Die Planungen zum Deutschlandtakt haben diese Anbindungen bereits vorausgedacht, aber nicht unterstellt, so dass eine entsprechende Anpassung der Angebotskonzepte konzeptneutral möglich ist.“ Im Klartext heißt das: Die aktuellen Planungen zum Deutschlandtakt setzen den Fernbahntunnel voraus, der aber erst nach 2040 zur Verfügung stünde. Dieser Widerspruch zum BVWP2030 (plus) lässt sich nicht auflösen.8

2.3 Darstellung der DB Netz

Auf der Webseite „Fernbahntunnel – Nutzen und Chancen“ findet sich folgender Inhalt: 9 „Der Verkehrsknoten Frankfurt Die aktuelle Situation: Bereits heute fahren ein Drittel aller Fernverkehrszüge in Deutschland den Frankfurter Hauptbahnhof an. Rund 450.000 Pendler und Reisende nutzen ihn täglich als Ziel- oder Umsteigebahnhof und es werden kontinuierlich mehr. Mit täglich rund 1.200 Zügen des Fern- und Nahverkehrs ist der Frankfurter Hauptbahnhof bereits heute an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. In Zukunft wird der Schienenverkehr noch weiter zunehmen. Was bedeutet das für den Knoten Frankfurt? Viele Züge, zu wenig Platz Die Folge: Durch das hohe Zugaufkommen kommt es zu Engpässen im Zulauf des Hauptbahnhofs. Um den Bahnhof zu erreichen, müssen einfahrende Züge warten oder Umwege nehmen. Damit gehen Zugverspätungen sowie längere Reise- und Wartezeiten einher. Der prognostizierte zukünftige Mehrverkehr kann von der derzeitigen Infrastruktur nicht zusätzlich mit aufgenommen werden. Warum Fernbahntunnel? Die Lösung: Um die Kapazitäten im Frankfurter Hauptbahnhof erweitern zu können, muss die Anzahl der Gleise erhöht werden. Aufgrund der dichten innerstädtischen Bebauung ist dies nur durch einen Tunnel mit unterirdischer Station möglich: den Fernbahntunnel Frankfurt. So kann ein Großteil der Züge des Fernverkehrs künftig unterhalb des Kopfbahnhofes eine neue unterirdische Station anfahren. Dadurch werden nicht nur die Engpässe des Fernverkehrs beseitigt, dank der freiwerdenden Kapazitäten können der Nah- und Regionalverkehr flüssiger in den Hauptbahnhof einlaufen und ihr Angebot bei Bedarf erweitern.“ 2.4 Grundsatzkritik an Großprojekten der Bahn und Gegenentwürfe BUND Gutachten zum BVWP10 Das Anfang Oktober 2021 vorgestellte Rechtsgutachten zum BVWP 2030, das im Auftrag des BUND erstellt wurde, hat zwar schwerpunktmäßig den Fernstraßenausbau zum Inhalt, bewertet aber auch den Ausbau der Schienenverkehrs-Infrastruktur im übergreifenden Kontext. Dazu heißt es bezüglich der CO2-Bilanz von Großprojekten: „Die Aufaddierung der CO2-Emissionen aus den Verkehrsmodellen der Nutzen-Kosten-Analyse der einzelnen Baumaßnahmen (CO2-Senkungen durch Stauauflösung oder CO2-Erhöhung durch induzierte Verkehre auf diesen Abschnitten) vernachlässigt die Kapazitätserhöhungen in den baulich nicht veränderten Abschnitten des Netzes. ….. Nur durch Einrechnung eines CO2-Senkungseffektes durch die Schienen- und Binnenschifffahrtsprojekte von rund 1 Mio. Tonnen wird künstlich eine positive CO2-Bilanz des BVWP erreicht. Dass die Einsparungseffekte aus den Schienenwegen im Planungszeitraum tatsächlich eintreten, ist fernliegend. Denn der Bedarfsplan für die Bundesschienenwege ist nicht ausfinanziert, bspw. gibt es für den 8-10 Mrd. EUR teuren Großknotenausbau nur einen Platzhalter von 2 Mrd. Euro. Die im Umweltbericht behauptete CO2- Absenkung bis 2030 durch den Ausbau der Bahn und der Binnenschifffahrt, die insgesamt zu einem CO2-Minus führen soll, ist nicht belastbar. Bis 2030 wird kein einziger der hoch überlasteten fünf Großknoten der Bahn ausgebaut sein, noch ERTM/ETCS netzwirksam sein. Deshalb kann die Bahn bis dahin keine relevanten zusätzlichen Kapazitäten aufnehmen …..“ Aufruf zur Verdreifachung des Schienenverkehrs bis 2030 In dem Aufruf von Verkehrswissenschaftlern (siehe Anlage 2) werden vier Forderungen formuliert:

   1. Schnellstmögliche Reduzierung von Emissionen im Verkehr durch maximale Verlagerung des Pkw- und Lkw-Verkehrs auf die Schiene, 
   2. Leistungssteigernde Tempo-Harmonisierung der Bahn auf allen überlasteten Strecken als Sofortmaßnahme – bei Durchschnittsgeschwindigkeiten im mittleren Tempo (ca. 120 km/h), 
   3. Orientierung aller Investitionen an den größten Verlagerungs- und Klimaschutz­potentialen,
   4. Beendigung klimaschädlicher Großprojekte, keine Fixierung auf wenige, teure, lange dauernde Prestigeprojekte der Hochgeschwindigkeit mit vielen Tunnelstrecken und – bahnhöfen.

„Nur mit einem attraktiven Nahverkehr, (Inter)Regionalverkehr und Güterverkehr kann massenhaft Straßenverkehr substituiert werden.“ Weitere Anmerkungen Das Bündnis sozialverträgliche Mobilitätswende formulierte im April 202111 folgende grundsätzlichen Anforderungen an den Bahnverkehr: „Es braucht bundesweite Bedienstandards für sämtliche Buslinien und Bahnen aller Art in allen Regionen, ähnlich dem Deutschlandtakt im Fernverkehr der Bahn. Dazu gehören Pünktlichkeit, Taktung, Komfort und Platzangebot.“ (Seite 25) Grundsätzlich sollte man immer davon ausgehen, dass Großprojekte zu Lasten einer Vielzahl von kleineren Projekten gehen. Zur Veranschaulichung dieser Aussage ist vom Verfasser unter Anlage 5 eine Zusammenstellung von 20 Bahnprojekten in Hessen beigefügt, die derzeit als Maßnahmen des potenziellen Bedarfs geführt werden.