Benutzer Diskussion:HeikoF

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<Artikelentwurf "Abfertigungszeiten" Version 0.01>

Abfertigungszeiten


Informationen aus Audit
 Definition der Haltezeiten

Im Abschlussdokument der SMA zum Stresstest wird auf S.67 (FP-03) definiert, welche im "Simulationsmodell berücksichtigte Haltezeiten" im Simulationsmodell definiert und berücksichtigt werden. Es wird unterschieden zwischen der Planhaltezeit, die fahrplanmäßige Haltezeit des Zuges im Bahnhof bei Pünktlichkeit, wie auch der Mindesthaltezeit, welche auch im Verspätungsfall nicht unterschritten wird.Beide Zeiten verstehen sich inklusive der Zeit, die zum Öffnen und Schliessen der Türen benötigt wird. Somit ist die zum Fahrgastwechsel zur Verfügung stehende Zeit in jedem Fall kleiner als die angesetzte Plan- bzw. Mindesthaltezeit.

Die Differenz aus Plan- bzw. Mindesthaltezeit wird als zum Verspätungsabbau nutzbar beschrieben, unter der Annahme, dass die Mindesthaltezeit für den Fahrgastwechsel ausreichend groß definiert wurde.

Die konkrete Türöffnungs- und Schliesszeit richtet sich nach der Bauart der Züge. Bei der Annahme, dass eine Zugtür in jeweils 5 Sekunden zu öffnen und zu schliessen ist, ergibt sich eine Reduzierung, der nutzbaren Fahrgastwechselzeit um 10 Sekunden.

 Hinweis auf Notwendigkeit einer Sensitivitätsbetrachtung

SMA schreibt auf Seite 73 im Audit, dass die Abfertigungszeit im Modell nicht komplett abgebildet sei. Im Modell könne ein Zug nach Verstreichen der Planhaltezeit (bzw. Mindesthaltezeit im Verspätungsfall) und gestelltem Ausfahrsignal sofort abfahren, was bei einem ICE zu einer um 42 Sekunden verfrühten Abfahrt führen könne. Das Zugpersonal beginne den Abfertigungsvorgang häufig erst bei Grünschaltung des Ausfahrsignals. Hierfür sei eine Sensitivitätsbetrachtung durchzuführen.

 Erläuterung der Sensitivitätsbetrachtung

Auf Seite 187 (SI-08) wiederholt SMA, dass im Simulationsmodell keine Abfertigungszeit berücksichtigt wird. Sollte ein Zug erst am Ende seiner Planhaltezeit eine Grünschaltung des Ausfahrsignals erhalten, so erfolge die Abfahrt des Zuges im Simulationsmodell um die Abfertigungszeit zu früh. Im Normalfall beginne das Zugpersonal den Abfertiungsvorgang erst mit Grünschaltung des Ausfahrsignals. Bei Fernverkehrszügen sei somit eine Abweichung von 42 Sekunden möglich. Im Nahverkehr seien die Abfertigungszeiten, insbesondere ohne seperate Zugführer, deutlich geringer.

Dieser Problematik werde begegnet, indem die Fahrstraßenbildezeiten in der Sensitivitätsbetrachtung auf hohe Werte gesetzt würden.

Da es im Simulationsmodell nicht möglich sei jedem Einzelzug oder einer Zuggattung eine entsprechende Fahrstraßenbildezeit zuzuweisen, erfolge die Zuweisung auf Grund des Aufenthaltsgleises im Bahnhof. Die hauptsächlich für den Fernverkehr zu nutzenden Gleis 3 bis 6 ( 2 von 4 Bahnsteigen) würden mit Fahrstraßenbildezeiten von 45 Sekunden simuliert, was etwa der Abfertigungszeit eines ICE entspreche. Alle übrigen Bahnsteige würden mit 30 Sekunden Fahrstraßenbildezeit simuliert, was der heutigen Abfertigungszeit eines IC entspreche, welche größer als im Regionalverkehr notwendig.

Auf S.188 ist eine Skizze zu sehen, welche den Zusammenhang von allen Zeiten verdeutlichen soll, welche für die Simulation eines Zughalts von Bedeutung sind.

SMA wiederholt auf S.196, im Kapitel "Schlussfolgerungen und Empfehlungen", das die Abfertigungszeit hilfsweise über die Fahrstraßenbildezeiten abgebildet würden. Die Anpassung in Stuttgart Hbf scheine ausreichend, da hier der größte Teil der Fernvekehrshalte, und insbesondere solche dessen mit Behinderungen erfolgt. Die Verzögerung des Ablaufs der Simulation sei stärker als er sie in der Realität sei, da beispielsweise auch (in der Sensitivitätsbetrachtung!) Nachverkehrszüge auf Gleis 4 bei Behinderungen erst nach den Hohen Fahrstraßenbildezeiten abfahren könnten.

Eine Anpassung der Fahrstraßenbildezeiten zur Kompensation der Abfertigungszeiten in der Sensitivitätsbetrachtung weiterer Bahnhöfe erscheine nicht erforderlich, da es wenige Behinderungen bei Ausfahrten aus Bahnhöfen gebe. Von solchen seien darüber hinaus überwiegend Nahverkehrszüge mit kurzen Abfertigungszeiten betroffen.

Im Audit wird die Abfertigungszeit somit als jene Zeitspanne verstanden, welche das Zugpersonal benötigt, um einen Zug nach Abschluss des Fahrgastwechsels, wie auch geöffneter Türen, unmittelbar abfahrbereit zu machen.

Als Fahrstraßenbildezeit wird jene Zeitspanne verstanden, die im Stellwerk für Bewilligung der Fahrstraße benötigt wird. In dieser Zeit werden Signale Grüngeschaltet und Weichen gestellt.

Kritik an Simulationsmodell
 Vollständigkeit des Rechenmodells
 

Die Abwesenheit einer expliziten Abfertigungszeit erscheint für ein Bahnverkehrssimulationsmodell erscheint als erheblicher Mangel. SMA erweckt den Eindruck, dass die Simulationssoftware die dem Stresstest zu Grunde liegt, wesentlichen Einschränkungen unterliegt. Es erscheint nicht plausibel, warum im Simulationsmodell, in welchem die Korellation von Zügen auf einem Streckennetz vorhergesagt werden soll, beispielsweise keine Zug- oder Zuggattungsspezifische Fahrstraßenbildezeit möglich ist. Unter der Erwartung dass Abfertigungszeiten berücksichtigt würden, könnte die Notwendigkeit von haltestellenspezifischen Abfertigungszeit bereits aus dem Erfahrungen des Alltagsbetriebs abgeleitet werden. Dass Abfertigungszeiten in Nah- und Fernverkehr verschieden sind, ist unumstritten und allgemein bekannt.

Aus dem Alltagsbetrieb leitet sich auch ab, dass Personenaufkommen in Zügen erheblichen Schwankungen unterzogen sind. So ist bei unverändertem Fahrplan an Freitagen und vor Feiertagen ein erhöhtes Fahrgastaufkommen zu beobachten.

Eine professionelle Simualtionslösung für Bahnverkehr sollte deshalb über eine Scriptsprache zur Anpassung von Simulationsparameter bieten. Über eine if-Verknüpfung von Simulationsparametern die bei für Objekte der Simulation entstehen, könnte dann beispielsweise festgelegt werden, dass ein Zug bei Einfahrt in einem spezifischen Bahnhof eine spezifische Fahrstraßenbildezeit erzeugt. Eine Verkehrssimulation hat durch die Methodik bedingt, einige Überwachungsbedingungen, jeder Zug hat beispielsweise planmäßige Bahnhofsaufenthalte mit spezifischen Simulationzeiten.

Anmerkung: Simulationssoftware laut Bahn ist Railsys

Kritik an Modellierungsmethodik

Unter Annahme, dass die Modellierung der Simulation den oben genannten Einschränkungen unterliegt, steht die beschriebene Modellierung der Sensitivitätsbetrachtung im Widerspruch zu wesentlichen verkehrswissenschaftlichen Prämissen.

Abfertigungszeit ist ein Additionsanteil

In der softwaregesteuerten Simulationstechnik ist es unabhängig vom Simulationzweck üblich, Additionsanteile einer Simulationhauptgröße die nicht einzeln berücksichtigt werden können, auf den jeweils davor im Modell simulierte Größe anzurechnen.

Im Simulationsmodell der Bahn ist die Abfertigungszeit als Additionsgröße der Hauptgröße der absoluten Standzeit eines Zuges im Bahnhof zu verstehen. Ihr vorraus geht die Mindesthaltezeit.

Somit hätte die Mindesthaltezeit der aller Züge der Sensitivitätsbetrachtung um den Betrag ihrer Abfertigungszeit erhöht werden müssen. Diese Lösung ist auch deshalb elegant, da es auf einem Umweg die Zugspezifische Abfertigungszeit ermöglicht, die laut SMA nicht vorhanden ist.

Zweckentfremdung der Fahrstraßenbildezeit

Die Fahrstraßenbildezeit ist für die Kompensation der Abfertigungszeit nicht geeignet, da die Bewilligung einer Fahrstraße großen zeitlichen Schwankungen unterliegt. SMA gibt keine genaue Auskunft, ab wann die Fahrstraßenbildezeit im Simulationsmodell verstreicht.

Sollte die zu bewilligende Fahrstraße nicht durch Grünschaltungen oder Züge in einem Signalabschnitt belegt sein, so kann das Ausfahrsignal, welches ein normales Hauptsignal darstellt, bereits vor einfahren eines Zuges grüngeschaltet werden.

Es gibt in vielen Bahnhöfen auch Gleisbelegungsanzeigen (Fahrtanzeiger), welche meist aber als Signalwiderholer ausgeführt sind, welche die Zustimmung des Fahrdienstleiters zur Abfertigung eines Zuges signalisieren. SMA schreibt aber explizit über die Abfertigung über das Ausfahrsignal, welche somit unterstellt werden muss.

Um den Betriebskomfort des Betriebspersonals zu erhöhen, werden im Alltagsbetrieb Signale etwas früher als nötig grüngeschaltet, falls dies möglich ist. Dies ermöglicht energieeffizienteren Zugbetrieb und eine höhere Betriebssicherheit. Im S-Bahn Netz Rhein-Main sind beispielsweise 5 Minuten Grünvorrauschschaltung üblich.

Fahrstraßen sind mit dem gleichzeitigen betätigen zweier Knöpfe auf dem Stellbrett des Stellwerks üblicherweise binnen 10 Sekunden möglich. Dies umfasst auch das Stellen und Verrigeln von Weichen.

Sollte nun dennoch versucht werden mit der Fahrstraßenbildezeit die Abfertigungszeit zu kompensieren, kommt der methodische Fehler zum tragen, dass der Zug sofort mit Wirksamwerden der Grünschaltung losfährt. Auf Grund der Kausalität, dass die Abfertigung erst mit der Grünschaltung beginnt, wird die Belegung der gestellten Fahrstraße über die Dauer der Abfertigungszeit simulationstechnisch unterdrückt. Bei korrekter Abbildung könnten sich hierraus erhebliche Fahrstraßenausschlüsse durch mögliche Zugkreuzung ergeben, die von hoher Brisanz für die Entwicklung von Haltezeitüberschreitungen und damit einem Verspätungsaufbau sind.

Vorzeitiges Verstreichen der Abfertigungszeit

Im der Sensitivitätsbetrachtung wird angenommen, dass die Abfertigungszeit bereits vor der Grünschaltung beginnt. Die Bahn hat auf Anfrage mitgeteilt, dass die Fahrstraßenbildezeit nur jenen Zeitanteil kompensieren soll, der nach dem Zeigersprung zur Abfahrminute vergeht. Die Bahn hat jedoch keine Auskunft gegeben zu welchem Anteil die Abfertigungszeit vor oder nach dem Zeigersprung aufteilt. Wie bereits erwähnt, ist diese Modellierung methodisch widersprüchlich, da erst bei Grünschaltung des Ausfahrsignals abgefertigt werden soll, die aber erst am Ende der Fahrstraßenbildezeit erfolgen kann.

Der Fall, dass ein Zug erst nach verstreichen der Mindesthaltezeit bereit zum Abfertigen ist, wird somit nicht berücksichtigt. Bei hohem Verkehrsaufkommen, kann auch nach Grünschaltung eine Abfahrt unmöglicht sein, da der Fahrgastwechsel noch kurzfristig andauert.

Bewertung
 

Die Modellierung der Abfertigungszeit im Simulationsmodell ist fehlerhaft und täuscht eine zu kurze Belegung der Aussengleise vor als tatsächlich vorhanden. Der Abfertigungsvorgang setzt die Grünschaltung vorraus, welche aber die Grünschaltung erfordert. Somit ist die Gleisbelegung um die Abfertigungszeit höher als in der Sensitivitätsbetrachtung, welche suggeriert die Abfertigung und Fahrstraßenbildung seien parallellisierbar.

Die Leistung des Gesamtsystems wird somit auch im Bezug auf nachfolgende Züge deutlich überschätzt. Ausserdem wurde nur für Stuttgart 21 ein Kompensationsversuch der Abfertigungszeiten vorgenommen.

Es wird nur der Teil der Abfertigungszeit berücksichtigt der nach dem Zeigersprung kompensiert, dessen Anteil aber nicht konkret genannt wird.


Die angenommen Fahrgastwechselzeiten der Bahn sind nochmals kürzer als die angegebenen (Mindest)Haltezeiten.

Das Simulationsmodell suggeriert eine höhere Leistungsfähigkeit die bei der korrekten Abbildung nach verkehrswissenschaftlichen Prämissen nicht erreicht würde.

SMA wurde dem Anspruch wissenschaftlichen Arbeitens nicht gerecht, da es den Verstoß gegen elementare Grundsätze der Simulationstechnik nicht erkannt hat. Mit der simplen Anpassung der Mindest- und Planhaltezeiten hätte eine fehlerfreie Kompensation der im Modell angeblich nicht abbildbaren zug- und zuggattungsspezifischen Abfertigungszeiten erfolgen können, die verkehrswissenschaftlichen Ansprüchen weitgehend genügt hätte.

Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb ein vergleichsweise komplizierter Ansatz zur Kompensation der Abfertigungszeit gewählt wurde. Die Fahrstraßenbildezeit wurde in der Sensitivitätsbetrachtung regelrecht zweckentfremdet.


</> --HeikoF 19:23, 19. Nov. 2011 (MET)