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Version vom 17. November 2011, 08:55 Uhr
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Fazit
Der Stresstest zu Stuttgart 21 ist vielfach gescheitert und hat weniger die Leistungsfähigkeit des Bahnhofsneubaus von 49 Zügen in der Stunde nachgewiesen, als vielmehr, dass eine solche Leistung bei weitem nicht erreicht werden kann. Gegenüber den in der Stresstest-Präsentation von den Kritikern angeführten Mängeln sind in der zwischenzeitlichen Analyse einige weitere schwerwiegende Verstöße aufgedeckt worden, gegen Bahn-Richtlinien, gegen die Anforderungen für den Stresstest und gegen eine realitätsnahe Simulation. Allein 47 KO-Kriterien wurden identifiziert, von denen jedes für sich eine korrigierte Wiederholung des Stresstests veranlassen müsste.
- Die Bahn hatte entgegen der Anforderung des Schlichterspruchs das Ziel der "guten Betriebsqualität" einseitig auf "wirtschaftlich optimal" reduziert. Bisher war aber noch nicht bekannt, dass die Bahn die Betriebsqualität durch sinnentstellendes Zusammenstückeln der Definition um eine weitere Stufe in Richtung weniger anspruchsvoll verschoben hat. Der Stresstest müsste nach den Buchstaben der Richtlinie als "risikobehaftet" bis "mangelhaft" bewertet werden. Allein um "wirtschaftlich optimal" in der (viel zu optimistischen) Grundversion der Simulation regelkonform zu erreichen, dürften verglichen mit den geplanten 49 Zügen nur rund 4 Züge weniger im neuen Bahnhof fahren.
- Die unrealistisch modellierte Spitzenstunde war schon zuvor kritisiert worden. In der Hauptverkehrszeit und dem Vorlauf fehlen 24 Züge gegenüber einem realitätsnahen Verlauf. Zusammen mit der Mittelung über vier Stunden entgegen der Vorgabe aus dem Schlichterspruch bewirkt dies die quantitativ größte Verfälschung des Stresstests. Eine Korrektur würde rund 6,5 Züge weniger Bahnhofsleistung bedeuten.
- Besonders bemüht war die Bahn um die Verdeckung der erst jetzt identifizierten Kappung der Haltezeitverlängerungen, d.h. der Urverspätungen in der Simulation. In der Abschlussdokumentation wurden die Verspätungswerte teils um den Faktor 2 falsch dargestellt. Tatsächlich wurden die Verspätungsspitzen, die angeblich den Stress abbilden sollten, komplett aus der Simulation herausgenommen. Dies wurde aber selbst auf konkrete Nachfrage hin verschwiegen. Knapp 2,5 Züge Kapazitätswirkung werden allein für diesen Eingriff abgeschätzt.
- Hinzu kommen unrealistisch optimistische Verspätungsniveaus (zu hohe Pünktlichkeit, zu geringe Streuung) mehrere Fehler bei Ermittlung von Verspätungsaufbau (Hauptbahnhof, Einbruchsbahnhöfe) und Verspätungsabbau (Haltezeitverkürzung, Fahrzeitüberschüsse) sowie allein 11 schwere Richtlinienverstöße, die jeder für sich den Stresstest ungültig machen.
- Die Abschätzung der Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 liegt nach Korrektur sämtlicher Fehler bei etwa 32 Zügen, dies liegt nahe den anderen Abschätzungen plausibler Leistungswerte für Stuttgart 21, etwa den 32 Zügen aus dem Praxisvergleich deutscher Großbahnhöfe oder den für den gleich großen neuen Wiener Hauptbahnhof geplanten 30 Zügen oder den 31 Zügen, die sich aus Grenzwerten des Internationalen und des schwedischen Eisenbahnverbands für den Belegungsgrad ergeben. Diese wichtigste Kenngröße in Kapazitätsfragen wurde entgegen der zwingenden Vorschrift der Richtlinie von der Bahn nicht ermittelt, für 49 Züge nimmt sie Werte an von "katastrophal" bis unfahrbar.
Es erscheint möglich, dass der Stresstest aufgrund der unzähligen unrealistischen und regelwidrigen Annahmen als einer der größten technisch-wissenschaftlichen Betrugsfälle in die Geschichte eingehen könnte. Dieser Eindruck verstärkt sich durch die Maßnahmen, mit denen die Bahn in der Frage der Leistungsfähigkeit auch ihre Glaubwürdigkeit beschädigte:
Es ist klar absehbar, dass Stuttgart 21 in der Praxis weniger leisten wird, als der heutige Kopfbahnhof leistet. Und der hat überdies noch große Reserven. Wird trotz der klar zu Tage liegenden Unaufrichtigkeiten und Warnzeichen gebaut, würde es dem Ansehen der Beteiligten und dem Ruf des Standorts Deutschland schaden.
- Auch der Auditor SMA beschädigte seinen Ruf durch ein Testat, das einer Prüfung nicht standhält und das erteilt wurde, obwohl die grundlegendsten Voraussetzungen nicht erfüllt sind: Keine nachvollziehbare Dokumentation, keine vollständige Simulation, unzählige Richtlinienverstöße und eine nicht abgeschlossene Analyse. Gravierende Mängel werden vom Auditor beschönigt oder übersehen oder dargestellt aber nicht bewertet. Die Systematik dieser Punkte könnte den starken Eindruck eines Gefälligkeitsgutachten entstehen lassen.
- Insbesondere ist dem Auditor vorzuwerfen, dass er erkannte große Mängel durch sogenannte "Sensitivitäten" adressieren lässt. Hier wird die Reaktion des Systems auf die Korrektur einzelner Parameter an ausgewählten Tagen geprüft. Diese Sensitivitäten sind ohne jede Beweiskraft im Hinblick auf eine tatsächlich insgesamt erbringbare Leistungsfähigkeit. Dazu müssten, wie es die Richtlinie fordert, sämtliche Parameter auf möglichst realistische Werte gesetzt werden sowie 100 Tage simuliert werden und um letzte systematische Fehler auszugrenzen müsste entsprechend der Richtlinie vergleichend der Kopfbahnhof simuliert werden zur Ermittlung des relativen Unterschieds.
- Dies gilt insbesondere für den finalen Simulationslauf, der gar nichts im Blick auf die tatsächlich erbringbare Leistungsfähigkeit beweist, sondern lediglich die Reaktion des Systems auf marginale Korrekturen darstellt. Alle weiteren, schon längst als realistischer erkannten Korrekturen blieben unberücksichtigt.
Es kann nur die Hoffnung ausgedrückt werden, dass angesichts der aufgedeckten Fehler im Stresstest (und auch angesichts der sonstigen Schwächen des Projektes etwa bei den Kosten, Risiken und Nachteilen in der Region) sich die politische Reaktion an Wahrhaftigkeit und Verantwortlichkeit orientiert, andernfalls wäre zu erwarten, dass Politikverdrossenheit und Demokratiemüdigkeit Vorschub geleistet wird.
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Das hier dargestellte Fazit ist ein Zwischenstand. Es wird um weitere Mitarbeit an diesem Wiki geworben zur Überprüfung, Absicherung und Ergänzung der bis jetzt eingetragenen Punkte. Die historische Dimension der fehlerhaften Eingriffe im Stresstest und das hohe volkswirtschaftliche Risiko der Milliarden-Investition in den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof sollten Ansporn genug sein, sich in der Frage der realistischen Leistungsfähigkeit der Wahrheit so weit wie möglich anzunähern. Gleich rechts oben registrieren und mitarbeiten! Auf sämtlichen Diskussionsseiten kann grundsätzlich von jedem angemeldeten Benutzer formlos beigetragen werden. Aktuell können auch die Hauptseiten (bis auf diese Fazit-Seite) noch von jedem angemeldeten Benutzer editiert werden, später gehen diese Hauptseiten zur Qualitätssicherung in die Verantwortung des Expertenrats über.
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