Stuttgart 21/Stresstest/Anforderungen: Unterschied zwischen den Versionen

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===Doppelter IRE von Pforzheim===
 
===Doppelter IRE von Pforzheim===
  
Ein Verstärker RE-Zug von Pforzheim fährt nur 5 Minuten vor dem Zug der verstärkten Direkt-Linie. Von Pforzheim nach Stuttgart fährt danach 60 Minuten kein Zug dieser Linie, sondern nur die Züge über Bietigheim-Bissingen (die 50 Min. statt 30 Min. benötigen)<ref>Netzplan (Audit Bl. 126) ([http://www.bei-abriss-aufstand.de/wp-content/uploads/Grundtaktfahrplan_49_Zuege_2011-06-30.pdf pdf]. Von Pforzheim kann man mit den folgenden Zügen ohne Umsteigen nach Stuttgart fahren: 7:22 Uhr (Verstärker), 7:27, 7:50 (über Bietigheim-Bissingen), 8:27, 8:32 Uhr (über Bietigheim-Bissingen, Verstärker). Wer also von Pforzheim nicht den Umweg über Bissingen (mit rund 50 Min. Fahrzeit statt ca. 30 Min.) nimmt, und nicht in Vaihingen umsteigen möchte, hat 7:22, 7:27, 8:27 Uhr.</ref> wie in der Stresstest-Präsentation von Boris Palmer verkürzt angemerkt worden war (der statt der 60 Min. von 55 Min. sprach).<ref name="PalmerTrickzüge">29.07.2011, Stresstest-Präsentation, [http://www.schlichtung-s21.de/fileadmin/schlichtungs21/Redaktion/pdf/110729/Protokoll29072011.pdf Stenogr. Protokoll], S. 89,  [http://www.phoenix.de/sixcms/media.php/54/4PalmerBewertung110729.pdf Vortrag Boris Palmer] Folie 16, 17</ref> Dieser Zug erfüllt nicht die Forderung 4 der Landesregierung (Doku. S. 11) nach einer annähernd gleichmäßigen Zugfolge, die sich durch die Verstärkerzüge ergeben sollte. Es muss aber angemerkt werden, dass 23 Minuten später eine nur 8 Minuten länger dauernde Umsteigeverbindung vorhanden ist (die auch Palmer nicht betrachtet hatte), so dass die 60 Minuten-Pause nur für die Direktzüge gilt.<ref>Abfahrt '50, Umsteigen '07->14' in Vaihingen/Enz, Ankunft '28 in Stuttgart, Fahrzeit 8 Minuten länger (38 statt 30 Minuten)</ref>
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Ein Verstärker RE-Zug von Pforzheim fährt nur 5 Minuten vor dem Zug der verstärkten Direkt-Linie. Von Pforzheim nach Stuttgart fährt danach 60 Minuten kein Zug dieser Linie, sondern nur die Züge über Bietigheim-Bissingen (die 50 Min. statt 30 Min. benötigen)<ref>Netzplan (Audit Bl. 126) ([http://www.bei-abriss-aufstand.de/wp-content/uploads/Grundtaktfahrplan_49_Zuege_2011-06-30.pdf pdf]. Von Pforzheim kann man mit den folgenden Zügen ohne Umsteigen nach Stuttgart fahren: 7:22 Uhr (Verstärker), 7:27, 7:50 (über Bietigheim-Bissingen), 8:27, 8:32 Uhr (über Bietigheim-Bissingen, Verstärker). Wer also von Pforzheim nicht den Umweg über Bissingen (mit rund 50 Min. Fahrzeit statt ca. 30 Min.) nimmt, und nicht in Vaihingen umsteigen möchte, hat 7:22, 7:27, 8:27 Uhr.</ref> wie in der Stresstest-Präsentation von Boris Palmer verkürzt angemerkt worden war (der statt der 60 Min. von 55 Min. sprach).<ref name="PalmerTrickzüge">29.07.2011, Stresstest-Präsentation, [http://www.schlichtung-s21.de/fileadmin/schlichtungs21/Redaktion/pdf/110729/Protokoll29072011.pdf Stenogr. Protokoll], S. 89/90,  [http://www.phoenix.de/sixcms/media.php/54/4PalmerBewertung110729.pdf Vortrag Boris Palmer] Folie 16, 17</ref> Dieser Zug erfüllt nicht die Forderung 4 der Landesregierung (Doku. S. 11) nach einer annähernd gleichmäßigen Zugfolge, die sich durch die Verstärkerzüge ergeben sollte. Es muss aber angemerkt werden, dass 23 Minuten später eine nur 8 Minuten länger dauernde Umsteigeverbindung vorhanden ist (die auch Palmer nicht betrachtet hatte), so dass die 60 Minuten-Pause nur für die Direktzüge gilt.<ref>Abfahrt '50, Umsteigen '07->14' in Vaihingen/Enz, Ankunft '28 in Stuttgart, Fahrzeit 8 Minuten länger (38 statt 30 Minuten)</ref>
  
 
Eine Entlastungswirkung hätte der 5-Minuten-Vorläuferzug dadurch, dass er in Mühlacker den Anschluss von/zum Regionalverkehrszug nach Bretten herstellt sowie dass die Pendler in Pforzheim nicht in einen schon überfüllten Taktzug einsteigen müssen (obwohl das Land diese Form der Entlastung vermeiden will). Außerdem sind die meisten Verstärkerzüge außerhalb des Betrachtungsraumes (der hier in Vaihingen/Enz endet) nicht ausgeplant, so dass nicht beurteilt werden kann, ob dort weitere Züge verkehren sollen. Es ist also letztlich nicht klar zu entscheiden, wie groß der Schaden oder Nutzen durch diesen Vorläufer-Zug ist. Wünschenswert wäre sicherlich eine gleichmäßigere Verteilung der Verbindungen nach Stuttgart, einen gewissen Entlastungsnutzen entfaltet aber auch dieser Zug.
 
Eine Entlastungswirkung hätte der 5-Minuten-Vorläuferzug dadurch, dass er in Mühlacker den Anschluss von/zum Regionalverkehrszug nach Bretten herstellt sowie dass die Pendler in Pforzheim nicht in einen schon überfüllten Taktzug einsteigen müssen (obwohl das Land diese Form der Entlastung vermeiden will). Außerdem sind die meisten Verstärkerzüge außerhalb des Betrachtungsraumes (der hier in Vaihingen/Enz endet) nicht ausgeplant, so dass nicht beurteilt werden kann, ob dort weitere Züge verkehren sollen. Es ist also letztlich nicht klar zu entscheiden, wie groß der Schaden oder Nutzen durch diesen Vorläufer-Zug ist. Wünschenswert wäre sicherlich eine gleichmäßigere Verteilung der Verbindungen nach Stuttgart, einen gewissen Entlastungsnutzen entfaltet aber auch dieser Zug.

Version vom 18. September 2012, 13:49 Uhr

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Die Anforderungen an den Stresstest zu Stuttgart 21 waren im Schlichterspruch klar formuliert worden. Nach Prüfung erscheint keine der Anforderungen durch den Stresstest erfüllt zu werden.


Dot.pngNoGo.pngDot.png – schwerer Mangel oder Nachteil
NoGo.png – KO-Kriterium
NoGo.png Ex.png – KO-Kriterium im öffentlichen Fokus

Nicht erfüllte Anforderungen
Anforderungen
NoGo.png Kein Kapazitätsgewinn durch S21
NoGo.png Ex.png Keine gute Betriebsqualität
NoGo.png Keine Reserven
NoGo.png Ex.png Unrealistische Spitzenstunde
NoGo.png Nicht geplante Infrastruktur
NoGo.png Nicht genehmigte Infrastruktur
NoGo.png Keine Richtlinie für Doppelbelegung bei Neigung
NoGo.png S-Bahn Linientausch

ExpertsOnly.png

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30 Prozent Leistungsplus

Kapazität des heutigen Kopfbahnhofs noch nicht ausgeschöpft

Fahrplan Stuttgart Hbf, Winter 1969, 7:00 bis 8:00 Uhr. Im Sommer wurde Zug Nr. 3221 zusätzlich abgefertigt = 46 Züge.
In der Stunde von 6:50 bis 7:49 Uhr fertigt der Kopfbahnhof 39,5 Züge ab.
Die Ausgangsbasis, die heutige Fahrplanleistung von K20 mit 37 Zügen, entspricht nicht der Kapazität des heutigen Kopfbahnhofs, diese wäre deutlich höher anzusetzen. Schon im aktuellen Fahrplan werden von 6:50 Uhr bis 7:49 Uhr 39,5 Züge abgefertigt.

1969 fuhren 46 Züge im Stuttgarter Kopfbahnhof in der Spitzenstunde von 7-8 Uhr (siehe Auswertung rechts).[1] Für die aktuelle Infrastruktur hat die NVBW das Gutachten der Vieregg-Rössler GmbH bestätigt (unter der Voraussetzung, dass die DB AG keine detaillierteren Infrastrukturdaten zur Verfügung stellt), dass als Kapazität heute 50 Züge pro Stunde anzunehmen sind.[2][3][4][5] Und mit geringfügigen Ausbauten wären 56 Züge pro Stunde erreichbar (wobei allein neue Blocksignale noch nicht ausreichen). 54 Züge pro Stunde hatte auch schon Egon Hopfenzitz, der ehemalige Vorsteher des Stuttgarter Hauptbahnhofs, in der Stresstest-Präsentation als Kapazität bei geringfügigen Ausbauten abgeschätzt.[6]

NoGo.png Wenn es darum geht, dass die "Kapazität" des heutigen Bahnhofs nicht ausreicht, müsste für Stuttgart 21 die Forderung gestellt werden, die Kapazität des Kopfbahnhofs um eine zukunftssichere Spanne zu übertreffen. Einerseits hat der Kopfbahnhof also noch Reserven von 33 % bis 50 %, so dass aktuell kein Neubau erforderlich ist, und andererseits wäre ein Neubau erst zu rechtfertigen, wenn er die tatsächliche Kapazität des heutigen Bahnhofs deutlich überträfe. Tatsächlich zeigt der Stresstest, in dem die 48,5 Züge nur unter zahlreichen Regelverstößen erreicht werden, dass die realistische Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 deutlich unter der Kapazität des heutigen Bahnhofs liegt, also ein Rückbau der Infrastruktur stattfindet.

Keine Zukunftsreserven

Gegenüberstellung der Angaben zur Leistungsfähigkeit des Hbf Stuttgart. Sämtliche zwischenzeitlich überhöhten Kapazitätsaussagen zu S21 hatten keinen Bestand. Die WikiReal-Kritik entspricht den Plausibilitätsabschätzungen und den ursprünglichen Berechnungen der Projektbetreiber. Während S21 einen Kapazitätsrückbau bedeutet ist allein der Kopfbahnhof den zukünftigen Anforderungen gewachsen.

Der Zielwert, das Plus von 30% ggü. heutigem Fahrplan, die 49 Züge sind bei weitem nicht zukunftssicher. Wichtige Prognosen (z.B. EU-Weißbuch) sehen für die kommenden Jahrzehnte weit höhere Steigerungen des Personenverkehrs voraus.[7] So rechnet bspw. die EU-Kommission mit 35 % bis 100 % Verkehrszuwachs auf der Schiene schon bis 2050.[8] Die Bahn selbst geht allein bis 2025 von einem Plus im Personenverkehr von 25,6 % aus.[9] Würde Deutschland im Marktanteil des Bahnverkehrs an der Personenbeförderung auf Schweizer Niveau aufschließen, dann würde dies eine Steigerung von 86 % bedeuten.[10]

NoGo.png Frühere Leistungsversprechen der Projektbetreiber sahen eine Verdoppelung der Bahnhofsleistung durch Stuttgart 21 vor, d.h. ein Leistungsplus von +100 %, dabei sollte der Bahnhof für die Zukunft ausbaubar sein.[11][12] Jetzt werden auf dem Papier nur noch magere 30 % vermeintlich mit dem Stresstest knapp erreicht, Reserven für die Zukunft bestehen keine mehr. Es ist also abzusehen, dass der Bahnhof Stuttgart 21, selbst wenn er die 49 Züge leisten könnte, schon in absehbarer Zeit nicht mehr im Stande wäre, die geforderte Verkehrsleistung zu erbringen. Aufgrund seiner Bauweise ist er aber dann nicht mehr erweiterbar, es sei denn unter horrenden Kosten.

Es stellt sich die Frage, welchen Nutzen bringt Stuttgart 21? Tatsächlich sind die 48,5 Züge des Stresstests eine absolut unerreichbare Obergrenze für die Kapazitätsabschätzung aufgrund der Unzahl von leistungserhöhenden Verstößen gegen Richtlinien, gegen beschlossene Anforderungen und gegen realitätsnahe Parameter in dieser Simulation. Der Stresstest liefert derart den Beweis, dass nach den vielen notwendigen Korrekturen nur eine deutlich niedrigere Zugzahl unter Praxisbedingungen erreichbar ist. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man am Ende nahe den 32 Zügen pro Stunde landet, die ein Praxisvergleich als plausiblen Wert ermittelte, nahe den 31 Zügen, die eine Abschätzung aus dem Belegungsgrad ergibt.

Heute gehört der Stuttgarter Kopfbahnhof regelmäßig zu den pünktlichsten Großbahnhöfen Deutschlands.[13][14][15]. Die von der Bahn im Stresstest angestrebte "wirtschaftlich optimale" Betriebsqualität lässt einen Verspätungsaufbau von bis zu einer Minute pro Zug zu, der in den Simulationen schon knapp zur Hälfte erreicht wurde, wenn allein in den Sensitivitäten einzelne Parameter realistisch eingestellt worden waren. Aus den Zu- und Abläufen gemeinsam ergäbe sich der doppelte Verspätungsaufbau im Bahnknoten. Der vermeintliche hohe Verspätungsabbau während der Halte im Durchgangsbahnhof verfälscht hingegen laut Richtlinie das Ergebnis und ist außerdem durch fehlerhafte Ansätze in den Mindesthaltezeiten bzw. Abfertigungszeiten derart verfälscht, dass er um mehr als einen Faktor 2 größer ausfällt, als in der Praxis erreichbar. Hinsichtlich der Betriebsqualität bestehen somit große Zweifel.

Wo ist also der bahnverkehrliche Nutzen dieses milliardenteuren Rückbaus von Bahninfrastruktur? Das Alternativkonzept "Kopfbahnhof für Stuttgart" sieht bei einem Bruchteil der Kosten von Stuttgart 21 einen Ausbau der Kopfbahnhof-Kapazität auf 72 Züge pro Stunde vor.[16] Damit wäre der Bahnhof fit für einen echten und auch erwarteten Zuwachs des Schienenpersonenverkehrs. Ist es vernünftig, sich den Rückbau der Bahnhofskapazität von 50-56 Zügen auf 32-35 Züge pro Stunde ohne Erweiterungsmöglichkeit 4,5 bis 7 Milliarden kosten zu lassen?

Gute Betriebsqualität

Gute Betriebsqualität heißt Verspätungsabbau

Verspätungsverhalten
der Infrastruktur
Betriebsqualität
nach Richtlinie 405
bis 12.2007
Betriebsqualität
nach Richtlinie 405
ab 01.2008
Betriebsqualität
im Stresstest
(falsche Minutengrenzen)
Verspätungsabbauend gut Premiumqualität Premiumqualität
Verspätungserhaltend befriedigend wirtschaftlich optimal
Verspätungssteigernd risikobehaftet wirtschaftlich optimal
Stark verspätungssteigernd mangelhaft mangelhaft risikobehaftet
Bis 2007 wurde noch gute Betriebsqualität angestrebt, danach wirtschaftlich optimal.

Der Schlichterspruch forderte klar "gute Betriebsqualität" während der Spitzenstunde. Die Bahn lieferte in der Stresstest-Dokumentation eine neue Definition der Betriebsqualität in Anlehnung an die aktuell gültige Richtlinie mit den Stufen "wirtschaftlich optimal" und "Premium". Angestrebt wird jetzt die "wirtschaftlich optimale" Qualität. Sowohl die Bahn als auch die SMA unterschlugen, dass bis 2008 sehr wohl die "gute Betriebsqualität" in der entsprechenden Richtlinie definiert war und genau der heutigen sogenannten "Premium"-Qualität entspricht. Was heute "wirtschaftlich optimal" heißt, war zuvor nur "befriedigend" und entspricht einer verspätungserhaltenden Qualität.

"Bewertungsstufen der Betriebsqualität" im Gutachten von Martin et al.[17], praktisch gleichlautend mit der Definition in der bis 2007 gültigen Richtlinie 405 der Deutschen Bahn AG.
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"Eisenbahnbetriebstechnologie",[18] Co-Autor Stresstest-Projektleiter Thorsten Schaer
Die "gute bis sehr gute Betriebsqualität" im Unterschied zur "befriedigenden" und "mangelhaften" Betriebsqualität war der Maßstab (Schwanhäußer 1997 III[19] S. 19, 20), an dem das Projekt Stuttgart 21 vor dem VGH gemessen wurde.[20] Und diese Betriebsqualität wurde seinerzeit für Stuttgart 21 im "Betriebsszenario A" errreicht. S21 war außerdem ein "optimaler Leistungsbereich" bis 50 Züge pro Stunde (Rn. 72) bescheinigt worden, gestützt auf das Gutachten von Prof. Martin vom VWI Stuttgart. In dieser Arbeit war eine klare Definition der Betriebsqualität abhängig von den Verspätungen gegeben worden, auf deren Basis S21 als "gut" und K21 als "mangelhaft" eingestuft wurde (Martin[17] 2005, S. 31):

Dass die gute Betriebsqualität tatsächlich einen Verspätungsabbau bedeutet, erläutert Prof. Ullrich Martin auch noch zur Zeit des Stresstests:[21]

"Aus dem Verhältnis dieser Verspätungen kann man dann ablesen, ob innerhalb dieses Untersuchungsbereiches Verspätung im Allgemeinen durchschnittlich abgebaut wird, dann haben wir eine gute Betriebsqualität. Wird dagegen die Verspätung innerhalb des Untersuchungsraumes größer, dann haben wir eine unbefriedigende Betriebsqualität."

Dies war der Informationsstand der Öffentlichkeit und des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. Die "gute Betriebsqualität" des Schlichterspruchs wurde in der Stresstest-Präsentation von Boris Palmer als "Zitat" genau dieser Definition des Gutachtens von Prof. Martin dargestellt.[22]

In der dem Stresstest zugrunde gelegten Richtlinie 405 war die "gute Betriebsqualität" bis 2007 praktisch wortgleich definiert.[23] Nach dieser Definition entspricht die "gute Betriebsqualität" in der ab 01.2008 gültigen Ausgabe der Richtlinie dem neuen Begriff der "Premiumqualität".[24] Die Bahn-Richtlinie 405 "Fahrwegkapazität" ist nur in wenigen Bibliotheken deutschlandweit einsehbar und in der Regel nicht entleihbar. Ihr Erwerb wurde dem Verband "Pro Bahn" verwehrt mit dem Hinweis auf den "Geheimcharakter" der Richtlinie.[25] Somit konnte der Öffentlichkeit der neu eingeführte Begriff "Premium" nicht geläufig sein. Auch in dem vom Stresstest-Projektleiter Dr. Thorsten Schaer mitverfassten Fachbuch "Eisenbahnbetriebstechnologie" ist die "gute Betriebsqualität" in dieser Form definiert:[18]

"Bei guter Qualität dagegen können Züge Verspätungen reduzieren, bei befriedigender Qualität bleiben eingebrachte Verspätungen auf gleichem Stand. Grundsätzlich strebt man bei der DB Netz AG eine gute Betriebsqualität an." (Heister, "Eisenbahnbetriebstechnologie", Bahn Fachverlag, 2006)[18]

Es ist bemerkenswert, dass einer der pünktlichsten Großbahnhöfe Deutschlands mit einer Milliarden-Investition in einen (auch noch unterdimensionierten) nur noch "wirtschaftlich optimalen" (verspätungserhaltenden) Bahnhof umgebaut werden soll. Aber es ist noch schlimmer, denn tatsächlich hat die Bahn im Stresstest die Qualitätsstufen falsch zugeordnet und Stuttgart 21 müsste demnach als "risikobehaftet", d.h. als verspätungsaufbauend bezeichnet werden. Einige Strecken erhalten sogar die Stufe "mangelhaft". Der neue Bahnhof würde eine nicht mehr verantwortbare Betriebsqualität aufweisen (und das schon bevor die vielen weiteren Fehler in den Prämissen berücksichtigt sind) und außerdem an der Leistungsgrenze operieren, während der alte noch viel Luft nach oben hätte.

NoGo.png Ex.png Es ist untragbar, dass die Bahn in einem Prozess, in dem sie schon die Zusagen der Beteiligung der Kritiker und der Information der Öffentlichkeit gebrochen hatte, einseitig auch noch die Vorgabe des Schlichterspruchs umdefiniert. Wenn die Investition in Stuttgart 21 Sinn machen sollte, und da die Bahn im Schlichterspruch dieser Prämisse zugestimmt hatte und dies nie öffentlich revidierte, müsste wenigstens "Premium"-Qualität angestrebt werden.

Die SMA führt hier ganz entgegen ihrer Rolle als unabhängiger Gutachter allein das Verständnis der Bahn ins Feld.

Regelwidrige Ermittlung der Betriebsqualität

Unter Richtlinienverstöße wird im Detail dargelegt, dass zu allem Überfluss auch noch die Betriebsqualität aus der Verspätungsveränderung unter mehrfachem Verstoß gegen die Vorgaben der Richtlinie 405 ermittelt wurde:

  1. Die Minutengrenzen für die Qualitätsstufe "wirtschaftlich optimal" im Verspätungsabbau wurden entgegen der Vorgaben um eine Stufe verringert festgelegt. Tatsächlich liegen die angeblich "wirtschaftlich optimalen" Ergebnisse im Bereich "risikobehaftet" bis "mangelhaft".
  2. Die Qualitätsgrenzen für "wirtschaftlich optimal" wurden unzulässigerweise auf den gesamten Auswertungsraum bzw. Mittelwerte der Zu- und Ablaufstrecken angewandt, obwohl sie nur für einzelne Teilstrecken bzw. Bahnhofsköpfe definiert sind.
  3. Entgegen der Richtlinie wurde die Verspätungsveränderung unter voller Einbeziehung des Verspätungsabbaus durch die Haltezeitverkürzungen im Hauptbahnhof ermittelt.
  4. Entgegen dem Beschluss im Lenkungskreis wurde die Verspätungsveränderung unter Einbeziehung der Haltezeitverkürzung in der Einbruchsbetriebsstelle ermittelt, und beschlusswidrig die Verspätungsveränderung ab Ankunft bestimmt.
  5. Hinzu kommt ein von der Richtlinie nicht abgedeckter Fehler: Die Urverspätungen erscheinen nicht im Verspätungsaufbau. Die Haltezeitverlängerungen bilden zu einem Großteil die Urverspätungen ab, die eigentlich die Züge erst auf der Strecke betreffen. Die Abfahrt ist um diesen Anteil verspätet, der Verspätungsabbau erscheint um diesen Betrag reduziert und die Haltezeitverlängerung erscheint um diesen Betrag geringer.
  6. Entgegen der Richtlinie wurde allein der Verspätungsabbau für die Ermittlung der Betriebsqualität herangezogen, dabei hätten andere Größen und Betrachtungen zusätzlich herangezogen werden müssen.
  7. Insbesondere wurde nicht wie vorgeschrieben der Belegungsgrad ermittelt, eine der wichtigsten Kenngrößen in der Kapazitätsplanung. Der Belegungsgrad für Stuttgart 21 nimmt Werte an von "unfahrbar" bis "katastrophal". Es ist vorstellbar, dass dies die Motivation dafür war, den Wert nicht auszuweisen.

NoGo.png Ex.png Im Stresstest wurde nicht nur die angestrebte Qualität freihändig um eine Stufe von "Premium" auf "wirtschaftlich optimal" herabgesetzt (siehe oben), die falsche Zuordnung der Minutengrenzen verschiebt die Qualitätsstufe weiter, so dass die Ergebnisse bei "risikobehaftet" liegen. Abgesehen von unzähligen weiteren Fehlern in der Ermittlung der Betriebsqualität. Allein in fünf Punkten wird gegen die Richtlinie verstoßen, zweifach gegen Lenkungskreisbeschlüsse, hinzu kommt ein weiterer systematischer Fehler. Allein beim Thema Betriebsqualität wird überdeutlich, wie hoffnungslos überfordert Stuttgart 21 ist, die geforderte Leistung in vernünftiger Qualität erbringen zu können.

Anforderungen des Landes an Fahrplan unerfüllt

5 Kriterien

Baustelle.png
Im Einzelnen zu überprüfen, welche Anforderungen des Landes im finalen Simulationslauf abgedeckt sind und ob erneut gleichzeitig auch die früheren Korrekturen, die Landesforderungen betreffen, abgebildet wurden.

Unrealistische Spitzenstunde

Zu wenig Züge im Vor- und Nachlauf

Im Stresstest fehlen 24 Züge im Vorlauf und der Hauptverkehrszeit gegenüber einer realistischen Lastkurve.
Die Lastkurve des Stresstests sieht eine alleinstehende erhöhte Spitzenstunde mit 49 Zügen pro Stunde vor, zuvor und danach fällt die Leistung auf das Grundtakt-Niveau von 32 bzw. 26 Zügen (zweistündig alternierend) zurück. Im Vorlauf bis 6 Uhr findet weniger als die Hälfte des üblichen Verkehrs statt. Gegenüber einer realistischen Lastkurve fehlen so in Vor- und Nachlauf der Spitzenstunde 24 Züge.

Richtlinie 405 schreibt nicht umsonst die Berücksichtigung des "Vor- und Nachlaufs" vor:

"Als Richtwert für die meisten Aufgaben kann gelten, dass der Untersuchungszeitraum etwa 2 h vor dem Auswertezeitraum beginnen und 2 h nach ihm enden sollte." (Richtlinie 405.0202 S. 13 / Bl. 163)

Die fehlenden Züge in der Vorlaufzeit entlasten die erste Stunde des Auswertezeitraums von Folgeverspätungen. Insbesondere in der Stunde ab 5 Uhr fährt nur knapp die Hälfte der Züge, die der heutigen Lastkurve entsprächen. Und selbst heute fahren schon 14,5 Züge in dieser Stunde verglichen mit den 10 Zügen im Stresstest. Bei einer solch drastischen Reduktion sind Folgeverspätungen in der ersten Auswertestunde nicht mehr zu erwarten. Der zweite große Beitrag zur Entlastung des Stresstests sind die fehlenden 12 Züge von 8 bis 10 Uhr. Die in diesen beiden (besonders kritischen, siehe unten) Stunden um 17 % reduzierte Bahnhofsleistung erleichtert den Abbau von Verspätungen erheblich.

Der Auditor hat diese gravierende Abweichung von einem realistischen Betriebsprogramm nicht angesprochen. Dabei hatte die SMA selbst die Anforderung und die nicht erfüllte Realisierung im Auditbericht auf zwei aufeinander folgenden Seiten dargestellt (Audit SI-02 S. 2 / Bl. 142 f). Ob sie eine Prüfung der von ihr selbst dargestellten Anforderungen versäumte, oder aber das Ergebnis dieser Prüfung nicht darstellte, kann nicht gesagt werden.

NoGo.png Die unrealistisch alleinstehende Spitzenstunde ist ein weiterer Taschenspielertrick, um den Stresstest signifikant zu entlasten. Die Simulation eines derartig künstlichen Lastverlaufs ist ohne Aussagekraft, ob Stuttgart 21 die 49 Züge in der Spitzenstunde in der ermittelten Qualität erbringen kann. Die Bahn hatte auch jegliche Information über die Modellierung der so wichtigen Flanken vor und nach der Spitzenstunde aus ihrer Dokumentation herausgehalten, obwohl diese Stunden in die Qualitätsermittlung eingingen. Das spricht dafür, dass die Bahn bemüht war, diese Manipulation zu verdecken. Auf die Frage in den Prämissengesprächen nach den Zügen außerhalb der Spitzenstunde antwortete die Bahn nur ausweichend und die Nachfrage wollte Schlichter Geißler nicht zulassen, bis der Gutachter SMA schließlich diese Daten offenbarte, sie aber inkonsequenterweise nicht bewertete. Die unrealistische Lastkurve ist genau genommen auch ein Richtlinienverstoß, da sie nicht die Forderung nach realistischen und der Aufgabe angepassten Parametern in der Simulation erfüllt.

Auf den von der Richtlinie vorgeschriebenen Vorlauf und die Hauptverkehrszeit bezogen bedeuten die fehlenden 24 Züge eine Reduktion der Bahnhofsleistung um 12 %. Den selben Wert erhalten wir, wenn wir die Stunde ab 4 Uhr außen vor lassen. Allein die fehlenden 12 Züge in der Hauptverkehrszeit von 6 bis 10 Uhr bedeuten für diese vier Stunden eine Reduktion um 8 %. Der reduzierte Verkehr im Vorlauf wirkt sich nur indirekt auf den Auswertezeitraum aus, es wird geschätzt, dass dies rund 1 % Entlastung in der Hauptverkehrszeit von 6-10 Uhr ausmacht, in Summe 9 %.

Auf die Hauptverkehrszeit von 6 bis 10 Uhr wirken sich die fehlenden Züge deutlich aus. Im Schlichterspruch war jedoch nur die Betriebsqualität der Spitzenstunde gefragt. Die Entlastung der Spitzenstunde ist von dem reduzierten Verkehr der Folgestunden unabhängig und erhält nur Einfluss aus dem reduzierten Vorlauf bis 6 Uhr. Hier schätzen wir mit 0,5 % eine deutlich geringere Entlastungswirkung ab. D.h. dieser Fehler macht sich in vollem Umfang erst durch den zweiten Fehler der Mittelung der Betriebsqualität bemerkbar:

Mittelung der Betriebsqualität über 4 Stunden

Verspätungsgrad pro Stunde. Quelle: Stiftung Warentest 02/2008[15]
Im Stresstest wurde die Qualität über die gesamte Hauptverkehrszeit von 6 bis 10 Uhr ermittelt und nicht wie im Schlichterspruch gefordert allein die der Spitzenstunde. Der Stress der Spitzenstunde verursacht in den Folgestunden sogar noch höhere Verspätungswerte, allein die Stunde vor der Spitzenstunde ist deutlich weniger belastet.

Die erhöhten Verspätungswerte nach der Spitzenstunde sind wohl auch der Hintergrund für die Anmerkung der SMA, dass sie die Betrachtung des längeren Zeitraums für sinnvoller erachtet:

"Eine Sensitivitätsanalyse eines eingeengten Auswertezeitraums nur von 7 bis 8 Uhr wird ebenfalls durchgeführt (siehe "Steckbrief SI-07 Schlussbericht DB Netz AG"), auch wenn dies fachlich fragwürdig erscheint." (Audit SI-02 S. 4 / Bl. 144)

Sicherlich muss eine Simulation auch den Folgezeitraum prüfen, um sicher zu gehen, dass nicht der eigentliche Kollaps des Systems übersehen wird. Aber die Mittelung gerade über die unbelastete erste Stunde ist stark stressmindernd und damit ergebnisverfälschend, wenn man die Forderung des Schlichterspruchs betrachtet. Außer dem reinen Mittelungseffekt kommt außerdem noch der größere Beitrag durch die unrealistische Modellierung der Hauptverkehrszeit und des Vorlaufs hinzu, – aber dazu später. Insofern ist die Sensitivitätsanalyse nicht "fachlich fragwürdig" sondern gibt uns wenigstens einen Anhalt für die Größe dieses Fehlers im Stresstest. Ob die SMA dies bemerkt hatte und nun mit dieser Anmerkung von dem Effekt ablenkt oder ob der SMA dieser Zusammenhang entgangen war, lässt sich nicht entscheiden.

Die Stiftung Warentest ermittelte folgende Verspätungsgrade der Stunden 6 bis 9: 21, 29, 30, 30 %.[15] Der Mittelwert von 6-10 Uhr liegt bei 27,5 %, d.h. 5 % unter dem Wert der Spitzenstunde.

NoGo.png Bemerkenswert ist, dass im Blick auf die von der Stiftung Warentest ausgewerteten Verspätungen die eigentliche Herausforderung die Spitzenstunden am Abend darstellen. Insofern ist der Nachweis der Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 erst dann erbracht, wenn in der Simulation auch die Abendstunden (mit entsprechend höheren Startverspätungen vor allem im Fernverkehr) simuliert werden.

Bleiben wir bei der morgendlichen Spitzenstunde. Allein die vor allem von Folgeverspätungen wenig belastete Stunde vor der Spitzenstunde lässt das Verspätungsmittel über die 4 Stunden der Hauptverkehrszeit rund 5 % niedriger ausfallen als für die Spitzenstunde allein betrachtet. Aber erst bei dieser Mittelung kommt der zweite Fehler, die zuvor genannte unrealistische Modellierung der Hauptverkehrszeit, voll zum tragen. Die zu gering gewählten Zugzahlen des Vorlaufs und der Stunden 8 und 9 also die 9 % kommen zum Mittelungseffekt noch hinzu. Wir nehmen dabei implizit an, dass prozentuale Unterschiede im Verspätungsgrad prozentualen Unterschieden in der Kapazität etwa gleichwertig sind. Dies ist tatsächlich grob gegeben, wenn man sich nahe dem Maximum der Beförderungsenergie befindet.

Abschätzung der Äquivalenz zwischen Kapazität und Verspätungsaufbau
Diese Größen dürfen nicht einfach addiert werden. Multiplikation der Kapazitätsfaktoren (siehe Quantifizierung) liefert in Summe rund 13,5 %. Dieser Wert erlaubt uns eine Eichung der Umrechung von Verspätungsaufbau in Kapazitätsreduktion. Die "Sensitivität mit Einengung des Auswertezeitraums" (Audit SI-07 S. 9 / Bl. 183) betrachtete, um wieviel die Verspätungen zunehmen, wenn allein die Spitzenstunde betrachtet wird. Für diesen Fall hatten wir eine Entlastung von 0,5 % durch die fehlenden Züge im Vorlauf abgeschätzt, so dass als relativer Unterschied der Betrachtung Spitzenstunde gegenüber der Hauptverkehrszeit von 6 bis 10 Uhr 13 % verbleiben. Diese 13 % Kapazitätsentlastung entsprechen also den um 25 Sekunden gestiegenen Verspätungen im Zu- und Ablauf gegenüber der Grundversion. 4 Sekunden Verspätungsaufbau entsprechen 2 % Kapazitätswirkung, d.h. einem Zug pro Stunde weniger.

Daumenregel für den Stresstest:

4 Sekunden mehr Verspätungsaufbau (in den Zu-/Abläufen) ≈ 2 % weniger Kapazität ≈ 1 Zug weniger

Diese Verhältnisse helfen, die Kapazitätswirkung anderer Korrekturen abzuschätzen.

NoGo.png Ex.png Die Mittelung über die gesamte Hauptverkehrszeit bewirkt im Zusammenspiel mit der erniedrigten Belastung in den Flanken vor und nach der Spitzenstunde die quantitativ größte Verfälschung des Stresstest-Ergebnisses. Grob geschätzt würde bei gleicher Betriebsqualität aber realistischer Lastkurve nur eine 13,5 % verringerte Zugzahl in der Spitzenstunde abgefertigt werden könnte. Allein die Korrektur dieses Fehlers würde die Leistungsfähigkeit von 49 Zügen auf nur noch 42 Züge reduzieren.

Anerkannte Standards?

Die Dokumentation des Stresstests durch die Deutsche Bahn AG wie auch im Audit durch die SMA wurde nicht der Versuch unternommen, "anerkannte Standards" für die eisenbahnbetriebswissenschaftliche Simulation heranzuziehen. Der Stresstest selbst verletzt durch die zahlreichen Richtlinienverstöße mehr bahn-interne Standards als er einhält, so dass nicht einmal hier von der Anwendung anerkannter Standards gesprochen werden kann. Die SMA stellt dies im Schlussbericht des Audits noch in Aussicht:

"Jeder Steckbrief beinhaltet eine Diskussion des Objektes bezüglich vorhandener Regeln, Verordnungen (soweit vorhanden) oder eine eigene (eventuell durch Literatur oder benchmarking-gestützte) Beurteilung." (Audit Schlussber. S. 4 / Bl. 10)

Solche Bezüge finden sich jedoch nur höchst vereinzelt und nur in Fällen, in denen die Position der Bahn damit gestützt werden kann.

  1. Die wenigen Beispiele von Referenzen im Audit auf Quellen außerhalb der Deutschen Bahn AG:
    • Anforderung von 100 oder weniger Simulationsläufen in anderen europäischen Ländern (Audit SI-03 S. 2 / Bl. 148)
    • ....
  2. Benchmarking wurde lediglich in Bezug auf die .... unternommen
    • Streckenbezogener Verspätungsaufbau auf Basis von LeiDis-Daten (Audit SI-05 S. 5 / Bl. 160 ff)
      Hier werden jedoch gar nicht die selbstgestellte Aufgaben abgearbeitet
    • ....

Die SMA unternimmt keinen Versuch, sämtliche entscheidenden und leistungsbestimmenden Eingangsgrößen der von ihr angekündigten Plausibilisierung zu unterziehen. Solcherart mangelt es eigentlich an der Basis für ein Testat. Es fehlen insbesondere:

  1. Überprüfung der Statistik der Einbruchsverspätungen
  2. Haltezeitverlängerungen (hier hat die SMA die Kappung der Verspätungsspitzen vollkommen übergangen)
  3. Den Annahmen zum Verspätungsabbau
  4. ....

Unrealistischer Betrieb

Nur einer der in simulierten Zeitraum aus Richtung Stuttgart über die Geislinger Steige verkehrenden Güterzüge ist mit Zwischenhalt in Geislingen/West vermerkt[26]. Alle weiteren Güterzüge fahren durch und - logischerweise - müssen deswegen die Geislinger Steige ohne Schublok bewältigen. Dieses ist aber nur im realen Betrieb nur mit leichten Güterzügen unter etwa 900 Tonnen möglich. Daher stellt sich die Frage ob im Strestest ein realistischer Güterverkehr simuliert wurde. Bei leichten Güterzügen wird der Betrieb natürlich robuster da a) der Zwischenhalt in Geislingen/West entfällt und b) leichte Güterzüge bei Überholzwischenhalten natürlich schneller beschleunigen.

Weiterhin sind die Fahrten der Schiebeloks von Geislingen nach Geislingen/West vor Schubeinsatz sowie die Rückkehr als Leerfahrt aus Amstetten nach Geislingen nicht abgebildet. Der Einfluß hier auf das Ergebnis des Stresstestes ist aber gering da die Leerfahrten sich in die Fahrplanlücken legen lassen.

Unrealistische Infrastruktur

Es erscheint problematisch, dass im Stresstest einige Kostenblöcke unterstellt sind, die nicht in der Kostenplanung des Projektes Stuttgart 21 geführt werden. Sofern es sich um Maßnahmen handelte, die in den kommenden Jahren in der Peripherie von Stuttgart ohnehin durchzuführen wären, wäre das zulässig. Beispielsweise jedoch die neue Signalisierung der S-Bahn ist eine explizite Folge und Bedingung des Projektes, deren Kosten den Projektkosten hinzuzurechnen wären und deren Finanzierung geklärt werden müsste.

Nicht geplante Infrastruktur: Neue S-Bahn Signalisierung

Eine gravierende Folge des neu gebauten Tiefbahnhofs ist die neue Signalisierung auf der seit 1978 bestehenden S-Bahn-Stammstrecke: Aufgrund einer Unachtsamkeit in der Planung zum Umbau der S-Bahn-Tunnelrampe erlosch 2010 die Ausnahmegenehmigung zur "Einfahrt auf Sicht" per Vorsichtsignal Zs7 im Stuttgarter S-Bahntunnel [27], was die Zugfolgezeiten verkürzen und somit einen stabilen 2,5-Minuten-Takt ermöglichen konnte. Bis zum erneuten Umbau der Signalanlagen konnten aus Kapazitätsgründen einzelne Verstärkerlinien den S-Bahn-Tunnel nicht anfahren.

Ferner existieren Ende 2011 nur noch drei der ursprünglich vier Gleise im Bereich der S-Bahn-Tunnelrampe am Hauptbahnhof:

Gleisnutzung ab 1978 Gleisnutzung Ende 2011
von Bad Cannstatt -/- (abgebaut!)
von Zuffenhausen von Bad Cannstatt
nach Zuffenhausen von Zuffenhausen
nach Bad Cannstatt nach Bad Cannstatt und nach Zuffenhausen











Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund rückgebauter Gleiswechsel zwischen Tunnelrampe und S-Bahnsteig Hauptbahnhof die S-Bahnen aus Zuffenhausen – immerhin jede zweite – vor dem S-Bahnsteig Hauptbahnhof kurz das Gegengleis (alle S-Bahnen nach Bad Cannstatt und Zuffenhausen!) nutzen muss und sich dort aktuell 75% aller S-Bahnen gegenseitig blockieren; dieser aktuelle Umstand ist absolut inakzeptabel für einen dichten S-Bahnverkehr!

Es erscheint unredlich, wenn die Planung für Stuttgart 21 derart gravierende und teure Maßnahmen im Umfeld auslöst...

S-Bahn kritisch laut SMA-Audit ....

Nicht geplante Infrastruktur: Bahnhöfe Murrbahn

[Noch zu klären: Welche Zuggarnituren sind im Stresstest unterstellt, werden diese ohnehin bis 2020 angeschafft?]

Nicht geplante Infrastruktur: Fehlende Blockstelle

....

Nicht geplante/vorhandene Infrastruktur: Verbindung Filstalbahn > NBS bei Beimerstetten

Im roten Kreis die in Realität nicht vorhanden Gleisverbindung auf Höhe Beimerstetten


Der Gleisplan der Filstalstrecke Stuttgart - Geislingen - Ulm zeigt auf den Stresstestfolien der Bahn (Fahrplanrobustheitsprüfung, S45, Graphik oben) in Höhe Beimerstetten eine Verzweigung von der Altstrecke auf das Richtungsgleis Ulm-Stuttgart. Eine solche Verzweigung existiert nicht und ist auch nicht geplant. Eine Auswirkung auf den Stresstest ist möglich allerdings mit geringem positiven Einfluss (Alternativroute Güterzüge ??).


....


Nicht geplante Infrastruktur: Zusätzliche Abstellkapazität außerhalb

Im Stresstest-Fahrplan, fahren vom Bedarf her nicht benötigte Züge nach dem Halt in Stuttgart weiter, teilweise bis nach Ulm, nur um nicht den Abstellbahnhof zu belasten.

Es ist absehbar, dass Abstellkapazitäten außerhalb Stuttgarts ausgebaut werden müssen, da der Abstellbahnhof in Untertürkheim die Spitzen in dem für Stuttgart ausgeprägten Quellverkehr nicht allein bewältigen kann (.... Quelle).

....

Nicht genehmigte Infrastruktur: Mitbenutzung S-Bahnsteig Flughafen

Im Verspätungsfall wird der S-Bahnsteig am Flughafen-Regionalbahnhof von Regionalzügen mitbenutzt (.... Quelle). Hierfür existiert keine Genehmigung und eine Genehmigung erscheint auch nicht wahrscheinlich (.... Quelle).

Nicht genehmigte Infrastruktur: ICE Mitbenutzung des S-Bahn-Tunnels

Bezüglich der ICE-Mitbenutzung des S-Bahn-Tunnels oberhalb der Rohrer Kurve besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die aktuelle Ausnahmegenehmigung nicht lange Bestand hat (.... Quelle). In jedem Fall ist sie zeitlich beschränkt ....

Nicht verfügbare Infrastruktur: ETCS

ETCS-L2 ist nach der Ankündigung der Bundesregierung nicht bis 2020 verfügbar.[28][29] Diese Technik wird aber beispielsweise bei der Zufahrt von Zuffenhausen unterstellt (Z.B. Doku. Teil 1 S. 55/56[30]).

Die aktuelle Entwicklung von ETCS ist nicht absehbar, zumal die deutsche Bundesregierung im Sommer 2011 ankündigte, ETCS-Investitionen in das Netz einzufrieren und nur ausgewählte Fahrzeuge mit eigens entwickelten Lesegeräten auszurüsten. Faktisch bedeutet dies, dass Deutschland entgegen den zwingenden EU-Vorgaben keine weiteren Strecken mit ETCS ausrüstet, sondern nur ausgewählte ETCS-Fahrzeuge für Strecken ohne ETCS ausstattet. Damit werden nur diese einzelnen Fahrzeuge ETCS-fähig gemacht, auf den Transitstrecken bleibt aber alles wie bisher.

Ferner ist bei ETCS nach wie vor unklar, wie das künftig einzusetzende System genau spezifiziert wird; die nächste Spezifizierung soll erst 2012 ratifiziert werden, zum möglichen Inbetriebnahmezeitpunkt von S21 könnte diese aber schon wieder veraltet sein. ETCS ist aktuell für folgende Übertragungsarten ("Levels") spezifiziert:

  • ETCS Level STM ermöglicht ETCS-Fahrzeugen, auch nationale Zugsicherungssysteme wie PZB/LZB lesen zu können.
  • ETCS L1 (Level 1) entspricht weitgehend der konventionellen Signal- und Zugsicherungstechnik, nur mit ETCS-Zugbeeinflussungsanlagen anstatt nationaler Einrichtungen wie PZB.
  • Bei ETCS L2 (Level 2) wird die Fahrerlaubnis per GSM-R-Funk übertragen, womit ortsfeste Signale obsolet werden. Im Gegensatz zu ETCS L3 erfolgt bei ETCS L2 die Gleisfreimeldung noch wie bisher über gleisseitige Einrichtungen (z.B. Gleisstromkreise, Achszähler).
  • ETCS L3 (Level 3) würde bei fahrzeugseitiger Sicherstellung der automatischen Zugschlusserkennung ein Fahren im beweglichen Raumabstand und damit kürzeste Zugfolgezeiten ermöglichen; aufgrund des inhomogenen Wagenparks im Bestandsnetz der DB wird eine Diskussion zu ETCS L3 auf absehbare Zeit überflüssig bleiben.

Die Betriebsarten ("Modes") sollen ab der Version 3.2.0, die vsl. Ende 2012 ratizifiert werden soll, neben einer vollständigen Fahrtüberwachung ("Full Supervision", Mode FS) auch eine an die bisherige Zugsicherungstechnik angelehnte frei definierbare teilweisen Fahrtüberwachung ("Limited Supervision", Mode LS) erlauben. Unabhängig davon ist bei ETCS nach wie vor unklar, wie die Lebenszyklen der technischen Komponenten und neue Technologiegenerationen berücksichtigt werden, da jede Änderung der Spezifikation einen mehrjährigen unberechenbaren Prozess durchlaufen muss und von allen EU-Mitgliedern diskutiert werden muss; individuelle Weiterentwicklungen würden die Interoperabilität konterkarieren.

Die Behauptung der DB vom 19.07.2011 im Schlichtungsgespräch in Stuttgart, die Leistungsfähigkeit von GSM-R (Funksystem, das bei ETCS L2 auch die Fahrerlaubnis überträgt) könne von den DB-Planern beliebig dimensioniert werden, zeigt die Unkenntnis der Entscheidungsträger innerhalb der DB:

  • GSM-R ist wie ETCS europaweit genormt.
  • Für GSM-R sind bestimmte Funkfrequenzen und Zeitmultiplexverfahren zur Nutzung gleicher Frequenzen durch mehrere Nutzer klar festgelegt.
  • Untersuchungen zu anderen Eisenbahnknoten wie Kopenhagen haben gezeigt, dass bei Nutzung von GSM-R auch für ETCS L2 (Anm.: ETCS L2 nur mit GSM-R möglich) dieses Funknetz seine Leistungsfähigkeit überschreiten kann; in solch einem Fall würden weitere Züge abgewiesen und könnten trotz freier Gleise nicht mehr in diese Funkzellen einfahren! (Anm.: Bei LZB wird die Fahrerlaubnis über Kabellinienleiter übertragen, womit dieses Problem obsolet ist; Nachteil: LZB kostet tendenziell mehr als GSM-R.)

NoGo.png Die realistischere Annahme, hier mit den funktionierenden und jahrzehntelang erprobten Zugsicherungssystemen PZB/LZB und ohne ETCS zu arbeiten, würde mutmaßlich den Ausbau der Zufahrt von Zuffenhausen durch die sogenannte P-Option und damit dreistellige Millionenkosten auslösen. Auf den Transitgleisen könnte im Falle des Falles eine zusätzliche Ausrüstung mit ETCS zur Gewährleistung der Interoperabilität untersucht werden.

Keine Richtlinie für Doppelbelegung bei Neigung

Der Tiefbahnhof von Stuttgart 21 wird eine Rekord-Neigung von 15 ‰ aufweisen. 6-fach höher als der von der Richtlinie vorgesehene Wert. Zum Vergleich, ab 25 ‰ spricht man bei der Eisenbahn von einer Gebirgsbahn. Ein solches Gefälle bewirkt bei der Eisenbahn deutlich erhöhte (bergab) oder auch erniedrigte (bergauf) Bremswege. Die verlängerten Bremswege sind insbesondere kritisch, wenn es um den Betrieb mit Doppelbelegungen geht. Stuttgart 21 würde mit 13 Doppelbelegungen in der Spitzenstunde den absoluten Rekord in dieser Betriebsart halten. Jeder zweite Zug würde als Doppelbelegung abgefertigt werden. Dennoch existiert keine Richtlinie, die insbesondere die zulässigen Einfahrgeschwindigkeiten bzw. die anzunehmende Bremskurve für den Betrieb regelt.

Aufgrund der Einzigartigkeit dieser Betriebsart (bisher existiert kein Bahnhof in Europa mit einer solchen Neigung) wären überdies technische Sicherungsmaßnahmen vorzusehen, die bei menschlichem Versagen eingreifen. Die Sicherheit kann hier nicht allein dem Erinnerungsvermögen der Lokführer überlassen werden, die teilweise auch aus dem Ausland kommen und mit dieser Sondersituation vollkommen unvertraut sein können.

Dass für diese Fälle vorgebeugt werden muss, zeigen bspw. zahlreiche Vorfälle an dem Haltepunkt Haan zwischen Wuppertal-Vohwinkel und Solingen Hbf. Hier liegt ein ähnliches Gefälle vor und es kam in der Vergangenheit immer wieder vor, dass sich der Lokführer verbremste und über den Bahnstein hinausrutschte. An einem Haltepunkt liegen aber keine Weichen, die in anderen Verkehr einmünden. Schon dies wäre bei Stuttgart 21 eine Gefahr selbst ohne den Betrieb mit Doppelbelegungen. Bei Doppelbelegung aber sind die Anforderungen weit höher. Der Bremsweg am Bahnsteig ist auf die Hälfte verkürzt und es muss ziemlich nah an den stehenden Zug herangefahren werden. Ein Lokführer, der hier erst am Anfang des Bahnsteigs erkennt, dass schon ein Zug in der hinteren Hälfte steht, kann kaum noch bremsen.

Die fehlende Regelung dieses Betriebs durch eine Richtlinie unter Berücksichtigung der verlängerten Bremswege und die fehlende Einrichtung technischer Sicherungen zur zuverlässigen Verhinderung des Auflaufens der Züge scheinen die bestehende Ausnahmegenehmigung in Frage zu stellen. Auch das Problem des möglichen Wegrollens der Züge und damit ein Auffahren bei Doppelbelegung ist in der Ausnahmegenehmigung bisher allein dadurch adressiert, dass der Geist einer Verordnung die Unglücke irgendwie verhindern möge:

"Zum anderen wird hinsichtlich des Wegrollens der Züge auf die Schutzziele der einschlägigen EBO verwiesen, die vor allem ein selbstständiges in Bewegung setzen von abgestellten Eisenbahnfahrzeugen (Wagen und Züge) zuverlässig verhindern wolle." [31].

Die Argumentation der Bahn, dass dieser Fall für die allgemeinen Regeln im Gefälle abgedeckt sein (.... Quelle), verfängt nicht, da eben bisher jeder Lokführer sicher damit rechnen konnte, in einen ebenen Bahnhof einzufahren.

NoGo.png Es erscheint im Blick auf die Sicherheit des Bahnhofs schlichtweg unmöglich, auch nur die Planung des Neubaus fortzusetzen, solange der international einzigartige Betrieb im geneigten Bahnhof inklusive der Anforderungen im Falle von Doppelbelegungen noch nicht sicherheitstechnisch geregelt ist.

Nicht bedarfsgerechte Züge

Doppelter IRE von Pforzheim

Ein Verstärker RE-Zug von Pforzheim fährt nur 5 Minuten vor dem Zug der verstärkten Direkt-Linie. Von Pforzheim nach Stuttgart fährt danach 60 Minuten kein Zug dieser Linie, sondern nur die Züge über Bietigheim-Bissingen (die 50 Min. statt 30 Min. benötigen)[32] wie in der Stresstest-Präsentation von Boris Palmer verkürzt angemerkt worden war (der statt der 60 Min. von 55 Min. sprach).[33] Dieser Zug erfüllt nicht die Forderung 4 der Landesregierung (Doku. S. 11) nach einer annähernd gleichmäßigen Zugfolge, die sich durch die Verstärkerzüge ergeben sollte. Es muss aber angemerkt werden, dass 23 Minuten später eine nur 8 Minuten länger dauernde Umsteigeverbindung vorhanden ist (die auch Palmer nicht betrachtet hatte), so dass die 60 Minuten-Pause nur für die Direktzüge gilt.[34]

Eine Entlastungswirkung hätte der 5-Minuten-Vorläuferzug dadurch, dass er in Mühlacker den Anschluss von/zum Regionalverkehrszug nach Bretten herstellt sowie dass die Pendler in Pforzheim nicht in einen schon überfüllten Taktzug einsteigen müssen (obwohl das Land diese Form der Entlastung vermeiden will). Außerdem sind die meisten Verstärkerzüge außerhalb des Betrachtungsraumes (der hier in Vaihingen/Enz endet) nicht ausgeplant, so dass nicht beurteilt werden kann, ob dort weitere Züge verkehren sollen. Es ist also letztlich nicht klar zu entscheiden, wie groß der Schaden oder Nutzen durch diesen Vorläufer-Zug ist. Wünschenswert wäre sicherlich eine gleichmäßigere Verteilung der Verbindungen nach Stuttgart, einen gewissen Entlastungsnutzen entfaltet aber auch dieser Zug.

2 ICEs durch Regionalzüge ersetzt

Zwei ICE des bisherigen Fahrplans wurden durch Regionalzüge ersetzt.[33] Die SMA wird hier recht deutlich (Audit FP-06 S. 5 / Bl. 88):

"Der Ersatz der TGV-Trasse durch einen Nahverkehrszug in der Spitzenstunde sowie die reduzierte Anzahl an Fernverkehrszügen aus Richtung Vaihingen erleichtern die Fahrplankonstruktion und -simulation. Dank der kürzeren Zuglänge ist eine Doppelbelegung möglich und die Fahrstraßenelemente werden kürzer belegt. Ebenfalls können die Bahnsteige bei Nahverkehrszügen in der Simulation früher geräumt werden. Zur Abbildung eines korrekten Einschwingvorgangs sollten die fehlenden Fernverkehrslagen ergänzt werden. Die aufgeführten Anmerkungen führen insgesamt zu einer Erleichterung der Simulationsverhältnisse."

Diese zwei Regionalzüge lassen sich im Unterschied zum ICE in Doppelbelegung zusammen mit anderen Regionalzügen im Tiefbahnhof unterbringen und erhöhen so den Zähler für die Stresstest-Simulation. Dazu sagte der Landesverkehrsminister Winfried Hermann in der Stresstest-Präsentation:

"Vorher haben wir über ICs gesprochen, die gestrichen und durch Nahverkehrszüge ersetzt werden. Das kann man machen. Aber es ist natürlich klar: Wenn Sie einen IC durch einen Nahverkehrszug ersetzen, dann ist der Nahverkehrszug kein IC mehr. Das ist ein anderer Zug, der auch eine andere Reichweite hat. Das ist auch so abgebildet. Das ist eine Verschlechterung der Qualität. Und außerdem schieben Sie die Kosten der Nahverkehrsgesellschaft beziehungsweise dem Land Baden-Württemberg zu weil es ein Nahverkehrszug ist, der bestellt werden muss. Vorher war es ein IC, der eigenwirtschaftlich gelaufen ist. Auch das sind natürlich einfach – ich will jetzt nicht "Tricks" sagen – Maßnahmen, die günstig sind, aber die nicht im Interesse des Landes sind." [35]

NoGo.png Diese Züge sind nicht (zwei ICEs) oder nicht ganz (doppelter IRE) bedarfsgerecht. Die Vorstellung, dass möglicherweise nur durch diese Umgestaltungen entgegen dem Bedarf die 49 Züge im Stresstest erreicht wurden, beunruhigt. Auf einer solchen knappen Basis kann schlechterdings eine Milliarden-Investition gerechtfertigt werden.

S-Bahn Linientausch

Anstelle die S-Bahnlinien nach Verkehrsbedarf auszurichten werden jetzt S4-S6 auf die Filder bzw. nach Böblingen geführt
Bewertung S-Bahn-Liniennetz ohne Linientausch. Die Linien S1-S3 zeigen auf beiden Zweigen Mischverkehr. S21 kann mit dieser Situation nicht umgehen.
Bewertung S-Bahn-Liniennetz mit Linientausch. Keine der Linien hat Mischbetrieb auf mehr als einem Zweig.


Im Stresstest ist der Tausch der S-Bahn-Linien unterstellt. Im Detail bedeutet dies, dass die Linien S1-S3 an der Schwabstraße enden werden und stattdessen die Linien S4-S6 zum Flughafen und nach Vaihingen/Böblingen weitergeführt werden. Als Begründung dafür wird die Fahrzeitverlängerung von zwei Minuten angeführt, welche an der mit S21 zu bauenden Station Mittnachtstraße entsteht. Alle Züge erhalten dadurch eine systematische Verspätung und fallen dadurch – so die Begründung – bequem in die Fahrplantrasse des im alten System nachfolgenen Zuges.

Eine genaue Bewertung des Linientausches zeigt aber dessen eigentliche Motivation. In den beiden Tabellen auf der linken Seite werden die S-Bahn-Liniennetze ohne Linientausch (also wie heute) und mit Linientausch auf die Wechselwirkung mit dem Regionalverkehr bei Annahme Verwirklichung S21 untersucht. Dabei wurde geprüft ob Mischverkehr auf den S-Bahnlinienzweigen vorliegt. Zweig 1 sind alle nordöstlichen Außenäste Richtung Bad Cannstatt und Zuffenhausen, Zweig 2 sind die südwestlichen Außenäste Richtung Stuttgart-Vaihingen.

Dabei zeigt sich, dass bei Beibehaltung der S-Bahnlinienstruktur dreimal die Situation auftritt, dass das Regionalverkehrsnetz (Taktfahrplan, Durchbindungszwang im Tiefbahnhof) mit drei Linien des S-Bahnnetzes (Taktfahrplan, Durchbindungszwang auf der Stammstrecke) gleich zweimal in Gehege kommt. Zwei Systeme mit starrem Taktfahrplan und Durchbindungszwang lassen sich aber nur kombinieren, wenn man die Berührungspunkte minimiert. Daher kommt es zum Linientausch; die Linien S1-S3 würden bereits in der Wendeschleife Schwabstraße enden und somit nur auf einer Seite Stuttgarts Mischbetrieb aufweisen. Hintergrund ist, dass auf dem S-Bahn-Außenast zum Flughafen gemäß S21-Konzeption künftig auch Fern- und Regionalzüge fahren sollen und damit beide südwestlichen Außenäste (Richtung Herrenberg und neu Richtung Flughafen) Mischbetrieb zwischen S-Bahn und Fern-/Regionalbahn aufweisen sollen.

Eine Festlegung, dass das Linienkonzept der Stuttgarter S-Bahn für den Stresstest geändert werden dürfe, ist nicht bekannt. Und mittlerweile ist der Linientausch der S-Bahnen auch in der Tat vom Verkehrsausschuss der Region Stuttgart abgelehnt worden.[36][37]

NoGo.png Damit ist klar daß der Stresstest die Anforderungen einer realistischen Zielkonfiguration des Liniennetzes nicht erfüllt. Die tatsächliche Leistungszahl mit dem heutigen Stuttgart S-Bahnliniennetz ist a) mit hoher Wahrscheinlichkeit niedriger und b) nicht ermittelt. Der im Stresstest-Fahrplan unterstellte Linientausch der S-Bahn wurde von der Region Stuttgart abgelehnt, damit ist diese Grundprämisse des Stresstests entfallen und eine Wiederholung auf Basis einer kundengerechten Konfiguration der S-Bahn steht aus.

Eine Quantifizierung des Effektes ist schwierig und hängt davon ob sich mit Linientausch überhaupt passende Trassen finden lassen. So kommt es beispielsweise bei einer Verschiebung der S2-Zeiten im Remstal sofort zu einer Verschiebung der REs mit ungeklärten Folgen für den Fahrplan im Tiefbahnhof. Daher kann eine Abschätzung der - theoretisch - möglichen Kapazität vermutlich nur über die Konstruktion eines entsprechenden Fahrplans erfolgen. Weiterhin ist ein starker Effekt auf die Verspätungen abzusehen da verspätete S-Bahnen auf den Fildern nicht mehr nur die S-Bahn beeinflussen sonderen Behinderungen auf dem anderen Zweig (nach Backnang, Schorndorf) wieder auf die Regionalzüge weitergeben. Auch hier ist eine Abschätzung schwierig und es muß auf eine Simulation verwiesen werden.

Baustelle.png
Lässt sich abschätzen, wie groß der Effekt des Linientauschs auf die Leistungsfähigkeit ist (Quantifizierung)? Ist die Entflechtung der Mischverkehre etwa der Herausnahme des Güterverkehrs (Sensitivität) vergleichbar? Oder ist der Effekt grob der Zunahme der Mindesthaltezeit der S-Bahnen von 30 Sek. auf 48 Sek. vergleichbar? Lässt es sich anderweitig abschätzen? Antwort auf Baustelle siehe oben - bessere Vorschläge sehr willkommen !!

Je größer die Differenz der Beförderungszeit zwischen S-Bahn und Regionalzug im "49er"-Grundtaktfahrplan für Stuttgart21 ist, desto anfälliger ist der entsprechende Mischbetriebsabschnitt für Folgeverspätungen:

Außenast Mischbetriebsabschnitt Beförderungszeit Takt Anmerkungen
(Linie) von ... (Abfahrtszeit) bis ... (Ankunftszeit) S-Bahn Regionalzug Differenz (S-Bahn)
S1-Ost von Wendlingen(N) bis Plochingen 5 Min. 5 Min. -0 Min. 30 Min.
S1-Ost von Plochingen bis Wendlingen(N) 7 Min. 5 Min. -2 Min. 30 Min.
S2-Ost von Schorndorf bis Waiblingen 22 Min. 12 Min. -10 Min. 15 Min. kritisch, da RE ab Schorndorf (Abfahrt vor S2) die vorausfahrende S2 in Waiblingen fast einholt
S2-Ost von Waiblingen bis Schorndorf 21 Min. 11 Min. -10 Min. 15 Min. kritisch, da RE ab Waiblingen (Abfahrt vor S2) die vorausfahrende S2 in Schorndorf fast einholt
S3-Ost von Backnang bis Waiblingen 18 Min. 14 Min. -4 Min. 15 Min.
S3-Ost von Waiblingen bis Backnang 18 Min. 14 Min. -4 Min. 15 Min.
S6-Ost von Renningen bis Korntal 18 Min. (Güterzüge) ? 15 Min. 49er-Grundtaktfahrplan für Stuttgart21 ohne Darstellung der Güterzüge
S6-Ost von Korntal bis Renningen 17 Min. (Güterzüge) ? 15 Min. 49er-Grundtaktfahrplan für Stuttgart21 ohne Darstellung der Güterzüge
S60/S6-Ost von Böblingen bis Korntal 39 Min. (Güterzüge) ? 30 Min. 49er-Grundtaktfahrplan für Stuttgart21 ohne Darstellung der Güterzüge
S60/S6-Ost von Korntal bis Böblingen 41 Min. (Güterzüge) ? 30 Min. 49er-Grundtaktfahrplan für Stuttgart21 ohne Darstellung der Güterzüge
S5-West von Rohr(Abzweig) bis Herrenberg 21 Min. ca. 16 Min. -5 Min. 15 Min.
S5-West von Herrenberg bis Rohr(Abzweig) 21 Min. ca. 15 Min. -6 Min. 15 Min.
S4/6-West von Rohr(Abzweig) bis Flughafen 9 Min. ca. 5 Min. -4 Min. (10/)20 Min. Hinweis: Fahrplantechnisch maßgebend ist hier der 20-Minuten-Abstand von der S4 auf die S6.
S4/6-West von Flughafen bis Rohr(Abzweig) 8 Min. ca. 5 Min. -3 Min. (10/)20 Min. Hinweis: Fahrplantechnisch maßgebend ist hier der 20-Minuten-Abstand von der S6 auf die S4.




























Einzelnachweise

In Klammern gesetzte (Quellenangaben) ohne Fußnote beziehen sich zumeist auf wesentliche Unterlagen zum Stresstest, die im Artikel "Dokumente" beschrieben werden.

  1. Auswertung Andreas Heide. Der gleisgenaue Aushangfahrplan für Winter 1969 (Bild 1, Bild 2, Bild 3) wurde ergänzt um den im Sommerfahrplan laut Kursbuch zusätzlich verkehrenden Zug 3221. In einer früheren Auswertung (07.2011, bahn-fuer-alle.de, "Fahrplan in Stuttgart Hbf. im Jahr 1969, 7-8 Uhr".) waren vom selben Bahnsteig mit neuer Zugnummer zurückfahrende Züge zweimal gezählt worden, hier werden sie entsprechend der auf WikiReal angewandten Systematik einmal als "durchgebunden" gezählt.
  2. 27.10.2011, stern.de. "Das Alte schlägt die Moderne"
  3. 27.10.2011, vr-transport.de, "Studie zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Stuttgarter Hauptbahnhofs in seiner heutigen Gleiskonfiguration" (Text, Abbildungen)
  4. 21.11.2011, "Prüfung der Untersuchung 'Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Stuttgarter Hauptbahnhofs in seiner heutigen Gleiskonfiguration' der Vieregg-Rössler GmbH" (mvi.baden-wuerttemberg.de)
  5. 22.11.2011, Verkehrsministerium Baden-Württemberg, "Kopfbahnhof könnte heute schon mehr Züge abwickeln als S 21" (mvi.baden-wuerttemberg.de)
  6. 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 11:20 Uhr, Egon Hopfenzitz. "Präsentation Egon Hopfenzitz", Bl. 1-3
  7. 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 17:39 Uhr, Karl-Peter Naumann. Foliensatz Naumann in Datei "Präsentation Egon Hopfenzitz", Bl. 4-10
  8. 28.03.2011, Weißbuch Verkehr der Europäischen Kommission, (PDF ec.europa.eu), S. 57
  9. 11.02.2009, Vortrag Dr. Volker Kefer, DB Netze, vor Unterausschuss des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin.
  10. 2010, EU energy and transport in figures, Statistical pocketbook 2010, EU-Kommission, S. 119 (PDF ec.europa.eu)
  11. 10.2007, bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, "Fragen und Antworten zum neuen Verkehrskonzept für Stuttgart und die Region", S. 3, ähnlich auch S. 4.
  12. 05.2007, bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, "Neubauprojekt Stuttgart-Ulm", S. 3.
  13. 09.2011, test.de, Stiftung Warentest, "Pünktlichkeit der Bahn: Die Bilanz eines Jahres"
  14. 02.2011, test.de, "Unpünktlichkeit bei der Bahn: Fast 70 Prozent zu spät"
  15. a b c 02.2008, test.de, "Wie pünktlich fahren die Züge wirklich?", Heft 2, 2008, S. 81
  16. 24.08.2011, vr-transport.de, "Kopfbahnhof für Stuttgart"
  17. a b Prof. Dr. Ing. Ullrich Martin et al. (VWI Verkehrswissenschaftliches Institut Stuttgart GmbH), "Vergleich der Leistungsfähigkeiten und des Leistungsverhaltens des neuen Durchgangsbahnhofes (S21) und einer Variante umgestalteter Kopfbahnhof (K21) im Rahmen der Neugestaltung des Stuttgarter Haupt-bahnhofes (Abschlussbericht)." Veröffentlicht in: Landeshauptstadt Stuttgart (Hrsg.): Stuttgart 21 – Diskurs, Stuttgart 2007, S. 2287–2369 (pdf)
  18. a b c Gert Heister, "Eisenbahnbetriebstechnologie", Bahn Fachverlag, 2006, S. 271 (GBS)
  19. Univ. Prof. Dr.-Ing. Wulf Schwanhäußer, "Stuttgart 21 Ergänzende betriebliche Untersuchungen, Teil III, Leistungsverhalten und Bemessung des geplanten Stuttgarter Hauptbahnhofes und seiner Zulaufstre-cken", Verkehrswissenschaftliches Institut der RWTH Aachen, 20.07.1997
  20. VGH Baden-Württemberg, Aktenzeichen 5 S 848/05, Randn. 59 (landesrecht-bw.de)
  21. 04.07.2011, ZDF heutejournal "Bahnprojekt Stuttgart 21 im Stresstest" (youtube, Min. 2:19)
  22. 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, Stenogr. Protokoll, S. 77, Boris Palmer
  23. Richtlinie 405.0103 S. 5 (Ausgabe 01.04.2002). Siehe auch: 14.07.2011, NVBW, Vermerk "Fachliche Bewertung der DB-Unterlagen »Stresstest S21, Fahrplanrobustheitsprüfung« vom 30.06.2011"
  24. Richtlinie 405.0104 S. 6 (Ausgabe 01.01.2008)
  25. 01.2007, pro-bahn-bw.de, "Der Fahrgast" 1/2007, S. 27 f, "Kein Geld für »Stuttgart 21«?"
  26. 30.06.2011 [1], "Fahrplanrobustheitsprüfung, S. 45"
  27. Eurailpress: Stuttgart 21: S-Bahnchaos durch Bauarbeiten / Aufgrund von Bauarbeiten lässt sich der Betrieb der S-Bahn in Stuttgart nicht mehr planmäßig durchführen.. Hamburg, 01.07.2010 (http://www.eurailpress.de/article/view/27/stuttgart-21-s-bahnchaos-durch-bauarbeiten.html)
  28. 02.07.2011, neues-deutschland.de, "ETCS – eine europäische, aber teure Angelegenheit"
  29. 18.07.2011, abendblatt.de, "Bund bremst milliardenschweres Signalsystem aus"
  30. Hier macht sich ETCS bei den rot markierten Fernzügen in den schmaleren Blockadestreifen bemerkbar verglichen mit den grün markierten Nahverkehrszügen
  31. 28.01.2005, Auszug Planfeststellungsbeschluss "PFA 1.1: Talquerung der Innenstadt mit Hauptbahnhof", Seite 373. Siehe auch: ice-treff.de
  32. Netzplan (Audit Bl. 126) (pdf. Von Pforzheim kann man mit den folgenden Zügen ohne Umsteigen nach Stuttgart fahren: 7:22 Uhr (Verstärker), 7:27, 7:50 (über Bietigheim-Bissingen), 8:27, 8:32 Uhr (über Bietigheim-Bissingen, Verstärker). Wer also von Pforzheim nicht den Umweg über Bissingen (mit rund 50 Min. Fahrzeit statt ca. 30 Min.) nimmt, und nicht in Vaihingen umsteigen möchte, hat 7:22, 7:27, 8:27 Uhr.
  33. a b 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, Stenogr. Protokoll, S. 89/90, Vortrag Boris Palmer Folie 16, 17
  34. Abfahrt '50, Umsteigen '07->14' in Vaihingen/Enz, Ankunft '28 in Stuttgart, Fahrzeit 8 Minuten länger (38 statt 30 Minuten)
  35. 29.07.2011, Stresstest-Präsentation, 16:49 Uhr, Winfried Hermann
  36. 09.11.2011, stuttgarter-zeitung.de, "Wir wollen eine klare Mehrheit"
  37. http://www.region-stuttgart.org/vrs/main.jsp?navid=119&pi_action=view&pi_docid=2256