Stuttgart 21/Stresstest

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Die Seiten zum Stuttgart 21-Stresstest auf WikiReal.org müssen aktualisiert werden (Mithilfe willkommen). Der letzte Stand der Stresstest-Kritik findet sich bis dahin in den folgenden Dokumenten: Einwendung 12.2013 S. 23 ff, Engelh. 06.2014 S. 18 ff, Nachforderungkatalog 09.2014 S. 55 ff, ERI 01/2015 S. 41-47.

Neuigkeiten und wichtige Ergänzungen im Wiki (siehe auch Veröffentlichung)
12.03.2012 Pressekonferenz von WikiReal zum "Software-Fehler" in dem Stresstest-Simulationsprogramm RailSys.
08.03.2012 Wiki-Aktualisierungen: Hauptseite, Verspätungsaufbau S21-Infrastruktur
14.02.2012 Der BBU erstattet Strafanzeige gegen Unbekannt u.a. wegen Manipulationen im Stresstest.
09.02.2012 Nach Austausch offener Briefe, Kretschmann: S21-Kapazität nicht entscheidbar (Interview Kretschm., Hermann, Engelhardt).
07.02.2012 Eilantrag vor dem VG Stuttgart zur Verhinderung des Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten, u.a. mit WikiReal-Kritik begründet.
02.02.2012 Pressemitteilung WikiReal: Mit einem Rückbau der Infrastruktur ist die Planrechtfertigung für S21 entfallen!
02.02.2012 Engelhardt an MP Kretschmann: Über Naturgesetze kann keine Volksabstimmung entscheiden!
31.01.2012 Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage zu WikiReal, entkräftete Argumente der Bahn werden wiederholt.
24.01.2012 Eilantrag beim Eisenbahn-Bundesamt gegen den Abriss des Südflügels, da Vorteile des Gesamtprojektes fraglich.
20.01.2012 Auf DirektZu vermag das Kommunikationsbüro nicht einen einzigen der Richtlinienverstöße zu entkräften.
16.01.2012 Einzelne der 16 Anfechtungen der Volksabstimmung verweisen auf die zu bezweifelnde Leistungserhöhung durch S21.
29.12.2011 Pressekonferenz: Das Bündnis "Bahn für Alle" veröffentlicht eine Sonderzeitung (S. 3-5) als Beilage in der taz.
28.12.2011 Der Aufruf zur Stellungnahme zu den Richtlinienverstößen im Stresstest wurde der Bahn, SMA und Dr. Geißler zugestellt.
15.12.2011 Bundesregierung (Bl. 89/90), sinngemäß: Ob Stuttgart 21 zu klein ist, kann man auch kurz vor Inbetriebnahme klären.
06.12.2011 Wiki: Korrektur der Bahn-Aussage: Kein Verspätungsabbau, sondern Verspätungsaufbau durch S21-Infrastruktur.
05.12.2011 Wiki: Argumentation der Bahn zur umdefinierten Betriebsqualität entkräftet, Planung von Verspätungsaufbau nicht möglich.

Zusammenfassung

Gegenüberstellung der Angaben zur Leistungsfähigkeit des Hbf Stuttgart. Sämtliche zwischenzeitlich überhöhten Kapazitätsaussagen zu S21 hatten keinen Bestand.

Hier finden Sie den WikiReal-Faktencheck zum Stresstest zu Stuttgart 21. Im Ergebnis wird festgestellt, dass der vermeintliche Nachweis der Leistungsfähigkeit ungültig ist, die Korrektur der zahlreichen Fehler führt auf eine deutlich niedrigere Leistungsfähigkeit als die zugesagten 49 Züge in der Spitzenstunde, von nur noch 32 bis 38 Zügen. Damit ist Stuttgart 21 ein Rückbau der Infrastruktur und die Planrechtfertigung für das Projekt ist entfallen.

Im Stresstest wurde vielfach gegen maßgebliche Richtlinien der Deutschen Bahn AG verstoßen: Die Darstellung der angeblichen "wirtschaftlich optimalen" Betriebsqualität wurde nur durch regelwidrige Umdefinition der Grenzwerte erreicht. Die zufallsverteilten größeren Verspätungswerte, die eigentlich den Stress und die Störungen im Test abbilden sollten, wurden durch einen verborgenen Parameter aus der Simulation herausgenommen. Fehlende Züge vor und nach der Spitzenstunde entlasten die Simulation unverhältnismäßig. Die sogenannten "Sensitivitäten" und der "Finale Simulationslauf", anhand derer nur einzelne Parameter auf realistische Werte gesetzt wurden, statt wie vorgeschrieben sämtliche Parameter der Simulation auf einem praxisnahen Niveau, können die Realität nicht abbilden und sind daher ohne Beweiskraft. Sie verstoßen gegen die bahneigene Richtlinie 405. Viele weitere regelwidrige und unrealistische Annahmen im Stresstest führen zu einer überhöhten Leistung, ihre Korrektur führt in der Spitzenstunde auf nur noch 32 bis 38 Züge.

Diese Erkenntnisse wurden im Nachgang der Stresstest-Präsentation in einer langwierigen vertieften Analyse des Stresstests gewonnen. Grundlage sind die veröffentlichten Dokumente und insbesondere die Auswertung der Bahn-Richtlinie 405. Weitere Daten sind zunächst nicht notwendig, um die Richtlinienverstöße zu belegen.

Veröffentlicht wurden die Ergebnisse am 18.11.2011 in einer Pressekonferenz in Stuttgart und in verschiedenen Artikeln der Tagespresse, insbesondere der Stuttgarter Zeitung. Die sachliche Stellungnahme der Bahn wird in allen Punkten von WikiReal als widerlegt eingestuft. Darüber hinaus äusserte sich die Deutsche Bahn AG die Analyse von WikiReal sei ein "durchsichtiges und billiges Wahlkampfmanöver" und "entbehre jeder Grundlage". Bahnchef Rüdiger Grube sprach sogar von einer "Verschwörungstheorie". Die auf WikiReal zur Verfügung stehende umfangreiche Untersuchung bleibt hingegen unwiderlegt. Daraus ergibt sich, dass die Legitimation des Projekts Stuttgart 21, die durch den Stresstest der DB AG erreicht werden sollte, nicht nachgewiesen werden kann. Der Projektnutzen stellt sich demnach als unrealistische Rechenübung dar, in der Realität wäre aus dem Projekt Stuttgart 21 ein deutlicher Rückbau des Bahnknotens Stuttgart zu erwarten.

Zuletzt vermag selbst die Bundesregierung auf detaillierte Anfrage hin lediglich die schon widerlegte Argumentation der Bahn zu wiederholen. Als die Bahn auf dem Kommunikationsportal DirektZu aufgefordert wird, zu den Kritikpunkten von WikiReal im Einzelnen Stellung zu nehmen verweigert sie sich dem grundsätzlich.

Fazit

Gegenüber den in der Stresstest-Präsentation von den Kritikern angeführten Mängeln sind in der zwischenzeitlichen Analyse einige weitere schwerwiegende Verstöße aufgedeckt worden, gegen Bahn-Richtlinien, gegen die Anforderungen für den Stresstest und gegen eine realitätsnahe Simulation. Allein 47 KO-Kriterien wurden identifiziert, von denen jedes für sich eine korrigierte Wiederholung des Stresstests veranlassen müsste.

Betriebsqualitäten.png
Lastkurve Stresstest.png
  • Die Bahn hatte entgegen der Anforderung des Schlichterspruchs das Ziel der "guten Betriebsqualität" einseitig auf "wirtschaftlich optimal" reduziert, was sich dadurch kennzeichnet dass die Betriebsqualität "wirtschaftlich optimal" keinen Verspätungsabbau innerhalb des Bahnknotens Stuttgart 21 zur Folge hat. Bisher war allerdings noch nicht bekannt, dass die Bahn die Betriebsqualität durch sinnentstellendes Zusammenstückeln der Definition um eine weitere Stufe in Richtung weniger anspruchsvoll verschoben hat. Der Stresstest müsste nach den Buchstaben der Richtlinie als "risikobehaftet" bis "mangelhaft" bewertet werden. Allein um "wirtschaftlich optimal" in der (viel zu optimistischen) Grundversion der Simulation regelkonform zu erreichen, dürften verglichen mit den geplanten 49 Zügen nur rund 4 Züge weniger im neuen Bahnhof fahren.
  • Die unrealistisch modellierte Spitzenstunde war in der Stresstest-Präsentation unter Heiner Geißler kritisiert worden. In der Hauptverkehrszeit und dem Vorlauf fehlen 24 Züge gegenüber einem realitätsnahen Verlauf. Zusammen mit der Mittelung über vier Stunden entgegen der Vorgabe aus dem Schlichterspruch bewirkt dies die quantitativ größte Verfälschung des Stresstests. Eine Korrektur würde rund 6,5 Züge weniger Bahnhofsleistung bedeuten.
Haltezeitverlängerung, Kappung.png
  • Besonders bemüht war die Bahn um die Verdeckung der erst jetzt identifizierten Kappung der Haltezeitverlängerungen, d.h. der Urverspätungen in der Simulation. In der Abschlussdokumentation wurden die Verspätungswerte teils um den Faktor 2 falsch dargestellt. Tatsächlich wurden die Verspätungsspitzen, die angeblich den Stress abbilden sollten, komplett aus der Simulation herausgenommen. Dies wurde aber selbst auf konkrete Nachfrage hin verschwiegen. Knapp 2,5 Züge Kapazitätswirkung werden allein für diesen Eingriff abgeschätzt.
  • Hinzu kommen unrealistisch optimistische Verspätungsniveaus (zu hohe Pünktlichkeit, zu geringe Streuung) mehrere Fehler bei Ermittlung von Verspätungsaufbau (Hauptbahnhof, Einbruchsbahnhöfe) und Verspätungsabbau (Haltezeitverkürzung, Fahrzeitüberschüsse) sowie allein 11 schwere Richtlinienverstöße, die jeder für sich den Stresstest ungültig machen.
Nutzen Kopf- und Tiefbahnhof.png
  • Die Abschätzung der Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 liegt nach Korrektur sämtlicher Fehler bei etwa 32 bis 38 Zügen, dies liegt nahe den anderen Abschätzungen plausibler Leistungswerte für Stuttgart 21, etwa den 32 Zügen aus dem Praxisvergleich deutscher Großbahnhöfe oder den für den gleich großen neuen Wiener Hauptbahnhof geplanten 30 Zügen oder den 31 Zügen, die sich aus Grenzwerten des Internationalen und des schwedischen Eisenbahnverbands für den Belegungsgrad ergeben. Diese wichtigste Kenngröße in Kapazitätsfragen wurde entgegen der zwingenden Vorschrift der Richtlinie von der Bahn nicht ermittelt, für 49 Züge nimmt sie Werte an von "katastrophal" bis unfahrbar.
Es erscheint möglich, dass der Stresstest aufgrund der unzähligen unrealistischen und regelwidrigen Annahmen als einer der größten technisch-wissenschaftlichen Betrugsfälle in die Geschichte eingehen könnte. Dieser Eindruck verstärkt sich durch die Maßnahmen, mit denen die Bahn in der Frage der Leistungsfähigkeit auch ihre Glaubwürdigkeit beschädigte:
  • Neben dem vielfachen Bruch von Vereinbarungen sprechen insbesondere die systematische Informationszurückhaltung durch die Bahn nicht für ein Projekt, das sich nicht zu verstecken braucht. Vielmehr erscheinen die Verdeckungsbemühungen besonders ausgeprägt bezüglich der größten Fehlannahmen im Stresstest.
  • Die Öffentlichkeit wird dabei mit geschickt eingefädelten PR-Maßnahmen beeinflusst bis hin zu schaugespielter Überraschung des Bahnvorstands über Geißlers Kompromissvorschlag, über den er zweieinhalb Tage zuvor persönlich unterrichtet worden war. Der Kompromissvorschlag überdeckte die bis dahin vorherrschende Berichterstattung über die gravierende Kritik am Stresstest vollkommen.

Abschätzungen der für die Fehler im Stresstest notwendigen Korrekturen führen für die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 auf Werte unter denen des heutigen Bahnhofs. Und der hat überdies noch große Reserven. Wird trotz der klar zu Tage liegenden Unaufrichtigkeiten und Warnzeichen gebaut, würde es dem Ansehen der Beteiligten und dem Ruf des Standorts Deutschland schaden.

Sensitivitäten.png

Es kann nur die Hoffnung ausgedrückt werden, dass angesichts der aufgedeckten Fehler im Stresstest (und auch angesichts der sonstigen Schwächen des Projektes etwa bei den Kosten, Risiken und Nachteilen in der Region) sich die politische Reaktion an Wahrhaftigkeit und Verantwortlichkeit orientiert, andernfalls wäre zu erwarten, dass Politikverdrossenheit und Demokratiemüdigkeit Vorschub geleistet wird.

Der Stresstest zu Stuttgart 21 erscheint aus mehreren
Gründen, mind. 47-fach, gescheitert (Stand 13.11.2013).

Dot.pngNoGo.pngDot.png – schwerer Mangel oder Nachteil
NoGo.png – KO-Kriterium
NoGo.png Ex.png – KO-Kriterium im öffentlichen Fokus

Stresstest-Prämissen
Anforderungen
NoGo.png Kein Kapazitätsgewinn durch S21
NoGo.png Ex.png Keine gute Betriebsqualität
NoGo.png Keine Reserven
NoGo.png Ex.png Unrealistische Spitzenstunde
NoGo.png Nicht geplante Infrastruktur
NoGo.png Nicht genehmigte Infrastruktur
NoGo.png Keine Richtlinie für Doppelbelegung bei Neigung
NoGo.png S-Bahn Linientausch
Richtlinien-Verstöße, Methode
NoGo.png Ex.png Regelwidrige Grenzen für Betriebsqualität
NoGo.png Betriebsqualität aus gekappter Streckenauswertung
NoGo.png Betriebsqualität allein aus Verspätungsveränderung
NoGo.png Betriebsqualität von Haltezeitverkürzung überlagert
NoGo.png Ex.png Sensitivitäten kein Ersatz für Vollsimulation
NoGo.png Ex.png Finaler Simulationslauf auch unvollständig
NoGo.png Ex.png Test nur im Vergleich aussagefähig
NoGo.png Stresstest-Dokumentation nicht nachvollziehbar
NoGo.png Ex.png Keine Belegungsgrade
NoGo.png Simulation nach ungültiger Prozessbeschreibung
Dot.pngNoGo.pngDot.png Keine Modellzug-Spezifität
Richtlinien-Verstöße, Parameter
NoGo.png Kein Stress im Test
NoGo.png Ex.png Haltezeitverlängerungen gekappt
NoGo.png Fahrzeitüberschüsse voll verwendet
Unrealistische Parameter
NoGo.png Ex.png Unterdurchschnittliche Verspätungsannahmen
NoGo.png Unkorrelierte Verspätungsstatistik
NoGo.png Urverspätungen nicht im Verspätungsaufbau
NoGo.png Haltezeitverkürzung am Einbruchsort
NoGo.png Haltezeitverkürzung unrealistisch NoGo.png RailSys Modellunschärfe NoGo.png RailSys Haltezeitverkürzung

Auditierung durch die SMA
Unzureichende Aufgabenstellung
NoGo.png Ex.png Nach Aufgabenstellung Testat nur über Simulation,
Dot.pngDot.png nicht über zukünftige Leistungsfähigkeit möglich
NoGo.png Keine Plausibilisierung aller Eingangsgrößen
Testat erteilt trotz fehlender Grundlage
NoGo.png Ex.png Testat erteilt trotz erkannter großer Mängel:
NoGo.png Testat erteilt ohne nachvollziehbare Dokumentation
NoGo.png Testat erteilt ohne vollständige Simulation
NoGo.png Testat erteilt trotz vieler Richtlinienverstöße
NoGo.png Testat erteilt ohne Abschluss der Analyse
Handwerkliche Mängel zugunsten der Bahn
NoGo.png Ex.png Schönreden gravierender Mängel
NoGo.png Viele Mängel übersehen / nicht angesprochen
NoGo.png Entscheidende Aussagen ohne Quellenangaben

Verfahren
Vorbereitung
NoGo.png Ex.png Nicht-Beteiligung der Kritiker an den Prämissen
NoGo.png Basis sowie 30% Leistungssteigerung unzureichend
Interpretation
NoGo.png Auditor testierte keinen "Stresstest"
NoGo.png Auditor testierte kein "Premium"
NoGo.png Hilfsargumentationen für "Premium" tragen nicht
Plausibilisierung
NoGo.png Ex.png Stresstest-Leistung nach wie vor unplausibel
Finaler Simulationslauf
NoGo.png Ex.png Keine vollst. Simulation (alle Parameter realistisch)
Glaubwürdigkeit
NoGo.png Ex.png Informationsvorenthaltungen zu Prämissen
Dot.pngNoGo.pngDot.png Unaufrichtigkeiten in der Stresstest-Darstellung
Dot.pngNoGo.pngDot.png Medienmanipulation für "Bestanden"-Prädikat
NoGo.png Ex.png Schauspiel um Geißlers Kompromissvorschlag

Die zugrunde liegenden Analysen finden sich in den Detaildarstellungen: Anforderungen | Richtlinienverstöße | Unrealistische Parameter

Das hier dargestellte Fazit ist ein Zwischenstand. Es wird um weitere Mitarbeit an diesem Wiki geworben zur Überprüfung, Absicherung und Ergänzung der bis jetzt eingetragenen Punkte. Die historische Dimension der fehlerhaften Eingriffe im Stresstest und das hohe volkswirtschaftliche Risiko der Milliarden-Investition in den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof sollten Ansporn genug sein, sich in der Frage der realistischen Leistungsfähigkeit der Wahrheit so weit wie möglich anzunähern. Gleich rechts oben registrieren und mitarbeiten! Auf sämtlichen Diskussionsseiten kann grundsätzlich von jedem angemeldeten Benutzer formlos beigetragen werden. Die wichtigsten Hauptseiten liegen inzwischen in der Verantwortung des Expertenrats, die Anregungen auf den Diskussionsseiten werden aber eingearbeitet.

Veröffentlichung

18.11.2011, SWR-Fernsehen, Landesschau aktuell (youtube)
22.11.2011, ZDF, Frontal 21, Beitrag zu den Richtlinienverstößen im Stresstest (youtube)
22.11.2011, zdf.de, Frontal 21, Langfassung des Interviews mit Prof. Knoflacher (youtube)
17.11.2011 Einzelne Ergebnisse von WikiReal wurden erstmals am 17. und 18.11.2011 von der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht.[1][2] In die Veröffentlichungen der Stuttgarter Zeitung gehen Teile der sachlichen Stellungnahme der Bahn ein, die also zu diesem Zeitpunkt im Detail über die Vorwürfe informiert ist.[3] WikiReal lädt die Stresstest-Projektleiter bei Bahn und SMA zur Mitarbeit an den Analysen ein und informiert Dr. Heiner Geißler und SMA-Chef Stohler umfassend.
18.11.2011 In einer Pressekonferenz stellt Dr. Christoph Engelhardt die wichtigsten der auf WikiReal gesammelten Richtlinienverstöße vor: Zusammenfassungs-Text, Folien, Video. Eine dpa-Meldung, die vielfach – teils verkürzt – veröffentlicht wurde, zählt sie auf.[4] Im SWR-Fernsehen wird in den verschiedenen Ausgaben der Landesschau aktuell in einem Kurzbeitrag berichtet[5], aber in der Anmoderation teilweise von "selbsternannten Experten" gesprochen (siehe rechts).
18.11.2011 Das Kommunikationsbüro Bahnprojekt Stuttgart–Ulm veröffentlicht eine erste Stellungnahme, die Analyse sei ein "durchsichtiges und billiges Wahlkampfmanöver" und "entbehre jeder Grundlage".[6] Der Auditor des Stresstests, die Schweizer Firma SMA, erklärt die Pressekonferenz von WikiReal zur "politischen Veranstaltung" mit dem Ziel der "Diskreditierung von Experten".[7] FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von "Anmaßungen" "pseudowissenschaftlicher Gegner" und "reiner Stimmungsmache".[2] Pro Stuttgart 21 spricht von "als wissenschaftlichen Analysen getarnten Behauptungen auf Basis falscher Annahmen, unzulässiger Vergleiche und mangelnder Detailkenntnisse".[8] Keine dieser Aussagen wird begründet oder belegt.
19.11.2011 Der Sprecher von WikiReal, Marc Braun, schloss aus den Reaktionen, man habe wohl "einen wunden Punkt getroffen", das Eisenbahn-Bundesamt erklärt, "die Anwendung der Richtlinie sei Sache der Bahn" und es wurde angemerkt, bei Bestätigung der Richtlinienverstöße könnte die Bahn bei ausstehenden Planfeststellungen ihr Baurecht verwirken. [8]
20.11.2011 K21-Sonderzug nach Zürich. Interview mit Christoph Engelhardt.[9]
22.11.2011 Im ZDF-Fernsehen berichtet "Frontal 21" kurz über die Richtlinienverstöße im Stresstest (rechts). Einer der führenden Verkehrswissenschaftler Österreichs, Prof. Knoflacher, bestätigt dabei die von WikiReal vorgebrachten Vorwürfe. Bahnchef Grube spricht dagegen von einer "Verschwörungstheorie", ohne diesen Vorwurf zu begründen.
22.11.2011 Zwei Befürworterorganisationen veranstalten ein Pressegespräch mit dem angehenden Verkehrswissenschaftler Peter Reinhart, in dem "auf die einzelnen Kritikpunkte" von WikiReal eingegangen werden soll.[10] Tatsächlich werden lediglich bekannte Vorteile von Durchgangsbahnhöfen und Nachteile des Stuttgarter Kopfbahnhofs angesprochen. Auf die Nachfrage nach den Richtlinienverstößen in der Diskussion wird eingeräumt, dass diese nicht ausgeschlossen werden könnten, aber dennoch der "Glaube" bestehe, Stuttgart 21 könne trotzdem die geforderte Leistung bringen, dies würde auch durch das "Gefühl" anderer Fachleute bestätigt.
23.11.2011 Die Stuttgarter Zeitung veröffentlicht die sachliche Stellungnahme der Bahn[3] sowie die Entgegnung von Christoph Engelhardt[11] als Links in zwei aufeinanderfolgenden Artikeln.[10][12] Engelhardt sieht keinen der Vorwürfe von WikiReal durch die Bahn ausgeräumt (siehe "Stand der Diskussion").
24.11.2011 Dr. Engelhardt sendet einen Aufruf an alle Abgeordnete des Landtags von Baden-Württemberg:[13] Die Bahn und die SMA sollten zu einer inhaltlichen Stellungnahme aufgefordert werden, möglichst noch vor der Volksabstimmung. Gleichzeitig wurden Bahn, SMA und Dr. Geißler von WikiReal erneut explizit um Antwort auf die Entgegnung von Dr. Engelhardt auf die Stellungnahme der Bahn gebeten. Die SMA berief sich darauf, schon angekündigt zu haben, vor der Volksabstimmung sich nicht weiter zu äußern. Eine Antwort der Bahn oder von Dr. Geißler erfolgte nicht.
24.11.2011 Für "Zur Sache Baden-Württemberg Extra" zur Volksabstimmung war vom SWR Fernsehen ein Kurzinterview mit Dr. Engelhardt produziert worden, aber aus Zeitgründen nicht in der Sendung eingespielt worden. Auch die vorgesehene Ausstrahlung am 27.11.2011 in der Sondersendung zum Wahlausgang fiel mutmaßlich aufgrund des Abstimmungsergebnisses aus.
30.11.2011 Sabine Leidig, Verkehrspolitische Sprecherin der Linken im Deutschen Bundestag, hatte die Richtlinienverstöße schon bei der Großdemonstration am 26.11.2011 in Stuttgart angesprochen.[14] Am 29.11.2011 stellte die Linke Fraktion im Bundestag eine entsprechende dringliche Anfrage an die Regierung. Diese wurde jedoch hinfällig, als kurz darauf für den 30.11.2011 eine Aktuelle Stunde zu Stuttgart 21 im Bundestag von der CDU/CSU-Fraktion beantragt worden war. Damit entfiel auch die Pflicht der Regierung zur Beantwortung der dringlichen Anfrage. In der aktuellen Stunde richtete Frau Leidig die Frage nach den Richtlinienverstößen und dem Kapazitätsrückbau durch Stuttgart 21 in ihrem Redebeitrag an Bundesverkehrsminister Ramsauer.[15] Die anderen Redner gingen in ihren Redebeiträgen nicht darauf ein. Verkehrsminister Ramsauer äußerte sich nicht dazu.
15.12.2011 Antwort der Bundesregierung (Bl. 89/90) auf Frage 70, 71 von MdB Sabine Leidig. Der letzte Absatz lässt sich sinngemäß so zusammenfassen: Mit der Frage, ob der Tiefbahnhof zu klein ausfällt, könne man sich auch noch kurz vor Inbetriebnahme beschäftigen.


28.12.2011 Der Aufruf zur Stellungnahme zu den Richtlinienverstößen im Stresstest wurde der Bahn, SMA und Dr. Geißler zugestellt. Hunderte Bürger und knapp 20 Teilnehmern des Schlichtungsprozesses haben unterzeichnet, die sich wünschen, dass der Verdacht der Manipulation im Abschluss des "Demokratie-Experiments" ausgeräumt wird.
29.12.2011 Nachdem die Medien über die Manipulation im Leistungsnachweis zu Stuttgart 21 nicht schreiben wollen, ("das wollen die Leute nicht mehr hören"), wird spendenfinanziert eine Sonderzeitung (S. 3-5) vom Bündnis "Bahn für Alle" in einer Auflage von 150.000 Exemplaren gedruckt und unter anderem als Beilage der taz verteilt. In der Pressekonferenz wird Ministerpräsident Kretschmann an seinen Eid erinnert, Schaden (durch den Engpass S21) vom Land abzuhalten.[16][17][18][19]
11.01.2012 Die Fraktion "Die Linke" reicht eine Kleine Anfrage zu den Richtlinienverstößen im Stresstest und den rechtlichen Folgen des Kapazitätsrückbaus an die Bundesregierung ein.
16.01.2012 Einzelne der 16 Anfechtungen der Volksabstimmung verweisen auf die Manipulation des Stresstests und die zu bezweifelnde Leistungserhöhung durch S21.
20.01.2012 Auf DirektZu vermag das Kommunikationsbüro nicht einen einzigen der Richtlinienverstöße zu entkräften. Es wird erneut beschworen, der Stresstest sei bestanden und testiert.
24.01.2012 Eilantrag beim Eisenbahn-Bundesamt gegen den Abriss des Südflügels, da Vorteile des Gesamtprojektes fraglich.
25.01.2012 Offener Brief von MP Kretschmann als Antwort auf den offenen Brief vom 30.12.2011[20]
31.01.2012 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu den Richtlinienverstößen im Stresstest und den rechtlichen Folgen des Kapazitätsrückbaus. Es werden im Kern die schon durch WikiReal entkräfteten Argumente wiederholt.[21] Argumente der Bahn vom 17.11.2011[3] Eine so schwache Argumentation, dass sie der Grund sein könnte, dass sich die Bundesregierung in einer merkwürdigen Pressemitteilung vom 07.02.2012 sich praktisch von ihrer untauglichen Verteidigung des Stresstests distanziert.[22]
02.02.2012 Pressemitteilung WikiReal.org zu Anhörung PFA 1.2[23]: Roland Morlock bringt in der Anhörung ein: S21 ist ein Rückbau der Infrastruktur, die Planrechtfertigung ist entfallen. Das Gutachten von Prof. Martin mit einer Leistungsfähigkeit von 51 Zügen pro Stunde hat keinen Bestand, dem VGH-Urteil ist die Grundlage und damit dem Projekt die juristische Basis entzogen. Die Bahn hat bis heute nicht belastbar zu den Regelverstößen im Stresstest argumentiert.
02.02.2012 Antwort C. Engelhardt an Ministerpräsident Kretschmann[24]: Über Naturgesetzte kann keine Volksabstimmung entscheiden!
03./06.02. Zwei gemeinsame offene Briefean Ministerpräsident Winfried Kretschmann: gemeinschaftliche 03.02.2012: 1. Aufklärung des Stresstest-Betrugs, 2. Offenlegung der aktualisierten Kosten, 3. Umsetzung des Schlichterspruchs insbes. zu den Bäumen, 4. Klärung Mischfinanzierung, 5. Unabhängige Ermittlungen in den S21-Verfahren. 06.02.2012: 1. Verbindlichkeit der Volksabstimmung, 2. Information der Bevölkerung, 3. Abbau der Bahnhofskapazität, 4. Politik des Faktenschaffens.[25][26]
07.02.2012 Eilantrag vor dem VG Stuttgart zur Verhinderung des Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten, u.a. mit fehlender Planrechtfertigung gemäß der WikiReal-Kritik begründet.[27]
09.02.2012 Ministerpräsident Kretschmann lädt Vertreter der Unterzeichner der Anzeige vom 27.01.2012 in der Stuttgarter Zeitung und des offenen Briefs vom 30.12.2011 zum Gespräch. Engelhardt: Über mathematische Zusammenhänge kann keine Volksabstimmung entscheiden. Kretschmann: Wer soll über die Leistungsfähigkeit von S21 entscheiden? Bei fünf Gutachten erhält man fünf Aussagen. Die Volksabstimmung hat entschieden. (Interviews MP Kretschmann, Verkehrsminister Hermann, Dr. Engelhardt).
14.02.2012 Der Bundesverband der Bürgerinitiativen Umweltschutz erstattet Strafanzeige gegen Unbekannt u.a. wegen Manipulationen im Stresstest.[28][29]
16.02.2012 Schwäbische Zeitung über C. Engelhardt[30]
01.03.2012 Erste Meldung zum "Software-Fehler" in dem Stresstest-Simulationsprogramm RailSys auf zughalt.de[31]
12.03.2012 Pressekonferenz von WikiReal zum "Software-Fehler" in dem Stresstest-Simulationsprogramm RailSys.


Stand der Diskussion

Einzig in einer ersten sachlichen Stellungnahme der Bahn vom 17.11.2011 gegenüber der Stuttgarter Zeitung wurde bisher zu den Kritikpunkten inhaltlich Position bezogen. Auf die Entgegnung von Dr. Engelhardt vom 21.11.2011 erfolgte bisher noch keine Antwort. Nach bisherigem Stand vermochte die Bahn noch keinen der Kritikpunkte auszuräumen. Obwohl die SMA am 18.11.2011 erklärt hatte, sich "zu gegebener Zeit bereit zu halten für eine wissenschaftliche Aufarbeitung von Eisenbahn-Simulationsverfahren"[7], hat sie bis heute noch nicht öffentlich Stellung bezogen. Die Bundesregierung wiederholt in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage vom 31.01.2012 im Kern nur die Argumente der Bahn, die schon wiederlegt worden waren. Die Nummerierung der Kritikpunkte orientiert sich an der Stellungnahme der Bahn und wurde für weitere wichtige Kritikpunkte fortgeführt.

In der Spalte Wirkung wird grob die Verfälschung der Kapazität des Bahnhofs bei gleicher Betriebsqualität in Zügen pro Stunde abgeschätzt oder angegeben, ob die Maßnahe geeignet ist, die anderen ungerechtfertigten Eingriffe zur Leistungserhöhung zu verdecken oder die Öffentlichkeit anderweitig zu täuschen. Die in Zügen abgeschätzte Kapazitätswirkung der Fehler lässt sich nicht einfach aufaddieren, – wird eine regelkonform und realistisch erreichbare Leistungsfähigkeit zurückgerechnet, ergeben sich für S21 rund 32 Züge pro Stunde statt der vermeintlich nachgewiesenen 49 Züge pro Stunde.

Stand der Diskussion zu den wichtigsten Kritikpunkten zwischen WikiReal und der Deutschen Bahn
Standpunkt der Bahn Entgegnung WikiReal Wirkung
1. Umetikettierte Betriebsqualität

Richtlinienverstöße#Regelwidrige Qualitätsgrenzen im Stresstest: Mittels eines Copy-Paste-Tricks wurden die Minutengrenzen der Betriebsqualität um eine Stufe falsch zugeordnet. Das Testat der SMA hätte korrekt auf "risikobehaftet" lauten müssen.

Die Bahn argumentiert, der "wirtschaftlich optimale Leistungsbereich" umfasse sowohl die "wirtschaftlich optimale" wie auch die "risikobehaftete" Betriebsqualität und reicht bis zu 1 Min. Verspätungsaufbau. Dies erscheint als Eingeständnis einer unsauberen Ergebnisdarstellung des Stresstests, da dieser Argumentation folgend das Testat höchstens "wirtschaftlich optimale bis risikobehaftete Betriebsqualität" hätte lauten dürfen. Tatsächlich sagen auch die qualitativen Definitionen sowie internationale Standards, dass ab 0 Min. Verspätungsaufbau "risikobehaftet" anzusetzen ist. Selbst bei Argumentation mit einem "Optimum", das die Nennleistung definiert, ergibt sich, dass Verspätungsaufbau Überlastung bedeutet und nicht Grundlage für die Auslegung von Stuttgart 21 sein kann. → Detailbegründung +4 Züge
2. Gekappte Streckenauswertungen

Richtlinienverstöße#Betriebsqualitäten aus gekappten Streckenauswertungen: In fünf Streckenauswertungen der Stresstest-Dokumentation brechen die Auswertungen der Betriebsqualität exakt an der Station ab, bis zu der noch "wirtschaftlich optimale" Betriebsqualität erreicht wird.

Die Bahn gibt an, ausgewertet zu haben "bis zu welcher Betriebsstelle" das Qualitätskriterium erfüllt ist. Am Beispiel Murrbahn wird argumentiert, die ausgeblendete Strecke wäre aus anderen Gründen problematisch. Dies erscheint als Eingeständnis, da die Bahn genau einräumt, was ihr vorgeworfen wird. Nach der Richtlinie besteht kein Spielraum, der erlaubt von den definierten Messpunkten abzuweichen. Die Richtlinie gibt explizit vor, "mangelhafte" Strecken zu identifizieren und entspr. Verbesserungsmaßnahmen zu identifizieren. Die Willkür im Vorgehen zeigt sich bei der Auswertung der Strecke in Gegenrichtung, wenn dort "Premium" ausgewertet wird, indem die gesamte Strecke berücksichtigt wird. Täuschung
3. Lastkurve unrealistisch

Anforderungen#Unrealistische Spitzenstunde: In der Lastkurve fehlen 24 Züge des Vor- und Nachlaufs. Durch die Mittelung der Betriebsqualität über die gesamte Hauptverkehrszeit von 6 bis 10 Uhr wird damit enorm viel Stress aus der Simulation herausgenommen. Das ermöglicht mehr als 6 Züge zusätzlich in der Spitzenstunde.

Die Bahn argumentiert zur Lastkurve allein mit einer Zählung der Ankünfte. Dies unterschlägt aber die Abfahrten eingesetzter Züge im Kopfbahnhof. Die Zählung der "Züge", d.h. sämtlicher Ein- und Ausfahrten in den Bahnhof, egal ob leer oder besetzt, wurde in der Faktenschlichtung vereinbart und war die Basis des Schlichterspruchs. Die Argumentation mit Ankünften ist unzulässig und verfälschend. Die Leistungsmessung war mit Zügen nicht mit Ankünften vereinbart worden. Die in Stuttgart eingesetzten Züge können nicht aus dem Verkehrsbedarf herausgenommen werden, bei S21 müssten sie eben vor Stuttgart starten. +6 Züge
4. Fehlen von Belegungsgraden und anderen Kenngrößen

Richtlinienverstöße#Betriebsqualität allein aus Verspätungsveränderung, → Richtlinienverstöße#Belegungsgrade wurden nicht dargestellt: Entgegen der Richtlinie wurden keine anderen Kenngrößen als die Verspätungsveränderung herangezogen, insbesondere wurden die explizit vorgeschriebenen Belegungsgrade als eine der grundlegendsten Kapazitätskenngrößen nicht ausgewiesen.

Die Bahn gibt an, bei früheren Untersuchungen wie vorgeschrieben auch andere Größen als Verspätungen ausgewertet zu haben. Dies muss als Eingeständnis gewertet werden. Es wäre gut, die Bahn veröffentlicht die Werte, die sie angibt zu haben, insbesondere für die kritischen Punkte der Infrastruktur. Die Behauptung, dass geringe Wartezeiten aufträten kann dies nicht ersetzen, vielmehr sollten auch diese Wartezeiten transparent ausgewiesen werden. Verdeckung
5. Gekappte Verspätungen

Richtlinienverstöße#Gekappte Haltezeitverlängerungen: Die sogenannten Urverspätungen wurden in den Haltezeitverlängerungen berücksichtigt, diese geben den Stress wieder, der im Untersuchungsraum simuliert wird. Die Haltezeitverlängerungen wurden durch einen verborgenen Parameter um 5 % bis 55 % gerade bei den für die Simulation kritischen Spitzenwerten gekappt, so dass die angegebenen Durchschnittswerte tatsächlich nicht erreicht werden.

Die Bahn argumentiert, sie hätte das übliche Verspätungsniveau gut abgebildet, ohne dies zu spezifizieren. Größere Störungen wären bewusst nicht abgebildet worden. Dies kann zusammen mit dem fehlenden Dementi als Eingeständnis gewertet werden. Dies ist ein krasser Verstoß gegen die Richtlinie. Die Mittelwerte entsprechen nicht den angegebenen Werten. Die Kappung hat mit der anderweitig angeführten Nicht-Berücksichtigung von Streckensperrungen etc. nichts zu tun. +2,5 Züge
6. Optimistische Verspätungsniveaus

Unrealistische Parameter#Unterdurchschnittliche Verspätungsannahmen: Im Fernverkehr und bei den S-Bahnen werden im Stresstest Pünktlichkeitsgrade um die 95 % angesetzt, 10 % über den von den Betreibern veröffentlichten Durchschnittswerten.

Die Bahn behauptet, die verwendeten Pünktlichkeitsgrade entsprächen der Praxis. Die Argumentation der Bahn ist nicht nachvollziehbar wegen des Verweises auf unveröffentlichte, intransparente Daten. Eine plausible Erklärung, wie sich die Diskrepanz zwischen den veröffentlichten Durchschnittswerten und den angesetzten Verspätungsniveaus erklärt, fehlt. +1 Zug
7. Simulation nur im Vergleich mit Varianten aussagefähig

Richtlinienverstöße#Simulation nur im Vergleich aussagefähig: Die Richtlinie schreibt in Fragen von Leistungsfähigkeitskenngrößen oder der Bemessung der Größe einer Infrastruktur die Simulation von Varianten vor. Im vorliegenden Fall hätte der Kopfbahnhof simuliert werden müssen, da das Projekt sich durch den Leistungszuwachs gegenüber diesem rechtfertigt.

Die Bahn argumentiert, die Simulation der bestehenden Infrastruktur sei nicht beauftragt worden. Die Vorschrift der Richtlinie ist vollkommen unabhängig vom Auftrag. Bei jeder Untersuchung zu Leistung und Bemessung sind Varianten vorgeschrieben. Der Verweis auf den Auftrag verfängt nicht. Verdeckung
8. Nutzung von 100% der Fahrzeitüberschüsse zum Verspätungsabbau

Richtlinienverstöße#Fahrzeitüberschüsse voll im Verspätungsabbau: Die Richtlinie lässt nur eine teilweise Berücksichtigung zu, vom Bauzuschlag nur 50 %.

Dieser Verstoß wird nur "bezweifelt". Begründung: Immerhin sei der Regelzuschlag nicht abgebaut worden. Der Abbau des Regelzuschlags ist überhaupt nicht von der Richtlinie vorgesehen (er ist Teil der Fahrzeit), damit ist die Berücksichtigung von 100 % des Bauzuschlags im Unterschied zu der Vorschrift, nur 50 % zu berücksichtigen, unzulässig. +3 Züge
9. Manipulationsvorwurf
Die Bahn verwahrt sich gegen den ungeheurlichen "Manipulationsvorwurf" und behält sich rechtliche Schritte vor. Die Verstöße gegen die Richtlinie konnten bisher nicht entkräftet werden. Es wurden bisher keine unbegründeten Verdächtigungen vorgebracht. Eine gerichtliche Klärung, ob die Bahn alle Vorgaben ihrer Richtlinie einhielt, würde seitens WikiReal begrüßt werden.
10. Sensitivitäten

Richtlinienverstöße#Sensitivitäten kein Ersatz für Vollsimulation: Die Richtlinie kennt keine "Sensitivitäten", wie auch der finale Simulationslauf eine ist. Die Richtlinie fordert die Berücksichtigung sämtlicher Parameter auf realistischem Niveau.

– Hierzu erfolgte keine Stellungnahme der Bahn –

Die Bundesregierung stellt richtig, dass auch die Sensitivitäten und der finale Simulationslauf mit 100 simulierten Tagen durchgeführt wurden. Der zentrale und schwerwiegendste Teil des Vorwurfs, die Unzulässigkeit, nur einzelne Parameter auf realistische Werte zu setzen wurde jedoch übergangen. Dies deutet mit dem Schweigen der Bahn darauf hin, dass ein zentraler Schwachpunkt getroffen wurde.

Die Richtlinie fordert klar, dass sämtliche Parameter auf möglichst realistische und der Aufgabe entsprechende Werte gesetzt werden. Tatsächlich ist es einer der gravierendsten Verstöße gegen die Grundprinzipien einer Simulation. Dass nur einzelne Parameter realistisch eingestellt werden, die anderen aber nicht, "kratzt nur an der Wirklichkeit". Sensitivitäten und finaler Simulationslauf sind somit unzulässig. Der aus unzureichender Dokumentation und missverständlichen Formulierungen herrührende Verdacht einer mangelnden statistischen Signifikanz hat sich nicht bestätigt (die entsprechenden Passagen werden zeitnah aus dem Wiki herausgenommen). Verdeckung
11. Verspätungsaufbau durch S21-Infrastruktur

Interpretation#Verspätungsaufbau durch S21-Infrastruktur: Die Bahn behauptete wiederholt unrichtig, die für Stuttgart 21 neu gebaute Infrastruktur würde verspätungsabbauend wirken. Das Gegenteil ist der Fall, die S21-Infrastruktur baut selbst in der optimistischen Simulation gravierend Verspätungen auf.

In der Stellungnahme der Bahn vom 17.11.2011 findet sich zur Begründung der guten Betriebsqualität von Stuttgart 21 folgender Satz: "Nennenswerte Verspätungen entstehen dabei ausschließlich im Bestandsnetz, das mit den zu Grunde gelegten gestiegenen Zugzahlen deutlich stärker belastet wird." Eine Wiederholung einer unrichtigen Aussage aus der Stresstest-Präsentation. Die Auswertung des Verspätungsaufbaus beispielsweise in den Zulaufstrecken zu S21 zeigt selbst in der optimistischsten "Grundvariante" des Stresstests einen gravierenden Verspätungsaufbau durch die neue Infrastruktur. Allein durch den Rückstau bei der Einfahrt in den überfüllten Hauptbahnhof werden im Mittel +9 Sek. Verspätung pro Zug aufgebaut, verglichen mit im Mittel +8 Sek. Verspätungsaufbau auf den gesamten Zulaufstrecken des Untersuchungsraums. Die Behauptung, die S21-Infrastruktur baue Verspätungen ab ist unrichtig. Täuschung
12. Fehler in den Haltezeiten und Abfertigungszeiten

Unrealistische Parameter#Haltezeitverkürzung unrealistisch|Unrealistische Parameter#Haltezeitverkürzung unrealistisch: Die Mindesthaltezeiten sind unrealistisch niedrig angenommen, die Abfertigungszeiten nicht korrekt modelliert. Im Ergebnis wird etwas für den Hauptbahnhof eine um mehr als einen Faktor 2 überhöhte Haltezeitverkürzung angenommen.

– Zu diesem Punkt hat noch keine Diskussion mit der Bahn stattgefunden. Er trägt aber wesentlich zur Verfälschung der Leistungsfähigkeit bzw. Betriebsqualität dar. Sollte also diskutiert werden. – Die Mindesthaltezeiten sind vielfach zu kurz angesetzt und die Abfertigungszeiten wurden nicht korrekt abgebildet [muss noch im Wiki nachgetragen werden]. Im Ergebnis führen diese Fehler im Hauptbahnhof zu einem um den Faktor 2 überhöhten Verspätungsabbau aus Haltezeitverkürzung. +4 Züge
13. Systematische Fehler im Verspätungsaufbau

Unrealistische Parameter#Haltezeitverkürzung am Einbruchsbahnhof, → Unrealistische Parameter, Haltezeitverkürzung am Hauptbahnhof: Aufgrund verschiedener systematischer Fehler wird der Verspätungsaufbau geringer dargestellt als er tatsächlich ausfallen würde.

– Zu diesem Punkt hat noch keine Diskussion mit der Bahn stattgefunden. Er trägt aber wesentlich zur Verfälschung der Leistungsfähigkeit bzw. Betriebsqualität bei, sollte also diskutiert werden. – Der Verspätungsaufbau erscheint um die Haltezeitverkürzungen in den Einbruchsbahnhöfen und im Hauptbahnhof verringert. Dieser systematische Fehler wurde von der SMA für die Einbruchsbahnhöfe erkannt (aber nicht konsequent verfolgt), nicht aber für den Hauptbahnhof. Darüber hinaus werden teilweise die Urverspätungen durch die Haltezeitverkürzungen in den Bahnhöfen kompensiert, bevor sie überhaupt entstehen (auf der Strecke), eine grobe Verletzung des Kausalitätsprinzips [muss noch im Wiki nachgetragen werden]. (Züge noch
abzuschätzen)
14. "Software-Fehler" in RailSys

Unrealistische_Parameter#RailSys: Signalstellung: Die im Stresstest verwendete Software RailSys der Firma RMCon weist eine Besonderheit im Simulationsmodell auf, durch welche die Leistungsfähigkeit in der Simulation weiter unrealistisch überhöht wird, da verspätete Züge andere Trassen weniger blockieren als in der Realität. Bei nicht absehbaren Verspätungen (z.B. Technische Störung am Zug etc.) wird die Folgetrasse in einer nicht begründbaren Voraussicht frei gehalten.

– Zu diesem Punkt steht eine erste Reaktion der Bahn noch aus, sie ist über den Konzernbeauftragten Eckart Fricke angefragt. – In der Realität wird das Signal für die Ausfahrt aus dem Bahnhof bei geringen Verspätungen, sowie auch bei Verspätung im Bahnhof selbst (klemmende Tür etc.) immer zur planmäßigen Abfahrt auf Fahrt gestellt. Die Folgetrasse ist somit in der Praxis für andere Züge in diesem Zeitraum blockiert. Bei Railsys stellen sich die Züge die Signale selbst. Hat ein Zug Verspätung, so schaltet er sein Abfahrt-Signal erst bei der tatsächlichen Abfahrt auf Grün. Dies bewirkt, dass die Trasse erst dann für andere Züge blockiert ist. Dies ist ein tatsächlicher Fehler gegenüber einer realistischen Simulation. In dem eng belegten Bahnhof S21 ist zu erwarten, dass die Leistungsfähigkeit in der Simulation unrealistisch überhöht erscheint. +2,5 Züge
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Einzelnachweise

  1. 17.11.2011, stuttgarter-zeitung.de, "Wissenschaftler werfen Bahn Trickserei vor"
  2. a b 18.11.2011, stuttgarter-zeitung.de, "Internetplattform WikiReal wirft Bahn Verstöße bei Stresstest vor"
  3. a b c 17.11.2011, Sachliche Stellungnahme der Bahn (stuttgarter-zeitung.de)
  4. 18.11.2011, schwaebische.de, "Vorwürfe gegen Bahn wegen Verstößen bei S-21-Stresstest" (vollständiger Abdruck der dpa-Meldung)
  5. 18.11.2011, SWR Fernsehen, Landesschau aktuell 16:00, 18:00, 19:45, 21:45 Uhr
  6. 18.11.2011, bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, "Kritik am SMA-Gutachten entbehrt jeder Grundlage und ist ein billiges Wahlkampfmanöver"
  7. a b 18.11.2011, sma-partner.ch, "Pressekonferenz zu Stuttgart 21"
  8. a b 19.11.2011, Stuttgarter Zeitung (print), "Bahnkritiker sehen sich nicht wiederlegt", entspricht inhaltlich:
    21.11.2011, stuttgarter-zeitung.de, "Einen wunden Punkt getroffen"
  9. 20.11.2011, K21-Sonderzug nach Zürich, Interview mit Christoph Engelhardt (youtube.com)
  10. a b 23.11.2011, stuttgarter-zeitung.de, "Wikireal zu Stuttgart 21. Lob für Stresstest, Tadel für die Bahn" (Titel ist irreführend)
  11. 21.11.2011, Christoph Engelhardt, "Entgegnung auf die Stellungnahme der Bahn" (stuttgarter-zeitung.de)
  12. 24.11.2011, stuttgarter-zeitung.de, "Wikireal contra Deutsche Bahn"
  13. 24.11.2011, Aufruf an alle Abgeordnete des Landtags von Baden-Württemberg, "Untersuchung von WikiReal zum Stuttgart 21-Stresstest der DB AG" (PDF)
  14. 26.11.2011, vimeo.com, "Groß-Demo 26.11.2011" (nach 1 h 12 Min.)
  15. 30.11.2011, dbtg.tv, Rede von Sabine Leidig in der aktuellen Stunde zu Stuttgart 21 (Minute 3.24, 16:06 Uhr auf Phoenix). Protokoll Bl. 49 B (bundestag.de), man beachte die Kommentare der Regierungsvertreter.
  16. 29.12.2011, bild.de, "Kritiker: Kretschmann soll Schaden abwenden"
  17. 29.12.2011, stuttgarter-nachrichten.de, "Baumbesetzer auf Konfrontationskurs"
  18. 29.12.2011, swr.de, "S21-Gegner gehen wieder in die Offensive"
  19. 30.12.2011, Stuttgarter Zeitung, (print) S. 19, "Projektgegner erneuern ihre Betrugsvorwürfe"
  20. 25.01.2012, Offener Brief MP Kretschmann als Antwort auf den Brief vom 30.12.2011 (robinwood.de)
  21. 31.01.2012, nachhaltig-links.de, "Bundesregierung billigt Rückbau des Bahnknotens Stuttgart"
  22. 07.02.2012, bundestag.de, "Bundesregierung: Stresstest bei Stuttgart 21 ist nicht Basis für Investitionsentscheidungen"
  23. 02.02.2012, de.wikireal.org, Pressemitteilung WikiReal.org "Planrechtfertigung in Frage gestellt"
  24. 02.02.2012, kopfbahnhof-21.de, "Engelhardt an MP Kretschmann"
  25. 03.02.2012, bei-abriss-aufstand.de, "Offene Antwort an MP Kretschmann"
  26. 06.02.2012, nachdenkseiten.de, "Offener Brief an Winfried Kretschmann"
  27. 07.02.2012, kopfbahnhof-21.de, "Eilantrag zur Verhinderung des Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten eingereicht"
  28. 14.02.2012, redglobe.de, "Manipulationen bei »Stuttgart 21«: BBU stellt Strafanzeige gegen Unbekannt"
  29. 14.02.2012, stern.de, "Verband stellt Strafanzeige wegen »Stuttgart 21«-Planungen"
  30. 16.02.2012, schwaebische.de, "Gebürtiger Biberacher prüft den Stresstest selbst". (Der Artikel war rund sechs Wochen nach dem entsprechenden Gespräch erschienen, dabei haben sich verschiedene Fehler eingeschlichen: So hat Engelhardt keinen Abschluss in BWL, er hat das Fach als Gaststudent studiert. Das Buchprojekt war von der Faktenschlichtung im Herbst 2010 als einem Meilenstein der Demokratie-Entwicklung motiviert, nicht von der Volksabstimmung. Auch wird nicht deutlich genug, dass WikiReal ein Gemeinschaftsprojekt ist.)
  31. 01.03.2012, zughalt.de, "Fehler in der bei Stuttgart 21 verwendeten Stresstest-Software »Railsys«"